Und es geht doch: Musikfestival Tomorrowland zeigt, wie man NFTs in der Praxis einsetzt

Wenn die Spekulation abflaut, triumphieren echte Anwendungen. Bei NFTs demonstriert das gigantische Elektrofestival Tomorrowland, wie man NFTs nutzt, um neue Einnahmen zu erschließen. Auch andere Festivals lassen sich auf NFTs ein, die schon als unvermeidliche Fortentwicklung des Tickets gelten. Bei den Besuchern kommt es offenbar gut an.
Der NFT-Markt ist kollabiert. Von den einstigen Höhenflügen ist kaum mehr etwas übrig geblieben, nachdem die Blase geplatzt ist. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn zusammengebrochen ist vor allem der spekulative Teil des Marktes, der die Preise für schnöde jpegs auf Tausende von Dollar trieb, um sie von dort aus ins Bodenlose fallen zu lassen.
In der Ruhe des Bärenmarktes, wo nicht jeder winzige Erfolg eine Horde Nachahmer und Spekulanten anlockt, bereiten sich dagegen die ersten NFT-Anwendungen der echten Welt aus. Ein ausgezeichnetes Beispiel ist das Tomorrowland-NFT.
Tomorrowland ist eines der weltweit größten Festivals für elektronische Musik, das seit 2005 jährlich mehr als 100.000 Menschen in die belgische Kleinstadt Boom zieht. Was für Metler das Wacken, ist für Elektroheads das Tomorrowland. Hunderte DJs, darunter einige der berühmtesten der Welt, treten vor einer zauberhaften, aufwändig gestalteten Kulisse auf. Aufgrund des Erfolges gibt es auch Tomorrowland in Brasilien und im Winter in den Alpen.
Mithilfe einer NFT-Kollektion hat Tomorrowland im Vorfeld des Events Ende Juli rund 2,2 Millionen Dollar eingenommen. Die NFTs sind dabei nicht nur ein digitaler Gutschein für eine Eintrittskarte und eine kunstvolle Erinnerung. Der entscheidende Hebel sind die praktischen Vorteile, die die NFTs verschaffen: den Zugang zu exklusiven Shows, eine sichere Teilnahme am Vorverkauf der Tickets, Partnerschaften, Eintritt in digitale Räume von Tomorrowland, Community Events und mehr. Als Bonus kann man die Token auch auf dem Zweitmarkt verkaufen, in vielen Fällen mit Gewinn, und vermutlich ist es auch möglich, sie auf DeFi-Märkten gegen Dollar zu beleihen.
Die Tomorrowland NFTs gibt es in drei Editionen, Winter, Belgien und Liebe. Wer alle drei NFTs hält, bekommt ein Medaillon, das noch mehr Privilegien gewährt. Technisch laufen sie auf der Solana-Blockchain. Bei der Einführung im vergangenen Jahr hat Tomorrowland mit der Börse FTX zusammengearbeitet, die im Herbst bekanntlich spektakulär pleite ging und den ganzen Markt mit sich riss. So hinterlässt sie immerhin ein Vermächtnis, das aus mehr als Schulden und Skandalen besteht, auch wenn die Wahl der Solana-Blockchain einen etwas bitteren Nachgeschmack hinterlässt, da FTX den Preis von Solana wohl manipuliert hat, um sich auf Kosten anderer Anleger zu bereichern.
Festival-Besucher scheinen eine dankbare Zielgruppe für NFTs zu sein. Ein Festival ist mehr als ein Produkt, sondern ein Erlebnis und eine Erinnerung, die Zugehörigkeit zu einer Szene und damit ein Stück Identität. Da das Publikum mit den Festivals älter wird, nehmen Festivals oft eine spezielle Rolle in der Biographie ein, bilden einen jährlich wiederkehrenden Ankerpunkt, der mit alten Freunden zelebriert wird, die ebenfalls nicht nur älter wurden, sondern auch vermögender und daher in der Lage sind, die rasant steigenden Preise der Tickets zu bezahlen.
Da die älter gewordenen Besucher den Festivals die Treue halten, während eine neue Generation nachwächst, steigt die Nachfrage nach den Tickets immer weiter. Es gehört mit zu den besten Aspekten der modernen westlichen Welt, dass Massenzusammenkünfte kaum mehr politisch, religiös oder militärisch motiviert sind, sondern durch die Liebe zu Musik und Kultur. Weniger positiv ist dagegen die Inflationsrate der Festivaltickets, die seit vielen Jahren bei durchschnittlich fast 10 Prozent liegt. Zum Beispiel ein Ticket für das Wacken-Festival: 1999 kostete es 80 Mark, 2001 50 Euro, 2008 100, 2017 220 Euro, in diesem Jahr 299 und 2024 sogar 333 Euro. Bei der offiziellen Inflationsrate von 2 Prozent würden sie heute kaum mehr als 60 Euro kosten.
Trotz der immensen Preissteigerung in Relation zu Einkommen, Miete und Lebenshaltungskosten sind auch für 2024 die Wacken-Karten bereits ausverkauft. NFTs, die wie bei Tomorrowland ein sicheres Anrecht auf ein Ticket geben, gewinnen so einen praktischen Nutzen – und werden zu einer guten Wertanlage.
Tomorrowland ist daher nicht das einzige Musik-Festival, das auf den NFT-Zug aufspringt. Andere Beispiele sind das Unum Festival, das große EXIT Festival, Bamboozle und viele mehr. Das Musikmagazin Mixmag schreibt daher, die Musikindustrie stehe „an der Schwelle einer Revolution des NFT-Ticketings“. Nicht nur eröffnen die Token neue Einnahmequellen, sondern sie helfen auch, Fälschungen von Tickets und Preismanipulationen durch den Wiederverkauf zu bekämpfen. Daher sei der Fortschritt zu NFTs, schreibt Mixmag, unvermeidbar.
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