Die sanfte Revolution, die vielleicht gar keine ist
Die Blockchain verspricht schon lange, das Immobilienwesen zu revolutionieren. Das deutsche Startup KlickOwn versucht nun, das Versprechen einzulösen – und zeigt, wie leise und unauffällig eine Revolution ablaufen kann. Falls es denn eine ist.
In der deutschen FinTech-Branche ist Alexander Braune kein Unbekannter. Der studierte Betriebswirt und Bankkaufmann war Mitglied des Gründerteams bei NAGA, einer der ersten deutschen Plattformen für Social Trading.
Gemeinsam mit seinem Team versucht er nun bei KlickOwn, dasselbe Prinzip auf Immobilien anzuwenden. Dafür vermittelt die Online-Plattform Security Token für Immobilien auf einer Blockchain. Daher haben wir uns erkundigt: Was bietet KlickOwn konkret an? Und wie hilft die Blockchain dabei, den Immobilienmarkt zu „demokratisieren“, wie KlickOwn behauptet?
Demokratisierung eines zähen Marktes
„Der Immobiliensektor“, meint Braune, „erinnert mich an den Bankenbereich vor fünf bis sieben Jahren: Ein sehr analoger Markt mit erschreckend wenig Digitalisierung. Wir hoffen, den Markt mit KlickOwn für mehr Anleger zu öffnen.“
Die grundlegende Vision ist einfach: Anstatt sechsstellige Beträge soll man auch kleine und kleinste Beträge in Bestandsimmobilen im Wohnsegment investieren können. Anstatt alles auf eine ganze Wohnung zu setzen, kauft man sich kleine Teile von vielen Immobilien.
Die Idee ist nicht ganz neu – und auch nicht die Probleme bei der Umsetzung: „Immobilien sind ein anderer, ein zäherer Markt als Aktien. Die Akteure sind konservativ, etwa alteingesessene Immobilienunternehmen und Finanzvertriebe, und die Anleger sind risikoscheu. Das macht es schwierig, Veränderungen anzustoßen.“
Dennoch sieht Alexander Braune KlickOwn auf einem guten Weg, das Immobilieninvestment zu nachhaltig zu revolutionieren und jedem Anleger die Möglichkeit zu geben, von den Chancen des Immobilienmarktes profitieren zu können.
„Tokenbasierte Schuldverschreibungen“
Auf der Plattform können Anleger ab 10 Euro in Immobilien investieren. Allerdings kauft man dabei nicht wirklich eine Immobilie. Das wäre schön, gibt Braune zu, ist aber regulatorisch und technisch noch haarig. „Wir planen das für 2021 und hoffen, dass das bis dahin in Deutschland rechtlich machbar sein wird.“
Derzeit investiert man nicht in Immobilien, sondern in Anleihen, die durch Immobilien gesichert sind. „Tokenbasierte Schuldverschreibungen“ nennt Alexander Braune das Produkt: Wertpapiere mit einer festen Laufzeit von drei bis fünf Jahren und einem festen jährlichen Zins von drei bis sechs Prozent.

Das macht das Produkt etwas weniger attraktiv: Es bietet weder die Sicherheit noch das Potenzial langfristiger Wertsteigerung, wie der Besitz einer echten Immobilie. Die Zinsen liegen zwar weit über dem Sparbuch, aber unter dem Profit, den man in der Regel mit Aktien oder Kryptowährungen einfährt. Am ehesten erinnert das Produkt an eine Mittelstandsanleihe, die als Ergänzung zum Portfolio interessant sein.
Wozu aber braucht es dafür eine Blockchain? Gibt es solche Arten von Anleihen nicht schon längst? Wo ist die Neuigkeit, außer der Entscheidung für eine moderne, aber exotische Technologie?
Kleine Stückelung dank Blockchain
Natürlich macht die Blockchain diese Art der Anleihe nicht möglich. Was sie möglich macht, ist aber eine Plattform wie KlickOwn, die zu geringen Gebühren Investments ab 10 Euro zulässt.
„Dank der Blockchain profitieren die Emittenten der tokenbasierten Schuldverschreibungen von sehr geringen Emissionskosten, was ihnen die Möglichkeit gibt, die Anleihe in sehr kleinen Stückelungen anzubieten. Das ist das, was wir Demokratisierung nennen.“ Daneben erleichtert die Blockchain-Technologie den Betrieb enorm: „Für uns wäre die kleine Stückelung ein enormer Arbeitsaufwand. So können wir den Betrieb automatisieren.“
Tatsächlich geschieht im Hintergrund mehr, als der Plattform-Nutzer bemerkt: Sobald sich ein Kunde bei KlickOwn registriert, erhält er eine Wallet beim Bankhaus von der Heydt, mit dem KlickOwn zusammenarbeitet. Dieses dient als Verwahrer für die Security Token.
