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Iran bezahlt 10-Millionen-Dollar-Import mit Kryptowährung

Irans Präsident Hassan Ruhani. Bild von Mohammad Reza Meysami via wikipedia. Lizenz: Creative Commons

Der Iran umgeht die Finanzsanktionen, indem er einen Import mit einer Kryptowährung bezahlt. Wird Bitcoin die neue Devise? Oder handelt es sich um ein Dollartoken? Und wer ist der Handelspartner? Wir sammeln, was es zu wissen gibt, und spekulieren.

Am 9. August berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass der Iran zum ersten Mal einen Import mit einer Kryptowährung bezahlt habe.

Reuters bezieht sich dabei auf die semioffizielle Nachrichtenagentur Tasnim; ein Tweet von Ali Reza Peymanpak, Vizeindustrieminister und Chef der Iran Trade Promotion Organization (ITPO), bestätigt dies.

Die Informationen sind übereinstimmend, aber dünn: Es handele sich um einen Import im Umfang von 10 Millionen Dollar. Welche Waren eingeführt wurden, wer der Exporteur ist, welche Kryptowährung benutzt wurde – das bleibt unbekannt.

Verwendet der Iran Bitcoin? Dies wäre nicht abwegig. Das Land hat 2019 das Mining von Bitcoin und anderen Kryptowährungen erlaubt, allerdings die Bedingung gestellt, dass die geschürften Coins dem Import von Gütern zur Verfügung stehen sollen. Wie in Venezuela sollte Bitcoin als Devise dienen, nachdem die Finanzsanktionen den Iran vom Dollar-Verkehr abgeklemmt hatten. Denn Bitcoin ist eine Methode, um Energie in eine unzensierbare Devise umzuwandeln. Es läge also nahe.

Eine Coindesk-Reporterin hat sich Anfang 2020 am Weltwirtschaftsforum umgehört, ob arabische Eliten bereit sind, Öllieferungen mit Bitcoin zu begleichen. So gut wie alle waren skeptisch, weil sie der Kryptowährungen nicht vertrauten. Viele jedoch sehnten sich nach einer Alternative zum Dollar, gerade für Öllieferungen, meinten aber, dies müsse eher von Russland und China angetrieben werden.

Könnte das nun der Moment sein? Russland treibt eine Abkehr vom Dollar-Regime im internationalen Handel an, und Iran ist der erste Handelspartner? Das würde geopolitisch gut passen.

Die beiden Länder haben dies sogar offen angekündigt. Seit dem Ukraine-Krieg intensivieren sie ihre Beziehungen, und die Frage, wie man Sanktionen im Handel umgeht, ist dabei zentral.

Im Juni reiste der Governeur der iranischen Zentralbank, Ali Salehabadi, nach Moskau. Kurz darauf erklärte die Regierung, Russland und der Iran entwickelten ein Settlement-System für das Währungspaar Rubel-Rial. Dieses erlaube es, Handelsverbindlichkeiten in der Währung des Partners auszugleichen, anstatt über den Dollar zu gehen. Am 9. Juli fand der erste Handel mit diesem System statt. Er umfasste aber nur drei Millionen Rubel, was etwa 45.000 Euro entspricht.

Und Russland – Russland hat vor gar nicht so langer Zeit angeboten, dass „befreundete Nationen“ Importe mit Kryptowährungen wie Bitcoin bezahlen dürfen. Es wäre also definitiv eine Option.

Einige andere Hinweise sprechen allerdings dagegen, dass Russland und der Iran Bitcoin verwenden würden. So enthält etwa der Tweet von Peymanpak einen kleinen Anhaltspunkt: Er kündigt an, dass „der Einsatz von Kryptowährungen und Smart Contracts im Außenhandel“ noch in diesem Jahr weit verbreitet sein werde. Sowohl Twitter als auch Google übersetzen die entscheidenden Wörter übereinstimmend: „KryptowährungEN“ und „Smart Contracts“. Das klingt nun eher nach einem oder mehreren Token auf einer Smart-Contract-Plattform wie Ethereum.

Zum Beispiel Token für Rubel und Rial. Oder für Dollar. Allerdings müssen diese Token nicht auf einer offenen Blockchain wie Ethereum kursieren. Sie könnten auch auf einer geschlossenen Blockchain laufen, wie sie die meisten „CBDC“-Projekte bevorzugen (Central Bank Digital Currency). Unter Umständen ist eine Blokchain auch nur ein Bestandteil eines weiteren Systems.

Russland arbeitet offenbar an einer solchen Blockchain. Erst im Juni sagte die Rostec, eine russische Staatsgesellschaft für High-Tech-Produkte für den zivilen und militärischen Bereich, sie habe eine Blockchain-Plattform namens CELLS entwickelt, welche SWIFT ersetzen könne.

Diese könnte Teil der Alternative zu Swift sein, die Russland und der Iran schon seit langem etablieren wollen. Sie scheint langsam, unter dem Druck der Finanzsanktionen, in Fahrt zu kommen. Ende Juli sagte der Zentralbanker Safari, man habe mit Rusland ein sehr gutes Abkommen getroffen, um mit einem Swift-ähnlichen System Transaktionen zu „de-dollarisieren.“ Dieses System soll, hofft die Regierung des Irans, in Zukunft noch weitere Währungen einbinden, beispielsweise die türkische Lira, die indische Rubie oder den arabischen Dirham.

Kryptowährungen selbst sollen hingegen im Inland verboten sein. Erst am 12. August sagte der Governeur der Zentralbank des Irans, es sei verboten, Kryptowährungen zu kaufen, zu handeln oder als Investment zu verwenden. Einzig das Mining zum Zwecke der Bezahlung für Importe sei legal – was wiederum ein Hinweis darauf sein könnte, dass der Iran den Import doch mit einer minebaren Kryptowährung, vielleicht auch Ethereum, beglichen hat.

Auch in Russland hält man wenig davon, den Bürger Kryptowährungen frei verwenden zu lassen. Im Juli trat ein Gesetz in Kraft, das es umfänglich verbietet, Kryptowährungen als Zahlungsmittel zu verwenden. Ein tyrannisches Staatswesen mag selektiv Kryptowährungen verwenden – kann aber ihre freie Entfaltung unmöglich dulden.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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1 Kommentar zu Iran bezahlt 10-Millionen-Dollar-Import mit Kryptowährung

  1. In der Tat rätselhaft, denn man muss erstmal an die Kryptowährungen kommen, wenn man von internationalen Märkten weitgehend abgeschottet ist. Am einfachsten geht das mit PoW und das ist in meinen Augen auch eines der führenden Argumente für PoW gegen andere Konsensmechanismen: Es ist die anonymste Möglichkeit, an Coins zu kommen.

    Für Bitcoin würde hierbei die schiere Menge der täglich geschürften Coins sprechen, aktuell im Gegenwert von ca. 20 Mio. USD und „alleine“ mit 1% der gesamten Hashrate könnte man die 10 Mio. USD in 50 Tagen ansammeln. Allerdings muss man dafür die Hardware in Form von ASICs aus dem Ausland beschaffen oder Miner dazu bringen, ihre Mining-Zentren in den Iran zu verschieben. Für Ethereum oder Monero würde sprechen, dass die Hardware insbesondere bei Letzterem bereits vielfach vorhanden ist, selbst in Behörden und staatlichen Unternehmen und im Hintergrund dafür genutzt werden könnte, allerdings generiert das gesamte Netzwerk beim aktuellen Kurs lediglich Coins von ca. 70.000 USD pro Tag und selbst mit 50% der Hashrate bräuchte man fast ein Jahr um die genannten 10 Mio. anzusammeln.

    Andere Coins, insbesondere Stablecoins halte ich für unwahrscheinlich, da diese viel zu einfach auf Blocklists landen können und man diese eben erst an den Märkten besorgen muss. Am Ende müsste Iran aber so oder so eine Circle-Economy aufbauen und sowohl Im- als auch Exporte mit Kryptowährungen bezahlen, denn mit Mining allein lassen sich nicht viele Importe abdecken. Vielleicht sind es aber tatsächlich Token von einer Landeswährung, die auf einer geschlossenen Blockchain laufen…

    Zur Ware an sich kann man tatsächlich nur spekulieren, ich würde ja auf Opium aus Afghanistan tippen, was der ursprünglichen Seidenstraße alle Ehre machen würde! /s

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