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Grün heizen – und dadurch noch Geld verdienen!

Eine alpmine iR mit Software. Verwendung des Bildes für diesen Artikel gestattet, alle Bildrechte bei alpmine. Dies gilt für jedes andere Bild in diesem Artikel

Das Startup Alpmine verkauft elektronische Heizgeräte, die Bitcoins produzieren. Technisch ist das möglich – und je nach Setup funktioniert es auch ökonomisch. Gerade für Hotels könnte das Angebot attraktiv sein.

Die Urlauber, die ihre Runden durch das Wasser ziehen, ahnen nicht, was einige Meter unter ihnen passiert. Im Keller eines Hotels irgendwo in den Alpen arbeitet unter den Fließen am Boden eines Pools ein Bitcoin-Miner. Der Asic schürft Bitcoins – und beheizt, quasi als Nebenprodukt, 50 Kubikmeter Wasser mit Strom.

„Der Asic-Miner generieren ja nicht nur Hashes, um Bitcoins zu minen, sondern auch Abwärme. Die geht normalerweise verloren, aber man kann sie perfekt nutzen, um Elektroheizungen profitabler zu machen. So helfen wir der Energiewende mit dem Mining von Bitcoin,“ schwärmt Simon Wielnig. Der Südtiroler hat mit Freunden aus Bozen Alpmine gegründet – ein Startup, das versucht, Bitcoin-Mining und die Energiewende zu verbinden.

Das alpmine-Team

Jeder, der die Diskussion verfolgt, weiß, dass das ein schwieriges Thema ist. Bitcoin-Kritiker beklagen, nicht zu Unrecht, aber sehr zum Leid der Szene, seit langem, dass das Bitcoin-Mining ohne Not eine enorme Menge Strom verbraucht – und das genau zur Unzeit, wo die Welt doch aktuell versucht, die Stromversorgung zu dekarbonisieren, während sie mit teilweise explodierenden Strompreisen ringt. Kann sich die Erde noch Bitcoin leisten, einen Stromfresser der Größe von, sagen wir, Belgien?

Bitcoiner wie Simon und seine Mitgründer setzen dem gewöhnlich entgegen, dass die Wahrheit komplizierter ist. Bitcoin verbraucht viel Strom, ja, aber nicht nur stammt dieser Strom überproportional aus erneuerbaren Quellen, sondern das Mining schafft auch Anreize, diese zu erschließen. Schließlich gibt es Möglichkeiten, den verbrauchten Strom doppelt zu nutzen. So, wie es Alpmine versucht – als Wärmequelle.

Simon Wielnig

Das Grundprinzip ist einfach: Wo Strom reingeht, kommt Wärme raus. Wohin sonst soll die Energie hin? Hashes speichern Geld, keine Energie. Alle Computerchips – CPUs, GPUs, Asics – erzeugen Wärme. Das ist simple Thermodynamik.

Technisch ist es trivial, einen Asic-Miner als Heizlüfter zu verwenden. Er ist ja schon einer. Daran wird Alpmine nicht scheitern. Entscheidender ist aber eine andere Frage: Ist das technisch Machbare auch ökonomisch sinnvoll?

Und an diesem Problem hat sich, soweit ich es sehe, jeder die Zähne ausgebissen, der versucht hat, Bitcoin-Mining in ökologisch sinnvolle Prozesse einzubinden. Machen die ambitionierten Bozner etwas anders – oder droht ihnen dasselbe Schicksal?

Die drei Bozner haben Alpmine 2021 gegründet, nachdem sie gut ein Jahr lang an der Idee gefeilt haben. Derzeit bieten sie zwei Produkte an: Die alpminer iR, ein Heizgerät, das man in den Raum stellt, mit Strom und Internet verbindet und dann loslegt. Der Kunde muss gar nichts machen, er bekommt auf die eigene Wallet-Adresse regelmäßig Bitcoins ausgezahlt, während er die Füße in seinem elektrisch beheizten Zimmer ausstreckt.

Das zweite Gerät ist die alpmine PL. Das ist ein weniger standardisiertes Gerät, das vor allem für Unternehmen bestimmt ist, wie Hotels, die einen Pool beheizen. Aber natürlich kommt er auch für Privatleute mit Pool in Frage. Die alpmine PL ist an ire Aufgaben angepasst. Für Schwimmbäder erwärmt sie ein bestimmtes Öl, welches das Wasser aufheizt, das dann wieder zurückfließt. „Wir haben lange gebraucht, um dieses Konzept auszuarbeiten, aber nun funktioniert es hervorragend.“

Die alpmine PL

Aber lohnt es sich auch? Die Antwort darauf ist ein klares Jein. Die alpmine iR eher nicht, die alpmine PL dagegen schon.

Die alpmine iR’s enthalten keine Asics – die wären zu laut gewesen – sondern Grafikkarten. „Wir verbinden die GPUs automatisch mit einem Pool. Die Software wählt immer den profitabelsten Coin aus, und der wird automatisch gegen Bitcoin gewechselt.“ An sich klingt das sinnvoll.

