Newsticker

Pacifical beginnt, nachhaltig gefangenen Thunfisch über die Ethereum-Blockchain zu tracken

Ein Schwarm Thunfische. Bild von TheAnimalDay.org via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die größte weltweite Vereinigung von Thunfischfängern speichert seit Anfang August Daten zum Fisch auf der Ethereum-Blockchain. Wir schauen uns das Projekt genauer an.

Kennen Sie das MSC-Siegel auf Thunfischdosen? MSC steht für Marine Stewardship Council und ist ein Siegel, das unter anderem auf Thunfischdosen bezeugt, dass die Fische nachhaltig gefangen wurden. Wenn Sie einmal in Ihren lokalen Supermarkt gehen, werden Sie es garantiert entdecken.

Thunfischfilets mit dem MSC-Siegel.

Seit August werden diese Siegel nun in manchen Fällen mit Transaktionen auf der Ethereum-Blockchain verbunden. Laut einer Pressemitteilung von Pacifical kann man damit bei hunderten Millionen Thunfischsteaks, -beuteln und -dosen die Herkunft nachvollziehen und verifizieren.

Pacifical arbeitet als Agentur für die PNA, die Parteien des Nauru-Abkommens, das Fischer aus acht pazfischen Nationen zu der größten Thunfisch-Genossenschaft der Welt verbindet verbindet. Das Nauru-Abkommen soll dafür sorgen, dass die Fischbestände in den Gewässern von Mikronesien, Kiribati, die Marschall-Inseln, Nauru, Palau, Papua-Neuguinea, die Salomon-Inseln und Tuvalu erhalten werden.

Gemeinsam mit Atoto, einem thailändischen Blockchain-Unternehmen, hat Pacifical nun eine Plattform aufgebaut, um den Thunfisch vom Fang bis zum Supermarkt über die Blockchain zu tracken. Wir haben bereits im Juni über das Projekt berichtet. Anders als viele andere Firmen im Blockchain-Sektor hat Pacifical nun pünktlich ein Produkt vorgelegt, das der Vorsitzende der PNA-Gemeinschaft, der Fischereiminister der Marschall-Inseln, Dennis Momotaro, vorgestellt hat.

“Paficical hat gemeinsam mit Atoto die bereits existierende Plattform zur Nachverfolgung von Thunfisch erweitert und begonnen, die MSC-Nachhaltigkeitszertifikate sowie Daten zur Nachverfolgung auf der öffentlichen Ethereum Blockchain zu publizieren,” so die Pressemitteilung von Pacifical. Damit setze die Firma neue Standards für Transparenz in der globalen Thunfisch-Branche.

Technisch speichert Pacifical die Daten im Interplanetary File System (IPFS) und verbindet sie über einen Smart Contract mit der Ethereum-Blockchain. Das ganze wird zudem mit dem existierenden System von Pacifical verbunden. Mit einem Tracking-Code, der auf der Packung steht, ist es möglich, durch eine Blockchain-Abfrage die Daten zu empfangen und zu prüfen. Dies wird es Umweltschützern, Großhändlern, Zertifizierern und Konsumenten überall auf der Welt ermöglichen, in Echtzeit zu prüfen, ob und wie der Thunfisch gefangen wurde, durch welchen Kapitän, auf welchem Schiff, mit welcher Methode, an welchem Ort, zu welcher Zeit, und wie er verarbeitet wurde.

“Unsere Blockchain-Lösung schafft eine mächtige Basis für ein kollaboratives, nachhaltiges Zertifizierungs-Netzwerk von Fischern, Händlern, Herstellern, Großhändlern, Märkten und Kunden. Es wird es ihnen ermöglichen, relevante MSC Daten nahtlos zu verbinden, zu sehen, hochzuladen, zu managen und zu teilen,” so die Pressemittelung. An dem Programm beteiligen sich 220 große Fischkutter sowie die komplette Supply-Chain einer Industrie, die auf einer Fläche größer als Europa im Jahr 35 Millionen Thunfische fängt. Der Direktor von Pacifical, Said Henk Brus, verspricht, dass mehr als 200 Millionen Konsumeinheiten von Thunfisch je Jahr für 23 Länder auf der Ethereum-Blockchain nachverfolgbar gemacht werden.

Sollte all dies so eintreffen, ist die Pacifical-Initiative das mit Abstand größte, weitreichendste und erfolgreichste Blockchain-Projekt überhaupt. Es würde die Blockchain auf eine fast unsichtbare, aber pragmatische und sinnvolle Weise zu einem Teil des Alltags von Fischern, Supermärkten und Konsumenten machen.

