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Die 52 Millionen Euro, die die irische Polizei nicht beschlagnahmen kann

Angelrute. Bild von Finland Lakeland via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Ein irischer Drogendealer hat durch frühes Investieren ein Vermögen in Bitcoin angehäuft. Zwei Jahre nach seiner Verhaftung hat die irische Polizei einen Gerichtsbeschluss erwirkt, der ihr erlaubt, die Coins zu konfizieren. Nun steht sie aber vor einem ganz anderen Hindernis …

Manchmal verbirgt sich hinter einer Meldung nicht das, was auf den ersten Blick in ihr steht. Und manchmal ist es genau dieser Zwischenraum zwischen Meldung und Wirklichkeit, der die interessanteste Erkenntnis bringt. So verhält es sich etwa mit einer Nachricht aus Irland.

Der Irish Mirror berichtet, dass das Criminal Assets Bureau von Irland (CAB) von einem Drogendealer Bitcoins im Wert von 52 Millionen Euro beschlagnahmt hat. Der Dealer, Clifton Collins, habe, so der Mirror, für seine Cannabis-Farm so viel Strom verbraucht, dass er beinah das nationale Stromnetz lahmgelegt habe.

Collins wurde bereits Anfang 2017 verhaftet, als ihn die Polizei in einem Jeep mit Cannabis im Wert von etwa 2.000 Euro erwischt hat. Die darauf folgenden Untersuchungen führten zu einer Cannabis-Farm in Galway mit Pflanzen im Wert von knapp einer halben Million Euro. Bei dieser Untersuchung entdeckten die Polizisten auch, dass der Dealer über rund 6.000 Bitcoins verfügte, was heute gut 52 Millionen Euro entspricht.

Die 6.000 Bitcoin hatte Collins freilich nicht durch den Verkauf von Drogen verdient, sondern als Early Adopter von Bitcoin gekauft. Das große Vermögen deutet also nicht auf einen entsprechend großen Dealer hin, sondern ist einem klugen Investment geschuldet. Vermutlich hatte der Dealer schon früh das Vergnügen, die Macht von Bitcoin durch seine Geschäfte kennen zu lernen und dementsprechend in die Kryptowährung zu investieren.

Der Dealer wurde verhaftet, zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, und ein Gericht verbat ihm, die Bitcoins auszugeben. Nun hat das oberste Gericht des Landes dem CAB gestattet, die 6.000 Bitcoins einzuziehen. Vermutlich weil das ursprüngliche Investment durch kriminelle Tätigkeiten finanziert wurde, und der Staat in der Folge jeden Gewinn, der aus diesem erwächst, ebenfalls als sein Eigentum betrachtet. Die 6.000 Bitcoin sind die größte Beschlagnahmung, die das CAB seit 1996 vorgenommen hat. Bei den jährlichen Staatseinnahmen Irlands von etwa 100 Milliarden Euro ist dies eine eher geringe Summe von etwa 0,05 Prozent – aber dennoch ein nicht ganz unbedeutender Wert an Bitcoins, den der irische Staat seinem Portfolio hinzufügen kann.

Die Story endet hier allerdings nicht – sondern beginnt erst. Denn ganz so einfach wie gedacht ist die Sache mit der Beschlagnahmung nicht. Das CAB hat zwar die Erlaubnis des Obersten Gerichtshofs – doch diese allein verschafft noch keinen Zugang zu den Coins. Wie die Irish Times berichtet, hat Collins kurz vor – oder kurz nach? – seiner Verhaftung eine Paper-Wallet erzeugt: ein DIN A4-Papier, auf dem die Schlüssel für die 6.000 Bitcoin gedruckt waren.

Dieses Papier hat er in der Aludose verwahrt, in der er auch seine Angelrute in seiner Wohnung aufbewahrte. Nachdem er verhaftet wurde, räumte sein Vermieter die Wohnung und entsorgte das Eigentum des Dealers. Die Entrümpler erinnern sich an Angelzubehör, erklärten aber, dass der Abfall nach Deutschland und China zum Recycling gesendet wurde. Collins äußerte gegenüber der Polizei seinen Ärger, meinte aber auch, er sei über den Verlust bereits hinweggekommen. Weniger entspannt dürfte das derzeit das CAB sehen, das zwar den Gerichtsbeschluss zur Konfiszierung erhalten hat, aber außerstande ist, ihn auszuführen.

An dieser Stelle kann man natürlich einige Spekulationen anstellen. Hatte Collins nach seiner Verhaftung Zeit, eine Paperwallet zu generieren? Wenn er es zuvor gemacht hat – woher wusste die Polizei von seinem Bitcoin-Schatz? Hatte er eine Watch-Only-Wallet auf seinem PC?

Und, überhaupt: Woher will die Polizei wissen, dass Collins die Wahrheit gesagt hat? Wer druckt 52 Millionen Euro auf ein Papierblatt, dass er dann nur in einfacher Ausfertigung in einer Alu-Dose aufbewahrt, in der Angelruten sind – Gegenstände, die dafür gemacht sind, mit Wasser in Berührung zu kommen, was wiederum auf Papier einen höchst schädlichen Einfluss hat? Wäre es nicht vielmehr denkbar, dass Collins noch eine Paperwallet hat – vielleicht kennt er einen Seed? Oder dass er Kopien der Wallets in einem Schließfach oder bei einem Freund aufbewahrt hat, und sich nun schon darauf freut, dass er nach dem Ende seiner Haft als Multimillionär in seine Freiheit zurückkehren wird?

Es wäre denkbar, dass Bitcoin es der Polizei hier unmöglich macht, Werte zu konfiszieren – und das, obwohl die Polizei die Coins direkt vor ihrer Nase hat. Im Rahmen eines Rechtsstaates hätte die Polizei dann keine Möglichkeit, zu verhindern, dass der Dealer nach dem Absitzen seiner Haftstrafe als reicher Mann das Gefängnis verlässt. Es wäre eine Vorstellung, die gleichermaßen beeindruckend wie schrecklich ist.

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2 Kommentare zu Die 52 Millionen Euro, die die irische Polizei nicht beschlagnahmen kann

  1. Paul Janowitz // 26. Februar 2020 um 12:42 // Antworten

    Erinnert an fluffypony’s Bootsunfall…
    https://twitter.com/fluffypony/status/943493541182963712

  2. Tsss… Soll der Staat halt Cannabis legalisieren.

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