Taproot Assets bringt Token auf die Bitcoin-Blockchain – und potenziell zu Lightning

Lightning Labs stellt mit Taproot Assets ein Protokoll vor, um Token auf der Bitcoin-Blockchain und im Lightning-Netzwerk abzubilden. Das Konzept ist elegant und ausgeklügelt. Aber reicht das aus, um zum Gamechanger zu werden?
Vor kurzem haben die Entwickler von Lightning Labs die „Taproot Assets“ veröffentlicht. Diese Software erlaubt es, Token über eine Taproot-Transaktion auf die Bitcoin-Blockchain zu bringen.
Dies sei, schreibt Ryan Gentry von Lightning Labs, „der Anbruch einer neuen Ära für Bitcoin“. Mit der Software haben Entwickler alle Werkzeuge, um „Bitcoin ein Multi-Asset-Netzwerk zu machen“, das Token auf eine Weise realisiert, „die skaliert und den Kernwerten von Bitcoin treu bleibt.“
Daher glaubt das Team von Lightning Labs „dass diese neue Ära von Bitcoin eine Myriade von globalen Währungen als Taproot Assets sehen wird und die Währungswechsel der gesamten Welt in Echtzeit über Lightning gewechselt werden.“
Denn Lightning ist für Bitcoiner zwar das beste Zahlungssystem, das es gibt, doch es hat einen Haken, den viele User gegenüber den Entwicklern von Lightning Labs immer wieder beklagen: Man kann damit nur Bitcoins versenden, aber keine Dollar, Euro oder andere Fiatwährungen. „Die Nachfrage nach Stablecoins ist einfach nur überwältigend,“ erklärt Ryan, denn diese „sind schlicht ein besseres Produkt als die lokalen Währungen in Schwellen- und Entwicklungsländern.“
Menschen, die Schutz vor der Inflation ihrer eigenen Währung suchen, flüchten nicht zu Bitcoin, sondern zum Dollar. Indem Taproot Assets den Dollar in Bitcoin-Wallets bringt, werde man, hofft Lightning Labs, „den Prozess beschleunigen, Bitcoin zu Milliarden von Menschen zu bringen.“ Um „den Dollar und die globalen Assets zu bitoinisieren“, muss man offenbar zunächst Bitcoin verdollarisieren.
Mit dem Start von Taproot Assets hat Lightning Labs das Protokoll auf die Bitcoin-Blockchain gebracht. Dies erlaubt es dem Team, seine Energie auf den zweiten Schritt zu fokussieren: Taproot Assets auch ins Lightning Netzwerk zu bringen. Dies ist derzeit noch nicht möglich, aber die Grundlagen dafür sind gelegt, und Plan und Marschrichtung stehen fest.
Insgesamt stecken in der Ankündigung von Taproot Assets ziemlich große Aussagen. Sind sie gerechtfertigt? Um uns dazu eine Meinung zu bilden, werden wir uns zunächst die Technologie von Taproot-Assets ein Stückchen genauer anschauen. Die Dokumentation ist dafür ein guter Einstieg.
Neue Bäume für die Token
Wie bei allem um Taproot und Lightning ist die Technologie brillant und auf eine geradezu zauberhafte Weise rund, aber etwas … komplex. Ihr solltet zumindest im Ansatz wissen, was ein Hashbaum ist und wie Taproot diesen verwendet.
Die sehr kurze Fassung ist diese: Ein Hashbaum ist eine spezielle Datenstruktur, die Hashes von Informationen als „Blätter“ abspeichert und von diesen die „Wurzel“ zieht, quasi die Essenz. Ein Bitcoin-Block bildet durch einen Hashbaum sämtliche Transaktionen ab, die er enthält, und die Wurzel beweist dies.
Taproot legt nun einen Hashbaum in eine Adresse hinein. Genauer gesagt: nicht den Hashbaum selbst, sondern seine Wurzel. Dies erlaubt es, fast beliebige Operationen und Informationen mit einer Adresse zu verbinden, etwa Bilder mit den Ordinals Inscriptions oder Rechenoperationen mit BitVM. Taproot Assets beansprucht nun, auch „Assets“, also Token jeder Art, in die Hashbäume einzupflegen.
Der Hashbaum wird dabei zu einer Art externen, offchain geführten Datenbank, in welcher die Blätter die Daten zu den Assets abbilden: Sowohl die gesamte Menge der Token und ihren Namen, als auch ihre Besitzer. Auf der Blockchain landet nur die Wurzel, doch diese sowie einige externe Informationen, die offchain ausgetauscht werden, reichen aus, um zu beweisen, dass man Besitzer eines Assets ist.
Taproot Assets führt allerdings zwei weitere Technologien ein, die eng mit dem Hashbaum verwandt sind. Der „Sparse Merkle Tree“ erlaubt es, zu beweisen, dass bestimmten Daten nicht in einem Hashbaum existieren, und der „Merkle Sum Tree“ ermöglicht es, effizient zu prüfen, ob eine Quantität in den Blättern eines Hashbaumes – etwa die gesamte Anzahl von Token – unverändert geblieben ist. Taproot Assets verbindet diese beiden Konzepte zu einem „Sparse Merkle Sum Tree“ und flechtet dessen Wurzel in die Taproot-Adresse ein. So kann man beweisen, dass 1. jemand ein Guthaben gelöscht, und 2. die gesamte Summe der Assets unveränderbar geblieben sind.
Erst durch diesen “Sparse Merkle Sum Tree” werden die Transaktionen, die über den eigentlichen Hashbaum Token versenden, auch zuverlässig.
Der Vergleich mit dem Token-Standard ERC20
Eventuell hilft ein Vergleich mit dem Token-System von Ethereum, dem ERC20-Standard: Bei Ethereum führt ein Smart Contract auf der Blockchain eine vollständig transparente Datenbank mit allen Besitzern und Transfers von Token. Alle Informationen sind onchain, man muss lediglich den Smart Contract abrufen, um zu erkennen, ob man Token besitzt.
Bei Taproot Assets dagegen wird diese Datenbank als Hashbaum und „Sparse Merkle Sum Tree“ offchain geführt. Auf der Blockchain selbst landen nur die Wurzeln dieser Bäume, durch die man die Korrektheit spezifischer Datenbank-Einträge („Blätter“) beweisen und prüfen kann.
Das Konzept ist beeindruckend. Wenn man Token austauscht, zum Beispiel Dollar, dann bildet der Sender eine onchain-Transaktion, die wie eine ganz normale Transaktion aussieht. Er gibt dem Sender aber zugleich einige Daten, durch die dieser erkennt, dass er etwas empfangen hat, und die er onchain verifizieren kann. Zusammen mit Lightning und BitVM ergibt sich eine Vision eines weiten und vielfältigen Offchain-Netzwerks, das über Onchain-Anker die Sicherheit von Bitcoin genießt.
Taproot Assets dürfte tatsächlich besser skalieren als ERC20-Token und dabei auch privater sein. Schließlich landen viel weniger Daten auf der Blockchain. Ein Nachteil ist aber, dass die Umsetzung erheblich komplexer ist.
Für Wallets und User keine geringe Herausforderung
Während ein Ethereum-Token ab dem Moment auf der Blockchain sichtbar und benutzbar ist, ab dem es geprägt wurde, hinterlässt die Herausgabe eines Taproot-Assets zunächst nur eine Bitcoin-Adresse, die wie jede andere (Taproot-)Adresse aussieht. Erst wenn der Herausgeber die Informationen zum Assets teilt, können andere etwas damit anfangen.
Für Wallets ist dies keine geringe Herausforderung. Sie müssen zunächst lernen, mit den Assets umzugehen: Sie müssen einen zweiten, speziellen Taproot-Asset-Schlüssel generieren, in der Lage sein, die Daten zu den Assets zu beziehen, zu speichern, zu sichern und mithilfe der Technologie der Spare Merkle Sum Trees zu verifizieren.
Um Taproot-Assets zu empfangen, müssen User eine spezielle Taproot-Asset-Adresse bilden. Um sie dann weiter zu überweisen, müssen sie mit einer Transaktion die Blätter im Hashbaum entsprechend verändern und diese dann offchain an den Empfänger senden, damit dieser sie onchain prüfen kann. All das müssen die Wallets noch lernen.
Der Datenaustausch, der bei all dem notwendig ist, kann entweder P2P geschehen, was den bekannten Nachteil hat, dass Sender und Empfänger gleichzeitig online sein müssen. Lightning Labs sieht zusätzlich sogenannte „Universe“-Server vor, die die für Taproot Assets relevante Daten speichern und weitergeben. Die Universe-Server erlauben es, auch asynchron Taproot Assets zu versenden. Sie können zudem helfen, Assets zu bergen, wenn man die Hashbäume verloren hat, aber den Schlüssel zur Adresse noch besitzt.
Die Protokollkriege sind bereits entschieden
Rauch euch der Kopf? Wenn ja, steht ihr damit nicht alleine da. Taproot Assets sind sowohl technisch als auch in der Praxis komplex. Das Konzept ist an sich sehr elegant, und die fehlende Transparenz und die Offchain-Verarbeitung der Daten mögen für die Privatsphäre und Skalierbarkeit von Vorteil sein. Sie legen den Wallets und Usern aber eine enorme Bürde auf. Die Integration in Lightning – das erklärte Ziel von Taproot Assets – dürfte diese Komplexität noch weiter steigern.
Allein schon diese Architektur wirft Zweifel auf, ob es wirklich so kommt, wie Lightning Labs es beschreibt, nämlich eine Art blitzkriegsartige Tokenisierung von Stablecoins und Fiatwährungen auf Bitcoin. Das wäre vorstellbar, wenn Taproot Assets das erste Protokoll für Token wäre.
Doch mit Colored Coins und Masterparty gab und gibt es bereits alte Verfahren, Token auf Bitcoin zu bringen, und mit den BRC-20-Token nutzt ein relativ aktuelles Protokoll Taproot, um Assets auf der Bitcoin-Blockchain abzubilden. Der Standard der Tokenisierung ist aber längst das ERC20-Protokoll auf Ethereum, das sich über kompatible Protokolle auch auf den vielen anderen EVM-fähigen Blockchains verbreitet hat.
Die Protokoll-Kriege der Tokenisierung wurden bereits entschieden. Die Skalierbarkeit ist dank verschiedenen EVM-Blockchains und Rollups kein Problem. Mit Entwicklern, Investoren, Startups, DAOs, dezentralen Finanzen und mehr haben die ERC20-Token einen so gewaltigen Netzwerkeffekt akkumuliert, dass man gewaltige Vorteile ins Spiel bringen muss, um überhaupt nur daran zu denken, eine Chance zu haben, die ERC20-Dominanz zu brechen.
Haben Taproot Assets diese Vorteile? Ein starker Punkt dürfte die höhere Privatsphäre sein. Dies könnte ausreichen, um Bitcoin langfristig zur neuen Heimat eines Teilsegments der Token-Ökonomie zu machen. Doch schon die großen Herausforderungen in der User-Experience und die extremen konzeptionellen Unterschiede machen es mehr als unwahrscheinlich, dass Taproot Assets einen nennenswerten Teil der Token-Aktivität auf sich vereinen kann. Der Protokoll-Krieg ist längst zu Ende, und Taproot Assets wird ihn nicht wieder neu entfachen.
Stablecoins-over-Lightning mittels Taproot Assets dürfte die perfekte Übergangslösung für die kommenden Jahre sein, da der Transport von US-Dollars schnell, zuverlässig und konkurrenzlos günstig realisiert werden kann. Außerdem sind keine Banken involviert und somit auch keine staatlichen Regulierer.
Sollte alles wie geplant funktionieren und auch die Anwender von tron zu LN wechseln, wird das die Akzeptanz von Bitcoin kräftig erhöhen. Das Lightning Network wird an Verbreitung gewinnen und dadurch den späteren Übergang zu Bitcoin als Zahlungsmittel erleichtern.
Mh … wenn man sich überlegt, dass schon (?) die ersten Börsen Lightning-Knoten haben, werden die sich freuen, Dollar dadurch überweisen zu können. Vor allem wenn man bedenkt, dass dabei alle Liquiditätsprobleme entfallen.
User werden merken, dass Dollar viel besser durch das Lightning-Netzwerk flutschen, und am Ende wird man Bitcoins selbst zu einem Taproot-Asset machen müssen. Aber vielleicht verstehe ich das auch noch falsch.
LN ist heute schon für die meisten User zu komplex und allenfalls custodial Lösungen werden genutzt.
Tokens über Lightning Channels zu schleppen dürfte auf den ersten Blick auch ein Problem der Sicherheit werden, insbesondere weil Channels mit BTC gefundet und Fees damit bezahlt werden und nicht mit potenziell hohen Beträgen an (StableCoin)Token. Das macht es einerseits verführerisch, kleine Channels zu erstellen, diese sind potenziell aber schneller einer Gefahr der Force-Closure ausgesetzt, wenn sie nicht gebalanced sind. Aber ich habe mir den Vorschlag nicht genauer angesehen, da ich Stablecoins als keine Option sehe, sondern weiterhin eher als Gefahr für das gesamte Ökosystem.
Macht Euch bitte nichts vor. Das LN ist nicht für ein weltweites Zahlungssystem geeignet, höchstens für lokale Keller-Netzwerke.
Erst vor wenigen Tagen hat sich der LN Security Lead Developer Antoine Riard aufgrund der nicht lösbaren Replacement Cycling Attack von LN verabschiedet. Details hier
https://lists.linuxfoundation.org/pipermail/bitcoin-dev/2023-October/022032.html
Mehr dazu auch hier
https://twitter.com/mononautical/status/1715736832950825224
Zum glück gibt es Bitcoin, den echten (BSV) da braucht es keine überflüssigen komplexen 2nd layer Krücken.
Was ist an einer komplexen Technologie elegant? ;-).
Ich versteh sie noch nicht ganz. Man führt ein Asset ein. Wie fließt das “durch Lightning”? Mit Lightning kann ich keine UTXO transportieren. Wird also nur eine Information über das Asset transportiert? Aber warum macht man das, wenn man doch eigentlich schon ein Tokensystem darunter hat? Nebenbei: Der Vergleich mit ETH hinkt für mich immer. Man hat dort keine echten Token. Man zählt Variablen hoch und runter. Der Austausch zwischen Wallets ist doch eigentlich kein Problem. Wird zukünftig ohnehin gemacht werden zwecks Austausch privater Informationen, Stichworte IPSec und CGA im Zusammenhang mit IP to IP mit IPv6. Die Transaktionstypen durften schon immer beliebig komplex sein. Das war ja die Motivation für Satoshi für Bitcoin Script. Nach dem Ping Pong zwischen den Wallets muss ja nur das Siegel/die abschließende Transaktion auf der Blockchain registriert werden. Nebenbei, da man Taproot und MAST auf BSV mit original OP Codes simulieren kann, könnte BSV diese Assets wohl irgendwie auch for free bekommen ;-). Aber da wird man wohl eher auf AssetLayer oder Tokenized ausweichen.
Wir verfolgen die Entwicklung.
Gestern hat Flux angekündigt Flux-Bitcoin als Parallel Asset zu veröffentlichen:
https://fluxofficial.medium.com/flux-launches-10th-parallel-asset-flux-bitcoin-is-here-381cc3037edd
Bitcoin.de