Nach Bitcoin die Altcoins: Ethereum, Ripple, IOTA und Cardano gehen mit massivem Plus in die Woche

Nachdem die gegenwärtige Rally bisher vor allem von Bitcoin getragen wurde, ziehen nun viele andere Coins mit Hochdruck nach. Bedeutet das, dass sich die Schönwetterphase verfrüht ihrem Ende zuneigt?
Während der vergangenen Monate haben die Krypto-Märkte demonstriert, dass Bitcoin, die älteste Kryptowährung, weiterhin die unangefochtene Nummer eins ist: Bitcoin war nicht nur der Motor der Rally, der alles antrieb, sondern jagte auch allen anderen Coins davon. “Krypto” wurde plötzlich wieder beinah zum Synonym für Bitcoin.
Nun jedoch schlagen die Altcoins zurück. Kaum ein halbwegs wichtiger Coin, der in den letzten sieben Tagen nicht schneller gestiegen ist als Bitcoin. Während Bitcoin “nur” um knapp 15 Prozent zulegte, verzeichneten Ethereum (ETH), Litecoin (LTC), Polkadot (DOT) und Stellar (XLM) Gewinne von rund 30 Prozent, während IOTA (IOTA) auf knapp 40, Cardano (ADA) auf beinah 50 und Ripple (XRP) sogar auf sagenhafte 70 Prozent kommt.

Was ist hier passiert? Gibt es Gründe dafür, dass genau diese Coins – und keine anderen – in die Höhe schnellen? Oder ist das eben der Weg, den das Kapital nimmt – es springt auf Bitcoin auf und sickert dann von dort aus in die verschiedensten, eher zufällig erwählten Altcoins? Oder bedeutet das Anziehen der Altcoins, dass die Rally an Druck verloren hat, weil nun nicht mehr frisches Fiat-Geld in Bitcoin wechselt, sondern Bitcoin in Altcoins?
Ethereum vor ETH2-Start – bei anderen Altcoins der übliche Mix
Zumindest bei Ethereum könnte man darüber nachdenken, dass die Rally auf fundamentalen Daten beruht. Schließlich blickt die zweitgrößte Kryptowährung dem Start der Beacon-Chain Anfang Dezember entgegen und somit dem Beginn von ETH2. Mittlerweile wurden auch schon mehr als 300.000 der benötigten rund 524.000 Ether deponiert, womit nicht nur der Start von ETH2 wahrscheinlicher wird – sondern auch ein gewisser Anteil der Ether aus dem Verkehr gezogen wird. 300.000 ETH entsprechen immerhin knapp 0,3 Prozent aller verfügbaren Ether.

Bei Cardano findet man den üblichen Mix aus langsamen (zu langsamen?) Fortschritten bei der Dezentralisierung der Blockchain sowie neuen Partnerschaften mit Banken und anderen Unternehmen, um “Blockchain-Anwendungen” auf den Markt zu bringen. Beispielsweise für eine Supply-Chain, was nach fünf Jahren Blockchain-Diskussion nicht besonders originell, aber offenbar weiterhin gefragt ist. Ob dieser Mix ausreicht, um einen Preisanstieg von fast 50 Prozent zu rechtfertigen? An sich nicht – aber immerhin zeigen die ständigen News, dass Cardano quicklebendig ist. Und das könnte schon genug sein, um auf einem spekulativen Markt zu gewinnen, der langsam die Phase der Furcht, etwas zu verpassen, erreicht.
Ähnlich ist die Lage bei Ripple. Auch hier haben wir nicht DIE EINE starke News, aber ein ständiges Tropfen an Neuigkeiten, die zeigen, dass Ripple Labs am Ball bleibt: Eine neue Version der Wallet XUMM erreicht die Appstores, eine Hard Fork der XRP-Ledger führt die Funktionalität von Smart Contracts ein und eine “Utility Fork” soll Flare-Token für alle Ripple-Holder ausschütten. Es tut sich also etwas, auch wenn der große Durchbruch ausbleibt. Zumindest gibt es derzeit weder Daten, die signalisieren, dass Ripple bald Swift ablösen wird, noch Hinweise, dass XRP in internationalen Überweisungen vermehrt verwendet wird. Aber offenbar sind die Nachrichten, die hartnäckige Arbeit von Ripple Labs sowie die Treue der Ripple-Fans in den sozialen Medien genug, um den Kurs explodieren zu lassen.
