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Ethereum: Der Merge soll Mining schon im August abschaffen

Vogelschwarm am Zusammenfluss des Jamuna mit dem Ganges. Bild von lensnmatter via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die Ethereum-Entwickler kündigen für August das bisher größte und einschneidenste Upgrade in der Geschichte der Kryptowährung an: den Merge. Mit ihm soll Ethereum endlich von Proof of Work auf Proof of Stake wechseln. Dies wirft natürlich viele Fragen auf.

Der „Merge“ von Ethereum könnte bereits im August stattfinden. Das kündigten mehrere Ethereum-Entwickler vor kurzem an, darunter die Core-Entwickler Preston Van Loon und Tim Beiko sowie Vitalik Buterin.

Der „Merge“ meint ein Ereignis, auf das die Ethereum-Szene schon seit sehr langem hinfiebert: Die Verschmelzung der gegenwärtigen Ethereum-Blockchain mit der „Beacon Chain“.

Mit diesem Schritt wird ETH 2.0 Wirklichkeit: Ethereum wird die Miner abschütteln und fortan zur Proof of Stake Blockchain. Keine Farmen mehr mit Grafikkarten und Asics, stattdessen Validatoren genannte Server, die durch eingefrorene Ether um die Blöcke konkurrieren. So wie es von Anfang an geplant war.

Der Merge wird die größte und gravierendste Veränderung sein, die eine große Blockchain jemals gewagt hat. Er  wird die Grundarchitektur von Ethereum von Grund auf verändern. Das, was wir heute als Ethereum-Blockchain kennen, wird zu einer „Anwendungschain“. Diese rotiert um die Beacon Chain dreht, die bereits Ende 2020 live ging. Sie ist die Schaltzentrale von Ethereum 2.0, das zum strukturierten Verband mehreren Blockchains werden soll. In diesem Artikel erfahrt ihr mehr über die Architektur von Ethereum 2.0.

Hier wird es darum gehen, was sich durch den Merge konkret ändert wird, von was es abhängen wird, ob er tatsächlich noch im August stattfindet, und was nach dem Merge kommt.

Was würde sich ändern?

Zunächst wird sich der Energiebedarf von Ethereum massiv verringern. Das dürfte alle freuen, denen der hohe Stromverbrauch von Bitcoin und Ethereum ein Dorn im Auge ist, und das ist auch der wichtigste Zweck der Übung.

Wo es keine Miner gibt, gibt es auch keine Stromfresser. Laut der Ethereum-Foundation wird der Energieverbrauch um 90 Prozent sinken, von rund 100 Terawattstunden im Jahr, wie der Digiconomist großzügig schätzt, auf einige Gigawattstunden.

Interessant für Investoren dürfte sein, dass sich der Ausstoß neuer Ether ebenfalls deutlich reduzieren wird. Denn Validatoren brauchen weniger Strom und weniger Hardware als Miner, und damit auch weniger Kapital. Es wird keine fixe Formel geben, wie viele neue Ether je Block erzeugt werden – es ist ziemlich kompliziert, da der Reward je nach Umständen an veschiedene Akteure fließt – aber es wird erwartet, dass der Ausstoß um ungefähr 90 Prozent zurückgeht. In Verbindung mit dem Verbrennen von Gebühren nach EIP-1559 könnte Ethereum sogar deflationär werden: Die Geldmenge könnte abnehmen anstatt zuzunehmen.

Schließlich soll Proof of Stake sicherer sein. Konzeptuell wurden die Schwellen für mögliche Angriffe erheblich erhöht, weshalb eine Transaktion, wenn sie mal bestätigt wurde, einen deutlich höheren Grad an „Finalität“ erreichen soll. Hier erfahrt ihr mehr über Proof of Stake und Finalität.

Vergeblich dürfte hingegen die Hoffnung sein, die vermutlich viele in den Merge legen: dass die teils horrenden Gebühren von Ethereum sinken. Denn der Merge selbst berührt die Skalierbarkeit bestenfalls minimal. Dies wird Aufgabe kommender Upgrades sein, welche weitere Anwendungs-Blockchains aktivieren, auf die sich die Last von Ethereum verteilen soll. Die Fachbezeichnung dafür ist Sharding.

Der Merge wird zur Grundlage einer besseren Skalierbarkeit. Doch er selbst schafft diese nicht.

Wie wahrscheinlich ist der Termin?

