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Die De-Dollarisierung – mal wieder!

Der BRICS-Tower in Shanghai. Bildrechte: Öffentliche Domäne

Der Dollar dominiert den Welthandel – noch. Geht es nach China, Russland und vielen weiteren Staaten, soll der Dollar diese Stellung verlieren. China webt daran, den Yuan zur Alternative zu machen, und die BRICS-Staaten planen einen neue Währung. Und was ist mit Bitcoin?

Die internationale Ordnung knirscht. Man konnte das lange unter den Teppich kehren, aber seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges ist es nicht mehr zu übersehen. Und mit der geopolitischen Ordnung wird auch die finanzielle Ordnung hinterfragt. Noch steht der Dollar im Zentrum des globalen Finanzsystems. Doch dies könnte sich in Zukunft ändern.

Ein Profiteur dieser Unruhe möchte China und dessen Währung Yuan sein. Beijing wirbt derzeit in vielen Ländern dafür, den Dollar fallen zu lassen und durch den Yuan zu ersetzen. So konnten chinesische Diplomaten erst vor kurzem Brasilien überzeugen, Zahlungen im Handel und Investment in Yuan zu akzeptieren.

Dasselbe bei Saudi-Arabien. Als sich kürzlich Kronprinz Mohammed bin Salman und Präsident Xi Jingpeng trafen, machten sie unter anderem aus, saudische Öllieferungen nach China in Yuan auszugleichen.

Brasilien und Saudi-Arabien sind nur zwei Länder, aber sie könnten das Symptom eines Paradigmenwandels der internationalen Finanzordnung sein. Doch Beijings Streben, den Yuan als Weltwährung zu positionieren, ist nur ein Teil der Geschichte der De-Dollarisierung. Denn die BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – arbeiten schon seit einiger Zeit daran, eine eigene Währung zu entwickeln. Diese soll die Abhängigkeit vom Dollar abbauen, ohne ihn schlicht durch den Yuan zu ersetzen.

Eine treibende Kraft dahinter ist naheliegenderweise Russland. Schließlich wird das Land schon seit 2014 von US-Sanktionen geplagt, die über Dollarbanken durchgesetzt werden. Wenn man keinen Dollar benutzt, schmerzen Sanktionen nur noch halb so sehr. Laut dem stellvertretenden Vorsitzenden der russischen Duma, Alexander Babakow, werden die BRICS demnächst eine neue Währung vorstellen, beim kommenden Gipfeltreffen in Durban.

Eine neue Währung, die nicht von einem einzelnen Staat herausgegeben wird, sondern von einem Staatenverband, eine Art neuer Euro. Spannend! In der Vergangenheit stand zur Debatte, die BRICS-Währung an einen Korb der Währungen der Mitgliedsstaaten zu binden. Nun jedoch, so Babakow, soll die neue Währung an Gold und andere Produkte wie seltene Erden gebunden sein.

Man könnte in den BRICS grundsätzlich ein Modell für eine neue Weltordnung sehen. Zum Bund gehören 40 Prozent der globalen Bevölkerung, die etwa ein Viertel des globalen Bruttosozialprodukts erwirtschaften. Als Alternative zur G7 oder G20 wird BRICS im globalen Süden immer anziehender, gerade bei den Ländern, deren Regierungen die sogenannte Wertepolitik des Westens als ungerechte Gängelung empfinden, etwa Saudi-Arabien oder der Iran. Aber auch Länder wie Algerien, Nigeria, Argentinien oder Mexiko streben eine Mitgliedschaft an. BRICS könnte zum Gegenmodell des „Westens“ werden und dessen globale Dominanz in Frage stellen.

New Delhi, Beijing und Moskau, schwärmt Babakow, seien die Gründer einer „multipolaren Weltordnung, welche die Mehrheit der Regierungen herbeisehnt.“

Auch die 10 Länder des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) um Indonesien und Thailand, in denen zusammen 600 Millionen Menschen leben, streben nach mehr Unabhängigkeit von Dollar, Euro, Yen und Pfund. Die ASEAN-Finanzminister diskutierten vor kurzem, wie sie die Abhängigkeit von Fremdwährungen abbauen können. Unter anderem sollen westlichen Zahlungssysteme wie Visa oder Mastercard durch lokale ersetzt werden.