Nicht viel anders sieht es bei IOTA aus: Der große Durchbruch – die Abschaltung des Koordinators und somit die Dezentralisierung des Tangle – lässt weiterhin auf sich warten. Aber dafür eröffnet die IOTA Foundation in Kooperation mit der RWTH Aachen, einem Fraunhofer-Institut sowie einigen Unternehmen einen Marktplatz für Daten, gewinnt einen Award vom TM-Forum als digitaler Transformator und vermeldet anständige Fortschritte für Chrysalis Phase 2, einem Teil der künftigen Architektur von IOTA. Das ist nicht die Welt – und bleibt auch unter den Erwartungen, die vor etwa drei Jahren geschürt wurden – aber es dient auch hier als ein Lebenszeichen.
Aber wenn bei diesen Coins schon diese einfachen, aber aufwändig produzierten Lebenszeichen genug sind, um im Windschatten von Bitcoin abzuheben – was bedeutet das für die Coins, die derzeit keinen Weg ins beschleunigte Fahrwasser der Rally finden? Die wie Bitcoin Cash (BCH), Bitcoin SV (BSV) und Dash (DASH) “nicht mal” 20 Prozent im Plus liegen, oder gar wie Monero (XMR), Filecoin (FIL), Nem (NEM) oder Cosmos (ATOM) bei 10 oder weniger Prozent und damit noch unter Bitcoin?
Trotz Schwächen im Plus – aber “nur leicht”
Zunächst einmal zeigen diese Coins zum Teil tatsächlich Zeichen der Schwäche. Bitcoin Cash feiert sich zwar selbst dafür, die Besteuerung durch ABC abgeschlagen zu haben – doch für den Markt signalisiert der Tumult nur eine weitere Instabilität, einen Führungswechsel der Entwickler und eine unberechenbare Roadmap. Die Verbreitung als Zahlungsmittel stockt wie eh und je, und selbst Roger Ver und seine Marketing-Maschine Bitcoin.com scheinen langsam an Schwung zu verlieren.
Ähnlich bei Bitcoin SV: Craig Wright nervt weiterhin, zieht sich aber zurück, nachdem er sich mit seinen Versuchen, sich übers Gerichtswesen als Satoshi zu etablieren, überwiegend eine blutige Nase geholt hat. Zumindest wird er in der Öffentlichkeit außerhalb der BSV-Community weniger ernst genommen denn je. Selbst Calvin Ayre wurde leiser. Die Szene selbst stagniert größtenteils; das starke Wachstum und der Enthusiasmus, der sie 2019 ausgezeichnet hat, sind verschwunden. Die Luft ist ein wenig draußen.
Auch bei Dash weiß man nicht so genau, was zu berichten ist. Selbst dem Magazin Dashnews.org gehen die Themen aus, über die man schreiben kann. Eine Massenadoption findet, so genau man auch hinschauen möchte, nicht statt.
Monero schließlich ist zwar leicht im Aufwind, aber was die Anzahl der Transaktionen angeht noch weit davon entfernt, sich auch nur im Ansatz als ein ernstzunehmendes Zahlungsmittel aufzustellen. Gleichzeitig erfährt Monero mehr Gegenwind als die meisten anderen Kryptowährungen, etwa wenn es von weiteren Plattformen wie ShapeShift delistet wird. Investoren dürfte dies schrecken, weshalb Monero trotz starker technischer Eigenschaften nicht von der aktuellen Rally profitiert.
Viele weitere Coins wären es wert, hier ebenfalls erwähnt zu werden: Stellar (XLM), das gerade in Deutschland rasend schnell Verbreitung als Blockchain für Token findet; Polkadot (DOT), durch das die genialen Entwickler von Parity versprechen, Interoperabilität zwischen Blockchains zu schaffen, Chainlink (LINK), dessen Oracles durch DeFi mehr und mehr gefragt werden, und viele mehr. Aber anstatt in die Breite zu gehen, schweifen wir hier lieber zu einer weiteren Frage ab.