Das Datum des Merge ist kein Zufall: Im August wird die „Difficulty Bomb“ von Ethereum immer lauter ticken.

Die Difficulty Bomb steigert die Schwierigkeit des Minings exponentiell. Wenn sie nicht durch eine Hardfork entschärft wird, wird das Netzwerk einfrieren. Dadurch soll sie eine Hardfork erzwingen und sauberer machen. Hier lernt ihr mehr über die Difficulty Bomb.

Ob der Merge tatsächlich im August stattfindet, hängt davon ab, was bis dahin passiert. Derzeit testen die Entwickler den Merge mit mehreren Clients und Netzwerken. Sie führen derzeit noch „Shadow Forks“ durch, welche die Verschmelzung in den Testnetzwerken simulieren.

„Nun haben wir all das mehr oder weniger abgeschlossen,“ beschreibt der Entwickler Tim Beiko die aktuelle Lage, „und wir werden drei Testnetzwerke haben, um sicher zu stellen, dass alles gut läuft, bevor wir uns ans Mainnet wagen.“ Zuerst wird das Ropsten-Testnet forken, am 8. Juni. Dann Goerli, dann Sepolia. Und wenn in diesen drei Testnetzwerken alles glatt läuft, soll die echte Ethereum-Blockchain im August folgen.

Vitalik Buterin warnte bereits, dass sich der Merge verspäten könnte, falls eben nicht alles so rund läuft, wie Optimisten erwarten, oder falls die Entwickler noch Details finden, an denen sie schleifen und feilen wollen.

Auch die Märkte haben Zweifel. Auf PolyMarket kann man Wetten darauf abgeben, bis wann der Merge stattfindet. Ein „Nein“ für den 1. August kostet 98, ein Ja 2 Cent. Für den ersten September sind die Quoten hingegen wieder ausgeglichener. Denn der Teufel steckt oft im Flügelschlag eines Schmetterlings.

Was bedeutet der Merge für User und Dapps?

Der Merge wurde so konzipiert, erklärt die Ethereum-Foundation, „dass er einen minimalen Einfluss darauf hat, wie Ethereum für die Enduser, Smart Contracts und Dapps funktioniert.“ Dennoch gibt es einige kleine Änderungen, auf die hinzuweisen ist.

Beispielsweise wird die Blockhash nicht mehr durch das Hashing der Miner generiert, wodurch sie eine viel schwächer Zufallsvariable abgibt als bisher und durch einen anderen Wert ersetzt wird.

Auch die Intervalle zwischen den Blöcken ändern sich etwas. Bisher dauert es ungefähr 13 Sekunden, bis ein neuer Block gefunden wird. Nach dem Merge werden es exakt 12 Sekunden sein.

Und während es mit Proof of Work immer ein Risiko von Reorgs gibt, also davon, dass ein Block oder eine kurze Reihe von Blöcken rückwirkend verworfen werden, sind Blöcke nach dem Merge final, wenn sie eine Bestätigung haben.

Das alles sind eher Details, die für die meisten Dapps und Smart Contracts kaum eine Rolle spielen. Dennoch nehmen zahlreiche Anwendungen – Dezentrale Börsen, NFTs, Block-Explorer, Staking Pools – an den Tests in speziellen Testnetzen teil, um sicherzugehen, dass der Übergang reibungslos abläuft.

Droht ein Kurseinbruch, weil der Merge 13 Millionen Ether freisetzt?

Die meisten in der Ethereum-Szene fiebern dem Merge entgegen. Durch ihn entledigt sich Ethereum des Vorwurfs, ein Klimasünder zu sein, und durch ihn soll Ethereum sicherer werden.

Manchen Investoren könnte die Aussicht auf den Merge aber auch Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Denn derzeit haben die Validatoren genannten Staker knapp 12,5 Millionen Ether (mehr als 20 Milliarden Euro) eingefroren. Durch den Merge werden sie befreit. Droht daher eine Flut an Ether auf die Märkte zu strömen und den Preis von Ethereum zu ruinieren?

Tatsächlich ist die Gefahr recht gering. Denn die Ether werden nicht sofort verfügbar sein, sondern erst mit einem Update, das ungefähr ein halbes Jahr später geplant ist. Zudem können die in Validatoren eingesperrten Ether nicht sofort vollständig herausgezogen werden. Es gibt ein Limit, wie viel Ether je Zeiteinheit abgezogen werden können, wodurch es derzeit mehr als ein Jahr dauern würde, bis sämtliche Ether aufgetaut sind.