Es gibt also nicht wenig Interessengruppen, die den Dollar loswerden wollen, und auch nicht wenig Ansätze der De-Dollarisierung. Doch der Erfolg ist bisher mäßig. Laut einer BIS-Studie dominieren Dollar, Euro und Yen weiterhin den Welthandel und Währungswechsel, während der Yuan eine eher untergeordnete Rolle spielt. Der mexikanische Peso beispielsweise wird weiterhin zum allergrößten Teil gegen Dollar gewechselt, gefolgt von Euro und Pfund.

Dennoch ist nicht zu übersehen, dass es eine gewisse Tendenz gibt, manche Handelsrouten weniger abhängig vom Fluss des Dollars zu machen. Etwa zwischen China und Russland, oder zwischen Russland und Indien, oder generell überall da, wo Russland seine Finger im Spiel hat. Als Währung der größten Volkswirtschaft der Erde bietet sich der Yuan natürlich an, und sein Anteil an Chinas Außenhandel ist in den vergangenen Jahren zweistellig gewachsen. Dies wird sich vermutlich so fortsetzen, und die Dominanz des Dollars wird ohne Zweifel weiter abnehmen.

Doch selbst die South China Morning Post stellt fest, dass der Yuan für gerade mal 2,19 Prozent der globalen Zahlungen eingesetzt wird, für 3,5 Prozent aller Fremdwährungstransaktionen und für 2,69 Prozent der Währungsreserven von Zentralbanken. Das sind, verglichen mit dem Dollar, noch mikrige Werte, und es bräuchte mehr als nur einen Erdrutsch, um den Yuan in absehbarer Zukunft zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten zum Dollar zu machen. Selbst die regierungstreue South China Morning Post bemerkt, dass die strikten chinesischen Kapitalkontrollen die globale Etablierung des Yuan hemmen.

Auch eine von den BRICS-Staaten neu geschaffene Währung wird es schwer haben, gegen die massiven Netzwerkeffekte von Dollar und Euro anzukommen. Zudem muss sich erst noch zeigen, ob die Bindung an Rohstoffe wie Gold oder Seltene Erden wirklich ein Modell abgibt, das im 21. Jahrhundert wettbewerbsfähig ist. Droht die neue Währung, von Goldtradern manipuliert und von Schwankungen der Märkte für seltene Erden herumgewirbelt zu werden? Kann sie stabil genug sein, um das notwendige Vertrauen zu genießen?

Erfolgsversprechender als ein solches Konstrukt einer neuen Währung wäre es vermutlich gewesen, sich für Bitcoin oder eine andere Kryptowährung zu entscheiden. Ein Bitcoin-Standard im internationalen Handel wäre schon heute global akzeptiert, würde schon heute auf einem hochfunktionalen Zahlungssystem basieren und wäre schon heute als Token auf anderen Blockchains – etwa Avalanche, Ethereum oder Polkadot – anschlussfähig an dezentrale Wechselbörsen sowie Lending-Protokolle. Kurzum – die BRICS-Staaten könnten über Nacht eine neue Währung fürs Settlement einführen, bei der sich die einzelnen Länder sicher sein können, die Abhängigkeit von den USA nicht gegen die Abhängigkeit von China oder Russland zu tauschen.

Doch dies wird nicht geschehen, allein schon deswegen, weil China Bitcoin und andere Kryptowährungen faktisch verboten hat. Ebenso wenig wird es vermutlich in absehbarer Zeit zur De-Dollarisierung kommen.

Über Christoph Bergmann (2557 Artikel)
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10 Kommentare zu Die De-Dollarisierung – mal wieder!

  1. Guter Artikel, – spricht alle Facetten des Problems ohne Hype an.

  2. Hatten wir nicht vor kurzem einen Artikel über die Probleme von Lightning? Bitcoin ein “hochfunktionales Zahlungssystem”? Da eignen soch diverse andere Kryptowährungen wesentlich besser als Bitcoin.

    • Bitcoin ist onchain für in eine gewissen Maßstab hochfunktional, LN in einem anderen, und dazu kommen noch Sidechains oder Token auf anderen Blockchains. Es geht schon, auch wenn es nicht ganz einfach ist.

      • Lightning ist kein Layer2, der Bitcoin erweitern würde, es ist ein komplett neues Netzwerk, welches Bitcoin “nur” als Recheneinheit nutzt.

        Problematisch dabei ist, dass es mit all den verschleppten Schwächen von Bitcoin leben muss und rein spieltheoretisch nicht so skalieren kann, wie es sich manche ausmalen möchten, denn der eigentliche Bitcoin Layer lässt das einfach nicht zu, aus etlichen Gründen, falls sich “Core” binnen der nächsten 10 Jahre so viel bewegt wie die letzten 10.

