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Twitter-Gründer Jack Dorsey investiert in dezentralen Mining-Pool – und der zensiert erst mal bestimmte Transaktionen

Bild von GPA Photo Archive via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

In der Regel verwahren Mining-Pools das Geld ihrer Miner, um es später gleichmäßig auszuzahlen. Der Mining-Pool OCEAN stellt dem ein nicht-treuhänderisches Modell entgegen. Doch eine Zensur bestimmter Transaktionstypen zeigt eine Attitude, die wenig Aussicht hat, den Markt zu gewinnen – aber nicht aus den offensichlichen Gründen.

Jack Dorsey, als ehemaliger Twitter-Boss quasi der frühere Elon Musk, fokussiert sich seit einiger Zeit größtenteils auf Bitcoin. Unter seiner Leitung brachte er eine Investorenrunde zusammen, die der Firma Mummolin 6,2 Millionen Dollar gibt, damit diese mit dem OCEAN-Pool das Mining dezentralisiert.

„Damit Bitcoin weiter als dezentrale Währung existiert, muss sich die Rolle der Mining-Pools ändern,“ erklärt Mummolin-Mitgründer Luke Dashjr. Wer Bitcoin schon ein Weilchen verfolgt, kennt diesen Namen: der als brillant, aber sehr speziell geltende Langzeit-Core-Entwickler ist einer der Erfinder von SegWit und hat mit Eligius 2011 einen der ersten Mining-Pools gegründet. OCEAN nennt ihn „den Schutzengel von Bitcoin“, was insoweit gut passt, als Luke als fundamentaler Katholik bekannt ist.

OCEAN führt Eligius fort. Anders als viele traditionelle Pools, die die Erträge aus dem Mining erst einbehalten und dann an die teilnehmenden Miner ausschütten, zahlt OCEAN die Miner direkt aus dem Coinbase-Reward aus. Dies mache das Netzwerk robuster und erlaube den Minern, ihre Einnahmen auch zu verifizieren: Bitcoin Mining „wie es gedacht war“, titelt wie Webseite.

Man investiere in Mummolin, erklärt Jack Dorsey, „aus tiefem Respekt vor der Mission.“ Er kenne Luke „und ich war inspiriert durch die Vision und, vor allem, die Umsetzung.“ Wie Mummolin das Geld einsetzen wird, bleibt etwas vage. Man werde 2024 „mehrere Phasen von Verbesserungen für die Dezentralisierung von Bitcoins starten“, erklärte das Unternehmen, das nach einem französisch-belgischen Heiligen benannt ist, dem Bischof Mummolin von Noyon.

Eine offene Frage bleibt aber, aus welchem Grund ein Pool, der seit 2011 live ist, aber weniger als ein Prozent der Hashrate stellt, denn plötzlich Bitcoin retten soll, weil Luke und sein Team 6,2 Millionen Dollar bekommen haben. Es ist so etwas wie eine Wette darauf, dass sich der Markt fürs Mining auf den Kopf stellt.

Denn im Mining hat sich längst das Modell der Auszahlung durch FPPS durchgesetzt, „Full Pay Per Share“. In diesem werden Miner entsprechend ihrer Anteile an der gesamten Hashrate des Pools auszahlt, wobei der Pool die Einnahmen zunächst einbehält, um sie später aufzuteilen. Dieses Modell gibt den Minern einen regelmäßigen Strom der Einnahmen, was ihnen offenbar wichtiger ist, als eine nicht-treuhänderische Option.

Ohnehin hadern schon jetzt viele Bitcoiner damit, ob OCEAN den selbstgestrickten Ansprüchen an den eigenen Bitcoin-Ethos gerecht wird. Denn keinen Tag später wurden die ersten Zensur-Vorwürfe laut. Der kanadische Miner checksum0 erwähnte, dass ein Check der Transaktionen und ihrer Gebühren zeige, dass OCEAN keine Transaktionen bestätige, die „irgendwelche Daten nach op_false“ beinhalten.

Checksum0, der Luke durch die Blocksize-Kriege 2016/17 in alter Feinschaft verbunden ist, vermutet, dass OCEAN Lukes Bitcoin-Fork „Bitcoin Knots“ verwendet, die eine „harte Zensur“ integriert hat. Dies verhöhne nicht nur den Geist von Bitcoin, sondern koste die Miner auch Geld.

Dies wurde kurz darauf bestätigt. Giacomo Zucco, ein giftiger Bitcoin-Maximalist aus Mailand und ebenfalls im Team von OCEAN, erklärt, dass Knots nur „Inscription Spam filtert“, da der Pool derzeit Knots „benutzt, um das Block-Template zentralisiert zu generieren.“ Daher müssten „Shitcoin-Spammer“ auf die zweite Phase von OCEAN warten – die Dezentralisierung des Templates – „um ihre eigenen Templates voller Sch****e zu produzieren“.

Auch „Bitcoin Mechanic“, ein weiterer Mitarbeiter von OCEAN, bestätigt den Vorwurf mit teils identischem Vokabular: Der Pool werde „weiterhin Inscription Spam filtern“, wen dies störe, der verwende bitte einen anderen Pool.

Vermutlich ist damit das Mindset von OCEAN auf den Punkt gebracht ist: Sollen sie doch woanders minen – wenn sie konsistente Auszahlungen wünschen, wenn sie Gebühren durch Ordinal-Transaktionen mitnehmen wollen, wenn sie irgendetwas möchten, das dem „Ethos von Bitcoin“ widerspricht, wie ihn eine kleine, fundamentale Clique um Luke und Giacomo diktiert.

Es ist das gute Recht von OCEAN, sich selbst auszuwählen, welche Transaktionen in die Blöcke kommen. Jeder Pool hat dieses Recht. Die einen weigern sich, Transaktionen zu bestätigen, weil das US-Finanzministerium ihren Sender für kriminell, die anderen, weil Lukes sie für Spam hält. Es kann jeder machen, wie er will. Jedoch besteht kein Anlass, ernsthaft zu erwarten, dass OCEAN mit dieser Attitüde einen ernstzunehmenden Einfluss auf Bitcoin haben wird.

Über Christoph Bergmann (2813 Artikel)
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