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Wird Craig Wright zur Belastung für Bitcoin Cash?

Craig Wright spricht auf der Deconomy in Südkorea.

Aus den Reihen von Bitcoin Cash mehrt sich die Kritik am angeblichen Satoshi Craig Wright. Die Lage ist aber verwirrender, als sie auf den ersten Blick erscheint.

Manche Dinge kann man drehen und wenden, so lange man will, ohne dass ein Nagel daraus wird. So lässt sich nur schwer darüber hinwegsehen, dass die Bitcoin Cash Szene es wider besseren Wissens lange hingenommen hat, dass der Pseudo-Satoshi Craig Steven Wright sich auf ihre Seite geschlagen hat. Besser ein falscher Satsohi bestätigt, dass Bitcoin Cash der echte Bitcoin ist, als überhaupt kein Satoshi, oder?

Es scheint, als würde diese Haltung Bitcoin Cash nun auf die Füße fallen. Zumindest sorgt sie für interne Kontroversen, wenn nun immer mehr Personen klar Kante gegen Craig Wright zeigen. An die Öffentlichkeit hat kürzlich Vitalik Buterin diese Bedenken gebracht, als der Ethereum-Gründer auf der Deconomy-Konferenz fragte, warum „dieser Betrüger“ hier sprechen dürfe. Damit stimmt Buterin in eine Kritik ein, die etwa von Peter Rizun von Bitcoin Unlimited und dem Wissenschaftler Emin Gün Sirer vehement vertreten wird. Sie haben Wright öffentlich zum Scharlatan erklärt, der mit großen Worten um sich wirft, die wenig bis gar keine Substanz haben. Auch Rick Falkvinge deutet in einem Video, das erklärt, wie man toxisische Personen identifiziert, fast unverhohlen auf Craig Wright.

Blablabla …

Es geht dabei nicht um die Frage, ob Wright Satoshi ist. Bis auf eine winzige Restchance darf man dies wohl verneinen, nachdem Wright dutzendfach nachgewiesen wurde, Beweise gefälscht zu haben. Ein offenes Ökosystem sollte weniger danach fragen, wer jemand ist, sondern was er beiträgt, unabhängig davon, ob er ein Betrüger oder Hochstapler ist. Doch auch wenn man Wright so wie von ihm verlangt danach bewertet, was er leistet, ist das Resultat sehr ernüchternd.

Wright macht seit Jahren Versprechungen. Er kündigte schon Anfang 2016 an, ein Team für die Bitcoin-Entwicklung aufzubauen, versprach vor etwa einem Jahr bei der Gründung seiner Firma nChain, ein Bitcoin-SDK zu entwickeln, erklärte auf der Satoshi’s Vision in Arnhem, ein besseres Multisig zu bilden, und und und. Craig Wright verspricht ständig, was er leisten wird, doch bisher ist keine Zeile Code von ihm bekannt. Alles, was er bisher abgeliefert hat, sind hunderte von Patentanmeldungen sowie zahlreiche schlecht geschriebene, meist wirre Paper. Einen Beitrag zur Software-Entwicklung leistet er bisher nicht.

All das spricht nicht gerade für Craig Wright. Aber es ist an sich noch nicht schädlich. Für viele überwiegen die positiven Beiträge von Wright dies: Seine furiosen Auftritte als Pseudo-Satoshi sind weiterhin die stärkste, lauteste und eloquenteste Botschaft, dass Bitcoin Cash der wahre Bitcoin ist. Da er keinen Ruf mehr zu verlieren hat, kann Wright all das polternd, wütend und entschieden sagen, was sich viele andere verkneifen. Dazu ist er oft ein guter Ideengeber, etwa wenn er von Bitcoins Turingvollständigkeit spricht oder die Unterschiede zwischen Bitcoin und Lightning in Begriffen der Netzwerktheorie herausarbeitet (Small-World vs. Mesh). Vor allem aber gelingt es Wright, über seine eigene Firma nChain oder Coingeek von Calvin Ayre Kapital zu mobilisieren, das in Projekte fließt, die weitgehend frei von Profitabsichten darauf abzielen, Bitcoin Cash stärker zu machen (etwa Electron, Yours, Lokad, CentBee oder CashShuffle).

OP_Group und Selfish Mining

In den letzten Monaten gab es jedoch zwei Ereignisse, die diese Balance zerstört haben. Erstens hat Wright begonnen, über nChain in die Protokoll-Entwicklung von Bitcoin Cash einzugreifen. Auch wenn nicht klar ist, wie groß sein Einfluss ist, so dürfte er doch dazu beigetragen haben, dass das von Bitcoin Unlimited vorgeschlagene OP_Group – das native Token auf der Blockchain ermöglicht hätte – abgelehnt wurde, während alte, deaktivierte opcodes wieder aktiviert werden. Kaum verhohlen spielen dabei Patente von nChain eine Rolle, in denen Wright beansprucht, ein Verfahren für Token erfunden zu haben, welches die wieder zu aktivierenden opcodes nutzt. Viel offensichtlicher kann ein Interessenkonflikt nicht sein.

Zweitens lodert eine Debatte um das Selfish Mining wieder auf. Selfing Mining meint eine von Emin Gün Sirer entdeckte Technik, mit der ein Miner ab einer Hashrate von 25 oder 33 Prozent tricksen kann, indem er Blöcke zurückhält. Der Angriff an sich ist relativ komplex und wurde in der Wirklichkeit niemals nachgewiesen, soll aber den Simulationen zufolge funktionieren. Wright hat vor etwa einem Jahr behauptet, dass es diesen Angriff nicht gäbe, woraufhin Peter Rizin sich intensiv mit seinen Argumenten auseinandergesetzt hat.

Dabei wurde Rizun aber klar, dass Wright nicht wirklich wusste, wovon er da redete. Ein wenig darauf veröffentlichte Wright ein Paper, in welchem Rizun prompt meinte, einen Fehler gefunden zu haben. Die Diskussion ging, unter anderem, darum, dass Wright laut Rizun nicht verstanden habe, dass Mining gedächtnislos sei – ein absoluter Anfängerfehler. Wright und Rizun wetteten danach um 1 Bitcoin. Rizun beansprucht, die Wette gewonnen zu haben, doch Wright beharrt weiter darauf, recht zu haben. Für Rizun war danach klar, dass Wright ein Hochstapler ist.

Aus irgendwelchen, nicht ganz klaren Gründen, kocht diese Diskussion nun wieder hoch. Während Rizun und Sirer öffentlich Wright als Scharlatan anprangern, kontert dieser, dass Selfish Mining eine Erfindung von Technokraten ist. Auf der Deconomy-Konferenz sagte er: „Eine Lüge, gestrickt, um die Macht von Bitcoin wegzzunehmen. Sie sagen euch, dass man es reparieren muss, dass ein Haufen von Technokraten es zentral planen muss, weil sie es besser können.“ Damit markiert Wright Emin Gün Sirer als Feind – kurz nachdem dieser auf der zweiten Satoshi’s Vision Konferenz Tendenzen gezeigt hat, pro Bitcoin Cash zu sein. Der Pseudo-Satoshi, so der immer breitere Eindruck, schafft mit seinem Gift Unfrieden in der Community und verscheucht wertvolle Mitglieder.

Es ist nicht alles Pech, was stinkt …

Allerdings macht man es sich zu einfach, Craig Wright als reinen Scharlatan abzutun. Sorry, so einfach ist die Welt leider nicht. Denn unter der wirren Sprache verbergen sich oft bemerkenswerte Einsichten. So habe ich etwa, auf der Suche nach einem Hinweis für die Inhaltlosigkeit von Wrights Paper, ein Aufsatz von ihm zu Bitcoin und Quantencomputern gelesen. Zu meiner Überraschung fand ich darin die Information, die ich vor kurzem noch vergeblich gesucht habe, als ich über das Thema schrieb – wie lange Quantencomputer brauchen werden, um ECDSA zu knacken. Wright meint, selbst ein Quantencomputer mit einer Million Qubits wird eine Woche benötigen. Mit dieser Information wird der Angriff, den Wissenschaftler in einem Paper beschrieben haben, zu einer rein akademischen Spekulation, während Bitcoin in der Wirklichkeit sehr sehr sicher ist vor Quantencomputern. Insgesamt war dieses Paper von Wright deutlich besser, als erwartet, und eine wichtige Ergänzung zu dem, was ich bisher über das Thema wusste.

Das Bemühen, den Satoshi zu spielen, scheint bei Wright kreative Energien freizusetzen. Die einzige konkrete Idee, was man mit den im Mai zu reaktivierenden opcodes von Bitcoin Cash machen kann, stammt von ihm – Oblivious Transactions, eine bestimmte Art von Transaktionen, in denen die Herkunft der Münzen nicht ganz eindeutig ist. Das Konzept ist, wie so oft, sehr vage, doch einige Entwickler haben bestätigt, dass die Tendenz zumindest nicht grundfalsch ist. Die Oblivious Transactions ist der beste bisher bekannte Versuch, zu erraten, was Satsohi mit einem seiner rätselhaftesten Kommentare gemeint hat: 2010 schrieb Satoshi, er habe alle möglichen Skriptbefehle implementiert, damit Bitcoin bereit für die zahlreichen Transaktionen, die er schon vor Jahren erfunden hat. Welche speziellen Transaktionen er, abgesehen vom offensichtlichen Multisig, gemeint hat, blieb bis heute ein Rätsel.

Auch beim Selfish Mining gibt es Gründe, Wrights Ansicht nicht allzu leichtfertig zu verwerfen. Nur weil etwas in einem wissenschaftlichen Paper steht, muss es nicht unbedingt wahr sein. Dass es noch keinen nachgewiesenen Vorfall von Selfish Mining gab und dass Sirer die Entdeckung mit den Worten ankündigte, es sei Zeit, zu verkaufen, da Bitcoin auf Protokoll-Ebene fundamental kaputt sei, sollte einem bereits zu denken geben. Wrights wichtigstes Argument gegen die Selfish Mining Theorie ist, dass das Netzwerk der Bitcoin-Miner so eng verwoben ist, dass ein Sybill-Angriff auf sie unmöglich ist. Er drückt dies durch die seltsame Bemerkung aus, Gamma sei negativ. Interessanterweise erfährt er darin Unterstützung von unerwarteter Seite, wenn Peter Todd meint, das Selfish Mining Paper gehe von unrealistischen Annahmen über die Topologie des Bitcoin-Netzwerks aus.

Wie so oft kann ich hier nicht mit einem bestimmten Fazit enden – ich habe keines anzubieten -, sondern nur dazu aufrufen, zweimal nachzudenken, bevor man den offensichtlichen Schlussfolgerungen Glauben schenkt.

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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7 Kommentare zu Wird Craig Wright zur Belastung für Bitcoin Cash?

  1. Zu selfish Mining ist Wrights Argument, dass Miner damit Geld verlieren. Das scheint auch er Fall zu sein.

    „The high-level overview of the attack is this: rather than acting as a normal miner and publishing blocks to the network immediately upon finding them, the attacker selectively publishes blocks, sometimes sacrificing his own revenue but also often publishing many blocks all at once and thus forcing the rest of the network to discard blocks and lose revenue. This does reduce the attacker’s revenue in the short term, but it reduces everyone else’s revenue even more, so neutral nodes now have the incentive to join the attacker’s coalition to increase their own revenue. Eventually, the attacker’s coalition would expand to above 50% in size, potentially giving the attacker a high degree of control over the network.“

    Der Angreifer kann also Geld ausgeben, um einen Anreiz zu schaffen, eine 51% Koalition zu bilden. Aber mit 51% kann man sich immer noch kein Geld überweisen. Man kann Transaktionen rückgängig machen, mehr nicht. Das könnte man für Betrug ausnutzen. Da aber bei Mining Millionenbeträge im Spiel sind, müsste man durch Rückgängmachen auch Millionen ergaunern. Wie soll das in der Praxis gehen?

    Ein weiteres Argument ist, dass Miner Milliarden investiert haben und daher Bitcoin nicht kaputt machen werden, um einige Millionen zu verdienen. Das ist auch korrekt.

    Du hast im Artikel ein weiteres Argument genannt, welches ich nicht verstanden habe. Laut dieser Beschreibung von Selfish Mining scheint es nicht im Netzwerkkonnektivität zu gehen. Oder mir fehlt da einfach ein Teil des Bildes.

    Ich glaube schon, dass Wright ein Betrüger ist, Schwafler und größenwahnsinnig. Er sagt sicher auch viele Dinge vage und vorschnell. Das heißt nicht, dass er nicht Satoshi ist. Er ist einfach etwas verschroben und mental anders gebaut. Viele Geniale Menschen sind mental anders. Oft sind sie dann introvertiert und sozial inkompetent („Nerds“). Hier mal anders rum.

    Auch interessant ist, dass er schon damals, bevor er sich geoutet hat, gesagt hat, dass Bitcoin turingvollständig ist. Auf der Konferenz wurde er dafür belächelt und für einen Idioten gehalten. Das war 2015: https://www.youtube.com/watch?v=LdvQTwjVmrE&feature=youtu.be&t=999

    Er hat sich damals (absichtlich?) nebulös ausgedrückt, aber nachweislich recht gehabt. Das ist von ihm also kein neues Verhalten.

    Ich glaube, dass große Teile der Bitcoin Cash Community ihn für Satoshi halten und unterstützen. Es sind jetzt einige laute Stimmen dagegen gekommen.

    • Angenommen, Wright ist Satoshi.
      „2010 schrieb Satoshi, er habe alle möglichen Skriptbefehle implementiert, damit Bitcoin bereit für die zahlreichen Transaktionen, die er schon vor Jahren erfunden hat. Welche speziellen Transaktionen er, abgesehen vom offensichtlichen Multisig, gemeint hat, blieb bis heute ein Rätsel.“ Dann kann Wright dieses Rätsel ja einfach auflösen. (Oder hat er das bereits technisch plausibel begründet und glaubhaft getan und Bergmann und ich haben das nur nicht mitbekommen?)

      Und überhaupt: „verschroben und mental anders gebaut“, ok, meinetwegen. Aber dann hätte Wright damals trotzdem einfach echte (und keine gefälschten) Beweise erbringen können, um zu zeigen, dass er Satoshi ist. Welchen Grund hätte er gehabt, Beweise zu fälschen, wenn er der echte Satoshi ist…

      • Er sagte mal, das habe mit der Australischen Steuerbehörde zu tun, die ihn verfolgt. Er versucht einen Beweis daher zu vermeiden. Sein Haus wurde von denen ja auch mal geraidet. Oder, er hat die Keys nicht mehr, weil sein gestorbener Partner die hatte.

        Ich erkenne an, dass das der stärkste Beweis gegen ihn ist. Allerdings wie erklärst du, dass er Gavin Andresen einen echten Beweis erbracht hat nach seiner Aussage? Das ist wiederum ein sehr starker für-Beweis.

  2. Hochstapler Hochstapler …. Was ist das? Amtsanmaßung, Missbrauch von Titeln und/oder Berufsbezeichnungen, Betrug.
    Der Autor ist offenbar der Bitcoin Core Propaganda aus der Troll-Farm auf den Leim gegangen.
    Vitalik Buterin wird nervös wenn CSW demonstriert, was BCH alles kann. Sein gestriger Tweet an CSW „Trust but verify. What about your ten master`s degrees?“
    Dabei hat CSW im Oktober 2017 beim Bitcoin Meetup Switzerland seine Qualifkationen eindrucksvoll präsentiert. Eine Schubkarre war notwendig, um alles zur Bühne zu bringen. https://www.youtube.com/watch?v=QiK34QicusI

    • Ernsthaft? Dieses Video ist einfach nur eine peinliche Inszenierung, lächerlicher gehts ja wohl nicht -_- CSW wird auf seine Degrees angesprochen und dann kommt zufällig eine Frau mit einer Schubkarre mit seinen Degrees rein, is klar 😀

  3. Okay, danke erneut für den hochinteressanten Artikel.
    Die Frage, die sich mir mittlerweile stellt, ist, warum so viele Menschen Wright bei Diskussionen um seine Person überhaupt so viel Gehör schenken. Man kann seine Paper lesen und die gut oder schlecht, richtig oder falsch finden. Seine Paper kann man lesen, sachlich analyseren und wissenschaftlich bewerten. Aber warum möchte man hören, was er bei Diskussionen zu Themen die, die Bitcoin-Politik und das Bitcoin-Ökosystem betreffen, sagt, wenn er mehrfach bewiesen hat, dass hinter seinem Gerede wenig hinter ist und er darüber hinaus ein Lügner ist und vorgibt, jemand zu sein, der er nicht ist? Man kann sagen, dass er mit seinen Papers und vielleicht auch in Zukunft mit seinem Geld/seinen Unternehmen irgendwas zur Community beiträgt, gut. Aber in anderen Bereichen wie öffentlichen Diskussionen tut er dies (meiner Meinung nach) nicht. Trotzdem kann er (ich stimme Buterin da völlig zu) fragwürdigerweise vor Publikum sprechen.

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