Sowohl das Bankhaus von der Heydt als auch KlickOwn arbeiten mit dem Berliner Startup Bitbond zusammen. Seit dieses einen eigenen Security Token herausgegeben hat, betreibt es nicht länger eine Plattform für internationales Crowdlending, sondern hilft der deutschen Wirtschaft dabei, Finanzprodukte auf die Blockchain zu bringen. Als Blockchain verwendet Bitbond dafür Stellar, eine Fork von Ripples XRP-Ledger.
Bitbond scheint dabei enorm erfolgreich zu sein. Vielleicht hatte das Startup das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt und war in der Lage, es richtig zu vermarkten. In jedem Fall haben zahlreiche Finanzinstitute und andere Firmen begonnen, gemeinsam mit Bitbond die Blockchain zu erkunden.
Die Technologie bleibt im Hintergrund
Ein Markenzeichen von Bitbond und seinen Partnern ist, dass sie sehr vorsichtig, beinah schon zaghaft vorgehen. Von der Revolution, die Bitcoin verspricht, bleibt nicht viel übrig, trotz dem Bekenntnis zur Demokratisierung.
„Das ist eher ein technischer Fortschritt anstatt einer sozialen Revolution“, erklärt Alexander Braune. „Wir benutzen eine Technologie im Hintergrund, von der unsere Nutzer enorm profitieren, ohne es zu bemerken.“ Dass die Nutzer ihre eigenen Schlüssel halten – bei Bitcoin ein heiliges Gebot – ist bei KlickOwn nicht wirklich vorgesehen. „Es ist möglich, und wir bieten das auf Anfrage auch an, aber an sich raten wir aus Sicherheitsgründen davon ab. Wir wollen nicht, dass die Nutzer ihre Schlüssel verlieren.“
Auch der freie Handel der Token ist, bislang, noch nicht möglich. Grundsätzlich, meint Alexander, könnte man die Token auf der dezentralen Börse von Stellar (Stellar DEX) handeln. Aber bisher wird dies noch nicht aktiv beworben, und Alexander schwebt auch eher vor, dass sie auf einer renommierten deutschen, vollständig regulierten Wertpapierbörse gehandelt werden.
Natürlich, stimmt er zu, wäre es in Zukunft nett, wenn man das eigene digitale Immobilien-Portfolio auf einer regulierten Börse zum Handel anbieten kann. „Da muss die Reise hingehen, es soll keine Anleihe sein, die zehn Jahre im Schrank liegt, sondern ein aktiveres Investment.“ Aber bislang ist das, trotz der Blockchain, noch Zukunftsmusik.
„Das Interesse ist da“
Was bleibt dann? Für die Kunden sind die Blockchain-Token erschreckend gewöhnlich. Für sie ist schlicht kein Unterschied zu Modellen sichtbar, bei denen eine Plattform etwa Anleihen im Crowdinvesting verwahrt. Außer eben, dass sie mit viel kleineren Beträgen investieren können als gewohnt.
Im Hintergrund passiert dagegen mehr, und manches davon gibt einen Ausblick darauf, wie das Finanzwesen der Zukunft beschaffen sein könnte. So sind die Anleihen nicht nur ein Token auf der Stellar-Blockchain – auch die Erträge sollen schon bald als Stablecoin über die Blockchain ausgezahlt werden. Die Zinslogik ist auf der Blockchain abgebildet, ähnlich wie bei einem Smart Contract.
Trotz – oder vielleicht gerade wegen – der eher graduellen Neuartigkeit von KlickOwn, das die vertrauten Abhängigkeitsverhältnisse in der Geldanlage reproduziert, kommt die Plattform sehr gut an. „Wir haben viel Zuspruch, sowohl von Emittenten als auch Investoren. Das Interesse ist da, und wir werden in den nächsten Wochen weitere Projekte vorstellen.“
Die Vision der Demokratisierung des Immobilienwesens ist freilich noch längst nicht eingelöst. In Zukunft soll sich jeder sein Immobilienportfolio zusammenstellen können, ohne dafür seine gesamten Lebensersparnisse inklusive Darlehen investieren zu müssen. Das wird, hofft Alexander Braune, zu einer Rationalisierung des Marktes führen.
Das interessante an Investitionen in Immobilien ist, das diese gleichzeitig als Sicherheit für Fremdkapital dienen. Erst durch den Hebel Fremdkapital wird es zu einer wirklich lohnenswerten Anlage, bei vergleichsweise geringem Risiko. Wenn das kooperierende Bankhaus gleich das passende Fremdkapital mitliefern würde, ergäbe das eine runde Sache…