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“Das Endspiel” für die Skalierung von Ethereum: Polygons zkEVM wird Ende März live gehen

Polygon kündigt zkEVM an – die “finale Lösung” für die Skalierung von Ethereum und dem Smart-Contract-Ökosystem. Ist das nur eine Marketing-Floskel – oder wirklich der versprochene Durchbruch? Ein genauer Blick darauf, was zkEVM speziell macht.

In einem dynamischen Markt sollte man, heißt es gerne, alles dransetzen, sich selbst abzuschaffen, bevor es die anderen machen. Polygon, die Entwickler der gleichnamigen Ethereum-Sidechain, nehmen sich diesen Rat offenbar zu Herzen. Anstatt sich auf dem beachtlichen Erfolg der Blockchain Polygon (Matic) auszuruhen, tüfteln sie an besseren Skalierungslösungen, die eben diese überflüssig machen.

Am 27. März wird, kündigt die Firma nun voller Stolz an, Polygon zkEVM auf dem Ethereum-Mainnet live gehen, nachdem alle Tests erfolgreich waren. Dies werde “eine Revolution starten” und “die Massenadoption und das volle Potenzial des Web3 freischalten.”

Kleiner geht’s wohl nicht. zkEVM soll die finale Lösung für die Skalierung von Blockchains werden. Das Endspiel. Das ist das Versprechen. Alles vor zkEVM war nur ein Vorspiel, auch die eigene Blockchain.

Ist dem wirklich so? Und was steckt dahinter?

Rollups skalieren Ethereum

Zunächst einmal ist Polygon zkEVM ein “Rollup“. Rollups haben sich als die bevorzugte Skalierungslösung der Ethereum-Szene. Ein Rollup sammelt Transaktionen ein und veröffentlicht dann lediglich die Ergebnisse auf der Blockchain. Das reduziert den Bedarf nach Platz um den Faktor 100 oder 1000, ohne dafür die Nutzererfahrung zu beeinträchtigen, wie dies etwa das Lightning-Netzwerk für Bitcoin macht.

Das klingt schon mal gut, erklärt aber nicht, warum Polygons zkEVM ein Meilenstein ist. Denn es gibt bereits Rollups, und sie sind, wie die Seite L2beat.com zeigt, rege in Gebrauch. Arbitrum und Optimism sind die beiden führenden von mehr als zehn Rollups, die zusammen seit Oktober deutlich mehr Transaktionen abwickeln als die Ethereum-Mainchain selbst. Die Skalierung durch Rollups hat nicht auf Polygon gewartet.

Wenn zkEVM also nicht die Rollups erfindet – warum soll es dann ein Durchbruch sein? Und warum sagen das nicht nur Polygon, sondern auch manche aus der Szene?

Optimistic Rollups und ihre Fehler

Die Antwort ist etwas kompliziert. Grundsätzlich sind sich die meisten einig, dass Arbitrum und Optimism zwar gut sind, aber noch nicht die vollständige Lösung. Diese beiden führenden Rollups sind sogenannte “Optimistic Rollups”.

Ohne zu tief ins Detail zu gehen: Optimistic Rollups führen eine zentrale Partei ein – der Server, der die Transaktionen sammelt und die Ergebnisse publiziert – und dieser Partei muss man ein gewisses Vertrauen entgegenbringen. Der Smart Contract ist zwar so konstruiert, dass sie nicht wirklich betrügen kann. Doch wirklich finalisiert sind die Transaktionen erst nach mindestens einer Woche.

Das ist vor allem problematisch, wenn man Token von der Mainchain ins Rollup führt oder andersherum. Weil niemand so lange warten möchte, kommen hier meist “Liquidity Provider” ins Spiel. Das führt Mittelsmänner und Risiken ein, und funktioniert – das wäre ein nächstes Problem – nur bei liquiden Token gut, und beispielsweise bei NFTs gar nicht.

So gut wie jeder im Ethereum-Ökosystem findet deswegen, dass ZK-Rollups wie zkEVM die klar bessere Lösung sind.

Zero Knowledge Proofs

Das ZK in ZK-Rollup steht für “Zero Knowledge Proof”. Es meint eine kryptographische Methode, um etwas zu beweisen, ohne es zu enthüllen.

Die Zero Knowledge Proofs sind seit einigen Jahren im Kryptomarkt präsent, vor allem da, wo es um Privatsphäre geht: Zcash nutzt sie etwa, um zu beweisen, dass eine “Shielded Transaction” valide ist, ohne den Link zum Sender offenzulegen; Confidential Transactions bei Monero beweisen, dass eine Transaktion nur die Menge Coins ausgibt, die der Sender besitzt, ohne den Betrag zu verraten; und der Mixer Tornado.Cash beweist durch sie, dass eine Adresse das Anrecht hat, etwas aus einem Pool zu entnehmen, ohne zu verraten, mit welcher Adresse er etwas eingezahlt hat.

Bei den Rollups kommen Zero Knowledge Proofs ins Spiel, wenn ein Destillat der Transaktionen im Rollup auf der Ethereum-Blockchain abgelegt wird: Sie beweisen, dass das Destillat valide ist, ohne die zugrundeliegende Quelle – die Transaktionen – zu enthüllen. Der Beweis ist so sehr viel kürzer als das Material, und er wird ebenso verifiziert wie jede andere Operation auf Ethereum. Damit wird die Validität des Rollups zum Teil des Konsens! So ist kein Vertrauen nötig, und die Transaktion ist nach wenigen Minuten finalisiert.

Es wird zudem behauptet, dass ZK-Rollups weiter skalieren können als Optimistic Rollups, was ich aber nicht nachvollziehen oder prüfen kann.

Aber das erklärt noch immer nicht, warum Polygons zkEVM so eine große Nachricht sein sollte. Denn eine weitere Frage bleibt noch offen.

Die volle Kompatibilität

Es gibt nämlich schon etliche ZK-Rollups, die auch schon benutzt werden. Bei L2Beat finden wir mehrere ZK-Rollups auf Basis von StarkEx, die ein ansehnliches Volumen schieben, etwa dYdX, ImmutableX, ApeX, Sorare und andere. Warum ist, angesichts dieser großen Konkurrenz, Polygons zkEVM also ein Gamechanger?

Die Antwort ist, dass zkEVM die komplette Ethereum Virtual Machine (EVM) nachbildet. Die Rollups auf Basis von StarkEx decken dagegen nur bestimmte Zwecke ab – den Wechsel, NFTs, bestimmte Token. Bei zkEVM ist dagegen alles möglich, was auf Ethereum geht. Und genau das ist der große Durchbruch, erklärt Polygon.

“Im allgemeinen galt es als Tatsache, dass es noch Jahre dauern würde, bis wir EVM-äquivalente zkEVMs bekommen würden. Daher gab sich die Ethereum-Community mit Kompromissen zufrieden.” Die EVM so abzubilden, dass man sie in einem ZK-Rollup einsetzen kann, ist eine harte, mühsame Aufgabe, die Polygon mit zkEVM jedoch früher vollbracht hat, als alle erwartet hatten, und noch vor den Mitbewerbern wie zkSync oder Scroll. Dies mache, rühmt sich Polygon, zkEVM zum “Goldstandard”. Entwickler können erstmal alles, was auf Ethereum läuft, ohne Änderung kopieren und in einem ZK-Rollup zum Laufen bringen. Es ist tatsächlich das erste seiner Art!

Daneben gibt es noch einen weiteren, vielleicht noch entscheidenderen Vorteil.

Sequenzer und Aggregatoren

Die zkEVM ist dezentral aufgebaut. Die bisher üblichen Optimistic Rollups kreisen ebenso wie die funktionalen StarkEx-Rollups um einen zentralen Mittelsmann. Der kann zwar dank eines Smart Contracts nicht betrügen, aber er kann ausfallen. Es wäre besser, wenn man ihn nicht bräuchte, nicht zuletzt, weil er die Interoperabilität erschwert.

zkEVM dagegen basiert auf einer dezentralen Architektur, in der jeder als “Sequenzer” oder “Aggregator” mitwirken kann, um Transaktionen einzusammeln oder ihr Destillat auf der Blockchain abzulegen. Hierfür verwendet Polygon den selbst entwickelten “Proof of Efficiency” Konsenalgorithmus, kurz PoE.

Für ihre Arbeit bekommen die Sequenzer und Aggregatoren auch eine Belohnung – in Form von MATIC, den nativen Token der Polygon-Blockchain. Diese haben aber im Transaktionsgeschehen selbst keine Funktion. Gebühren für Smart Contracts werden weiterhin in Ether (ETH) zu bezahlen sein.

Damit stellt zkEVM tatsächlich einen nennenswerten Fortschritt gegenüber den bestehenden Rollups dar. Aber rechtfertigt dies es wirklich, von einem “Durchbruch”, einer “Revolution” und dem “Endspiel” zu reden? Oder sind die bisher verfügbaren Lösungen schlicht gut genug, so dass der Markt gar keinen Bedarf nach etwas neuem hat? Das wird sich zeigen. Klar ist aber, dass die Skalierung von Ethereum nicht an einem Mangel an Optionen scheitern wird.

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1 Kommentar zu “Das Endspiel” für die Skalierung von Ethereum: Polygons zkEVM wird Ende März live gehen

  1. zkEVM: Nun sind “Ethereum-Anwendungen” als Layer 2 Anwendung auf der Bitcoin Blockchain nicht mehr weit weg – oder?!

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