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Drittgrößter Mining-Pool zensiert Transaktionen nach US-Sanktionslisten

Bild von oatsy40 via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Wenn die Miner beginnen, Transaktionen abzublocken, wandert die Zensur direkt auf die Base-Layer von Bitcoin. Mit F2Pool wurde erstmals ein Mining-Pool genau dabei erwischt. Wie schlimm ist das – wenn überhaupt? Und woher weiß man eigentlich, was ein Pool nicht gemacht hat?

F2Pool, dem drittgrößten Bitcoin-Mining Pool, wurde letztens vorgeworfen, Transaktionen zu zensieren, die von einer Adresse ausgehen, die das US-Finanzministerium in seine Liste von Finanzsanktionen aufgenommen hatte.

Wie zu erwarten, sorgte das für Entsetzen in der Community. Schließlich ist es eine der wesentlichen Eigenschaften von Bitcoin, sich Zensur zu widersetzen. Zwar zensieren Mittelsmänner wie Börsen schon lange und das stößt auch auf ein relativ weites Verständnis. Doch wenn die Miner damit beginnen, wandert die Zensur auf die grundlegende Schicht von Bitcoin. Sie droht, total zu werden.

Ist es also Zeit, Alarm zu schlagen? Sägt F2Pool an einer tragenden Säule von Bitcoin?

Wenn Transaktionen in den Blöcken fehlen

Entdeckt wurde die Zensur von 0xB10C, ein Bitcoin-Entwickler aus der Schweiz, der die Webseite „Miningpool.Observer“ betreibt. Die Methode ist interessant:

Die Webseite führt eine Liste von „fehlenden Transaktionen“. Dazu simuliert sie den nächsten Block mit dem eigenen Knoten auf Basis des Standard-Algorithmus von Bitcoin Core, der Transaktionen üblicherweise nach Gebühren sortiert, und gleicht die tatsächlichen Blöcke damit ab. Wenn Transaktionen fehlen, die eigentlich im Block enthalten sein sollten, muss dies einen Grund haben.

Zensur ist dabei nicht der einzige mögliche Grund. In der Regel fehlen Transaktionen aus anderen, harmloseren Gründen. Manche Miner bevorzugen eigene Transaktionen oder empfangen manche Transaktionen zu spät, um die Vorlage für den nächsten Block anzupassen. Daher muss es keine Zensur sein, selbst wenn eine sanktionierte Adresse betroffen ist.

So hat 0xB10C im September und Oktober mehrere solche fehlenden Transaktionen entdeckt. ViaBTC ignorierte Ende September eine Transaktion von der Adresse 1ECeZBxCVJ8Wm2JSN3Cyc6rge2gnvD3W5K, und Foundry Ende Oktober eine von 3PKiHs4GY4rFg8dpppNVPXGPqMX6K2cBML. Beide Adressen stehen auf den OFAC-Sanktionslisten der USA. Die erste gehört einer russischen Börse, die Ransomware-Einnahmen gewechelt hat, die zweite einem Chinesen, der Fentanyl in die USA schmuggelte. Allerdings gibt es in beiden Fällen plausible Erklärungen: ViaBTC hat die Transaktion mit zahlreichen weiteren gegen bevorzugte Transaktionen ersetzt, bei Foundry war die Transaktion ganz frisch im Mempool, etwa 30 Sekunden.

Interessanter wird die Situation bei F2Pool. Der Mining-Pool fiel mit vier Blöcken zwischen dem fünften und 22. Oktober auf, in denen Transaktionen fehlten, die versuchten, Bitcoins von der Adresse des chinesischen Drogenschmugglers auszugeben. Zwar sind die Transaktionen auch bei moderaten Gebühren relativ groß. Doch da F2Pool in denselben Blöcken vergleichbare Transaktionen bestätigt hat, ist die Schlussfolgerung plausibel, „dass F2Pool derzeit Transaktionen filtert.“ Unklar sei aber, so 0xB10C, ob der Pool lediglich die eine Adresse blockiere, oder die OFAC-Sanktionslisten im generellen umsetze.

