Newsticker

„Vielleicht ist es noch zu früh. Aber bisher scheint Bitcoin weiter die einzige wirklich sinnvolle und breit genutzte Anwendung der Blockchain-Technologie zu sein.“

Bildrechte bei Marc P. Bernegger, für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt.

Marc P. Bernegger ist irgendwie überall früh dabei und mitten drin. Wir haben mit dem Krypto-Pionier darüber gesprochen, warum er sich auf Bitcoin zurückbesinnt und in der Branche der Lebensverlängerung (Longevity) den nächsten großen Trend sieht.

Marc P. Bernegger ist ein Bitcoin-Urgestein in der Schweiz. Er stieß schon 2012 in die Szene, betreibt ein Büro in Zug neben der Ethereum-Foundation, hat die Crypto Finance Gruppe mitaufgebaut, ist mit Mark Zuckerberg und Vitalik Buterin bekannt und war beim Erfolg der Crypto Punks nicht unbeteiligt. Heute ist er von „Krypto“ etwas ernüchtert und investiert mit Maximon in Longevity-Startups – und ist damit unter Krypto-Pionieren in bester Gesellschaft.

Hallo Marc! Freut mich, dass du mir ein Interview gibst. Ich fange mal mit einer Standardfrage an, die aber immer wieder spannend ist: Wie bist du zu Bitcoin und Krypto gekommen?

Das war ein wenig wie mit dem Internet. In den 90ern hatte ich die Idee, etwas mit dem Internet zu machen, was viele erst seltsam fanden, am Ende aber dann gekauft haben. Irgendwann habe ich mich damit beschäftigt, wie man Werte übers Internet versendet. Dabei stieß ich im Jahr 2012 auf Satoshis Whitepaper und war sofort fasziniert. Aus meiner Umgebung kannte so gut wie niemand Bitcoin, die Community war damals noch sehr klein. An Bitcoin fand ich das Rohkonzept spannend, hatte aber keine Vorstellung, was daraus werden würde.

In der Folge hast du einige interessante Projekte gestartet, auch über Bitcoin hinaus, etwa einen Krypto-Fonds.

Mich haben schon immer verschiedene Aspekte von Bitcoin und Krypto fasziniert. Anfang 2017 entstand die Idee der Crypto Finance Gruppe, das war danach der erste vollregulierte Player in dem Bereich in Europa. Der Fonds war nur ein Teil davon, es gehörte auch Brokerage und Treuhand für etablierte Player dabei. Im 2021 wurde die Crypto Finance Gruppe dann von der Deutschen Börse gekauft.

Heute dagegen investierst du in eine andere Branche, die Longevity oder Langlebigkeit. Haben Bitcoin und Krypto begonnen, dich zu langweilen?

Nein, auch nach 11 Jahren in Bitcoin bin ich weiter fasziniert. Aber ich finde es eben aufregend, wenn ein Thema noch am Anfang steht und man Pioniere tritt. Wenn es zum Mainstream wird und die Berater und Anwälte einströmen, verlieren Themen für mich den Reiz des Neuen und ich beginne, mich nach etwas anderem umzuschauen. Nachdem wir die Crypto Finance Gruppe verkauft hatten, war ein guter Moment, etwas Neues zu mache. Longevity bot sich an. Mich hat schon immer fasziniert, wie man durch medizinische Fortschritte die Lebensdauer der Menschen verlängern kann. 1999 bin ich ins Internet eingestiegen, 2012 in Bitcoin, nun in Longevity.

Du bist nicht der einzige Early Adopter, der sich für Longevity interessiert. Etwa Vitalik Buterin, Richard Heart oder Brian Armstrong. Ist das ein natürlicher Werdegang? Erst baut man durch Krypto ein Vermögen auf, dann will man es lange genießen?