Noch dürfte es allerdings nicht so weit sein. Pacifical verlinkt auf eine Suchmaske, mit der man ein Thunfisch-Produkt anhand einer Tracking-ID auf der Blockchain suchen kann. Als Beispiel wird die ID U73X2CBNN3NMBN vorgeschlagen, die dann auch tatsächlich zu einer echten Ethereum-Transaktion vom 1. August führt. Die Transaktion hat zwar einige Bytes Input-Data, aber ich kann nicht nachvollziehen, wie sie mit dem Interplanetary-File-System sowie den Daten über den Thunfisch verbunden sind. Auch eine Präsentation von Pacifical hilft mir hier nicht weiter.

Bei der Eingabe in die Suchmaske auf Pacifical erfährt man nun, wann, wo, auf welchem Schiff und unter welchem Kapitän der Fisch gefangen wurde, welche Fischereifabrik ihn wie verarbeitet hat, wie lange er haltbar ist und von welcher Marke er verkauft wird.

Wie dies graphisch aufbereitet werden kann, zeigt eine Demo der schwedischen Firma für Fischkonserven, Abba. Wenn man auf der Webseite die ID eingibt, erfährt man in mehreren (leider schwedischen) Absätzen einige Basisinformationen zu diesem Produkt sowie weiterführende Infos zur Art, zum Gebiet, in dem der Fisch gefangen wurde, sowie zum MSC-Siegel.

Im Interplanetary File System kann man mit der ID auch einen Datensatz abrufen, der die bisherigen Daten bestätigt und ergänzt. Die Suche nach einzelnen Stichworten aus den Datensätzen, etwa “PackagingForm” bringt eine Seite mit 13 Treffern. Wenn man dagegen versucht, aufgrund der bekannten Transaktion auf Etherscan verwandte Transaktionen zu finden, die denselben Sender oder Empfänger haben, landet man bei 30 bis 35 Transaktionen, von denen die ersten vor 48 Tagen und die letzten vor 21 Tagen versendet wurden.

Auch wenn mir vermutlich einige wichtige Informationen fehlen, sieht dies nicht so aus, als würden jährlich hunderte Millionen von Konsumeinheiten auf der Blockchain zertifiziert. Aber vielleicht kommt es noch. Ernst scheint es Pacifical mit den Blockchain-Zertifikaten auf jeden Fall zu meinen.

Über Christoph Bergmann (2552 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

8 Kommentare zu Pacifical beginnt, nachhaltig gefangenen Thunfisch über die Ethereum-Blockchain zu tracken

  1. Nur als Info. alleine der Screen von den beiden Packungen die du im Beitrag hast, beläuft sich auf 2394+2793 Einheiten Tunfisch (OuterUnits) Denke mal, dass sie so unter einer Transaktion mehrere Abfüllungen zusammenpacken… Außerdem sind die Thunfische doch recht groß, sodass man ggf. doch auf die Einheiten kommen kann.

    Wenn man sagt, im Mittel reicht ein Thunfisch für 2500 Einheiten, dann braucht man 80.000 Einträge auf der Blockchain pro Jahr für die 200 Mio Verkaufseinheiten. Wenn dann wie oben auch noch mehrere Fische in eine Transaktion gepackt werden (ein Fischgang von einem Captain) dann scheint mir das ganze doch realistisch

    • Mei, ist das jetzt Glück oder Pech, dass ich Leser habe, die die Dinge besser verstehen als ich?
      Vielen Dank fürs genaue Anschauen und den Hinweis.
      So implementiert führt das aber doch wieder Double Spends ein, weil man dann ja aus den OuterUnits beliebig viele InnerUnits bilden kann, oder?

      • Glaube ich auch nicht, denn der Inhalt der einzelnen OuterUnits ist doch auch angegeben mit NetWeight und DrainWeight. Folglich ist die OuterUnit die Verpackung (das Glas, die Dose usw), das NetWeight das Gewicht der ganzen Dose inklusive Abtropfgewicht und das DrainWeight der reine Thunfisch. wenn man ca. 2500 Einheiten an Thunfisch á 200 Gramm (155 Netto) verpackt, dann hat nen Fisch an die 387Kg, was ich mir als wieder realistisch vorstelle.

        Ich weiß natürlich nicht genau wie sie das Anstellen, jedoch denke ich dass jeweils eine Charge (ein Fisch) den gleichen Code bekommt und wenn mehrere Fische in einem Fang gefangen worden sind, die vermutlich auch an den gleichen verkauft und verarbeitet werden, weshalb das ganze dann in einer Transaktion ist.

  2. Ich finde es doch immer wieder faszinierend das Leute physische Gegenstände auf einer public Blockchain festlegen wollen. Was habe ich den daran? Das IPFS nutzt auch hashing und reicht eigentlich aus, wenn ich Daten festlegen will da hätten die gleich aufhören können. Der Mehrwert der Ethereum Transaktion ist gleich null. Es können eben nur Digitale Gegenstände auf einer Blockchain getracked werden. Wer hindert den Hersteller daran mehr oder weniger zu registrieren? Das Problem bleibt, dass es Vertrauen gibt in dieser Kette (Supply-Chain). Wenn ich aber einer Partei vertrauen muss, dann kann ich auch einfach nur IPFS oder sogar noch weniger Tech nutzen um den gleichen Vorteil zu erhalten. Können z.B. UPS/Fedex vertrauen. Der Sinn einer Blockchain ist ja gerade niemand vertrauen zu müssen. Ein physisches Gut auf eine Blockchain zu bringen, geht nicht ohne vertrauen in eine oder mehrere Parteien, wenn das aber Fall ist, kann ich auch gleich eine good ‘old Datenbank nutzen mit ein bisschen hashing und vielleicht noch signing.