Individuum und System

F2Pool-Gründer Wang Chun hat kurz darauf angeblich getweetet, dass man fortan den Transaktions-Filter deaktivieren werde, bis die Community einen Konsens zu diesem Thema findet. Er gab also offiziell zu, dass F2Pool Transaktionen zensiert.

Kurz darauf hat er den Tweet gelöscht, vermutlich deswegen, und stattdessen die Schuld vom Pool auf das System abgewälzt: Ein zensurresistentes System müsse so aufgebaut sein, „dass es Zensur auf dem Protokoll-Level widersteht, anstatt darauf zu vertrauten, dass jeder Akteur gewissenhaft handelt und Zensur unterlässt.“ Das Internet-Protokoll TCP/IP sei daran gescheitert. Bitcoin solle davon lernen.

Tatsächlich ist der Schritt von einem zensurresistenten zu einem zensierten Netzwerk nicht so weit, wenn man über die Akteure geht. Die beiden vor F2Pool größten Pools, Antpool und Foundry, verifizieren schon heute die Identität ihrer Miner. Man braucht nicht allzu viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass sie über kurz oder lang, ob freiwillig oder unfreiwillig, beginnen, ebenfalls Finanzsanktionen umzusetzen. Zusammen mit F2Pool hätten sie schon fast 70 Prozent der Hashrate.

Im Grunde lässt sich dagegen zunächst nichts sagen. Die Pools machen nur, wozu sie das Recht haben. Es ist nicht „das Netzwerk“, das die Transaktionen von Fentanyl-Schmuggler, Ransomware-Hackern und anderen Verbrechern bestätigt, sondern die Betreiber der Pools. Warum sollten sie sich nicht weigern, wenn sie die Option haben? Transaktionen NICHT zu bestätigen bedeutet lediglich, dass ein Miner die Rechte wahrnimmt, die ihm das System gibt. Es wäre an sich eine ethische Entscheidung, keine Kriminellen zu bedienen.

Gleichzeitig kann man aber auch argumentieren, dass sich Pools aus ethischen Gründen dafür entscheiden, diese kriminellen Transaktionen zu bestätigen. Denn die Zensurresistenz von Bitcoin ist ein größeres Gut als die einzelnen kriminellen Zahlungen ein Übel sind; ein Miner, der Sanktionen umsetzt, mag im Einzelfall ethisch richtig handeln, nicht aber aus der Vogelperspektive des Systems.

Solange nur einzelne Miner zensieren, ist die Situation harmlos, da keine echte Zensur stattfindet. Die Transaktionen der russischen Börse und des chinesischen Drogenschmugglers wurden ja trotz allem zügig bestätigt. Sie haben vermutlich noch nicht einmal mitbekommen, dass F2Pool sie zensiert hat. Die einen Miner entscheiden sich dafür, die Sanktionen zu übernehmen, die anderen dagegen. Jeder macht also Gebrauch von seinem Recht, souverän zu wählen, welche Transaktionen in einen Block kommen.

Selbst dann, wenn 90 Prozent der Miner zensieren, werden die Transaktionen von sanktionierten Akteuren durchgehen. Es wird dauern – eventuell auch mehrere Stunden – aber die Zahlung wird irgendwann bestätigt werden. Und auch dann, wenn 100 Prozent der Miner eine Transaktion ablehnen, reicht es, wenn irgendwann in Zukunft ein einzelner Miner sie bestätigt. Die Zensurresistenz von Bitcoin hängt also eben nicht vom Verhalten der einzelnen Akteure ab. Bitcoin bleibt vollkommen unberührt davon, dass einzelne Pools die OFAC-Sanktionen umsetzen, egal wie viele.

