Blockchain-Prediction-Markets: Biden auch hier vor Trump

Morgen ist es soweit: Die USA wählt, wer für die nächsten vier Jahre der wichtigste Mann der Welt sein wird. Auf den Prediction Markets auf Ethereum und EOS kann man nachsehen, auf wen das Kryptogeld setzt – und selbst eine Wette einreichen.
Hier in Deutschland fiebert man gerne mit, wenn in den USA der Präsident gewählt wird, vor allem in diesem Jahr.
Die eine, sehr viel größere Hälfte der Nation, kann es kaum erwarten, dass der Rüpel aus dem Weißen Haus verscheucht wird, obwohl seine Präsidentschaft längst nicht so katastrophal war, wie allerorten mit genussvoller Panik prophezeit wurde. Die andere, deutlich kleinere Hälfte, wünscht sich, dass Donald Trump erneut Präsident wird, aber nicht, weil er so ein toller Staatsführer ist – das behauptet so gut wie niemand – sondern vor allem, weil seine Wahl es der gefühlten links-grünen Meinungshoheit der “Systempresse” so richtig schön zeigen würde. Im Grunde will man hier wie da nicht unbedingt gewinnen, sondern vor allem, dass die anderen verlieren.
Wie auch immer – wir können hier den US-Präsidenten nicht wählen, glücklicherweise. Aber was wir können, ist, unsere Kryptowährungen darauf setzen, wer morgen zum Präsidenten der USA gewählt wird. Wen auch immer wir vermuten.
Und wir können auf die Prediction-Markets schauen, um vorauszuahnen, wer morgen die Wahl gewinnen wird. Denn jeder erinnert sich noch an das Desaster der letzten Wahl, als Hillary Clinton in den Umfragen weit in Führung lag, und dann Donald Trump überraschenderweise doch noch aufholte und die zugegebenermaßen wenig beliebte Demokratin auf dem letzten Meter ausstach. Wenn sich die Demoskopen so irren können – können dann die Prediction Markets korrigieren? Immerhin waren sie bei der letzten Wahl viel weniger überzeugt vom Sieg von Hillary – wenn sie nicht gar den Sieg von Trump prophezeit haben (rückblickend ist das nicht ganz einfach festzustellen).
So funktionieren die Prediction Markets
Also, wo bekommen wir die Infos her? Mittlerweile gibt es mehrere Prediction-Markets auf Basis von Ethereum und auch EOS. Auf diesen kann man auf das Eintreffen bestimmter Ereignisse wetten; ein Smart Contract passt die Preise der Einsätze an die bisher eingegangenen Einsätze an, welche eine Art Wahrscheinlichkeitsbarometer abgeben.
Am besten versteht man das durch ein Beispiel: Ein “Markt” stellt eine Ja-Nein-Wette dar, etwa “Wird Donald Trump erneut zum Präsidenten gewählt?”. Auf diese Frage kann man dann “jas” oder “neins” kaufen. Wenn der Preis für beide 0,5 beträgt – zum Beispiel 0,5 Dollar, aber auch 0,5 ETH oder 0,5 IQ, was ein Token auf EOS ist – scheinen die bisherigen Teilnehmer die Wahrscheinlichkeit eines Jas und eines Neins gleichauf einzuschätzen. Kostet ein “Ja” dagegen 0,8 – Dollar, ETH, IQ -, dann haben die bisherigen Teilnehmer zu 80 Prozent darauf gesetzt, dass Donald Trump erneut Präsident wird.
Das Prinzip dürfte von Sportwetten bekannt sein. Wie steht es also um die Quoten der Prediction-Markets zur US-Wahl heute Nacht?
60 Prozent des Geldes liegen bei Joe Biden
Eine sehr ins Detail gehende Quelle ist das Dashboard zur Wahl von PredictIt, das auf der Seite predictions.global ausgestellt wird, welche auf dem Markt von PredictIT zur US-Wahl beruht. PredictIT ist auf der EOS-Blockchain aufgebaut und hat mit gut 500 Usern nicht eben eine satte Datenquelle. Gewählt wird hier mit den IQ-Token.

Eine Stimme für Joe Biden kostet hier 62 Cent, eine für Donald Trump nur 42. Ähnlich kostet eine Wette auf einen Wahlsieg der Demokraten 63 Cent, eine für die Republikaner dagegen 42. Auf dem Dashboard sieht man zudem Prognosen für die Wahl in jedem einzelnen Bundesstaat, was für Kenner sicherlich extrem interessant ist. Insgesamt aber scheinen die User einem Sieg von Joe Biden eine 62-prozentige Wahrscheinlichkeit zu geben
Natürlich haben wir noch mehr Datenquellen. So gibt es etwa Catnip, ein Prediction Market auf Basis des Augur-Protokolls. Hier kann man nur mit DAI-Dollar wetten, und derzeit nur auf Trump oder NoTrump. Eine Wette auf Trump kostet auch hier etwa 42 Cent, eine gegen ihn 62. Catnip spiegelt also das Verhältnis von PredictIt.

Schließlich hätten wir noch das Omen-Protokoll, ein weiterer Prediction-Market auf Ethereum. Eingesetzt werden hier Wrapped Ether (WETH), und auf die Frage, ob Joe Biden Präsident wird, kann man ein Ja für 0,59 WETH und ein Nein für 0,41 WETH kaufen (oder natürlich nur Bruchteile davon). Die Verhältnisse sind also auch hier ähnlich.

Ein weiterer Markt ist Polymarket. Er beruht ebenfalls auf Ethereum, aber ich bin mir nicht sicher, ob er ein eigenständiger Markt ist, oder eher ein Gateway zu anderen Märkten. Ich vermute letzteres, da die Webseite schreibt, Polymarket “zeigt existierende Livemärkte auf der Ethereum-Blockchain” – aber das könnte auch nur ein rechtlich notwendiger Disclaimer sein. Auf Polymarket kann man mit USDC Wetteinsätze kaufen, die Verhältnisse Biden vs Trump liegen hier ebenfalls bei etwa 60:40.

Es sieht also auch auf den Prediction-Markets recht eindeutig zugunsten von Joe Biden aus – allerdings nicht so eindeutig, wie viele hierzulande wohl gerne hätten. Oder wie weit würden Sie einer Chance von 0,6 zu 0,4 vertrauen? Ein Windhauch, und die Sache kippt, oder?
Wie man selbst mitwetten kann
Vielleicht denken Sie nun, dass auf den Prediction Markets einfach verdientes Geld herumliegt. Sei es, weil die Chance für Biden mit 0,6 viel zu tief liegt, sei es, weil Sie sicher sind, dass Trump gewinnt. Daher können Sie nun auch auf den Prediction Markets etwas setzen.
Zu erwähnen ist, dass Sie dies unter keinen Umständen machen sollten, um Geld zu verdienen, sondern lediglich aus technischer Neugier und mit Geld, das Sie bereit sind, zu verlieren. Die unterliegenden Smart Contracts sind noch technisches Neuland und von mir nicht geprüft; die Plattformen, über die Sie mit den Smart Contracts interagieren, sind meines Wissens nach nicht anständig lizensiert und auch nicht zwingend vertrauenswürdig.
Ich selbst habe – ebenfalls nur zum Testen – zwei Plattformen ausprobiert. Ausgewählt habe ich sie streng subjektiv: Erstens wollte ich eine Plattform, die über Ethereum läuft, da ich dafür schon Token und Wallets habe; zweitens wollte ich mich nur mit der Wallet anmelden, nicht mit einer E-Mail-Adresse.
Also habe ich Omen mit WETH und Catnip mit DAI-Dollar getestet. Polymarket klang auch interessant, benutzt aber ein Magic-Link-Verfahren zum Login, das nicht nur nervt, sondern in meinem Fall auch gar nicht wirklich funktioniert hat. Als Wallet habe ich wie immer Metamask benutzt, das vor allem im Browser Chrome oder Chromium hervorragend funktioniert.
Beim Test fand ich Catnip besser. Einerseits, weil die Gebühren bei Omen deutlich höher waren – ich habe 6 Dollar bezahlt, um eine Wette über 60 Dollar abzuschließen, während sie bei Catnip “nur” 1,50 Dollar betrugen – und zweitens konnte ich bei Catnip meine “NoTrump”-Token direkt in Metamask importieren, während Omen ein neuartigeres Token-Format verwendet, EIP-1155, das technisch vielleicht moderner sein mag, aber tatsächlich weder von Metamask noch von Etherscan unterstützt wird, weshalb es mir nicht möglich war, es in die Wallet zu bringen.
Nun, mit diesen Wetten in der Tasche, wird die Wahl natürlich noch einmal ein Stückchen spannender!
Wetten sind – wie online Gambling – tatsächlich ein perfekter Anwendungsfall von Blockchains, denn dem Anbieter kann man in der Regel nicht vertrauen, zumal sie meist alleine schon wegen dem Payment auf irgendwelchen dubiosen Inseln beheimatet sind, weil sie z.B. lokale Beschränkungen umgehen wollen oder wie in Deutschland die 5% staatlichen Wegzoll nicht zahlen wollen.
Problem bei Wetten über Real-World Ereignisse ist immer noch die Datengrundlage dazu, denn die Blockchain weiß zwar, welcher Hash im letzten Block generiert wurde, aber nicht wer gerade gewählt wurde oder wie das letzte Fußballspiel ausgegangen ist. Oracles wie Chainlink sollen da Abhilfe schaffen, aber sie sind derzeit alles andere als dezentralisiert und oft sind die Ergebnisse auch nicht eindeutig, bestes Beispiel ist die Wahl, die möglicherweise erst vor Gericht final wird.
Der Wettprozess ist aber durchaus interessant, denn die Odds spiegeln auch die Gunst der Bieter wieder und ich könnte mir vorstellen, dass die bei Bitcoinern anders ist als im Durchschnitt der Bevölkerung, alleine schon weil wir statistisch gesehen laut letzter Umfrage hier unter Männern sind, die entweder atheistisch oder christlichen Glaubens sind und überdurchschnittlich gut verdienen. Ob damit auch Arbitrage zu herkömmlichen Wettanbietern möglich ist, müsste mal jemand genauer analysieren, bei binären Wahlen sollte das trivial sein… Gestern habe ich aus Interesse bei den üblichen Verdächtigten unter den Wettanbietern geschaut und die Multiplikatoren bei einer Wette auf Biden waren bei ca. 1,5 und für Trump bei 2,5 also auf den ersten Blick scheinbar deutlicher als auf der Blockchain.
Interessant wäre zu wissen, wieviel Geld weltweit für solche Wetten eingesetzt wird!