Ohnehin bieten viele Staking-Pool bereits an, die auf der Beacon-Chain eingefrorenen Ether durch Token (aETH, bETH) zu ersetzen, weshalb es bereits einen Markt für eben jene Ether gibt. Sollte das dringende Bedürfnis bestehen, die gestakten Ether zu liquidieren, wäre dies bereits jetzt zu befriedigen. Dieses scheint aber eher gering zu sein, da die eingefrorenen Ether mit 6-10 Prozent verzinst werden.

Was kommt nach dem Merge?

Der Merge ist nicht die Vollendung von Ethereum 2.0, sondern eher der Anfang. Auf ihn werden weitere Upgrades folgen, die Ethereum in die finale Form bringen sollen: der Surge, der Verge, der Purge und der Splurge.

Der Surge wird „Sharding“ implementieren: Er wird die anderen Anwendungs-Blockchains an die Beacon-Chain anbinden. Er soll Ethereum helfen, sehr weit zu skalieren.

Der Verge wird „Verkle Trees“ einsetzen. Diese sind eine Fortentwicklung der Merkle-Trees oder Hashbäume, welche kleinere Beweise erlaubt und die Last des States reduzieren oder ganz auflösen kann. Dieser State ist eine fundamentale Beschränkung für Full Nodes bei Ethereum, weshalb der Verge eine ziemlich große Sache wäre.

Der Purge wird die Ethereum Virtual Machine (EVM), also die operative Umgebung von Smart Contracts, vereinfachen.

Der Splurge schließlich soll verschiedene und wichtige weitere Änderungen integrieren, welche die Roadmap von Ethereum abschließen. Dieses Ereignis dürfte aber noch in ziemlich weiter Zukunft liegen.

Über Christoph Bergmann (2801 Artikel)
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4 Kommentare zu Ethereum: Der Merge soll Mining schon im August abschaffen

  1. „Energieverbrauch um 90 Prozent sinken, von rund 100 Terawattstunden im Jahr, wie der Digiconomist großzügig schätzt, auf einige Gigawatt.“
    Gemäß dieser Aussage bleibt der Energieverbrauch unverändert.
    Mit einer Leistung von 11 (=einigen) gW kommt man auf 100 tWh/a.

  2. Forschungsbüro // 25. Mai 2022 um 18:21 // Antworten

    Aber irgendwas stimmt an der Rechnung dann immer noch nicht: 100 TWh um 90% reduzieren, dann landet man etwa bei 10 TWh und ist immer noch mindestens eine Größenordnung von GWh entfernt.

  3. Mir geht dieses „Argument“ für PoS so auf die Nerven..

    Proof of Work: Miner erhalten 100% Block-Reward; Davon sind (ausgedacht) 80% Strom+Hardwarekosten und 20% Gewinn
    Proof of Stake: Möchtegern-Miner erhalten 100% Block-Reward; Davon sind 5% Strom+Hardwarekosten und 95% Gewinn

    Was denken unsere Ökos, Politiker und Möchtegern-Diktatoren nun? Das die Miner/Staker ihren Gewinn in CO2 Zertifikate stecken?
    Die im Mining gesparte Energie wird einfach in Konsum gesteckt, der wiederum Energie verbaucht.. eine absoute Milchmädchenrechnung/Augenwischerei/Greenwashing.. wie auch immer man es bezeichnen möchte.

    Der Einzige Vorteil, den PoS hat ist, dass Klara Kolumna vom Spiegel nicht mit Mathematik der dritten Klasse ausrechnen kann, wieviel Strom das PÖSE, PÖSE dezentrale Zahlungsmittel nun verbraucht.

    Wir zerstören unsere Chance auf ein freies und chancengleiches Geld (Proof of Work), um einen Pseudo-Umweltschutz zu erzeugen, der nichts anderes ist als das
    GLEICHE – BESCHISSENE – FIAT – PONZI – REICHE – WERDEN – REICHER – OHNE – ARBEIT – DRECKSSYSTEM, dass die Menschheit schon seit Jahrtausenden quält und zurückhält.

    Ich hoffe, dass sich nach diesem Desaster Ethereum Classic nun endlich etablieren wird und Mister Möchtegern-Vorstand Buterik aus seinem Bürokratensessel schubst.

    So. Habe fertig. #FuckPoS #PoSisaPieceofShit

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