Allerdings gibt es ein Szenario einer „harten“ Zensur. Dazu müssten die Pools noch einen Schritt weitergehen: Sie müssten sich nicht nur weigern, bestimmte Transaktionen zu bestätigen – sondern aktiv andere Blöcke zurückweisen, die Outputs von sanktionierten Adresse enthalten.

Eine solche harte Zensur dürfte in naher Zukunft nicht zu erwarten sein. Doch langfristig ist sie durchaus denkbar, und Bitcoiner sollten das zumindest wissen.

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20 Kommentare zu Drittgrößter Mining-Pool zensiert Transaktionen nach US-Sanktionslisten

  1. Was wäre denn, wenn alle Teilnehmer eines Pools sich nach US-Gesetzgebung strafbar machen, indem sie zensierte Adressen in Blöcke minen? Da ihre Identitäten vorliegen, könnte man die Herausgabe der Identitäten veranlassen, sie verklagen oder wiederum selbst auf Sanktionslisten setzen.

    • Das Szenario ist recht unwirksam, da selbst die Miner in einem Pool sich nicht alle in derselben Jurisdiktion befinden – und damit gleichzeitig strafbar machen.

      Hätten wir eine Weltregierung – oder mit der FATF abgeschwächt eine finanzielle Quasiweltregierung – wäre das natürlich anders, und Dein Szenario wäre absolut etwas, vor dem man Sorge haben müsste.

      Wenn ein Pool seine Miner da zentral steuern könnte, wie von Christoh angedeutet, ist das natürlich auch besorgniserregend(er), da in dem Moment nur noch die Juridiktion zählt, in der der ein Pool betrieben wird.

      Letzendlich könnte man aber als Reaktion dann immer noch Pools konstruieren, die als Smart Contract betrieben keinen solchen HeadOf bräuchten.

      Das einzelne Miner Transaktionen zensieren können, die sie nicht für richtig halten, und sie so in Summe auch schwächen können (z.b. die aus dem Drogenhandel), finde ich im übrigen auch sehr demokratisch und richtig.

  2. Kurz darauf hat er den Tweet gelöscht, vermutlich deswegen, und stattdessen die Schuld vom Pool auf das System abgewälzt: Ein zensurresistentes System müsse so aufgebaut sein, „dass es Zensur auf dem Protokoll-Level widersteht, anstatt darauf zu vertrauten, dass jeder Akteur gewissenhaft handelt und Zensur unterlässt.“ Das Internet-Protokoll TCP/IP sei daran gescheitert. Bitcoin solle davon lernen.

    Da muss ich ihm zu 100% zustimmen, die großen US-Pools erfordern bereits KYC von ihren Minern und wie ich unter anderem hier schon desöfteren kommentiert habe, werden Sanktionen irgendwann eingefordert. Anfangs von Pools, keine Transaktionen von betroffenen Wallets aufzunehmen, bei einer klaren Mehrheit von Pools, die das umsetzen (die ziemlich wahrscheinlich ist) dann auch ein Verbot, auf nicht-konformen Blöcken aufzubauen und diese orphanen zu lassen bzw. alle Pools ziemlich schnell dazu zu bringen, auch den Sanktionen zu folgen.

    Ich halte das nicht für unwahrscheinlich, sondern konsequent. Hätte ich vor ein paar Jahren behauptet, dass die größten Pools KYC verlangen werden, würde ich nur müde belächelt werden…

    @Albert
    Die Verantwortung liegt imho beim Pool, denn der erstellt das Block Template mit den Transaktionen, Miner haben keinen Einfluss darauf. Anders sähe es bei dezentralisiertem Pool Mining wie z.B. p2pool bei Monero aus, wo jeder Miner sein eigenes Block Template baut und trotzdem in einem Pool mit anderen Minern ist, ist aber bei Bitcoin kein Thema. Und bei Monero ist Zenusr an sich kein Thema, weil Transaktionen von Außenstehenden nicht unterscheidbar sind, einzige Zensurmöglichkeit ist alle Transaktionen zu zensieren und leere Blöcke zu minen. Leider schließen sich die meisten Miner auch bei Monero großen Pools an und die p2pool Hashrate liegt seit ca. zwei Jahren immer noch bei 5-10%. Aber immerhin gibt es eine Lösung gegen jegliche Ansätze von Zensur / KYC.