Gute Frage. Vitalik Buterin ist ein gutes Beispiel. Wir hatten ihn schon 2017 auf einem Event bei uns, und er hat in Montenegro ein Treffen von Krypto- und Longevity-Enthusiasten organisiert. Sicherlich beschäftigen sich viele, wenn sie eine finanzielle Unabhängigkeit erreicht haben, damit, wie sie diese länger genießen können. Relevanter ist aber, dass diese Leute das Potenzial in Blockchain erkannt haben, weil es ihre Natur ist, spannende Themen zu wittern. Sie glauben, dass Longevity das nächste Thema sein kann, aber noch weit davon entfernt ist, zum Mainstream zu werden. Ein weniger gutes Beispiel ist Richard Heart, finde ich.

Richard Heart wird derzeit in den USA per Haftbefehl verfolgt, weil seine Token als Betrug gelten. Mit der Pulsechain hat er aber ein Longevity-Projekt unterstützt

Genau. Ein Teil der Erlöse aus der Pulsechain ICO gingen an die Sens Foundation, die Forschung in dem Bereich unterstützt. Wir arbeiten mit denen zusammen und habe sie auch gewarnt. Nun fällt es auf sie zurück. Es gibt bereits eine Sammelklage gegen Richard Heart, und die Sens Foundation wird diese Spende wohl zurückzahlen müssen.

Wenn man von Longevity spricht, ist das nicht nur eine andere Bezeichnung für „Gesundheit“, die aber anziehender für Investoren ist?

Das würde ich nicht sagen. Das ist so ähnlich wie wenn du sagst, Blockchain sei auch nur eine Datenbank. Longevity erlaubt es, besser, länger und gesünder zu leben. Es geht weiter, als nur die Gesundheit zu verbessern. Eines der Startups, das wir mit Maximon gegründet und finanziert haben, vertreibt Supplemente, die nachweislich die Zellen verjüngen. Wir wollen die Alterung nicht nur verlangsamen, sondern stoppen und sogar zurückdrehen. Bei gewissen Zellen ist das schon im Labor möglich.

Quasi ein Jungbrunnen?

Ja, quasi. Natürlich kann man nicht unsterblich werden, zumindest nicht in naher Zukunft. Aber man lebt heute viel länger als früher. Das scheint Teil des Fortschritts zu sein. In Westeuropa hat man heute rund 13 Jahre, in denen man nicht mehr fit ist. Wir wollen die Zeitdauer der gesunden Lebensspanne optimieren, so dass man möglichst lange in einem erstrebenswerten Zustand bleibt.

Bisher beruht unser Gesundheitssystem darauf, dass man den Leuten immer mehr Tabletten gibt, wenn sie alt werden. Damit verzögert man es aber nur hinaus, man stirbt ein bisschen langsamer. Wir versuchen dagegen die Ursachen des Alters zu identifizieren. Diese sind oft zellbasiert, daher setzen wir mit Maximon dort an.

Was genau macht ihr von Maximon? Ihr seid ein ein Risikokapitalgeber, richtig?

Ja. Aber wir investieren nicht nur, sondern sind auch ein Inkubator und Company Builder. Idealerweise kommen Forscher zu uns, die eine Firma gründen wollen. Aber sie sind Forscher, keine Businessleute, daher machen wir das zusammen. Dabei gehen wir substanziell in Vorleistung und investieren im ersten Schritt bis zu 10 Millionen Franken via Maximon.

Eine blöde Frage: Wie alt hast du vor zu werden?

Das absolute Alter ist für mich nicht so relevant. Wenn du nicht glücklich und erfüllt lebst, hilft es dir auch nicht, doppelt so alt zu werden. Ich denke aber, die Region um 110 ist realistisch, wenn ich kein großes Pech habe, und da ich gerne Unternehmer bin, würde mir das auch gefallen. Manche Forscher sagen mir aber, das sei zu konservativ, und wir würden noch viel älter werden können.

Derzeit liegt die Lebenserwartung bei Männern je nach Ort zwischen 80 und 85. Sie steigt seit langem Jahr für Jahr ein bisschen. Für deine Schätzung bräuchte es bald einen ordentlichen Sprung. Warum denkst du, wird es ihn geben?

