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Iran möchte Bitcoin-Mining subventionieren

Wüste im Iran. Bild ohne tieferen inhaltlichen Bezug zum Artikel ausgewählt. Fotografiert von Jeanne Menjoulet, geteilt via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Für den Iran sind Kryptowährungen interessant – sowohl als Exportgut durch das Mining als auch als ein Mittel, um die schmerzhaften Sanktionen zu umgehen. Nun möchte die Regierung offenbar die Miner unterstützen. Als Energieträger kommt dabei wohl vor allem Erdgas zur Geltung.

Einem Bericht der iranischen Zeitung ibena.ir zufolge möchte die Regierung des Iran das Mining von Kryptowährungen unterstützen. Der Bericht geht auf ein Interview mit Amir Hossein Saeedi Naeini zurück, einem Vertreter von IIG, einer iranischen Wirtschafts-Vereinigung der Informations- und Kommunikationstechnologie.

Iran ist dank der günstigen Energieverhältnisse ein attraktiver Standort für das Mining. Naeini erklärt, dass sich bereits mehrere große industrielle Miner in dem Land im mittleren Osten niedergelassen haben. Allerdings sei damit das Potential noch längst nicht ausgeschöpft. Derzeit hindern die Stromtarife nämlich kleinere Unternehmen und Privatpersonen, ins Mining einzusteigen. Die Regierung möchte diese jedoch ändern und Minern vergüngstigte Strompreise anbieten. Sie sollen Strom zum Durchschnittspreis erhalten, zu dem er exportiert wird, und Erdgas für 70 Prozent der Preise im Iran.

Missbrauch verhindern

Das Land begrüßt die Miner als eine schnell wachsende Branche. Allerdings hat der Iran auch bereits schlechte Erfahrungen mit den Minern gemacht. So haben diese etwa Strom, der von der Regierung subventioniert wird, für das Mining abgezapft; die Regierung hat daraufhin etwa 1.000 Mining-Geräte in zwei verlassenen Fabriken beschlagnahmt. Diese Maschinen hätten die Stromnachfrage um 7 Prozent erhöht; was bei 1.000 Geräten zu viel für den kompletten Iran erscheint und vermutlich den regionalen Verbrauch meint. Die Google-Übersetzung ist nicht immer ganz eindeutig.

Um zu verhindern, dass es die Stromversorgung gefährdet, reguliert die Regierung das Mining. Sie verbietet den Minern, Elektrizität oder Erdgas zu verbrauchen, wenn es zu Verbrauchsspitzen kommt, sowie Strom oder Erdgas zu benutzen, die Haushalten, der Landwirtschaft oder der Industrie zugeteilt wurden. Miner müssen beim Finanzministerium eine Lizenz beantragen; dieses hat bereits mehr als 1.000 Lizenzen ausgestellt. Das deutet darauf hin, dass es durchaus einen Mining-Boom im Iran gibt und die Regierung gewillt ist, diesen zuzulassen.

Mit Kryptowährungen die Finanzsanktionen mildern

Für den Iran sind Kryptowährungen volkswirtschaftlich nützlich. Sie können die schmerzhaften Finanzsanktionen abmildern. Seit die USA Sanktionen verhängt hat, blockieren auch viele Nicht-US-Banken Finanztransaktionen mit Unternehmen des Landes. Das in Brüssel beheimatete internationale Zahlungsnetzwerk SWIFT schließt sich der Blockade der US-Banken freiwillig an. Dies macht es schwierig, Devisen, also Fremdwährungen, zu importieren, indem Unternehmen Waren exportieren, was es wiederum erschwert, Güter aus anderen Ländern einzuführen. Die geschürften Kryptowährungen sollen als Exportgut dabei helfen, wieder mehr Devisen zu importieren, erklärt Naeini. Sie können auch dazu beitragen, die Sanktionen zu umgehen, was unter anderem das Wachstum der IT-Industrie befördern kann.

Insgesamt, meint Naeini, hat das Krypto-Mining das Potential, ein Markt von – hier wird die Google-Übersetzung mehrdeutig – 1,5 bis 8,5 Milliarden Dollar Markt zu werden. Angesichst eines iranischen BIPs von knapp 400 Milliarden Dollar wären das zwischen 0,5 und 2 Prozent des BIPs. Dies wäre ein beträchtlicher Teil des für die kommenden Jahre zu erwartenden Wirtschaftswachstums von 0,1 bis 1 Prozent und würde dazu beitragen, das derzeitige Schrumpfen der Wirtschaft aufzuhalten.

Mining mit dem saubersten fossilen Brennstoff

Als Energieträger kommt für das Krypto-Mining im Iran wohl vor allem Erdgas in Frage. Das ist zwar ein fossiler – und damit nicht erneuerbarer – Brennstoff, allerdings unter diesen der umweltfreundlichsten und CO2-neutralste. Kritisch ist jedoch, dass auch die Förderung und Verarbeitung oft CO2 ausstößt.

Der Iran ist nach den USA und Russland der drittgrößte Erdgasförderer der Welt, wächst aber deutlich schneller als diese. Die geförderte Menge hat sich seit dem Jahr 2000 beinah vervierfacht, von 60,2  auf 223,9 Milliarden Kubikmeter (2017). Dabei sitzt der Iran auf den zweitgrößten Erdgasreserven der Welt. Daneben verfügt das Land auch über die viertgrößten Erdöl-Reserven der Welt. Wikipedia nennt es daher eine “Energie-Großmacht.”