  3. Der Unterschied ist tatsächlich, ob einzelne Miner zensieren (überhaupt nicht schlimm) oder ein Pool seine Macht nutzen kann seine Miner zu verpflichten bestimmte Transaktionen zu zensieren (schlimmer), oder es der Pool gleich selbst tun kann (ganz schlimm), wie z.B. beim berühmten Antminer Killswitch, den es ja mal gab.

    Bei letzterem Szenario würde mich aber sehr interessieren wie das (ohne Killswitch) rein technisch funktioniert.

    Bisher gehe ich eigentlich davon aus, dass die Größe eines Pools (also z.B. auch über die magische 51% Grenzen hinaus) eigentlich nicht schlimm ist, da Miner innerhalb des Pools immer noch eigenverantwortlich handeln und z.B. kurzfristig Hashrate auch einfach aus dem Pool abziehen können.
    Das machen sie ja alleine schon, weil sie zwischen demMining verschiedener gerade lukrativen Coins hin und her wechseln.
    Eigentlich kann doch lediglich der Zwang zur Gewinnverteilung innerhalb des Pools technisch vorgegeben werden.

    Schlimm ist schon, wenn Pools die Macht habe (vielleicht auch nur kurzfristig, bis es bemerkt wird, oder aus Bequemlichkeit der Miner) das Verhalten ihrer Miner zu steuern.

    Du schreibst, Christoph, dass Bitcoiner wissen sollten, das das grundsätzlich machbar ist. Aber die Frage wie das technisch genau funktionieren würde, wäre hier doch sehr interessant, um die Frage zu beantworten ob Bitcoin weiter sicher ist.

    Bis zum Beweis des Gegenteils, gehe ich eher von letzterem aus.

    • Der Unterschied ist tatsächlich, ob einzelne Miner zensieren (überhaupt nicht schlimm) oder ein Pool seine Macht nutzen kann seine Miner zu verpflichten bestimmte Transaktionen zu zensieren (schlimmer), oder es der Pool gleich selbst tun kann (ganz schlimm), wie z.B. beim berühmten Antminer Killswitch, den es ja mal gab.

      Lieber Tom, Du lieferst doch die Anwort in der Frage selbst… Der Pool liefert regelmäßig (alle 10-60 Sekudnen in der Regel) ein Block Template, das die angeschlossenen Miner befolgen müssen, das jeweils ältere Template bleibt für eine gewisse Zeit valide für den Fall, dass gewisse Miner das neue noch nicht erhalten haben. Der Pool entscheidet also willkürlich, welche Transaktionen es ein einen eventuellen Block schaffen, die Miner betreiben in der Regel nichtmal eine Node.

  4. Lieber Tom, Du lieferst doch die Anwort in der Frage selbst…

    🙂 Ja das passiert gelegentlich mal. Deswegen danke für Deine technische Aufhellung.

    Gut also dem Template muss ich also folgen, wenn ich den Block im Pool minen will, damit ich auch am Reward der anderen Miner beteiligt werde.

    Ich kann als Miner aber jederzeit beschliessen meinen Miner woanders (in einem andern Pool z.B.) minen zu lassen, wo gerade keine Zensur betrieben wird, richtig?
    Ggfls. auf Kosten eines schlechteren Rewards. Und ich muss natürlich erstmal wissen, dass im Template zensiert wird, und wer zensiert wird und warum.

    Na gut das ist schon ein Faktor, wenn auch ein sehr sehr weicher.