  3. Ich bin gespannt wo uns die Reise Krypto noch hin führen wird. Mich stören mittlerweile einfach die ganzen Regeln in Europa. Das ist nicht Sinn und Zweck von Krypto

  4. Ich denke nicht, dass Bitcoin hier eine fertige out-of-the-box funktionierende Lösung für die BRICS-Länder ist. Folgende 3 Gründe muss man beachten:
    1. Skalierung. Es gibt Skalierungsmodelle, ja. Aber ob man die Transaktionen von 40 Prozent der globalen Bevölkerung mal eben stemmen könnte, bezweifel ich dennoch etwas.
    2. Wertstabilität. Der Wert von Kryptowährungen ist, da muss ich den Kritikern von Kryptowährungen recht geben, zumindest derzeit noch nicht mit Sachen wie Gold hinterlegt. Ein Coin einer Kryptowährung wird zwar von allein eine gewisse Stabilität bekommen, wenn die Währung von Milliarden Menschen benutzt wird, allerdings fehlt dennoch immernoch eine Deckung, die den Wert sichert. Vertrauen in Wertsicherheit ist bekanntlich wichtig für eine Währung, damit die akzeptiert wird.
    3. Macht. Wenn diese Länder schon enorme Anstrengungen unternehmen, um den Dollar als Weltwährung abzulösen oder zumindest Konkurrenz zu machen, dann wollen sie hinterher auch eine Währung haben, die sie kontrollieren können. Bei wirklich dezentralen Kryptowährungen wird das bekanntlich schwierig.

    • Marius, ein sehr guter (Einstands)Beitrag!
      1. Nein, Bitcoin ist nicht im Stande die Weltbevölkerung irgnediwie aufzunehmen, Lightning hin oder her, man muss Channels eröffnen und auch wieder schließen können.
      .2. Richtig. Ein Bitcoin muss genutzt werden um tatsächlichen Wert zu bekommen, was ich leider während der letzten 10+ Jahre leider nicht sehe. Wir brauchen Adoption.
      3. Sollten wir also “nicht wirklich” dezentrale Lösungen bevorzugen, damit Regulierer ihre Visionen durchsetzen können? Oder sollten wir Regulierern eher den Mittelfinger zeigen und unnachweisbar statt mit Bargeld mit Monero transaktieren?

    • Zu 2.

      Wir brauchen Adoption

      Genau diese sorgt zusammen mit dem 21M Limit für Wertstabilität. Dafür muss man Bitcoin nicht auch noch mit Gold hinterlegen. Fiat hat auch ohne Gold (noch) eine gewisse Wertstabilität erreicht. Eine Entscheidung der BRICS Staaten Bitcoin für die gemeinsame Währung zu nutzen würde automatisch zu einer wesentlich höheren Adoption führen.

      Zu 3.

      Zur Umsetzung einer multipolaren Weltordnung – wie es die BRICS Staaten nach eigenen Angaben anstreben – würde es prinzipiell schon reichen, dass der Hegemon nicht mehr die alleinige Macht hat seine Weltsicht durchzusetzen, sondern zu Kompromissen gezwungen wäre. Dazu müsste man die Währung nicht notwendigerweise selbst kontrollieren. Es würde schon reichen, dass der bisherige Hegemon weniger Kontrolle hat.

      Bevor wir das jetzt aber als erstrebenswert ansehen, möchte ich zu bedenken geben, dass die Reaktion des Westens vermutlich wäre, seinerseits deutlich restriktiver gegen Bicoin vorzugehen. Insofern ist es eigentlich gut, dass die BRICS Staaten momentan eher zur entgegengesetzten Ansicht tendieren.

      Es sind vielmehr einzelne Akteure des globalen Südens die – wie El Salvador – mit Bitcoin liebäugeln, da sie – genau wie El Salvador – defacto eh nicht die Macht über ihre Währung haben, somit also nur gewinnen können.

      Die BRICS Staaten sind dafür aber eher bereits zu mächtig und wollen selber die Kontrolle, da hast Du vermutlich recht.

      @Paul:

      Sollten wir also “nicht wirklich” dezentrale Lösungen bevorzugen …

      Was wir im globalen Westen tun “sollten”, interessiert die BRICS Staaten vermutlich eher nicht so wirklich … 😉

  5. Zu 1 …BSV

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