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Das Große Sinken: Bitcoin-Preise fallen weiter

Bild: Polar Bär in Toronto, von Rick Ligthelm via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

An diesem Wochenende ist der Kurs von Bitcoin weiter eingebrochen. Damit entlarvt sich die kurze Rally im Juli als Blindgänger, und der Bärenmarkt setzt sich munter fort. Doch wohin führt er? Wir analysen die Lage mithilfe einiger Charts und Vergleiche.

Ich wünschte, ich könnte diese Woche anders beginnen. Mit guten Nachrichten, etwa einem Bericht über explodierende Kurse. Aber wie die Lage nun mal ist, machen wir diese Woche mit einem wenig schönen Thema auf: dem Einsturz der Preise übers Wochenende.

Sehen können Sie diesen im Chart der Handelsplattform Bitcoin.de:

In der Nacht vom 26. auf den 27. August begann der Bitcoin-Preis einzustürzen. Er fiel von etwa 21.500 Euro auf aktuell etwas unter 20.000 Euro, also um nicht ganz 10 Prozent. Auslöser dieses Einbruchs war vermutlich eine Rede des Präsidenten der US-Zentralbank Federal Reserve, Jerome Powell. Er wies eine Lockerung der Geldpolitik als verfrüht zurück und stellte hingegen eine weitere Erhöhung der Zinsen in Aussicht, um die Inflation zu bekämpfen.

Der Faktor Geld wird damit weiterhin negativ bleiben, und das bedeutet, wie schon der Börenguru Andre Kostolany feststellte, dass die Preise von Aktien und anderen Investments wie Bitcoin eher sinken, während risikoarme Investments wie Staatsanleihen wieder attraktiver werden.

Bitcoin spiegelt mehr oder weniger den Kursverlauf wichtiger Aktien-Indizes wie dem Dax. Hier wie da deutete sich Ende Juli eine Erholung an, die Mitte August einen Höhepunkt erreicht hatte – bei Bitcoin gut 24.000 Euro – aber dann an Kraft verlor. Die Kurse gaben etwas nach, und die Ankündigung von Powell bestätigte diesen Trend. Der Bärenmarkt scheint ungebrochen zu sein.

Bitcoin steht damit an einer bedrohlichen Klippe: Wenn der Preis noch ein Stück weiter sinkt, wenn er auf 19.000 oder 18.000 Euro fällt, würde dies zeigen, dass der bisherige Tiefpunkt im Juli nicht den Boden des Bärenmarktes bildete, wie viele erwartet hatten. Es kann noch tiefer gehen, und das ist für alle, die an die Macht historischer Muster glauben, eine gruselige Aussicht, da der Preis etwas machen würde, was er noch niemals gemacht hat: Er würde das vorhergegangene Allzeithoch von der Blase von 2017, das etwa bei 20.000 Dollar lag, zweifach und erheblich unterschreiten.

Das wäre neu, und es könnte die dumpfe Ahnung bestätigen, dass die Finanzmärkte derzeit an einem Kipppunkt stehen und sich ein Superzyklus von einem Jahrzehnt oder mehr wendet.

Börsen, Transaktionen und Gebühren

Kursanalysen haben aber immer etwas von Kaffeesatzleserei. Durch sie kann man vielleicht die kurzfristige Stimmung der Märkte erahnen. Über das, was wirklich geschieht, sagen sie oft aber erstaunlich wenig aus. Daher wollen wir sie hier durch einige weitere Charts und Werte ergänzen, die, hoffentlich, helfen, einzuordnen, wo Bitcoin derzeit steht.

Bei fast allen Metriken setzt sich dabei das große Sinken fort.

Zum einen wäre da das Handelsvolumen der Börsen. Dieses ist schwer konkret zu berechnen. Einerseits, weil es eine kaum mehr zählbare Menge an Börsen gibt, andererseits, weil viele von ihnen “Wash Trading” betreiben, also ihr Volumen künstlich erhöhen, um den Eindruck hoher Relevanz zu erwecken. Dennoch schätzt blockchain.com das tatsächliche Handelsvolumen:

Die Kurve verläuft relativ analog zum Preisgeschehen. Das Volumen sinkt seit vielen Monaten kontinuierlich und ist nun auf dem tiefsten Stand seit Oktober 2020. Der Preis stand in diesem Monat übrigens bei 10.000 Dollar.