Was bedeutet der Anstieg der Altcoins für das aktuelle Kursgeschehen?
Da wir kein Orakel sind, können wir hier nur spekulieren und im Sinne guter Dialektik die stärksten Argumente für widersprüchliche Alternativen aufwerfen, so dass der Leser selbst die Last trägt, sich für eine davon entscheiden zu müssen.
Einerseits könnte das Durchsickern des Kapitals zu den Altcoins eine ganz normale Marktmechanik der Kryptomärkte sein. Die Investoren steigen eben mit Bitcoin ein, so, wie Leute mit einem Dax-Papier oder zumindest Dax-Titeln in Aktien einsteigen, und dann beginnen sie von dort aus, sich zu diversifizieren. Man braucht Zeit, um Bitcoin zu verstehen, und man braucht noch mehr Zeit, um sich in Altcoins soweit einzuarbeiten, dass man zumindest eine nicht ganz zufällig Investmententscheidung treffen kann. So gesehen wäre das Ansteigen der Altcoins ein gutes Zeichen für Stabilität: Die Kryptomärkte funktionieren wie gewohnt. Dass jetzt Altcoins steigen, könnte bedeuten, dass die Rally erst richtig beginnt.
Andererseits aber gehört es auch zur üblichen Mechanik der Märkte, dass die Altcoins meistens dann richtig abheben, wenn die Rally schon vorbei ist. Wenn in Bitcoins nichts mehr zu holen ist, aber das gierige und nicht zwingend schlaue Geld versucht, noch mit Altcoins etwas zu reissen. Im Jahr 2017 hat Bitcoin am 18. Dezember mit knapp 20.000 Dollar sein Allzeithoch erreicht; die Marktkapitalisierung aller Coins ohne Bitcoin erreichte erst etwa drei Wochen später, am 7. Januar 2018, ihren Höhepunkt. Speziell Ripple erwies sich als Hardcore-Nachzügler, der seinen Wert noch vervierfachte, nachdem die Bitcoin-Blase bereits geplatzt war. So gesehen könnten wir im Anstieg der Altcoins ein Zeichen dafür sehen, dass die Rally sich schon ihrem Ende entgegenneigt – noch bevor der Spaß richtig begonnen hat.


Die Wahl der Coins zeigt dabei eine gewisse Verzweiflung des Kapitals. Der Aufstieg von Ethereum mag vor dem Hintergrund von DeFi und ETH2 noch sehr verständlich sein. Er wäre auch ohne die massive Teuerung von Bitcoin denkbar. Ripple (XRP) hingegen ist eine Kryptowährung, die in diesem Jahr keine starken Akzente gesetzt hat; zumindest keine im vergangenen Monat, die einen Kursanstieg von 70 Prozent aus eigener Kraft rechtfertigen. Ebenso dürften sowohl Cardano als auch IOTA bei genauerer Analyse eher enttäuschen – beide Blockchains brillieren zwar mit Kooperationen und Ankündigungen aus der Forschung, hinken aber ihren eigenen Zielen und Versprechungen viel zu weit hinterher, um jetzt – in genau dieser Woche – derart heftigen Kursausschlägen ein Fundament zu setzen.
Aber – und auch das gehört zur Mechanik der Kryptowährungen – Fundamentaldaten der jeweiligen Coins sind viel weniger wichtig als die generelle Strömungsdynamik des Kapitals, das dieses unvermeidbar von Bitcoin zu Altcoins treibt – und von dort aus langsam wieder zurück.
Wie wäre es damit: Die Die-Hard-Coiner wechseln in alternative Währungen, weil Bitcoin gerade dabei ist zum Mainstream zu werden.
Außerdem sollte man nicht vergessen, Anfang 2019 stieg Cash z.B. von 120 auf 280/300 während der Bitcoin im selben Zeitraum von etwas über 3000 auf Mitte 4 stieg und auch das erst nachdem andere Coins sich zuerst bewegt hatten ….