    • Genau so ist es! Ich bezeichne das gerne als das “bullshit in, bullshit out”-Problem, das, wie du richtig feststellst, alle per Blockchain gemanagten nicht-digitalen Güter betrifft (sehr beliebt bei Iota-Fans sind z.B. Sensor-Daten). Wenn ich etwas falsches in die Blockhain schreibe wird es dadurch nicht wahr.

      Man kann Quatsch in die Blockchain schreiben und dieser Quatsch wird digitaler Konsens, unabänderlich, . Was aber fehlt ist der analoge, Real world-Konsens. Wurde tatsächlich nur ein Thunfisch gefangen? Sind tatsächlich nur 3 Delfine und 2 Schildkröten dafür draufgegangen? Hat das Netz nur 2qkm Meeresboden zerstört? Da trägt die Fischfang-Flotte doch einfach nach Belieben ein, was ihr gerade passt und lacht sich ins Fäustchen, dass die Nerds der westlichen Welt ihr die Lügen jetzt abkaufen, weil sie die Lügen nicht auf Papier druckt sondern in eine hippe Blockchain.

      • Ja, klar, eine Blockchain kann nichts daran ändern, ob die Daten, die man offchain erhebt, wahr sind oder nicht. Aber sie kann, wenn man es richtig macht, verhindern, dass Zertifikate etc. kopiert oder doppelt ausgegeben werden.

        Du fängst eine Tonne Thunfisch, eine Behörde gibt dir ein Zertifikat für eine Tonne nachhaltig gefangenen Thunfisch, du machst eine Kopie des Zertifikats und verkaufst eine Tonne nachhaltig gefangenen Thunfisch und eine Tonne Thunfisch aus Sprengstofffischerei. Wenn man das Zertifikat auf eine Blockchain packt, oder sonst irgendein Mechanismus einrichtet, um Double Spends zu verhindern, kann das nicht mehr passieren.

      • Etherrocker // 26. September 2018 um 14:05 //

        Wenn Coins ausgetauscht würden zwischen jeder Station hätte man schon mal mehr erreicht, das machen sie hier aber nicht und damit ist das “Double Spend” Problem eben nicht gelöst. In der Blockchain Transaktion steht nichts von “traders, manufacturers, wholesalers, distributors and retailers” da ist nur ein Eintrag von dem Schiff und der Dose (processor), Transparenz ist was anderes. Da müsste eine komplette Kette ersichtlich sein und zwar mit Blockchain Zeitstempeln nicht selbstgemacht, da kann ich ja alles reinschreiben!!! Es ist vielmehr aber so, dass es nur eine Registrierung gibt und wie überprüfe ich nun ob der Fischkutter nun wirklich nur 1 Tonne aus dem Meer geholt hat oder 2? Das sagt mir die Blockchain auch nicht, aber das ist natürlich das garbage-in/garbage-out Problem, aber ich habe ja noch nicht einmal die Möglichkeit zu sehen wie viel “Chang Wen Wu” (so viel zu GDPR 🙂 ) nun wirklich gefangen hat und ob das passt oder nicht.

        Ausserdem gibt es noch ein viel größeres Problem, man muss auch beim Kunden verifizieren und das funktioniert nun auch nicht. Es müsste also z.B. jeder Kunden sagen hey ich habe ID 1234 gekauft die darf nicht mehr verwendet werden also das “Double Spend” Problem lösen, wird aber nicht gemacht. Die ID 1234 kann in Berlin und München verkauft werden und der Kunde ist auch nicht schlauer als “hey der Fischkutter Chang Wen Wu hat meinen Fisch gefangen”, das hindert kein Unternehmen daran die ID zweimal auf eine Verpackung zu drucken. Das würde nur auffallen wenn nun eine Naturschutzorganisation in sämtlichen Supermärkten Proben kauft und vergleicht, ist das jetzt echt der Mehrwert? Dieser Ansatz von Pacifical ist also besonders schlecht bzw. wertlos.

  3. Kein Bezug auf Stratis im Artikel? Stratis macht das ja schon länger und weil sie mit Sidechains arbeiten wohl auch deutlich effizienter:

    https://stratisplatform.com/2017/08/17/worlds_first_seafood_dedicated_blockchain/
    https://earthtwine.com/partners/
    https://earthtwine.com/personal-blog-design/

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: