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Bitcoin-Wallet Electrum kann jetzt Lightning

Das Lightning-Netzwerk

Plasma-Blitze. Bild von Ghost of Kuji via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die beliebte Bitcoin-Wallet Electrum arbeitet schon seit einiger Zeit an der Integration des Lightning Netzwerks für günstige und schnelle Offchain-Zahlungen. Mit dem Erscheinen von Version 4.0.1 ist es nun offiziell: Die wichtigste Bitcoin-Wallet versteht Lightning.

Wer Bitcoins an einem Desktop-Computer speichern und überweisen möchte, kommt kaum um die Wallet Electrum herum. Den meisten Umfragen zufolge ist Electrum die beliebteste und am häufigsten genutzte Wallet. Daher dürfte es einiges bedeuten, wenn diese Wallet nun offiziell das Lightning Netzwerk integriert.

Wir haben die Entwickler-Version mit Lightning bereits im November 2019 getestet und hatten damals schon einen sehr positiven Eindruck. Mit Version 4.0.1 ist es nun offiziell: Jeder, der Electrum updated oder neu herunterlädt, wird nun in der Lage sein, auch das Lightning Netzwerk zu benutzen. Das könnte den offchain-Zahlungen mit Bitcoin einen gewaltigen Schub verleihen.

Gelungene Integration in die Wallet

Um Lightning-Channels zu eröffnen, braucht man eine SegWit-Wallet. Alte Wallets mit Adressen, die mit einer „1“ beginnen, sind nicht Lightning-fähig. Stattdessen braucht man eine neue Wallet mit nativen SegWit-Adressen im bech32-Format. Wenn man in einer solchen Wallet Bitcoins hat, kann man beginnen, Channels aufzubauen. Dabei löst Electrum elegent eines der grundsätzlichen Probleme dieses Vorgangs: Mit wem soll ich einen Channels eröffnen?

Lightnig Channel mit Electrum öffnen

Mit Electrum einen Lightning-Channel öffnen: Die Wallet schlägt einen Peer vor.

Eine Möglichkeit, richtige Partner zu finden, ist es, etwa bei 1ml.com nachzuschauen, welche Knoten gut ausgestattet sind. Wenn man dann einen Channel mit diesen aufmacht, kann man sicher sein, gut im Netzwerk verbunden zu sein. Aber für die meisten User ist das nicht wirklich eine Option. Daher bietet Electrum an, sich einen Channel vorschlagen zu lassen. Also habe ich zwei zufällige Channels eröffnet; einer davon geht zur Hochschule RWTH Aachen, der andere zu SatoshiLabs, der Dachfirma von Trezor und SlushPool.

Lightning Channels in Electrum

Meine zwei Lightning-Channels.

Das „Channel“-Tab zeigt an, welches Guthaben man sowohl lokal als auch remote in den Channels hat. Wenn man mit Lightning bezahlen möchte, bekommt man in der Regel eine Invoice. Die kann man dann wie schon bei den bekannten Bitcoin-Invoices in das „Zahle an“-Feld reinkopieren. Wenn man dagegen Geld empfangen möchte, gibt man wie gewohnt den Betrag und eine Notiz ein, klickt aber nun auf einen Lightning-Knopf. Anschließend erhält man einen Code, den es auch als QR-Code gibt.

Mit Electrum eine Lightning-Invoice bezahlen

Wenn man eine Lightning-Invoice in das „Zahle an“ Feld reinkopiert, versteht Electrum das.

Insgesamt haben die Electrum-Entwickler es geschafft, Lightning strukturiert und transparent in die Wallet zu integrieren. An keiner Stelle verbirgt die Wallet wichtige Informationen; man erkennt übersichtlich, wie viele Bitcoins man onchain und offchain hat, was die Zielpunkte der Channels sind und wie viele Bitcoin in ihnen lokal und remote liegen. Im Vergleich zu allen anderen mir bekannten Wallets ist das in meinen Augen ein riesiger Fortschritt, auch wenn es für manche Anfänger vielleicht eher die Verwirrung steigert als abbaut.

Mit Swap und Watchtower

Jeder Wallet-Entwickler, der derzeit mit Lightning arbeitet, steht vor einigen Herausforderungen. So ist es für viele User frustrierend, dass man mit einem eben eröffneten Channel zwar bezahlen kann, aber nicht empfangen. Auch das Backup von Bitcoins in einem Lightning-Channel kann problematisch sein, und schließlich wäre da noch das Problem, dass der Knoten am anderen Ende des Channels diesen mit einem alten Zustand schließen kann, wenn man ihn nicht überwacht. Dann würde man Geld verlieren, das man durch Lightning empfangen hat.

Alle Lightning-fähigen Wallets versuchen derzeit, diese Probleme auf ihre eigene Weise zu lösen. Es zeichnen sich zwar Standards ab, doch lassen diese noch viel Freiraum für die eigene Interpretation durch die Entwickler. Wie geht also Electrum diese Probleme an?

Zunächst ist das Empfangen von Bitcoins über Lightning mit Electrum grundsätzlich problematisch. Denn man tritt dem Netzwerk nicht als vollwertiger Knoten bei, was bedeutet, dass andere Knoten keine Channels zu einem eröffnen können, was gewöhnlich eine probate Methode ist, um eingehende Liquidität zu erhalten. So bleibt einem nichts anderes übrig, als selbst einen Channel zu bilden. Das Guthaben ist zunächst ausschließlich auf der eigenen Seite. Um etwas empfangen zu können, muss man es irgendwie „rüberschubsen“, etwa indem man etwas kauft. Man kann also niemals mehr Bitcoins empfangen als man selbst in einen Channel gepackt hat, was eine grundsätzliche, meines Wissens nach unumgehbare Begrenzung darstellt.

Electrum erlaubt, mit Swaps Bitcoins von onchain zu offchain und umgekehrt zu wechseln

Electrum erlaubt es, Bitcoins per Swap von onchain zu offchain und umgekehrt zu wechseln.

Electrum wartet nun mit einer sehr angenehmen Option auf: Swaps. Man kann Bitcoins in Lightning-Channels gegen Onchain-Bitcoins tauschen und andersherum. Wenn man also ein Guthaben von einer Million Satoshi in einem Channel hat, aber lediglich auf der eigenen Seite, kann man nun sagen wir 400.000 Satoshi „swapen“. Dann werden die Satoshi auf die andere Seite geschubst, während man denselben Betrag durch eine onchain-Transaktion gutgeschrieben bekommt. Und schon kann man mit seinem Lightning-Channel bis zu 400.000 Satoshi empfangen.

Die Swaps sind, nehme ich an, ein Service von Electrum. Als Gebühr bezahlt man 0,5 Prozent des getauschten Volumens sowie natürlich die Transaktionsgebühr. Sie bieten den Electrum-Entwicklern eine gute Möglichkeit, Geld zu verdienen, ohne dafür die Basis-Funktionen der Wallet mit einer Gebühr zu schädigen.

Einen Lightning-Watchtower in den Electrum-Optionen aktivieren

In den Optionen kann man einen Watchtower aktivieren.

Auch mit dem Watchtower („Wachturm“) integriert Electrum eine innovative Lösung. Das Problem ist, wie gesagt, dass der Knoten, mit dem man einen Channel hat, diesen schließen, aber dabei einen veralteten Zustand benutzen kann. Wenn man über Lightning Bitcoins erhalten hat, könnte man Geld verlieren. Dies können Wachtürme verhindern, die den Channel beobachten und den Partner dafür bestrafen können, wenn er versucht, zu betrügen. Einen solchen Watchtower kann man lokal betreiben, was aber bedeutet, dass man den Electrum Daemon permanent laufen lassen muss. Man kann ihn auch remote überwachen lassen, etwa auf einem Server, auf dem man den Lightning-Daemon installiert. Vermutlich wird es bald öffentliche Listen mit Watchtowers geben, deren Service man für eine kleine Gebühr anmieten kann.

Das dritte Problem sind schließlich die Backups. Denn sobald man mit Lightning einige Transaktionen ausgeführt hat, lässt sich der Betrag nicht mehr durch die Seed rekonstruieren. Um sicher zu sein, müsste man die Channels nach jeder Transaktion abspeichern. Electrum ermöglicht einem das mit einem Klick; entweder als Code oder als QR-Code. Mit diesem kann man die Channels zwar nicht herstellen, aber man kann sie schließen. Das ist im Falle eines Festplattencrashs besser als gar nichts.

In der Praxis nicht ganz so blitzschnell

Natürlich habe ich Lightning für Electrum auch praktisch getestet. Dabei zeigen sich die üblichen Probleme von Lightning, für die Electrum natürlich nichts kann, die aber doch die User-Erfahrung deutlich beeinträchtigen.

Ich habe auf einer Übersicht über Lightning-Spiele nach Möglichkeiten geschaut, Transaktionen zu bilden. Dabei bin ich auf einer Seite mit einem einarmigen Banditen, einer Seite mit einer Glücksdrehscheibe sowie einem seltsamen Spiel mit Schlössern gelandet. Um dort zu spielen, musste ich Geld einzahlen. Gewählt habe ich lediglich kleine Beträge von 5000 oder 10.000 Satoshi (40-80 Cent). Die Zahlung hat in allen Fällen funktioniert, aber unterschiedlich lange gedauert, mindestens zwei und maximal 17 Sekunden. Hier sind unbestätigte Onchain-Transaktionen meistens komfortabler, auch wenn die Zahlung mit ihnen nicht sofort final ist.

Die Auszahlung des Guthabens ovn LN Spin per Lightning scheitert

Bei LN Spin habe ich 50.000 Satoshi gewonnen. Nur leider schaffe ich es nicht, sie auszuzahlen.

Anschließend habe ich ein wenig gespielt. Dabei hatte ich das Pech, Glück gehabt zu haben. Ich gewann beim einarmigen Banditen einige tausend Satoshis, und konnte bei der Drehscheibe meinen Einsatz von 10.000 Satoshi versechsfachen. Nun stand ich vor dem Problem, die Bitcoins wieder auszuzahlen. An sich sollte es möglich sein, je Service zumindest 10.000 Satoshi auszuzahlen. Aber leider konnte ich bei der Drehscheibe nicht einmal 3.000 Satoshi rausbringen. Ich bekam jedes Mal nur einen Error. Dagegen funktionierten die Auszahlungen beim einarmigen Banditen.

Also habe ich versucht, mit dem Submarine Swap eingehende Liquidität zu schaffen. Erst wollte ich 400.000 Satoshi rüberschubsen, aber das ist gescheitert. Ich vermute, weil es zwischen mir und dem Ziel nicht genügend Kapazität für diesen Betrag gab. Es waren ja immerhin 32 Euro. Also probierte ich es mit 100.000 Satoshi (8 Euro), und das klappte. Meine Gewinne an der Drehscheibe konnte ich jedoch weiterhin nicht auszahlen. Wahrscheinlich mangelt es einfach an Liquidität bei den Knoten zwischen der Webseite und mir, woran ich nichts ändern kann. Mir bleibt nichts anderes übrig, als meinen Gewinn auf der Plattform zu lassen.

Aber da ich nun ein wenig Geld über Lightning hin und her geschoben hatte, war es an der Zeit, einen Watchtower einzurichten. Dies kann man in den Optionen unter dem Tab Lightnig anwählen. Hier hat man auch die Option, Lightning als Daemon weiterlaufen zu lassen, nachdem die Wallet geschlossen wurde. Das ist sehr praktisch. Allerdings wollte der Watchtower bei mir nicht wirklich starten; ein Blick in die Dokumentation hat mir dabei auch nicht weitergeholfen.

Lightning schleppt die üblichen Probleme mit in die Wallet

Es gereicht den Electrum-Entwicklern zur Ehre, wie viel Mühe sie sich mit Lightning gegeben haben. Sie haben es perfekt geschafft, ein vollkommen neues Zahlungssystem in die bestehende Wallet zu integrieren, ohne dass es zu Reibungen und Unübersichtlichkeiten kommt. Dabei gelang es ihnen auch, die hohen Maßstäbe von Electrum an Transparenz einzuhalten, ohne dabei den User zu verwirren. Man weiß immer, was passiert. Das macht Electrum für mich zur perfekten Wallet für Lightning-Zahlungen.

Allerdings hat das Lightning-Netzwerk weiterhin große Schwächen. Die vor kurzem in einer Studie festgestellte Unzuverlässigkeit bei Zahlungen bestätigt sich erneut in der Praxis; und die schon vor langem diagnostizierten Schwierigkeiten, mit Lightning auch tatsächlich Geld zu empfangen, zeigen sich ebenfalls erneut. Das Risiko, dass einem der Channel-Partner Geld stiehlt, halte ich persönlich für überschaubar. Dennoch macht es zusammen mit den schwierigeren Backups die Bitcoins in Lightning-Channels weniger sicher.

Für viele neue User dürfte trotz der tadellosen Arbeit der Entwickler die Konfusion beträchtlich sein. Dass die Wallet konsequent zwischen Onchain und Offchain trennt, wirft natürlich Fragen auf, und wenn man schon die Option hat, wird man Lightning auch ausprobieren wollen. Das kann zunächst in Verwirrung münden, wenn es darum geht, Channels zu eröffnen, kann von dort in Freude übergehen, wenn man Zahlungen ohne Gebühren versenden kann, droht aber auch, sich in Frust zu verwandeln, wenn Zahlungen aus merkwürdigen Gründen nicht funktionieren oder man bemerkt, dass man nicht in der Lage ist, sich Gewinne am Glücksrad auszuzahlen. Wenn die User dann auch noch meinen, sie hätten mit dem Seed bei der Wallet-Erstellung ein volles Backup, und dann irgendwann bemerken, dass sie das mit Lightning nicht mehr haben, drohen sogar Verluste.

Man sollte also, bei aller Freude darüber, eine Option mehr in der Wallet zu haben, auch eine Warnung aussprechen. Es ist noch ein Stückchen Weg bis zur perfekten Lightning-Zahlung.

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

4 Kommentare zu Bitcoin-Wallet Electrum kann jetzt Lightning

  1. Paul Janowitz // 6. Juli 2020 um 18:54 // Antworten

    Wer Bitcoins an einem Desktop-Computer speichern und überweisen möchte, kommt kaum um die Wallet Electrum herum. Den meisten Umfragen zufolge ist Electrum die beliebteste und am häufigsten genutzte Wallet.

    Auch wenn ich persönlich Electrum mag, fragt mich jeder durchschnittliche User, der nicht gerade Informatik studiert hat, warum die Wallet so hässlich ist. Auch wenn diese deutlich kommerzieller sind, kommen die meisten Multicoin Wallets wie Exodus oder Coinomi bei den meisten Usern deutlich besser an…

    Also habe ich zwei zufällige Channels eröffnet; einer davon geht zur Hochschule RWTH Aachen, der andere zu SatoshiLabs, der Dachfirma von Trezor und SlushPool.

    Es ist der FTP-Server des Wohnheims der RWTH Aachen, auf dem scheinbar jemand einen Bitcoin & Lightning Node betreibt 😉

    Man kann also niemals mehr Bitcoins empfangen als man selbst in einen Channel gepackt hat, was eine grundsätzliche, meines Wissens nach unumgehbare Begrenzung darstellt.

    Wenn Electrum eingehende Channels akzeptieren würde, wäre das durchaus machbar und ich vermute, das kommt auch in folgenden Versionen… Kostet halt in der Regel Geld:
    https://www.bitrefill.com/thor-lightning-network-channels/?hl=en

    Dabei bin ich auf einer Seite mit einem einarmigen Banditen, einer Seite mit einer Glücksdrehscheibe sowie einem seltsamen Spiel mit Schlössern gelandet.

    Das beste Gambling in der Kryptowelt ist wahrscheinlich https://minko.to/ auch wenn es schnell die wohl schlechteste Eigenschaft Moneros von der User Experience aufzeigt, dass man einen Output erst nach 10 Blöcken nutzen kann… Maxis würden das jetzt wahrscheinlich als Schutz vor Glücksspiel verkaufen, aber ich belasse es Mal dabei 😆

  2. Ein toller Bericht, der mich dazu gebracht hat die Lightning Funktion bei Electrum mal auszuprobieren. Wow!! Das ist wirklich sehr gut umgesetzt. Ich bekomme eine eigene Node ID und habe quasi einen eigenen Lightning Node? Das wäre ein riesen Fortschritt und wird das Thema Lightning sehr weit nach vorne bringen. Das Problem ist kein Electrum Problem, sondern die fehlende eigene Liquidität und Anbindung des eigenen Nodes innerhalb des Lightning Netzwerk. Doch je mehr mitmachen, desto besser wird es werden.

  3. Paul Janowitz // 9. Juli 2020 um 21:16 // Antworten

    Meine Lieblings“wallet“, wenn ich Bitcoin nutzen muss, https://xmr.to kann jetzt auch Lightning! Das ist zwar komplett Custodial, aber immer jeweils nur für eine Zahlung, man hat keinen Stress mit Watchtower & Channel Management und wenn ich mir ansehe, wie die mit 0-conf Monero Payments umgehen und bis 0,1BTC sofort, bis 2BTC mit lediglich einer Confirmation verschicken, dazu mit einer ordentlichen Miner Fee, bin ich mir sicher, dass sie sehr bald für ausreichend ausgehende Liquidität mit etlichen Channels sorgen werden, sodass man mit Lightning über Monero komplett anonym vielleicht doch auch größere Zahlungen durchbekommt 😆

    Seit heute in der Beta Phase werden aber auch nur LN Zahlungen 0,0001BTC – 0,002BTC unterstützt…

  4. Der RWTH-Server ist meiner, sehr cool den hier zu finden 🙂 Und ja, das Projekt ist im Wohnheim gestartet, aber der Rechner steht inzwischen (mit mehrfach erneuerter Hardware) direkt im Rechenzentrum.

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