Bitmain: Kurz vor der Pleite – oder alles halb so wild?
Mitarbeiter werden entlassen, Mining-Farmen geschlossen, Jihan Wu als Chef ersetzt und der ersehnte Börsengang wird immer unwahrscheinlicher. Wie schlimm sieht es um den größten Hersteller von Mining-Geräten aus? Die Firma erklärt, wo es 2019 hingehen soll.
Gut angefangen hat das Jahr für den chinesischen Mining-Gigant Bitmain nicht. Die letzten eineinhalb Monate wurden zu einer Serie der schlechten Nachrichten.
Ab Dezember setzte eine Welle von Entlassungen ein. Zunächst hat die Firma am 10. Dezember ihr israelisches Entwicklungslabor geschlossen. In diesem wurden ein Mining-Pool entwickelt und an Blockchain-Technologien und Künstliche Intelligenzen geforscht. Am 17. Dezember gab es Gerüchte auf dem chinesischen LinkedIn, denenzufolge Bitmain die Hälfte seiner Mitarbeiter entlassen werde. Wenige Tage später folgten Berichte, dass Bitmain Bitcoin-Cash-Entwickler gefeuert hat, die an einer Go-Implementierung der Kryptowährung arbeiten. Auch die Entwickler von Wormhole, einem Smart-Contracts-Aufsatz für Bitcoin Cash, sind nun offenbar arbeitslos.
Am 10. Januar schreibt die South China Morning Post, dass die beiden Bitmain Gründer Jihan Wu und Zhan Ketuan als Geschäftsführer zurücktreten werden. Die Übergangsphase, in der der Ingenieur Wang Haichao das Steuer übernehmen soll, sei seit Dezember eingeleitet. Am selben Tag berichtet ein Radio in Texas, dass Bitmain seine Mining-Farm in Rockdale schließt. Das in einer ehemaligen Alumiumschmelze an einem Kraftwerk eingerichtete Mining-Center sollte mit 7.000 bis 8.000 Minern die größte Bitcoin-Mine in den Vereinigten Staaten werden. Vier Tage später wird bekannt, dass das Büro in Amsterdam geschlossen wird, das vor allem für den Mining-Pool BTC.com verantwortlich ist.
Wenn Bitmain die Vorfälle kommentieren lässt, sagt ein Sprecher in dürren Worten lediglich, dass die Firma sich auf ihr Kerngeschäft konzentriere. Tatsächlich ist Bitmain im Jahr 2017 rasant gewachsen und expandiert. Die bisherigen Schließungen und Entlassungen sind noch weit von den 50 Prozent aus den Gerüchten entfernt sind. Sollte es dabei bleiben, dürfte Bitmain die Krise mit relativ sanften Einschnitten überwinden.
Wenn man auf die Hashrate schaut, ist Bitmain weiterhin einer der absoluten Top-Miner. Die beiden großen Pools der Firma, Antpool und BTC.com, sind sowohl bei Bitcoin als auch bei Bitcoin Cash unter den führenden Pools.
Andeutungen von Chef der Hongkonger Börse
Der Börsengang in Hongkong, von dem sich Bitmain noch im Herbst 2018 eine Kapitalspritze von mehr als zehn Milliarden Dollar erhofft hatte, wird dabei jedoch immer unsicherer. Nachdem sich die Börse Hongkong schon zuvor zögerlich gezeigt hatte, wird der Geschäftsführer Charles Li Xiaojia am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davon am 24. Januar deutlicher, nachdem ihn Journalisten gefragt hatten, wie es um die geplanten Börsengänge der Mining-Hersteller Bitmain, Canaan und Ebang aussehe.
Li antwortet darauf mit allgemeinen, aber wohlgezielten Aussagen darüber, wie man Börsengänge in Hongkong handhabe. Die Börse entscheide, ob eine Firma aufgrund ihres Geschäftsmodells geeignet sei. Dabei seien Kontinuität und Nachhaltigkeit wichtig. “Wenn eine Firma Milliarden von Dollar durch Business A verdient hat, aber plötzlich sagt, sie will Business B machen, ohne Ergebnisse zu zeigen, dann denke ich nicht, dass das in ihrer Anmeldung genannte Business A nachhaltig ist.” Zu Fragen sei auch, “ob Business A weiterhin lukrativ ist, wenn Regulierer bisher ihre Hände davon lassen, aber es in Zukunft regulieren wollen?”
Li spielt damit darauf an, dass die drei großen Mining-Firmen ihre Profite fast ausschließlich durch das Mining machen, aber bekunden, in den Sektor der Künstlichen Intelligenz einzusteigen. Man muss dazu wissen, dass China die Forschung an Künstlicher Intelligenz zum Zukunftsthema gemacht hat und im Begriff steht, auf diesem Gebiet die USA zu überholen. Die Mining-Firmen haben sich vermutlich bessere Chancen für den Aktiengang versprochen, indem sie die Künstliche Intelligenz in ihren Anmeldungen zum Börsengang hervorgehoben haben. Bitmain schrieb etwa “ein starker Wettbewerber in der KI-Chipindustrie zu sein” und mit Nvidia und Google mithalten zu können – während 94 Prozent der Einnahmen weiterhin aus dem Verkauf von Mining-Asics kommen.
