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Bundesregierung beschließt monetäre Zensur für fast 500.000 Menschen

Blütenensemble inspiriert vom Mastefcard-Logo. Bild von Hans Splinter via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Nachdem sich die Regierung im November darauf verständigt hatte, sogenannte Bezahlkarten einzuführen, wird es nun konkret. Noch in diesem Jahr möchte man den Flüchtlingsstrom durch monetäre Diskriminierung ausbremsen. Als technische Helfer dienen dabei zwei US-Zahlungsdienstleister.

In der Bitcoin-Community arbeitet man sich gerne an einer möglichen CBDC ab, einer „Central Bank Digital Currency“, also einer von einer Zentralbank herausgegebenen digitalen Währung. Eine solche CBDC, heißt es immer wieder, sei der Anfang vom Ende aller Freiheit. Auf Konferenzen gibt es Panels über – oder besser: gegen – CBDCs, und Politiker, die klar Stellung gegen sie beziehen, ob die deutsche Abgeordnete Joana Cotar oder Donald Trump, dürfen sich des Beifalls der Community sicher sein.

Tja. Nun passiert es, aber ganz ohne CBDC, und leider auch ohne den Protest der Bitcoin-Community. Während Pläne für eine CBDC in Europa weiterhin so vage wie nur möglich bleiben, hat unsere Regierung beschlossen, fast eine halbe Millionen Menschen in Deutschland einer bisher beispiellosen monetären Kontrolle und Diskriminierung zu unterwerfen: Asylbewerber sollen nicht länger in den Genuss des gesetzlichen Zahlungsmittels in der EU kommen – Euroscheine – sondern die sogenannte Bezahlkarte erhalten.

Beschlossen wurde die Bezahlkarte im November 2023. Bayern und Hessen waren bei den Landtagswahlen massiv nach rechts gerutscht, jeder machte die Flüchtlinge als Ursache aus, und Kanzler Scholz und die Ministerpräsidenten beschlossen in einer Notkonferenz, die Bezahlkarte einzuführen. Diese soll den Verwaltungsaufwand der Kommunen senken und verhindern, dass Flüchtlinge ihr Geld in einem unerwünschten Sinn verwenden, etwa für kriminelle Zwecke oder als Rücküberweisung in ihre Heimat.

Gestern hat eine Arbeitsgruppe ein bundesweit einheitliches Konzept vorgestellt, das wohl das Gefallen aller Bundesländer gefunden hat. Schon ab dem Sommer sollen Kommunen Hilfsgelder an Flüchtlinge nur an Banken überweisen, die Bezahlkarten für Flüchtlinge führen. Die Bezahlkarte ist eine reine Debitkarte ohne angebundenes Bankkonto, in den bisherigen Pilotprojekten von MasterCard oder Visa. Mit ihr können Flüchtlingen in allen Geschäften einkaufen, welche die Geschäftsbedingungen und Gebühren der beiden US-Unternehmen akzeptieren.

Die Bundesländer sollen eine Option erhalten, bestimmte Geschäfte oder Branchen auf eine Blacklist zu setzen oder den Gebrauch außerhalb des Bundeslandes oder der Region zu unterbinden. Grundsätzlich können Flüchtlinge mit der Bezahlkarte kein Bargeld abheben, nicht im Ausland bezahlen und das Geld weder im Inland noch ins Ausland überweisen. André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, meint zudem, dass die Karten „auch mit anderen Informationen und Nachweisen“ erweitert werden sollen. Dies könnte auf Identitätsdaten hinauslaufen.

Damit wird das 2016 verabschiedete Grundrecht aller in Deutschland lebenden Personen, ein Bankkonto erhalten zu können, mehr oder weniger ausgesetzt. Es geht dabei um derzeit 182 Euro Taschengeld für Asylbewerber in Asylheimen mit Nahrungsversorgung und 410 Euro für Selbstversorger. Immerhin haben die Bundesländer die Option, einen bestimmten Teil dieses Geldes weiterhin bar als Taschengeld auszuzahlen.

Integrationsforscher und -Experten sind skeptisch. Es gibt laut ihnen keine Belege dafür, dass Asylbewerber die an sie ausgezahlten Sozialleistungen in nennenswertem Maßstab nach Hause überwiesen haben. Solche Rücküberweisungen setzen üblicherweise erst ein, nachdem sie eine Arbeit gefunden haben. Es handele sich um Symbolpolitik, wird beklagt, von denen kein Experte einen nachweisbaren Effekt auf die Fluchtbewegungen erwarte. Eine Vertreterin von Pro Asyl nannte die Bezahlkarte „ganz klar ein Diskriminierungsprogramm“.

Schon im Dezember hat Hannover eine „SocialCard“ eingeführt. Das ist eine Debitkarte von Visa, auf die die Regelleistungen für Asylbewerber ausgezahlt werden, allerdings ohne die für die Bezahlkarte gewünschten Blacklists. Auch in Thüringen gibt es in einigen Landkreisen erste Versuche mit einer Bezahlkarte, die, einem Foto zufolge, von Mastercard ausgestellt wurde. Laut Landräten hat man damit gute Erfahrungen gemacht. Der Thüringer Flüchtlingsrat dagegen beklagt, dass die Karte es Flüchtlingen erschwere, Zahlungen beim Friseur, in kleineren Geschäften und auch beim Deutschlandticket zu leisten.

Ganz unmöglich wird es natürlich nicht werden, Geld an Verwandte im Ausland zu überweisen. Dazu müssen Flüchtlinge künftig eben im Supermarkt Gutscheinkarten kaufen und versenden. Diese können ihre Verwandten dann auf Online-Portalen eintauschen. Vermutlich wird es auch eine Art Schwarzmarkt geben, etwa Kiosk-Besitzer, bei denen man mit der Bezahlkarte „Snacks“ kaufen kann, um dann Bargeld oder Auslandsüberweisungen zu erhalten. So oder so sind mehr Mittelsmänner involviert, die durch Gebühren zum Gewinner der Bezahlkarte werden.

Unter Bitcoinern wird bisher erstaunlich wenig Kritik an der Bezahlkarte laut. Dabei verwirklicht sie genau jene Alpträume, die man sich so lebhaft und empört über CBDCs erzählt, von der Begrenzung von Bargeld über Blacklists und Whitelists zum Zwang, sich von einem bestimmten Mittelsmann abhängig zu machen.


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Über Christoph Bergmann (3247 Artikel)
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18 Kommentare zu Bundesregierung beschließt monetäre Zensur für fast 500.000 Menschen

  1. Starker Artikel, diesen Blickwinkel hatte ich tatsächlich nicht beim überfliegen der Schlagzeilen zu dem Thema.

  2. > Unter Bitcoinern wird bisher erstaunlich wenig Kritik an der Bezahlkarte laut.

    Dies liegt möglicherweise daran, dass Bitcoinern unmittelbar klar ist, dass die illegale Migration von Millionen Menschen in das deutsche Sozialsystem ein massives Eigentumsdelikt darstellt, das nur in einem Fiat-Standard möglich ist. In einem Bitcoin-Standard würde sich auch die linke Filterblase am Kopf kratzen, wer die vielen Bitcoins auf die Bezahlkarten überweisen soll, von denen dann auch noch die Verwandten im Ausland leben sollen…

  3. Meistens mag ich deine Artikel wenn sie auf Crypto bezogen sind. Hier ist das nicht der Fall, und die Analogie zu CBDC’s ist fehl am Platze.
    Wenn nach Erhalt der Karte mal gleich 25% der Empfänger abreisen ist das ein sehr deutliches Zeichen für bisherigen Missbrauch. Die zitierten 592 Euro pro Nase sind in summa und monatlicher Wiederholung keine Kleinigkeit für den Steuerzahler. Es fehlt bekanntlich an allen Ecken und Kanten. Wer wirklich Hilfe braucht im eigentlichen Sinne des Asylrechts, der soll sie erhalten. Alle anderen nicht.

    • Wie in dem Artikel ausgefuehrt, wird man solchen Missbrauch dadurch nicht wirklich eindaemmen koennen.
      Diejenigen, die das System missbrauchen weichen auf Geschenkkarten oder sonstwas aus und diejenigen, die es nicht missbrauchen sind wie immer die gelackmeierten.
      So wie bei den meisten Gesetzen von Regierungen. Der absurde Glaube daran, dass sich Kriminelle und Konsorten die die bereits existierenden 99999 Gesetze ignorieren sich durch das 100000te Gesetz nun endlich bekehren lassen und sich von da an an Recht und Ordnung halten.

      Die Kriminellen und Missbraucher finden wieder einen Weg und der ehrliche und durchschnittliche Normalo hat wieder Mehraufwand und wird schikaniert.
      Und zu glauben, dass derartige Technologien langfristig nur fuer Fluechtlinge?Asylanten angewandt werden, halte ich in der heutigen Zeit fuer naiv.
      Als naechstes sind Sozialhilfeempfaenger/Buergergeldempfaenger & Co dran. Nach und nach dann der Rest. Hohe Beamte natuerlich ausgenommen, bei denen gilt dann sowas wie politische Immunitaet oder irgendein anderer Schmarrn den man sich aus der Nase zieht, damit der Doppelstandard auch auf jeden Fall gewahrt bleibt und man weiterhin Machtpositionen missbrauchen kann.

      Das Ausnutzen des Asylrechts wird man dadurch vermutlich nur kurzfristig in den Griff bekommen.
      Da haette es mehr gebracht, wenn in der Vergangenheit mal jemand fuer ein paar Euro unserer Ex Bundeskanzlerin einen Maulkorb verpasst haette.

  4. Dr.Hal Emmerich // 1. Februar 2024 um 18:00 // Antworten

    @Tantquant:,,Wenn nach Erhalt der Karte mal gleich 25% der Empfänger abreisen…“ xD
    Also ich würd ja zuerst das Geld im Laden ausgeben bevor ich abreise!
    Wo hast du denn die schöne Zahl her?

    Nichts desto trotz ist das eine CBDC wie sie im Buche stehen wird ^^ erschreckend!! Danke für den Artikel

  5. Wenn nach Erhalt der Karte mal gleich 25% der Empfänger abreisen ist das ein sehr deutliches Zeichen für bisherigen Missbrauch

    Das versteh ich nicht. Die Bezahlkarte macht das Einkaufen deutlich unbequemer, und soll anscheined ja auch die Atrraktivität der Migration nach Deutschland grundsätzlich senken, nicht nur bei Missbrauchern.

    Aber ganz unabhängig davon, wie man das findet, werden solche Massnahmen gerne bei Menschen ausprobiert, die der Mehrheit der Bevölkerung schnurz sind. Wenn die Technik dann etabliert ist, kann man sie gut auf andere staatliche Leistungen mit Gängelpotential wie Bürgergeld, Arbeitlosengeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, … ausweiten.
    Das ist dann schon ein Aufschrei wert, ganz egal, was man von der Migrationpolitik hält.
    Einmal eingeführte Technik verselbständigt sich am Ende gerne vom ursprünglichen Zweck weg.

    • Exakt meine Meinung, es ist ein Testlauf auf denen, die sich wahrscheinlich nicht wehren werden.
      Warum macht man so einen Testlauf denn nicht bei sich und stellt die Diäten der Politiker gleich auf Bezahlkarte um? Am besten gleich mit vollständiger Transparenz mit öffentlich einsehbaren Umsätzen…

  6. Im Bitcoin-Standard hätte der Staat eine Bezahlkarte. Und wenn die leer wäre, könnten keine Migranten mehr eingeflogen werden, keine Kriege finanziert werden, keine Klima-Transformation herbeisubventioniert werden und keine sonstigen Wolkenkuckucksheimprojekte auf Kosten anderer (!) durchgesetzt werden.

  7. Bayern und Hessen scheinen immer noch voller Nazis zu sein. Einfach nur widerlich was unser Kanzler da unterschrieben hat.

  8. Ich war eben in Erkelenz auf einer Demo vom Bündnis gegen Rechts. Die Stimmung war unglaublich und bei mir hat das, zum ersten Mal seit Monaten, wieder ein Gefühl geweckt das diese Gesellschaft noch nicht verloren ist. Natürlich ist das rein subjektiv und ggf. denkt nun der ein oder andere „Hä, was redet der denn da“ Aber seitdem die Wahlprognosen so sehr zu Gunsten der AFD ausgeschlagen mache ich mir wirklich Sorgen und das eben war eine Augenblick der irgendwie heilsam in die Gegenrichtung gewirkt hat.
    Also falls sich jemand in diesen Worten wieder finden sollte dann schaut mal wo in Eurer Nähe eine Demo gegen Rechts ist und geht da einfach ohne große Erwartung hin – für mich war das eben eine tolle Erfahrung, ehrlich!

    • Oder man realisiert irgendwann im Laufe seines Lebens einmal, dass man um von A nach B zu kommen und um durchs Leben zu navigieren sowohl links, als auch rechts abbiegen muss.

      Man kann sich allerdings auch fuer ein Extrem entscheiden und anstatt einmal rechts, fuenf mal links abbiegen. Ist halt die Frage, ob das langfristig Sinn macht.

      Der Zulauf zur AfD ist lediglich ein Symptom, die eigentlichen Ursachen liegen bei den Aengsten und Sorgen der Buerger, die seit mehreren Jahren ignoriert werden.
      Demnach sind Demos, Schubladenstecken und Abgrenzung lediglich Symptombekaempfung und ignorieren die eigentlichen Ursachen. Was wiederum bedeutet, dass man dadurch die Probleme nicht loesen wird.
      Deshalb wird die AfD vermutlich auch weiterhin Zulauf bekommen.

      PS: ich bin ueberzeugter Nichtwaehler. Und meiner Meinung nach ist die AfD nicht die Loesung, aber genauso wenig ist sie das Problem. Sie ist ein Symptom, dass einen zum Nachdenken anregen sollte, anstatt das Symptom zu ignorieren.

    • Bei den momentanen Demos „gegen Rechts“ handelt es sich um eine Minderheit die gegen die Mehrheit demonstriert. Das liegt daran, wie man seit einigen Jahren mit diesem Begriff umgeht. Sicherlich wird Fahrradfahren ohne Helm und Schwimmen ohne Schwimmweste auch bald als „rechtsradikal“ deklariert, so daß es noch mehr Rechtsradikale gibt gegen die man demonstrieren kann. Etc.

  9. Dieser Artikel ist nicht auf Crypto bezogen ? (Kommentar oben)

    Ich erinnere mich nur noch dunkel weshalb ich mal zu Bitcoin gekommen bin:
    Mastercard wollte verhindern dass ich für Wikileaks spende.

  10. Der Witz ist doch dass die Leute die bei uns in Deutschland Asysl beantragen nicht wegen der Hilfsleistungen kommen sondern weil es bei uns sicher ist,man ein Dach über dem Kopf hat und es Arbeit gibt.
    Die Arbeit dürfen sie aber nicht annehmen erst einmal bis sie Deutsch können, ihre Abschlüsse anerkannt sind und andere Bürokratische Hürden durch sind.
    Bis dahin MUSS man ihnen Hilfsleistungen zukommen lassen sonst verhungern sie.
    Sicherheit wollen wir nich aufgeben nur damit ein paar hundert Arbeitswillige Leute weniger kommen auf die wir in der Zukunft angewiesen sind (Demografischer Wandel).
    Bezahlkarten sind absoluter Unsinn und Bürokratischer Mehraufwand der nichts löst.
    Hat man schon mal versucht, hat nichts gebracht.
    Schade dass unsere Bundesregierung sich da von der Opposition so eintüten hat lassen und die Landesregierungen sind auch wieder am PopulismusTrip.

    Wird sicher nach teurer Testphase wieder gekippt.

    Muss man jetzt nicht gleich Zensur schreien, is eher ne teure Witznummer

  11. Wieder mal zum Fenster rausgeschmissenes Geld. Aber Hauptsache die Narrative der Rechten bedienen von wegen Einwanderung in die Sozialsysteme und Ausnutzen des Asylrechts. Dabei haben wir jetzt schon einen grossen Mangel an willigen Arbeitskräften. Und die Boomer gehen jetzt alle in Rente. Es bräuchte massive Investitionen in Aus- und Weiterbildung sowie schnelles Heranführen der Einwanderer in den Arbeitsmarkt.

  12. Krieg ist Frieden!
    Freiheit ist Sklaverei!
    Unwissenheit ist Stärke!

    Schulden sind Sondervermögen!
    Steuern sind Subventionen!
    Vergiftung der Nachbarschaft ist Ökologie!
    Widerspruch ist Gesetz!
    Barmherzigkeit ist Diskriminierung!
    1984 ist Dystopie!

    1984 hat uns eingeholt.

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