Wenn das Volumen sinkt, bedeutet das nach der konventionellen Börsenlehre, dass die Trendwende noch immer ausbleibt. Der Markt scheint noch nicht reif zu sein; der Einsturz der Preise wird nicht in großem Stil als Gelegenheit wahrgenommen, sich mit günstigen Coins einzudecken. Noch nicht mal Michael Saylor oder Nayib Bukele “kaufen den Dip.” Das könnte ein starkes Signal dafür sein, dass der Kurs noch weiter fallen muss, bevor er wieder steigen darf.

Auch onchain, also auf der Bitcoin-Blockchain, lässt sich dieses große Absinken beobachten. Der folgende Chart von Blockchain.com etwa zeigt das geschätzte Transaktionsvolumen in Dollar im Verlauf von drei Jahren.

 

Wie schon das Handelsvolumen auf Börsen ist das tägliche Transaktionsvolumen auf den tiefsten Stand seit Oktober 2020 gefallen. Der Wert, der über Bitcoin versendet wird, schrumpft weiter. Auch er bleibt vom aktuellen Crash unberührt.

Einigermaßen stabil bleibt hingegen das Volumen der täglichen Transaktionen. Zwar bildet auch diese Kurve einen kleinen Knick und mäandert deutlich unter dem Höhepunkt Anfang bis Mitte 2021. Doch sie rangiert erheblich höher als etwa im Oktober 2020.

Der Bedarf nach Bitcoin-Transaktionen bleibt ungebrochen. Dem kommt eine weitere Entwicklung entgegen – nämlich das Sinken der Transaktionsgebühren:

Mit 87 Cent je Transaktion im Durchschnitt ist es so günstig wie lange nicht mehr, Geld mit Bitcoin zu versenden. Normale Transaktionen, die nur einen Input haben, kosten derzeit sogar nur 5 Cent. So günstig waren die Gebühren seit April 2020 nicht mehr – was ein Tiefpunkt ist, über den man sich auch freuen kann.

Bitcoin ist nicht allein

Zum Abschluss dieses eher unschönen Artikels werfen wir noch einen Blick über Bitcoin hinaus. Denn wie stets fällt Bitcoin nicht alleine. Das zeigt der Chart der gesamten Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen nach coinmarketcap.com:

Auch hier setzt am 27. August ein starkes Sinken ein. Dieses drückt die gesamte Marktkapitalisierung von etwas über einer Billion Dollar auf etwa 950 Milliarden Dollar. Damit haben Kryptowährungen aufgehört, ein Billionen-Dollar-Markt zu sein.

Wie bei Bitcoin entlarvt der Absturz die kurze Erholung Ende Juli als Bärenrally, und das generelle Muster eines stufenweisen Abstiegs scheint intakt zu bleiben.

Wenig überraschend ist auch Ethereum, die zweitgrößte Kryptowährung, betroffen. Auch hier hat der Kurs übers Wochenende kräftig nachgegeben und ist von etwa 1.700 auf etwas unter 1.500 Euro gerutscht. Anders als Bitcoin ist Ethereum damit aber noch deutlich über dem bisherigen lokalen Tiefpunkt von etwas über 1.000 Euro. Doch auch hier wirkt das Muster des “Dead Cat Bounce” intakt.

Der Vergleich von Ethereum und Bitcoin bringt eine weitere Metrik ins Spiel: der Ether-Kurs in Bitcoin. Ich zeige ihn hier im Gesamtverlauf seit 2016:

Und hier, immerhin, scheint der Trend eher aufwärts als abwärts zu gehen, und er scheint weitgehend intakt zu sein. Aber alles, was man darauf ableitet, ist mit großen Unsicherheiten verbunden.


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2 Kommentare zu Das Große Sinken: Bitcoin-Preise fallen weiter

  1. sehr interessant! Danke

    was meintest du mit
    “Das wäre neu, und es könnte die dumpfe Ahnung bestätigen, dass die Finanzmärkte derzeit an einem Kipppunkt stehen und sich ein Superzyklus von einem Jahrzehnt oder mehr wendet.”

    Super – Bären- oder Bullenzyklus?
    Danke vorab
    Sven

    • Hallo, ich fürchte, Bärenkylus. Seit 2008 sind die Zinsen mehr oder weniger ununterbrochen gesunken. Nun steigen sie wieder. Aber das ist natürlich nur ein Faktor. Der andere ist u.a. Krieg und Frieden.

      Beides zusammen sind zwei wesentliche Faktoren, die auf Jahre oder Jahrzehnte hinaus einen Marktzyklus bestimmen können.

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