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„Proof of Work kopiert die Strategien der physikalischen Sicherheit und Abschreckung“

US-Soldaten in Afghanistan. Bild von Defence Imaginery via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Der Air-Force-Soldat Jason Lowery schlägt dem Verteidigungsministerium vor, sich gründlich mit Proof of Work als militärische Strategie für das 21. Jahrhundert zu beschäftigen. In einem offenen Brief legt er seine Argumente dafür dar.

Der US-Soldat Jason Lowery ist für seine These „Soft Wars“ bekannt. Bitcoins Proof of Work könne als „kinetische Energie“ in Zukunft physische Kriege ersetzen. Wie er dies konkret meinte, war bisher unklar. In einem offenen Brief an das US-Verteidigungsministerium wird er nun konkreter.

Der Brief richtet sich an das „Defense Innovation Board“ des Verteidigungsministeriums. Er eröffnet damit, dass er die Strategie des „Offset“ beschreibt: Dies meint, technologischen Fortschritt zu nutzen, um die traditionelle militärische Stärke eines Gegners zu kontern oder zu negieren. High-Tech verändert das Gleichgewicht des Schreckens. Kanonen machten Burgen nutzlos, Panzer Infanteriesoldaten, gute Luftverteidigung Bomber, Panzerfäuste Panzer und Drohnenschwärme womöglich die Luftabwehr.

Lowery schlägt nun vor, Proof-of-Work-Netzwerke wie Bitcoin als „eine Offset-Strategie für das 21. Jahrhundert“ zu verstehen. Bitcoin sei weniger eine Kryptowährung als „ein Protokoll für wiederverwendbare Arbeitsbeweise“, wie sie seit Jahrzehnten in der Cybersicherheit erforscht werden. Ein Netzwerk wie Bitcoin können nicht nur finanzielle Transaktionen schützen, sondern „praktisch alle Arten von Daten, Nachrichten oder auch Kommandosignalen.“

Dies könnte einen Paradigmenwechsel der Cybersicherheit einleiten. Seit 80 Jahren versucht man, Hackern einen Schritt voraus zu sein, indem man die Schwächen der Software durch zunehmend ausgefeilte Logiken überdeckt. Man schützt Software durch Software, aber weil Software niemals ganz sicher sein kann, bleibt stets ein Restrisiko, und das Rennen zwischen Hackern und Verteidigern hört niemals auf.

Wenn man dagegen „rohe physische Kraft“ zur Quelle des Schutzes macht – wie Bitcoin mit Proof of Work – würde dies die Spielregeln ändern. Proof of Work kopiert die Strategien der physikalischen Sicherheit und Abschreckung, wie sie auf dem Land, zur See, in der Luft und im All angewandt werden. Gebiete werden verteidigt, indem man den Kraftaufwand erhöht, den ein Angreifer benötigt. Proof of Work dehnt dieses Spiel auf eine fünfte Domain aus, den Cyberspace.

Danach wird Lowery etwas verwirrend. Er überlegt, wie man die Basisschicht des Internets neu gestalten könnte, so dass sie auf einer solchen physikalischen Kraft beruht. Man könnte, schlägt er vor, das globale Stromnetz in „einen massiv-skalierten, energie-intensiven“ Computer konvertieren: einen „Macrochip“ anstatt einen Microchip. Proof of Work leistet dies, und Bitcoin nutzt das Stromnetz als Macrochip, um Transaktionen zu sichern. In gewisser Weise kehrt hier die Vision des „Metanets“ von Bitcoin SV im Pelz eines Bitcoin-Maximalisten wieder.

Jason Lowery fordert daher das Innovation Board auf, Proof-of-Work in diesem Sinne unter die Lupe zu nehmen. Es könnte „unser Verständnis von Kriegsführung im Cyberspace erheblich verändern.“

Was genau ändert Proof of Work denn nun?

So ist das also. Wo soll man anfangen? Vielleicht mit einem Kommentar von John Bethancourt, Sotfware-Ingenieur und ehemals bei der Air Force. Er meint, Jason sei einem Missverständnis aufgesessen: Proof of Work sei ein „Mechanismus, um einen Konsens zu erzielen“, und habe nichts mit der Verschlüsselung von Daten oder sicheren Informationen zu tun. Der Brief von Jason erwähne mit keinem Satz, wie eine Blockchain in der Lage sein sei, Daten zu sichern.

Tatsächlich ist dies die große Schwäche an Jasons Argumentation, die im Prinzip alles andere mit sich reißt: Wenn man über Bitcoin Nachrichten sicher verteilt, muss man sie verschlüsseln und signieren. Beides erfordert kryptographische Schlüssel und ist nur so sicher, wie der verwendete Algorithmus und die Systeme der Beteiligten. Eine Blockchain fügt dem nichts hinzu.

Eventuell könnte man die dezentrale Natur von Bitcoin nutzen, um den Empfang von Daten oder Nachrichten zu gewährleisten. Einzelne Computer, die Daten versenden oder empfangen, können gehackt oder mit DoS-Angriffen blockiert werden. Bitcoin ist immer online und wird immer Daten ausliefern, die man eingereicht hat, und wenn es sein muss über Satelliten.

Darüber hinaus wäre vorstellbar, dass man den Konsensmechanismus von Bitcoin verwendet, um Aktionen zu koordinieren. Proof of Work löst nicht ohne Grund das Problem der byzantinischen Generäle. Verschiedene unabhängig voneinander positionierte Einsatzgruppen könnten Nachrichten von einem Generalstab erhalten, dass sie JETZT zuschlagen sollen. Oder sie könnten, wie die klassischen byzantinischen Generäle, ihre Bereitschaft zum Angriff abstimmen.

Ob eine Blockchain dafür wirklich das richtige Instrument ist, ob hier überhaupt ein Problem besteht, das nach einer Lösung ruft – und ob solche Anwendungen auch tatsächlich Proof of Work brauchen – könnte man diskutieren. Aber das ist nicht das, was in dem offenen Brief steht. Eventuell möchte Jason Lowery das, was er weiß, nicht vorschnell verraten, vor allem nicht an einem öffentlichen Ort wie dem Internet. Aber es wäre ebenso gut denkbar, dass er schlicht eine fantasievolle, aber in der Realität haltlose These bewirbt.

Über Christoph Bergmann (2813 Artikel)
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1 Kommentar zu „Proof of Work kopiert die Strategien der physikalischen Sicherheit und Abschreckung“

  1. Das langsame Bitcoin Netzwerk benutzten um Kriegsmeldungen den Truppen zu verschicken? Nach wievielen Block Bestätigungen würde der Befehl dann ausgeführt werden? Das ist Lustig. Stellt euch das nur vor. Die Drone oder das Kampfflugzeug muss im Schnitt 10 Minuten warten, bis es den Befehl ausführen darf. Die Niederlage ist damit garantiert. Haha

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