Weiterhin spielt Li darauf an, dass die Cyberspace-Verwaltung von China vor kurzem ein neues Regulierungsrahmenwerk für Blockchain-Firmen vorgestellt hat, das in den kommenden Monaten in Kraft treten soll. Dieses könnte einige Geschäftsbereiche von Bitmain, die bisher unreguliert sind – etwa Wallets, Blockexplorer oder gar Miningpools – regulieren.
Bitmain ist optimistisch
Mit einer Art Jahresrückblick reagiert Bitmain am 21. Januar auf die vielen Gerüchte darum, dass die Firma vor der Pleite stehe. Darin gibt sich das Unternehmen optimistisch. 2018 sei ein großartiges Jahr gewesen:
Bitmain habe zunäöchst eine neue Generation von 7nm-Asics entwickelt und mit dem Antminer S15 neue Maßstäbe in Schnelligkeit und Effizienz gesetzt. Mit dem Sophon-Projekt habe die Firma dann die zweite Generation von KI-Chips auf den Markt gebracht, sowohl fürs Machine Learning als auch die Gesichtserkennung. Eine Light-Version dieser Chips bietet Bitmain auch als USB-Stick an. Die Idee ist wohl, dass man normale Systeme mit den Chips ergänzt, und schon hat der Computer einen Turbo, wenn es etwa um die schwierige Operation der Gesichtserkennung geht. Man könnte sagen, Bitmain entwickelt Chips für den chinesischen elektronischen Überwachungsstaat.
Neben der Hardware-Entwicklung hat sich Bitmain 2018 auch als Investor aufgestellt. So hat die Firma etwa in die Wallet Circle investiert. Dabei geht es wohl vor allem darum, einen Krypto-Dollar zu etablieren. Auch in Open-Source-Entwickler hat Bitmain investiert. Die Firma nennt keine Namen, erklärt aber “wir haben bereits eine Menge an sie gegeben, und wir freuen uns darauf, das auch 2019 zu tun.” Selbst die Hardfork von Bitcoin Cash sei etwas Gutes gewesen: “Es war aufregend, zu sehen, wie verschiedene Passionen über die Zukunft von Kryptowährungen gekämpft haben.”
Nach der raschen Expansion des vergangenen Jahres sei es nun an der Zeit, “unser Geschäft zu rationalisieren.” Das Portfolio sei so breit geworden, dass man nun vor dem Problem der Wahl stehe. “Und in diesem Jahr mussten wir etwas wählen.” Dabei fokusiere man sich “zurück zu unserer Kernmission und den Aktivitäten, die am besten zu unserer Vision passen.” Die Firma werde schlanker werden.
Bitmain ist überzeugt, dass Kryptowährungen eine große Rolle im Finanzwesen spielen werden und dass Asic-Miner weiterhin ein integraler Bestandteil der Sicherung von Kryptowährungen bleiben. “Als ein weltweit führender High-Performance-Chiphersteller, sind wir überzeugt, dass es eine wichtige Rolle für Bitmain geben wird, diesen Bedarf zu decken, indem wir auf unserern Innovationen wie dem 7nm Asic aufbauen.”
Mit dieser Wende zurück zum Kerngeschäft kommt Bitmain dem nahe, was der Chef der Hongkonger Börse in Davos öffentlich verlangt. Vielleicht wird es ja doch noch etwas mit dem Börsengang.
Ich vermute, allzu gut dürfte es um Bitmain nicht stehen, denn im Bitcoin Mining ist man nicht mehr alleiniger Hersteller, der sich früher mit unlauteren Methoden einen Vorsprung verschaffen konnte und die neueste Generation an Chips einfach selbst genutzt hat, bevor sie ausgeliefert wurden. Auch wenn man als Hersteller anders kalkulieren kann, dürften die Margen aktuell – wenn überhaupt – im einstelligen Prozentbereich liegen.
Vermutlich wird aktuell noch ein Großteil des Gewinns mit Ethereum gemacht, wo man wahrscheinlich noch einen verdeckten Vorteil gegenüber GPUs und öffentlich verfügbaren Minern ausspielen kann. Allerdings wurde ja schon angekündigt, ASICs wegzuforken (und vielleicht irgendwann doch noch das PoS hinzubekommen) und dann ist da nicht mehr viel Substanz bei Bitmain, wenn es keinen Preisboom bei Bitcoin (und vor allem BCH, die sie ja in extremen Mengen gehamstert haben, die kaum liquidierbar sind) gibt.