    • Klar kann ein Miner jederzeit wechseln, doch die Realität zeigt, dass Miner in der Regel weit weniger ideologisch veranlagt sind als wir es uns wünschen würden. Beste Beispiele dafür sind die KYC Pools, denen sich die Miner unterworfen haben oder auch selbst bei Monero (das imho noch ideologischer veranlagt ist) der fehlende Wille der meisten Miner, auf p2pool umzusteigen, obwohl es eigentlich nur Vorteile hat, denn die Pool Fee entfällt komplett, die Dezentralisierung steigt und die Rewards sind zu keinem Zeitpunkt in der Hand eines Dritten. Selbst als der damals größte Pool (minexmr) nach dem Launch von p2pool geschlossen hat, um die Dezentralisierung zu fördern, haben Miner ihren zentralisierten Pool gewechselt, statt sich via p2pool zu dezentralisieren.

      Dass man als Miner in den Staaten einen US-Pool nutzt mag pragmatische Gründe haben, alleine wegen der niedrigen Latenz im Vergleich zu Interkontinentalverbindungen. Aber dafür KYC über sich ergehen zu lassen ist imho deutlich schwerwiegender als zu akzeptieren, dass ein paar „kriminelle“ Zahlungen zensiert werden und den Schritt sind die meisten Miner scheinbar bereits gegangen…

      • Exil-Hexikaner // 28. November 2023 um 13:22 //

        Das ist zwar Off-Topic, aber weißt du, ob ein signifikanter Teil vom Monero-Minern den erhaltenen Mining-Reward in Bitcoin umtauscht, aus welchen Gründen auch immer (z.B. spekulation auf höheren & schnelleren Wertzuwachs)? Gibt es dazu Statistiken?

      • Dazu sind mir keine Statistiken bekannt, aber ein Teil der Miner wird seine Coins wie auch bei Bitcoin sofort veräußern, meist gegen Fiat. Umgekehrt ist mir MoneroOcean bekannt, die Algo-Switching betreiben, aber nur XMR ausschütten.

        Die größte Oppression beim Kurs von Monero sehe ich bei zentralisierten Börsen, insbesondere Binance, die offensichtlich in einer Teilreserve fahren und bei Monero kann man es ihnen am schwierigsten nachweisen, denn OnChain Analyse gibt es einfach nicht her. Man sieht es aber an regelmäßigen Auszahlungspausierungen für XMR und die Community hat es auch schon mit dem „Monerun“ provoziert, indem man die Community aufgerufen hat, seine XMR an einem bestimmten Datum von Börsen abzuziehen. Kraken hatte z.B. keinerlei Probleme, Binance und fast alle anderen haben Auszahlungen ziemlich rasch ausgesetzt, obwohl das Netzwerk nicht im Ansatz ausgelastet war… Es ist zwar ein schleichender Prozess, aber immer mehr Volumen geht zu dezentralen Börsen und ich glaube, dass es mittlerweile gar nicht mehr tragisch wäre, wenn Monero von allen CEX gebannt werden würde.

      • Tom Mayer // 28. November 2023 um 20:40 //

        Hm, ich wünsch mir eigentlich keine Ideologen als Miner sondern wache Menschen, die ihren eigenen Nachteil daran erkennen können.

        Ideologie ist für mich eher etwas negatives, dass weite Teile des 20 Jhdts. von Anfang bis Ende sehr negativ geprägt hat, und selbst heute eher von destruktiven Grabenkämpfen zeugt.

        Aber ich versteh was Du sagen willst. Amazon zwingt auch niemanden dazu, bei Ihnen einzukaufen. Sie beherrschen die Kunst der Verführung und bauen auf unsere Bequemlichkeit. Das meinte ich mit ein weicher Faktor kann durchaus problematisch sein. Gegen Bequemlichkeit helfen dann nur leider technischen Lösungen gerade nicht, sie fördern Bequemlichkeit eher.
        Immerhin ist Bequemlichkeit noch ein Zeichen dafür, dass sich alle Teilnehmer auch noch wohl genug fühlen.

