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Endlich: Ein Stablecoin, der Zinsen auszahlt

Der Berg schlechthin, gespickt mit Leichen, auf das Dach der Welt herabschauend - der Mount Everest. Bild von momo via flickr.com, Lizenz: Creative Commons

Das Mountain Protocoll legt den Stablecoin USDM auf, der seine User an den Einkünften aus Zinsen beteiligt.

Im Grunde ist die Rechnung nicht übertrieben kompliziert: Die Anbieter von Stablecoins wie USDT oder USDC decken ihre Token in der Regel mit Dollar auf dem Bankkonto oder vergleichbaren „cash-artigen“ Wertpapieren.

Nachdem die Zentralbanken im vergangenen Jahr die Zinsen erhöht haben, werden Kredite teurer, und damit auch die Kosten für die Finanzierung von Staatsausgaben. Die Zinsen für Staatsanleihen steigen, womit diese erzlangweiligen Finanzprodukte plötzlich wieder sexy werden – auch und vor allem für Stablecoin-Herausgeber, die ihre Dollar in Staatsanleihen umschichten und plötzlich hochprofitabel sind.

Tether, die Herausgeberin der USDT, macht im Jahr derzeit rund fünf Milliarden Dollar Gewinn, mit einem Mitarbeiterstamm von angeblich kaum mehr als 50 Personen. Circle, die Herausgeberin der USDC, dürfte etwas kleinere Brötchen backen, aber ebenfalls extrem profitabel sein.

Der Mountain-Dollar USDM versucht nun das Naheliegende: Er gibt diese Zinsen an die User weiter. Ein Stablecoin kehrt damit an den Ursprung des Papiergeldes aus den Staatsschulden heraus zurück. Er wird weniger ein Dollar-Token, sondern ein Staatsanleihen-Token, ist also besser als ein Dollar, nämlich vielmehr ein gut verzinstes Girokonto.

Mountain wirbt damit, Zinsen von fünf Prozent im Jahr auf die Dollar-Token zu geben, indem es sie in sogenannte T-Bills anlegt – kurzfristige Staatsanleihen – und diese Erträge täglich auf die Token umzuschlagen. Technisch und ökonomisch ist das leicht umzusetzen, rechtlich etwas haariger. Denn was Zinsen auszahlt, ist potenziell ein Wertpapier, und das wiederum zieht einen Rattenschwanz regulatorischer Auflagen nach sich.

Aus diesem Grund ist Mountain auf den Bermudas angemeldet, ein Standort, der bekannt für seine „klug Regulierung“ ist, wie es Mountain auf Twitter ausdrückt. Die Kehrseite davon ist, dass die USDM-Token nicht für Bürger der USA verfügbar sind. Darin liegt keine geringe Ironie. Der Dollar ist die Währung der USA, die User von USDM finanzieren die US-Regierung, die US-Bank JP Morgan verwaltet die Reserven. Alle dürfen mitspielen – nur die User nicht. Die müssen weiter USDT oder USDC verwenden.

Die USDM-Token sind kompatibel mit dem ERC20-Protokoll, orientieren sich dabei aber an den Liquid Staking Token bei Ethereum, beispielsweise die stETH von Lido. Sowohl stETH als auch USDM haben einen „Rebase“-Mechanismus, der die Anzahl der Token erhöht, wenn Zinsen oder Staking-Erträge ausgezahlt werden, aber die Anteile der Berechtigten stabil hält: Wer 100 USDM kauft, kauft 100 Anteile; nach einem Jahr hat er 105 USDM, aber noch immer 100 Anteile.

Als ERC-kompatible Token können sich USDM frei auf der Ethereum-Blockchain bewegen und mit allen DeFi-Protokollen interagieren. Wenn es gut läuft, kann man also zusätzlich zu den fünf Prozent noch weitere Zinsen einheimsen, wenn man die USDM etwa verleiht oder in einen Liquiditätspool gibt.

Bisher sind die USDM-Dollar noch nicht live. Es gibt, soweit ich es sehe, eine geschlossene Beta, zu der man sich anmelden kann, um die Token auf der Webseite zu minten. Dies ist zunächst nur mit USDC-Stablecoins möglich, während künftig auch andere Stablecoins und Banküberweisungen akzeptiert werden. Bis dahin wird USDM aber vor allem USDC kannibalisieren, was den Effekt haben könnte, USDC selbst unter Zugzwang zu setzen, ebenfalls Zinsen auszuzahlen.

Über Christoph Bergmann (2637 Artikel)
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