Konnte man den Bitcoin-Kursrutsch charttechnisch vorhersehen?
Heute beschäftigt sich Powertrader Ole “ChartCoin” Lämmle mit einer Frage, die viele Kursanalysten lieber vermeiden: Konnte man das, was rückblickend so naheliegend erscheint, auch tatsächlich voraussagen? Wie immer lernt ihr dabei etwas über Trading-Instrumente.
Auch wenn es im Nachhinein einfach scheint, ist es schwierig, den Markt genau vorherzusagen. Hinterher weiß man es eben immer besser, und im Rückblick ergeben viele Hinweise Sinn. Dennoch schauen wir uns den Bitcoin-Chart auf Euro-Basis und als Tageschart an, um zu untersuchen, ob es Anzeichen für den Rückgang gab, der das Chartgeschehen in den letzten Wochen geprägt hat. Seit dem fünften Mai ist Bitcoin um fast 2.000 Euro gesunken.
Auf dem ersten Bild haben wir einen Chart, der das bisherige Jahr 2023 abdeckt, und in den wir “higher high – lower low”-Indikator hinzugefügt haben. Über die Bedeutung solcher Trendlinien haben wir bereits geschrieben. Mit dieser Strategie erkennt man, dass, wenn ein neues Hoch gebildet wird, in den nächsten Tagen möglicherweise ein weiteres neues Hoch folgt. Umgekehrt, wenn ein altes Tief gebrochen wird, besteht die Möglichkeit, dass ein tieferes Tief gebildet wird. Es geht immer weiter so, bis sich der Trend ändert.
Auf dem Bild haben wir nun das letzte Tief eingezeichnet, das ist der rot untermalte Balken. Wie man sieht, ist die aktuelle Kerzen unter diesem Tief. Im Sinne des „immer weiter so“ macht das die Möglichkeit wahrscheinlich, dass der Kurs weitere Tiefpunkte austestet. Wenn wir eine Prognose entwickeln würden, wäre sie auf Basis der vorliegenden Daten nicht sehr optimistisch.
Doch unser Ziel war es, zu untersuchen, ob wir den Rückgang vorhersehen konnten. Konnten wir das?
Dazu setzen wir einen anderen Indikator: Der rote Balken in diesem Chart zeigt, dass wir von Ende April bis Anfang Mai einfach kein neues Hoch bilden konnten und den Sprung über 27.000 Euro nicht geschafft haben. Den Bullen schien die Luft auszugehen. Das war ein deutliches Zeichen, dass wir das alte Tief bei 25.000 Euro testen würden. Viele Trader nutzen solche Ablehnungen von “higher highs” und steigen in eine Shortposition ein.
Nicht der Chart an sich macht den Kurs – sondern das, was Trader aus ihm herauslesen. Damit wird der Kursverlauf zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Solche Hinweise zu deuten ist kostbar: Die Ablehnung von neuen Hochs bildet oft einen guten Einstieg in eine Shortposition.
Es gibt niemals Sicherheiten beim Trading. Selbst wenn man Charts richtig auslesen kann und Trendlinien und Indikatoren den zukünftigen Verlauf präzise vorhersagen würden – sie machen das nicht – muss man immer mit externen Ereignissen rechnen, die alle Prognosen erschüttern. Dennoch konnte man den Einbruch von Bitcoin aufgrund der nackten Chartdaten erahnen.
Aber wohin soll der Kurs jetzt noch gehen? Fällt er weiter oder drehen wir am Wochenende?
Im nächsten Bild können wir uns eine alte Zone vom März als Unterstützung ansehen. Die Zone liegt bei 23.500 Euro, wurde im März oft getestet und im April durchbrochen. Seit diesem Durchbruch wurde diese Zone zu einer potentiellen Unterstützung. In diesem Sinne können wir also auf eine Unterstützung hoffen, an der der Preis abprallen wird.
Bei einem pessimistischen Ausblick würde der Kurs jedoch diese Zone durchbrechen. Dann droht ein weiterer Einsturz, der zunächst wenig Hindernisse findet. Daher ziehen wir noch einen weiteren Indikator heran, den 200er Moving Average. Dieser Moving Average ist ein sehr bedeutender Indikator für die Tradingwelt. Er setzt ein starkes Signal auf eine Unterstützung bei 21.000 Euro.
All dies sind, wie gesagt, Vermutungen, die auf Instrumenten der Chartanalyse basieren, und nur für die selbsterfüllende Kraft der Herden- bzw. Börsenpsychologie gelten. Sie sind schlicht ungeeignet, präzise Vorhersagen zu geben, da das echte Preisgeschehen von einer Vielzahl an Faktoren abhängt.
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