        Und Miner die sowieso die ganze Zeit wechseln, weil sie immer den gerade lukrativsten Coin minen, sind vermutlich nicht so schnell in dieser Bequemlichkeitsfalle gefangen.

        Deswegen habe ich beim zweiten Szenario (schlimmer) auch bewusst offen gelassen, wie schlimm ich es eigentlich genau finde. Ich kann nicht ganz einschätzen, wo die Mehrheit der Miner hier zu verorten ist.

        Und wenn ich Dich richtig verstanden habe, schätzt Du es irgendwo zwischen dem 1. und 2. Szenario ein. Also sehr nahe am 2.
        Das klingt für mich auch sehr logisch.

        der fehlende Wille der meisten Miner, auf p2pool umzusteigen, obwohl es eigentlich nur Vorteile hat, …

        Hm, neben Bequemlichkeit des gewohnten Settings spielt sicher auch eine Rolle, dass man das Risiko für Fehlschläge vermeintlich auf eine feste Instanz abschieben kann, die man dafür – vermutlich eher theoretisch oder auch nur moralisch – haftbar machen kann.

      • Guter Einwand mit der Ideologie! Eigentlich sollte das System mittlerweile mit rein rational agierenden Akteuren funktionieren, dann sieht es aber um die Zensurresistenz bei Bitcoin noch schlechter aus als angenommen, denn ein rein profitorientiertes Unternehmen wird sich kaum den Aufwand machen, gegen etwaige Zensurauflagen zu protestieren, sondern wird sich diesen beugen, weil es trivial ist, Blocklisten zu implementieren, anstatt sich ggf. Klagen und Strafen auszusetzen.

      • Tom Mayer // 29. November 2023 um 18:21 //

        rein rational agierenden Akteuren

        Rein rational agierende Akteure gibt es nicht, das ist ein Mythos, von gewissen (neoliberalen) Ideologen 😉

        Deswegen funktioniert das mit der Bequemlichkeit – was Amazon und andere natürlich ausnutzen – so gut. Erstens kennt niemand (selbst ein Maschine) niemals den Gesamtzustand des Sytems und muss daher immer irgendetwas glauben. Menschen sind da sehr von Emotionen gesteuert und es gibt gewisse Biasse, die Amazon und Co für Ihre Verführung ausnutzen können.

        Gegen einsetzende Bequmlichkeit hilft, wenn es rational ist etwas weniger bequem zu handeln (wie z.B. beim Minen mit unterschiedlichen Währungen).

        Oder aber wenn die Interessen der Akteure (z.B. unterschiedlicher Jurisdiktionen) sehr divers sind und Bequemlichkeit überall etwas anderes bedeutet. Diversität ist echt der King der Resilienz.

        Langfristig hilft das leider auch nicht, weil System die miteinader kommunizieren die Tendenz sich anzugleichen.

      • Tom Mayer // 29. November 2023 um 18:22 //

        Sprich die FATF hat durchaus die realistische Chance irgendwann in der fernen (oder auch sehr nahen) Zukunft mit der Regulierungspolitik erfolgreich zu sein.

        Politik heisst Mehrheiten sammeln, und wenn man gut verhandelt hat und diese erreicht wurden hat haben einzeln agierende Miner wenig Chance. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie sich auch noch genug wohlfühlen solang die Kasse stimmt und die Sanktionen jemand anderes treffen, oder erst in Zukunft mal richtig schlimm werden. Laut den Nobelpreis-Psychologen Kahnemann und Tversky haben Menschen nichtmal genug Mitgefühl mit Ihrem zukünftigen Selbst, um sich wirksam gegen die Massnahmen zu wehren, solange sie langsam genug, Schritt für Schritt eingeführt werden.

        rein profitorientiertes Unternehmen Die sind es schon eher, aber auch dort muss man am Ende einem Gefühl über den Zustand des Markts glauben. Die gefühlte Bequemlichkeit dort heisst better safe than sorry. Das führt aber auch oft genug in die Irre.