In der ganzen Menschheitsgeschichte hat man erst vor gut 10 Jahren erstmals begonnen zu verstehen, wieso die Menschen alt werden. Ein japanischer Forscher hat den Nobelpreis dafür bekommen, neun Hallmarks of Aging, also Kennzeichen des Alterns, festzustellen. Heute haben wir elf solcher Elemente. Sie sind zellbasiert und sorgen dafür, dass wir alt werden und sterben. Man hat das Altern wissenschaftlich verstanden und kann nun die Ursachen therapieren anstatt die Symptome zu kurieren. Wenn man ein wenig recherchiert, wie Supplemente die Lebensdauer beeinflussen, ist es beeindruckend, zu sehen, was sich in den letzten 10 Jahren getan hat. Der Sprung von gut 80 auf 90 bis 100 Jahre Lebensdauer ist eher konservativ.

Wie kann man so etwas empirisch messen? Ich meine, um zu erkennen, wir wirksam eine Pille ist, müsste man doch warten, bis jemand stirbt, oder eben nicht stirbt, was naturgemäß lange dauert …

Ja, das stimmt. Aber man kann messen, wie alt jemand biologisch ist. Wenn jemand drei Schachteln Zigaretten am Tag raucht und dann aufhört, kann man auch beobachten, wie sich der Körper ändert. Man hat mittlerweile immer präzisere Methoden, um das Alter zu messen. Darüber hinaus testet man neue Methoden mit Tieren. Mäuse leben im Schnitt 18 Monate, daher kann man schon nach zwei anstatt 85 Jahren erkennen, ob eine Substanz ihr Leben verlängert.

Interessant. Lass uns aber nochmal das Thema wechseln. Auf Twitter präsentierst du dich mittlerweile mit Laseraugen und Bitoin-Hashtag. Bist du von „Krypto“ ernüchtert?

Offen gesagt, ja. Krypto faszinierte mich, mit Anwendungsfällen wie ICOs und Smart Contracts. Ich finde das immer noch spannend. Aber nach so langer Zeit im Space hat auch eine gewisse Ernüchterung eingesetzt. Blockchain löst bisher sehr wenige echte Probleme, und viele visionäre Ideen haben sich nie materialisiert. Vielleicht ist es noch zu früh. Aber bisher scheint Bitcoin weiter die einzige wirklich sinnvolle und breit genutzte Anwendung der Blockchain-Technologie zu sein.

Schließlich noch ein letztes Thema: Siehst du nach dem Scheitern von Libra denn eine Chance für einen Stablecoin, der nicht den Dollar abbildet?

Ja. Schau‘ auf die BRICS und andere Institutionen außerhalb des Westens. Die Diskussion dort geht derzeit zu Gold als Deckung. Das hat definitiv mehr Potenzial. Auf Libra konnte man Druck ausüben, aber wenn größere nicht-amerikanische Player sich bewegen, kann man es nicht einfach verbieten. Daher kann ich mir schon vorstellen, dass sich ein Stablecoin etabliert, der nicht auf dem Dollar basiert. Es gibt so viele Krisen, und man kann nicht ewig auf sie antworten, indem man noch mehr Geld druckt. Irgendwann braucht es etwas Neues.

Wenn dein Plan mit der Longevity ausgeht, wirst du sicherlich noch einige Währungsreformen sehen können.

Historisch ist das normal. Es ist eher eine Ausnahme, so lange Stabilität zu haben. Es wird nicht über Nacht passieren, aber schneller gehen, als viele erwarten. Die Abwertung ist schon jetzt überraschend scharf. Ich fürchte, man muss keine Supplemente schlucken, um die nächste grosse Währungsreform mitzuerleben.