Wahrscheinlich versucht man aktuell eben Fixkosten zu senken und hofft auf den nächsten Krypto-Boom und wenn man unterwegs noch einen IPO hinbekommt, sollte das die Finanzierung für die nächsten paar Jahre sichern. Allerdings ist das potenzielle Wachstum überschaubar, wenn man sich die Entscheidungen der PoW gestützten Projekte in letzter Zeit ansieht. Und dass man mit AMD & Nvidia im GPU Sektor konkurrieren kann, wage ich zu bezweifeln. Bliebe noch die Gesichtserkennung, aber auch da sehe ich schwarz, um mit Google zu konkurrieren. Wer mit Google Photos in letzter Zeit experimentiert hat, wird mir wahrscheinlich zustimmen. “Gesichter” werden auf Photos auch gänzlich ohne Gesicht erkannt, weil sich jemand gerade weggedreht hat, alleine durch die Kleidung, die auf dem Foto zuvor oder danach mit dem Gesicht zu sehen war. Auch ein Apple iPhoto wirkt da fast wie Spielerei…
Du als großer Verfechter von Privatsphäre benutzt Google, wenigsten weiß ich jetzt deine Posts einzuschätzen. *Kopfschüttel*
Um Google herumzukommen, gibt es heutzutage in der Tat kaum noch Möglichkeiten, denn gewollt oder ungewollt enthält fast jede Webseite irgendwelche Elemente von Google Servern. Auf dem Smartphone bevorzuge ich tatsächlich das vermeintlich überteuerte iOS aber liebäugle mit einem Librem Phone, nur sobald man in einem Ökosystem (bei mir Mac OS + iOS) gefangen ist, ist der Wechsel nicht ganz trivial. Zumindest ist man bei Apple nicht selbst das eigentliche Produkt, aber ganz glücklich bin ich damit auch nicht.
Google Drive ist übrigens für Backups genial, zumindest die Business Variante. Für 8 Euro pro User im Monat hat man tatsächlich unlimitierten Speicherplatz, theoretisch erst ab 5 Usern pro Unternehmen, aber geht schon mit einem. Wenn man seine Backups vor dem hochladen ordentlich verschlüsselt, gibt es nichts besseres, was mir bekannt wäre und ich nutze aktuell schon über 8TB. Bei Photos muss man sich eben Gedanken machen, was man in die Cloud hochlädt und ggf. leaken will / kann.
Du benutzt also kein Google?
Wie sieht es eigentlich mit dem 2FA Authenticator beim einloggen in Exchanges bezüglich der Privatsphäre aus?
Janowitz, schau Mal ob janowitzblog oder paulliebtmoneroblog noch zu haben ist 😂
Hab letztens ein Blog aufgesetzt, aber bin leider schon ausgelastet und daher bisher nur ein Artikel… Kommentare sind deutlich einfacher als Artikel, wenn man Anspruch auf Qualität erhebt. Wenn Du auf meinen Namen klickst, kannst da sogar kommentieren 😉
@NichtNaiv,@Paul Janowitz Nein, ich benutze keine Google, MS, Facebook und co.
Scripte, Fonts usw. von Google und co sind per Rooter-Blacklist und/oder NoScript geblockt. Hoste meine eigene Cloud mit Nextcloud.
Bei Bitcoin.de habe ich 2FA per PDF-Liste und bei Coinbase reicht eine SMS + Handy. Bin kein Zocker, daher brauche ich nicht auf jeder Bimmelbammel Exchange ein Account.
Das ist löblich, aber für die meisten Menschen zu umständlich, das Hosting einer eigenen “Cloud” zu kompliziert (dadurch unsicher wenn es nicht ordentlich administriert wird) und wie für mich z.B. alleine aus beruflichen Gründen nicht komplett vermeidbar.
Ob ein Coinbase als DCG Company so viel seriöser und “sympathischer” ist als Google, Amazon & Co. wage ich Mal in den Raum zu stellen… https://thebitcoin.pub/t/how-worried-should-we-be-about-dcg-digital-currency-group/51651
Da bin ich lieber bei Bisq!
Wie gesagt, es ist eine Frage der Abwägung und für verschlüsselte Backups ist für mich Google Drive mittlerweile unverzichtbar oder wäre mit erheblichem Mehraufwand und -kosten verbunden. Dank Duplicity & co. ist ein automatisiertes und sicheres Backup aber auch auf einem potenziell kompromittiertem System möglich. Ich bin schon Menschen begegnet, die dafür das Usenet missbraucht haben, es soll dafür sogar eigens für Backups eingerichtete Gruppen geben…
Auch für das Hosting eines (remote) Full Nodes kann man wohl auf ein VPS bei Amazon oder einem der gängigen Anbieter statt eines physischen Servers zurückgreifen, die potenziell geleakten Metadaten dürften den Anbieter kaum interessieren und er kann wohl auch nichts damit anfangen. Für eine Hot-Wallet Implementierung sollte man hingegen andere Sicherheitsmaßstäbe ansetzen, ggf. sogar mit Multisig und strikter Trennung auf mehrere Maschinen an verschiedenen Standorten verteilt. Auch hier sollte man Verhältnismäßigkeit wahren und sich zuerst überlegen, wie gefüllt das Hot-Wallet unbedingt sein muss und wie viel Aufwand für die Sicherung gerechtfertigt ist.