      • Danke für die Ausführungen, letztenendes hast Du mir eher zugestimmt als widersprochen 😉

        Was aber trotzdem nicht gut für meine Ideologie des Bitcoins ist… Wahrscheinlich bin ich deshalb schon während der Blocksize Kriege zu Monero gegangen und fühle mich trotz aller Probleme, die bei jedem Projekt irgendwann auftauchen, immer noch deutlich besser aufgehoben als in der heutigen Bitcoin Bubble.

  5. Der Beitrag zeigt einmal mehr, wie wichtig wirkliche Dezentralität für das Bitcoin-Netzwerk aber auch für die Freiheit der Menschen insgesamt ist. Katastrophal wäre eine von den USA (und ihren Vasallen) dominierte unipolare Welt, in der der Zugang zu Finanzdienstleistungen schon heute nach ethnischen („keine Russen“), medizinischen („keine Impfung“), umweltpolitischen („schlechte CO2-Bilanz“) oder allgemein politischen („keine Rechten“) Gesichtspunkten eingeschränkt wird.

  6. Exil-Hexikaner // 2. Dezember 2023 um 12:56 // Antworten

    So wie es aussieht werden bereits „Ordinal Inscriptions“ von zumindest einem Pool (OCEAN) zensiert:

    https://www.blocktrainer.de/erster-block-gefunden-ocean-pool-zensiert-bereits-transaktionen/

    Das wäre eigentlich gar nicht so schlecht, wenn es dabei helfen würde die Kostenexplosion bei normalen Transaktionen zu dämpfen.

    • Gut, dass Du das ansprichst, es ist eine Qual als ziemlich früher Bitcoiner und Ideologe mitanzusehen, was da veranstaltet wird.

      Ein Luke DashJr, der in den Anfängen fucking Bibelverse in seine Blocktemplates gepackt hat und nicht abgeneigt ist, Katzen und Hunde zu verzehren hat sich einen Zucco als Sprecher geholt, der noch toxischer ist als Luke selbst. Klar ist es „schön“ dass sie Ordinals blocken und damit die Fees senken, aber zu welchen Kosten für das gesamte Projekt? Eine Transaktion, die ihre Fees bezahlt, ist eine Transaktion, egal ob ich Bibelverse dort verstecke oder einen Penis. Zensur ist komplett gegen den Grundgedanken Bitcoins und ein Luke DashJr ist unhaltbar, ein Zucco genauso.

      Dabei hätte man tatsächlich einen dezentralen, zensurresistenten Pool bauen können, p2pool wurde nicht erst für Monero entwickelt, sondern viel früher für Bitcoin. Nur hat man es nicht auf die Reihe gebracht, es auch zu releasen, während man Segwit, Taproot & Co. durchgewunken hat, die man mittlerweile gar nicht so geil findet, weil sie jpegs auf die Blockchain bringen. WTF? Sie zahlen dafür!

  7. und nicht abgeneigt ist, Katzen und Hunde zu verzehren

    Hm, ist das jetzt schlimmer als Schweine und Kühe zu verzehren … 😉

    • Im Grunde nicht. Mal davon abgesehen, dass es bei Katzen und Hunden gerechter wäre.

    • Paul Janowitz // 4. Dezember 2023 um 11:24 // Antworten

      Eigentlich nicht, aber wir haben einen gewissen gesellschaftlichen Konsens und es spräche rational auch nicht viel mehr dagegen, Menschen zu verspeisen.

      Ich wollte eigentlich nur darstellen, wie weird die Akteure, die aktuell das Sagen bei Bitcoin haben sind. Zu Hunden kann ich eine kürzlich erschienene Doku in der verhassten ARD Mediathek empfehlen, einfach mal nach „Laborhunde“ suchen… Ich hab übrigens einen solchen und habe die Autorin bei einem Spaziergang kennengelernt.

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