Über Christoph Bergmann (2807 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

9 Kommentare zu „Vielleicht ist es noch zu früh. Aber bisher scheint Bitcoin weiter die einzige wirklich sinnvolle und breit genutzte Anwendung der Blockchain-Technologie zu sein.“

  1. Crypto und Longevity hat wirklich viel Überschneidung. Interessante Ansätze und so drin, aber das Meiste wird missbraucht um den Leuten Geld aus der Tasche zu ziehen 😉

  2. In manchen Altenheimen gibt es im Hof Bushaltestellen, wo man Demenzkranke hinsetzten kann. Die warten dann den ganzen Tag auf den Bus, der niemals kommen wird. Aber sie sind beschäftigt.

    So ist das auch mit der Blockchain.

    • Cooler Beitrag, super treffend. Danke! Habe mich mal ab und zu informiert über diese Blockchainaps, hab vergessen wie sie heißen. Das einzige, was für mich Sinn dort machte, war Break Out zu spielen. Da scheint irgendwie gar nichts zu gehen. Sorry Bitcoin Enthusiasten, aber bei Krypto scheint viel es viel Rauch um nichts zu geben.

    • Schöner Vergleich.

      Mir kommt es teilweise so vor, dass es (Bitcoin und/oder Blockchain) ein bisschen als Beschäftigungstherapie für staats- und geldkritische Menschen gedacht ist.

      Da gibts dann was zum spielen in der virtuellen Welt und in der echten Welt braucht man dann keine Energie mehr aufwenden um etwas zu „verbessern“. Welt verbessern und retten geht schließlich problemlos vom PC oder Smartphone aus.

      Und wenn die Kritiker nebenbei noch reich werden, dann gibts noch weniger Grund dazu, wirklich etwas zu verändern.

      Bisschen Richtung Brot und Spiele. Nur halt mittlerweile weitaus perfider und auf unterschiedliche Gruppierungen zugeschnitten.

      Gab mal eine Black Mirror Folge, wo man im Endeffekt auch jeder Nachfrage ein (systemungefährliches) Angebot gegenübergestellt hat, damit die Energie der Unzufriedenen gefahrlos verpuffen konnte und ein Ventil zum entladen hatte.

      Hunde die bellen beisen nicht.

  3. Seit wann ist normales Altern eine Krankheit, die geheilt werden muss ????? Machen sich Leute wie Marc nicht eher einen Spass daraus, Gott zu spielen? Ihr würdet der Gesellschaft einen grösseren Dienst erweisen, wenn ihr eure Anstrengungen auf die Heilung wirklicher Krankheiten konzentrieren würdet.

  4. Hm sorry, aber geht es nur mir so? Ich hatte vor dem Lesen des Artikels eigentlich erwartet, etwas über den Zsh. zwischen Crypto und „Lebensverlängerung, Longevity oder wie auch immer man das nennen will“ zu lernen. Ich bin leider genauso schlau wie vorher. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?

  5. Paul Janowitz // 26. August 2023 um 17:02 // Antworten

    @Nicolas
    Leider geht es mir genauso, das Interview wirkt für mich etwas fremd, wenn ich Christops letzte über Tausend Artikel ansehe.

    Darüber hinaus testet man neue Methoden mit Tieren. Mäuse leben im Schnitt 18 Monate, daher kann man schon nach zwei anstatt 85 Jahren erkennen, ob eine Substanz ihr Leben verlängert.

    Toller Held! Ich habe einen Laborbeagle vor seiner Vernichtung gerettet, weil irgendwelche Idioten meinen, an eben diesen irgendwelche Dinge Testen zu müssen. Warum nicht an Menschen, die freiwillig(?) für Geld ebenso dienen würden?

    Schließlich ja. Bitcoin bzw. Payment ist die einzig sinnvolle Anwendung nach über 10 Jahren. Dabei leider nicht Bitcoin, aber das ist ein anderes Thema…

  6. Ich denke 99% der Menschen haben noch gar verstanden was die Blockchain-Technik bedeutet, insbesondere für sie bewirken könnte. Aber leider besteht das restliche 1% aus Showstoppern, die ihre zentralistische Macht verlieren würden etc. und alles erdenkliche dafür tun würden, damit die Blockchain scheitert.

Kommentar verfassen

Entdecke mehr von BitcoinBlog.de - das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen