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Hamas-Miliz akzeptiert keine Bitcoin-Spenden mehr – “Ein Sieg gegen die Krypto-Kriminalität”

Flagge der Hamas: Die Schahada, das islamische Glaubensbekenntnis, vor grünem Grund.

Die palästinensische Terror-Miliz Al-Qassam-Brigade hat seit Jahren Bitcoins für Spenden angenommen. Aus Sorge vor Repressionen gegen Spender stoppt sie dies nun. Ein Blockchain-Analyst feiert das als Sieg gegen Krypto-Kriminalität.

Die Al-Qassam-Brigade (AQB) ist der bewaffnete Arm der palästinensischen Organisation Hamas und als solcher Urheber zahlreicher Angriffe auf Israel. Vergangenen Donnerstag erklärte ein Sprecher der in den USA und der EU als Terrororganisation sanktionierten Gruppe, man akzeptiere fortan keine Spenden mehr in Bitcoin.

“Das ist das Ergebnis der Sorge über die Sicherheit der Spender und um Schaden von ihnen abzuwenden,” so die Gruppe. Es habe, fügt sie hinzu, in letzter Zeit eine zunehmende Anzahl „feindlicher“ Aktivitäten gegen die Spender gegeben und immer mehr Versuche, sie daran zu hindern, Bitcoins an die Hamas zu senden.

Die AQB, mit vollständigem Titel Iss el-Deen al-Qassam Brigade, führt seit Jahren bewaffnete Kämpfe gegen Israel. Spenden in Bitcoin helfen der Organisation seit Jahren, sich zu finanzieren, auch wenn sie nur einen Bruchteil des Budgets ausmachen, welches laut Berichten vor allem von Finanziers aus Saudi-Arabien gestellt wird.

Dass die Organisation nun keine Bitcoins mehr annimmt, zeigt die zunehmende Durchregulierung der Branche: Sie professionalisiert sich dabei, die Identität der User zu enthüllen und sanktionierte, kriminelle oder terroristische Akteure auszumachen und zu erkennen, wer ihnen wie viel durch Bitcoins zukommen lässt. Die Regulierung, die staatliche und überstaatliche Organe seit bald einem Jahrzehnt planen, durchsetzen und verschärfen, zeigt Wirkung: Bitcoin ist 2023 in der Praxis nicht mehr dasselbe wie 2016.

Bereits Mitte 2020 hat der Blockchain-Analyst Chainalysis die Spenden an die Al-Qassam-Brigade analysiert. Das Unternehmen konnte relativ detailreich ermitteln, wie viel Geld über Bitcoin von wo aus gespendet wurde.

Zwar hat sich die Hamas selbst professionalisiert. Anfangs hatte sie noch ganz simpel eine Bitcoin-Adresse gepostet, an welche die Unterstützer spendeten. Später hat sie eine Webseite eingerichtet, die für jede Spende eine neue Adresse generiert. Also so, wie man es machen sollte und wie Satoshi es bereits im Whitepaper vorgeschlagen hatte. Dies allein machte es, bekannte Chainalysis 2020, zu einer “großen Herausforderung” für die Ermittler, die Spenden zu identifizieren. Das Unternehmen fürchtete daher, dass es unter Terrororganisationen in Zukunft zur Norm werden könnte, sich durch Bitcoins und andere Kryptowährungen zu finanzieren. Weil die Hamas je Spende eine neue Adresse generierte!

Offenbar kam dies nun aber anders. Vermutlich scheiterte die Bitcoin-Akzeptanz im islamischen Terrorismus an der Bequemlichkeit der User. Zwar wäre es an sich möglich, anonym zu spenden, indem man Bitcoins über KYC-freie P2P-Marktplätze kauft, sie dann durch verschiedener Mixer oder CoinJoins jagt, ein paar Mal durch Lightning hin und her sendet und erst dann spendet. Das macht die Enthüllung der Identität zumindest relativ unwahrscheinlich, solange es um eine erträglich hohe Summe geht. Aber vermutlich ist der zeitliche Aufwand und technische Anspruch für die meisten Menschen viel zu hoch.

In jedem Fall griffen die Maßnahmen der Hamas, die Privatsphäre der Wallets zu verbessern, nicht, und es kam zu einer Serie von Zugriffen durch Strafverfolger: Im August 2020 konfiszierten US-Ermittler mehr als eine Million Dollar in Krptowährungen, die mit einer Spende an die Al-Qassam-Brigaden in Verbindung standen, vermutlich die Wallets von US-Bürgern. Im Juli 2021 zogen Behörden in Israel mehrere Krypto-Wallets der AQB ein, vermutlich auf Börsen, wo sie gegen Dollar gewechselt wurden. Auch danach gelang es der israelischen Polizei immer wieder, Kryptowährungen der AQB und anderen Terrorgruppen zu konfiszieren.

Nun fürchtet die Hamas offenbar, dass Israel herausfindet, wer ihr Bitcoins gespendet hat, und dies enthüllt oder sanktioniert. Das könnte für die Spender strafrechtliche Konsequenzen haben und sie daran hindern, auch künftig zu spenden.

Dass die Hamas nun aufhört, Kryptowährungen für Spenden anzunehmen, feiert Chainalysis als “riesigen Sieg im Kampf gegen die Krypto-Kriminalität.” Der Fall zeige nicht nur, “dass illegale Krypto-Transaktionen nachverfolgbar sind,” sondern auch – und das ist ein wichtiger Punkt: “dass die Strafverfolgung die Kosten für die illegale Nutzung von Krypto auf ein so hohes Niveau heben kann, dass Kriminelle gezwungen werden, es aufzugeben.”

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2 Kommentare zu Hamas-Miliz akzeptiert keine Bitcoin-Spenden mehr – “Ein Sieg gegen die Krypto-Kriminalität”

  1. Paul Janowitz // 2. Mai 2023 um 18:05 // Antworten

    Dies allein machte es, bekannte Chainalysis 2020, zu einer “großen Herausforderung” für die Ermittler, die Spenden zu identifizieren. Das Unternehmen fürchtete daher, dass es unter Terrororganisationen in Zukunft zur Norm werden könnte, sich durch Bitcoins und andere Kryptowährungen zu finanzieren. Weil die Hamas je Spende eine neue Adresse generierte!

    Diese Behauptung war wohl eher eine Blendgranate, sie ist zwar zunächst nicht falsch, denn durch den Empfang an eine neue Adresse gibt man seine Pseudonymität noch nicht auf, aber sobald man die Coins auch nutzen will, wird es kompliziert, weil man sie auf die ein oder andere Weise mit anderen Coins verbindet, entweder direkt in der Wallet durch eine Transaktion aus mehreren Inputs oder auf einer Börse, die in der Regel je eine statische Einzahlungsaddresse für einen Account haben. Selbst wenn man seine KYC Domain bezahlt, wird der Betrag der eigenen Outputs fast nie genau passend sein und das Wechselgeld, welches man bekommt, ist automatisch KYC. Coin Control nach CoinJoins ist zwar theoretisch möglich, aber dürfte >99% aller Nutzer überfordern und dann ist halt die Spende an Hamas oder der Tip auf OnlyFans, P-Hub & Co. auch für immer mit der KYC Domain oder dem Flugticket verknüpft.

    Dass die Hamas nun aufhört, Kryptowährungen für Spenden anzunehmen, feiert Chainalysis als “riesigen Sieg im Kampf gegen die Krypto-Kriminalität.” Der Fall zeige nicht nur, “dass illegale Krypto-Transaktionen nachverfolgbar sind,” sondern auch – und das ist ein wichtiger Punkt: “dass die Strafverfolgung die Kosten für die illegale Nutzung von Krypto auf ein so hohes Niveau heben kann, dass Kriminelle gezwungen werden, es aufzugeben.”

    Irgendwo habe ich mal gelesen, wie viele Lobbyisten die “Branche” alleine in Brüssel unterhält – es war erschreckend. Aber klar, sie müssen mit jeder kleinsten PR auch die Mär aufrechterhalten, dass es ohne Chain-Analyse nicht geht, am besten in jede auch private Wallet integriert. Perfektes Beispiel für ein Problem, das man selbst erschaffen hat, so zu vermarkten, dass andere Denken, ihre Lösung sei notwendig.

    Die wahren Ermittlungserfolge erreicht man nicht durch mehr Überwachung, sondern solide Ermittlungsarbeit. Siehe aktuell Monopoly Market mit knapp 200 Festnahmen, bei denen sogar Kundenlisten “erbeutet” wurden. Ob man jetzt irgendwelche kleinen Kiffer, die bei einem DNM Händler ein bisschen Gras bestellt haben verfolgen sollte, steht auf einem anderen Blatt. Aber in Bayern sind ja bald Landtagswahlen und würde mich nicht wundern, wenn das eintreffen sollte.

  2. Die wahren Ermittlungserfolge erreicht man nicht durch mehr Überwachung, sondern solide Ermittlungsarbeit.

    Lieber Paul, da stimme ich Dir vorbehaltlos zu.

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