Kenias Energieerzeuger KenGen bietet Bitcoin-Minern überschüssigen Geothermie-Strom an

Der kenianische Strommarkt und das Bitcoin-Mining scheinen natürliche Verbündete zu sein: Das Land hat einen gewaltigen Überschuss an geothermischer Energie und ein noch viel größeres unerschlossenes Reservoir – doch der Ausbau des Stromnetzes scheitert bislang an einem Mangel an Investitionen.
Kenia ist der afrikanische Pionier der geothermischen Energieerzeugung. Dies liegt vor allem an dem Energieerzeuger KenGen, der die geothermischen Quellen abschöpft, die am vulkanisch außerordentlich aktiven kenianischen Teil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs sprudeln.
Nun bietet der Energieerzeuger Bitcoin-Minern seinen überschüssigen Strom an. Diese hätten bereits danach gefragt, nun kommt KenGen ihnen entgegen. Dies berichtet Quartz Africa mit dem Hinweis auf einen Medienbericht, der aber hinter einer Paywall steckt.
KenGen möchte die Miner in einem Energiepark ansiedeln, der an der größten geothermischen Anlage des Unternehmens liegt, in Olkaria, gut 120 Kilometer von der Hauptstadt Nairobi entfernt. Der Park biete überschüssigen Strom, der dank der Nähe zur Quelle sehr stabil fließe.
Weitere konkrete Details sind allerdings noch nicht bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass die Miner, die den Strom abnehmen, aus den USA, Europa oder China stammen, da Afrika selbst keine eigene Mining-Industrie hat.
Das Vorhaben ist, falls es sich denn verwirklicht, ziemlich interessant. Dies zeigt ein Blick auf den kenianischen Strommarkt.
Der kenianische Strommarkt in Zahlen
Laut einer Pressemitteilung von KenGen hat Kenias Strombedarf im Mai 2022 einen neuen Rekord erreicht: 2.051 Megawatt. Zum Vergleich: Deutschland brauchte 2020 221,3 Gigawatt, also rund das Hundertfache. Allerdings wird der gesamte Energiebedarf von Kenia nur zu 9 Prozent durch Strom gedeckt, so der Stand 2018. Den Rest machen vor allem Holz (68 Prozent) und Petroleum aus.
Als größter Stromanbieter Kenias befriedigt KenGen rund zwei Drittel des Bedarfs. Gut 80 Prozent des ins Netz eingespeisten Stroms stammen aus regenerativen Quellen, von denen Wasserkraft mit 826 Megawatt weiterhin den größten Anteil stellt. Haupttreiber des Wachstums ist aber die Geothermie. Seit 2014 ist deren Leistung von 230 auf 713 Megawatt gestiegen, und KenGen plant, bald weitere 83 Megawatt ans Netz zu bringen. Daneben erfährt die Windkraft seit 2018 einen starken Ausbau.
Im ländlichen Kenia wächst der Zugang zu Strom seit 2010 zwar rasant, lag aber zur letzten Erhebung 2017 noch immer unter 60 Prozent. Mittelfristig dürfte der Bedarf nach Strom daher noch weiter wachsen.
Unerschlossene Potenziale
Das Potenzial von Geothermie in der Region ist dabei noch längst nicht ausgeschöpft. Einer Schätzung zufolge liegen in Ostafrika rund um den Großen Afrikanischen Grabenbruch noch 20.000 Megawatt geothermische Energie brach. Diese verteilen sich auf zahlreiche Länder, von Äthipien bis zum Kongo, wobei aber Kenia allein ein Potenzial von 10.000 MW hat. Die “Geothermical Development Company” erkundet derzeit mindestens 9 weitere Quellen, mehrere wären bereit für den Abbau.
Was die Energieversorgunug angeht, ist Kenia in einer sehr komfortablen Situation: Das Land hat bereits eine starke Strombasis durch Wasserkraft, ein gigantisches Reservoir an geothermischen Energiequellen, sowie ein großes, nicht im Ansatz ausgeschöpftes Potenzial für Photovoltaik und Windkraft.
Das Problem ist aber, dass die Nachfrage nach Strom langsamer wächst als das Angebot. So hatte Kenia bereits 2019 eine Netzkapazität von 2.732 Megawatt, während die erst kürzlich erreichte Verbrauchsspitze fast 700 Megawatt (0,7 Gigawatt) tiefer liegt. Zum Vergleich: Die Bitcoiner-Miner verbrauchen, je nach Schätzung, zwischen 5,9 und 26,46 Gigawatt.
Dieser Angebotsüberschuss führte dazu, dass die beiden großen Abnehmer, Kenya Power und Lighting Co. Ltd., 2019 die Zeichnung neuer Verträge mit Lieferanten ausgesetzt haben. Dadurch wurden mehr als 2.240 Megawatt, die erschlossen werden sollten, blockiert.
Die Anbieter hoffen, dass die 2018 initiierte Kenianische Nationale Elektrifizierungs-Strategie den Zugang zu Elektrizität weiter ausbauen und damit den Bedarf nach Strom steigern wird. Laut der Strategie soll bis 2022 jeder Haushalt Zugang zu Strom erhalten. Die Herausforderungen sind (oder waren) die hohen Kosten des aufzubauenden Stromnetzes sowie ein Mangel an Zugang zu Investitionskapital.
Da der Ausbau des Netzes offenbar schwierig ist, setzt Kenia zu einem großen Teil auf erneuerbare Mini-Grids oder Off-Grid-Photovoltaikanlagen. Dies ist eine gute Überbrückungslösung, sollte aber langfristig durch die stabilere Versorgung aus dem Netz ersetzt werden.
Natürliche Verbündete
Aus all dem Beschriebenen dürfte klar hervorgehen, dass Bitcoin-Mining und Geothermie in Kenia natürliche Vebündete sind: Die geothermische überschüssige Energie kann Bitcoin helfen, “grüner” zu werden, und zwar, ohne dass, wie Skeptiker gerne sagen, die grünen Energien woanders nicht verfügbar sind. Es handelt sich um Überschüsse, die darauf warten, einen Zugang ans Netz zu bekommen.
Zugleich kann das Bitcoin-Mining dem Energieanbieter KenGen helfen, seine überschüssige Energie zu vermarkten. Dies bringt dem Unternehmen Geld ein, was in einem Entwicklungsland grundsätzlich hilfreich ist, und was vielleicht helfen kann, den Investitionsstau für den Ausbau des Stromnetzes zu lösen. Das Bitcoin-Mining könnte KenGen zudem motivieren, weitere Teile der verfügbaren geothermischen Energie abzuschöpfen und sich als industriellen Standort mit günstiger und überschüssiger Energie zu profilieren.
Eine kluge Politik könnte das Mining dahingehend steuern, dass die Profite zumindest zum Teil in Investitionen in die Infrastruktur, etwa das Stromnetz, fließen. Der Vorstoß von KenGen ist in dieser Beziehung in jedem Fall ein guter Start.
Hier die englische Version dieses Artikels:
https://hyperbitcoinizer.com/index.php/2022/06/16/the-green-side-of-bitcoin-part-i/
Wir wollen daraus eine Serie machen.
Prinzipiell eine gute Sache dem Greenwashing Argument gegen Bitcoin mal aktiv mit mehr konkreten Beispielen entgegenzutreten. Müssten ja auch nicht nur – wie in diesem Artikel – so große Initativen wie die ganzer Länder sein. Mehr von erfolgreiche Privatinitiativen zu hören, fände ich ebenfalls interessant.
Dein Blog Aaron kann ich nur leider gerade nicht aufrufen. Ist das Interesse daran schon so groß?