Das günstig verfügbare Erdgas stellt einen sehr großen Teil der iranischen Energieversorgung. Die komfortable Rohstoffsituation macht den Iran auch zu einem starken Energieverschwender. Es gibt, so Wikipedia, eine beträchtliche Menge an verschwendetem – oder nicht genutztem – Strom im Wert von sechs Milliarden Dollar. Die Zahl geht aber auf 2008 zurück und sollte mit Vorsicht genossen werden. So habe der Iran in dieser Zeit lediglich 28 Prozent des verbrauchten Öls und Gases recyclet, während andere Länder 60 Prozent erreichen. Auch gibt es eine große Kluft zwischen dem produzierten und dem verbrauchen Strom, was vermutlich auf eine veraltete Distributionstechnologie sowie eine unzureichende Flexibilität der Kraftwerke zurückgeht. Das Krypto-Mining könnte dabei helfen, den ohnehin produzierten, aber nicht verbrauchten Strom profitabel zu verwerten.

Der Iran subventioniert Öl, Gas und Energie erheblich, weshalb der Energieverbrauch je Kopf deutlich höher liegt als in Japan oder der EU. Diese Verhältnisse scheinen sich zwar seit 2008 angepasst zu haben, doch die CO2-Emissionen je Kopf sind im Iran weiterhin etwas höher als in Europa.

Sanktionen verhindern die Modernisierung der Stromversorgung

Iranische Ingenieure sind zwar in der Lage, eigenständig Kraftwerke zu bauen und exportieren ihr Know-How auch in Nachbarländer. Allerdings beruht der iranische Kraftswerksbau meist dennoch auf internationalen Kooperationen mit Investoren und Baufirmen. Die Regierung plant, die Stromkapazitäten bis 2025 von derzeit 80 auf 120 Gigawatt zu erhöhen. Derzeit kann der Iran zwar seinen eigenen Verbrauch decken, muss aber zu Stoßzeiten noch Strom aus Nachbarländern importieren. Insgesamt ist das Land aber ein Nettostromexporteur und konnte in den letzten Jahren seine Exporte deutlich steigern.

Um sowohl die inländische Versorgungssicherheit zu verbessern als auch die Stromexporte zu erhöhen, sollen zahlreiche weitere Kraftwerke gebaut werden. Die dabei beteiligten Firmen – etwa Siemens oder ein südkoreanisches Unternehmen – sowie ein Investor aus der Türkei überdenken aber derzeit die Geschäftsbeziehung wegen der Sanktionen. Chinesische Unternehmen dagegen scheinen sich an den Sanktionen weniger zu stören. Die Regierung möchte zudem die erneuerbaren Energien stärken, insbesondere Solar und Wind. Deren Anteil am Strommix ist zwar immer noch gering, steigt aber in den vergangenen Jahren.

Insgesamt scheint der Ausbau der Stromversorgung in den letzten Jahren etwas ins Stocken gekommen zu sein. Dampfturbinen wurden gar nicht ausgebaut (sind produzieren weiterhin 15.829 MW), Gas minimal (26.420 MW auf 27.532 MW), etwas stärker “kombinierte Gas- und Dampfturbinenkraftwerke” (von 18.494 auf 20.270 MW). Dieselgeneratoren wurden ebenfalls nicht weiter ausgebaut und stellen mit 439 MW weiterhin einen sehr kleinen Anteil, während Wasserkraft etwas ansteigt (von 10.785 auf 11.881 MW) und die Atomkraft mit 1.020 MW stagniert. Die erneuerbaren Energien wachsen rasch, sind aber mit 364 MW weiterhin fast unbedeutend.

Die Finanzsanktionen behindern die Energiewende im Iran, für die sowohl sauberere Gaskraftwerke als auch der Ausbau der Wasserkraft und der erneuerbaren Energien entscheidend sind. Gerade unter diesem Gesichtspunkt wäre im Kampf gegen die Erderwärmung wichtig, die Sanktionen zu umgehen. Kryptowährungen könnten dem Land damit nicht nur ein Wirtschaftswachstum bescheren – sondern ihm auch damit helfen, die Energiewende voranzutreiben.

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3 Kommentare zu Iran möchte Bitcoin-Mining subventionieren

  1. Schade, dass im Iran kaum die Sonne scheint und das Land so weit am Polarkreis liegt. Sonst wäre ja Photovoltaik vielleicht eine Überlegung wert.

    • Peter Kroenert // 31. Januar 2020 um 23:13 // Antworten

      … das Problem ist wohl die Gewinnung von Silizium oder auch einfach Glas und dafür braucht man zuweilen etwas Sand – der scheint da auch knapp zu sein. Es ist gruselig, bei der Fläche könnte der Iran ganz Europa mit Strom aus Sonne beliefern. Und der Stromüberschuss am Tage wird einfach dazu genutzt, Wasserstoff aus Meerwasser zu gewinnen – Energiespeicher. nebenbei läuft noch eine Entsalzungsanalge. Hätte ich das Geld von Elon Musk, wäre der Iran mein Lieblingsinvestitionsziel. Die Leute dort sind einfach furchtbar nett, hilfsbereit und gastfreundlich ohne Ende. Auch das Essen schmeckt. Wir müssten es einfach mal probieren mit ein paar Bitcoins. Also ich suche: einen Organisator, einige Spinner (einer bin ich), Techniker, Chemiker, Diplomaten (zur Not kenne ich einen), It-Spezialisten und eine nette Person, die für Ordnung im Büro und guten Espresso sorgt. Ich hoffe, das wird was. Beste Grüße
      peterkroenert@arcor.de

  2. Interessanter Artikel, Danke.

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