Doch kaum begann die Produktion der alpmine iR, gaben sich die Probleme die Klinke in die Hand: Erst wurden die Grafikkarten knapp. Alpmine verbaut die GTX 3060ti von AMD und die 1060er Reihe – 4 Gigabyte RAM sind das Minimum – und diese waren ab 2021 zunehmend schwierig zu besorgen. Dann explodierten die Strompreise, was das Mining natürlich weniger rentabel macht, und schließlich kam der Merge von Ethereum, durch den der mit himmelweitem Abstand produktivste Goldesel der Grafikkartenminer ausfiel. „Das hat uns hart getroffen,“ räumt Simon an, „aber wir lassen uns nicht unterkriegen.“

Doch, Hand aufs Herz, es dauert, bis sich die 2.600 bis 4.000 Euro teuren Geräte bezahlt machen. Wenn man sie ununterbrochen laufen ließe, würde es etwa vier Jahre dauern, wenn man nur ein halbes Jahr heizt, von Oktober bis März, werden darauf acht Jahre. „Aber,“ meint Simon, „man spart ja auch beim Heizen im Vergleich zu Gas.“

Profitabler läuft die alpmine PL. Da ein Swimming-Pool dank des Wassers ja schon von selbst gedämmt ist, konnte man hier großzügig Asics einbauen. „Das bietet mehr Konstanz, sowohl bei den Produktionspreisen als auch bei den Einnahmen.“ Da ein Pool zudem das ganze Jahr hindurch beheizt wird, macht sich eine solche Installation relativ schnell bezahlt. Die im September 2022 eingebaute Heizung unter einem Hotelpool hat den Aufpreis für die Asics bereits eingespielt. Ab sofort wärmt sie das Wasser günstig und nachhaltig und produziert sogar noch Bitcoins. Die Vision, durch grünes Heizen auch noch Geld zu verdienen, wurde dort, unter den Fließen des Pools, wo nichtsahnende Urlauber ihre Bahnen ziehen, bereits Wirklichkeit.

Dementsprechend kristallisiert sich die alpmine PL als Erfolgsmodell heraus. „Wir haben schon mehrere Anfragen von Hotels und haben vor, in diesem Jahr noch mindestens 10 alpmine PL zu verkaufen und dabei mit innovativen Hotels zu kooperieren. Das Interesse in diesem Sektor ist sehr groß ,“ erzählt Simon. Bei den alpmine iR fokussieren er und seine Mitgründer sich derzeit auf die Weiterentwicklung, während sie versuchen, über Indiegogo ein drittes Produkt zu finanzieren – einen USB-Stick, durch den man den PC, den man schon hat, zu einem Bitcoin produzierenden Wärmelüfter aufrüsten kann.

Und das Studium? Darum kümmern sich Simon und seine Mitgründer an den Abenden und Wochenenden. Unter der Woche haben die Bozener alle Hände voll damit zu tun, an der Rettung des Minings und der Umwelt mitzuwirken.

Über Christoph Bergmann (2801 Artikel)
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2 Kommentare zu Grün heizen – und dadurch noch Geld verdienen!

  1. Eine Wärmepumpe ist viermal effizienter, das bedeutet, ich erhalte mit der gleichen Menge an Strom viermal so viel Wärme. Die Auszahlung an die Bitcoin-Wallet entspricht ungefähr der Einspeisevergütung. Seitdem Ethereum auf Proof-of-Stake umgestellt hat, ist das Mining mit Grafikkarten kaum noch rentabel. Diese Informationen lassen sich alle auf Whattomine.com überprüfen.

    • Paul Janowitz // 22. Mai 2023 um 18:39 // Antworten

      Sehe ich ähnlich kritisch, kenne aber einige Leute bei Monero, die nur im Winter tatsächlich mit ihren stationären PCs minen, um die Abwärme zum Heizen zu nutzen. Allerdings müssen sie keinerlei Anfangsinvestition tätigen, da die Geräte eh schon rumstehen und die einzigen, die ich diesbezüglich kenne wohnen in den USA, wo die Stromnetze zwar meist nicht so zuverlässig sind wie hierzulande (da sehr viel mit Oberleitungen gearbeitet wird), man aber einen Bruchteil pro kWh bezahlt. Die Effizienz spielt dann weniger eine Rolle, insbesondere wenn man keine Wärmepumpe/Klimaanlage hat und vielleicht noch bisher per Kamin oder Öl-/Gasofen geheizt hat, was in den Staaten auf dem Land durchaus auch üblich ist, dort sind die Energiekosten „Dank“ Fracking & Co. aber deutlich niedriger.

      Und klar „muss“ man einen Pool zwar das ganze Jahr über beheizen, aber mal mehr, mal weniger und ein Miner amortisiert sich logischerweise am schnellsten, wenn er durch läuft.

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