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Trendkürzel „DePIN“: Was steckt dahinter?

Ein Vogelschwarm. Bild von U.S. Fish & Wildlife Service Southwest Region via flickr.com. Lizenz: Öffentliche Domäne

Derzeit liest man immer öfter von DePIN als neuen Trend im Krypto-Space. Wir haben nachgeforscht, was der Begriff meint – und welche Projekte und Coins es dazu gibt.

Eine der faszinierenden Seiten der Kryptowelt ist, dass man Innovationen nicht planen kann. Vieles, was von langer Hand entwickelt und beschworen wird, interessiert am Ende keinen, während etwas anderes, das keiner erwartet hatte, scheinbar aus dem Nichts zum Megatrend wird.

Einer dieser Begriffe, mit dem kaum jemand gerechnet hat, aber der derzeit umgeht, ist DePIN. Das hat weder etwas mit Deutschland noch mit Pins zu tun, sondern meint „Decentralized Physical Infrastructure Networks“, zu deutsch: Dezentrale Netzwerke der physischen Infrastruktur.

DePIN wird derzeit als einer der Anwärter auf einen Top-Narrativ für 2024 gehandelt. Wir haben uns daher ein wenig damit beschäftigt, worum es geht.

Dezentralisierung in der echten Welt

Im Grunde ist DePIN einfach zu verstehen: Es ist die Idee, Netzwerke physischer Infrastruktur zu dezentralisieren. So ähnlich, wie DeFi Finanzdienstleistungen dezentralisiert.

Infrastruktur soll der Community gehören anstatt einem Einzelnen, so der Gedanke, Netzwerke sollen verteilt sein, Entscheidungen im Kollektiv getroffen werden, jeder soll mitmachen können und dafür belohnt werden. Wie bei DeFi sind Blockchains, Smart Contracts und Token zentrale Bausteine, um Operationen und auch Entscheidungen zu dezentralisieren.

Typische Bereiche, in denen DePIN derzeit versucht, Fuß zu fassen, sind Datenspeicher, Rechenleistung, Internetverbindungen, Sensoren, Kameras, Energiesysteme und Verkehrsmittel.

Die Eigentümer der physischen Geräte schließen sich zu einem verteilten Netzwerk zusammen, das über Smart Contracts auf einer Blockchain koordiniert wird. Für ihren Einsatz werden sie mit Token belohnt, mit welchen sie über Entscheidungen des Netzwerks mit abstimmen können. Idealerweise kann man sich das wie einen Schwarm Zugvögel vorstellen, der ohne zentrale Entität seinen Weg findet.

Echte Dezentralisierung – oder nur zum Schein?

Viele der Ideen sind alles andere als neu. Dezentrale Datenspeicher auf Blockchain-Basis gibt es etwa schon lange.

Die DePIN-Community hofft jedoch, dass Errungenschaften der vergangenen Jahre den Ausschlag geben werden, etwa die vielen Erfahrungen mit Token oder Dezentralen Autonomen Organisationen (DAOs). Ebenfalls hilfreich dürften gute Web3-Wallets sein sowie ein Ökosystem hochskalierbarer, smart-contract-fähiger Blockchains. Neben Ethereum sind insbesondere Solana und Polkadot sehr beliebte Plattformen für DePIN-Projekte. Mit Peaq hingegen gibt es eine Multichain-Umgebung speziell für DePIN.

Dass die Dezentralisierung nicht den Grad erreichen kann, der bei Kryptowährungen und auch vielen DAOs gegeben ist, liegt auf der Hand. Schließlich sind physische Geräte involviert, die einen Besitzer haben müssen, und oft sind Systeme und Plattformen nötig, die beispielsweise Daten aggregieren und monetarisieren.

Dies bedeutet aber nicht, dass das „De“ in DePIN nur zum Schein da ist. Denn es ist durchaus möglich, dass Elemente wie Token, Smart Contracts und DAOs einen Beitrag leisten, Netzwerke physischer Infrastrukturen zu dezentralisieren oder, genauer gesagt: Teile dieser Netzwerke. Dies verspricht, meint ein Team von Forschern der ETH Zürich in einem im Oktober 2023 erschienenen Paper, solche Netzwerke resilienter, integrativer und offener zu machen und die Partizipation der Bürger zu fördern.

Klingt nicht schlecht, oder?

Eine kleine Kollektion von DePINs

Ob DePIN in diesem Jahr tatsächlich zum Trend wird, ist natürlich unmöglich zu prognostizieren. Aber es wäre denkbar; daher möchte ich euch eine kleine Übersicht über einige Projekte nicht vorenthalten.

Die Webseite DePIN Hub zeigt 120 Projekte verschiedener Kategorien. Einige davon stellen wir hier nun flüchtig vor.

Dezentrale Datenspeicher

Die Idee, Daten mittels Blockchains dezentral zu speichern, ist alles andere als neu. Mit Filecoin, Siacoin, Arweave, Chia, Storj — um nur ein paar Beispiele zu nennen –, gibt es schon seit Jahren technisch relativ gut gemachte Angebote hierfür. Der Erfolg ist zwar durchgehend bescheiden, doch mit dem DePIN-Narrativ bekommen sie mehr Rückenwind. Eventuell könnten sie sich auch als Bauteil in größere Netzwerke einfügen.

Dezentrale Internetverbindungen

Auch diese Idee ist nicht neu: User können ihre Internetverbindung teilen, etwa per öffentlichem Hotspot, um eine Art geteiltes Internet aufzubauen. Dafür erhalten sie von denen, die es benutzen, Geld, entweder per Micropayment, oder durch Token. Ein altes Beispiel dafür ist Helium, das schon seit 2013 operiert. Ein neueres Beispiel ist Ator, das es erlaubt, ein Gerät an den Router anzuschließen und damit Bandbreite für anonymes Surfen zur Verfügung zu stellen.

Dezentrale Rechennetzwerke

Verschiedene DePIN-Projekte ermöglichen es den Besitzern von Grafikkarten, derem Rechenleistung zur Verfügung zu stellen und dafür Token zu erhalten.

Das Render Network akkumuliert GPU-Leistung für 3D-Simulationen; io.net dagegen bedient KI-Kalkulationen, hat bereits rund 20.000 GPUs in seinem Netzwerk und mit bc8.ai einen ersten Anwender. Auf der Seite kann man mithilfe des dezentralen GPU-Netzwerks 3D-Avatare generieren lassen. Weitere Projekte dieser Art sind Ceres und Cudos.

In gewisser Weise leben auch hier alte Ideen wieder auf, wie etwa Gridcoin, das vor einigen Jahren versuchte, das Mining einer Kryptowährung für wissenschaftliche Kalkulationen zu nutzen. Dank des rechenintensiven KI-Booms blühen diese Ideen wieder auf. Und wer weiß – vielleicht verbinden sich brachliegende Rechenressoucen tatsächlich zum größten Supercomputer der Welt?

Dezentrale Netzwerke Sensoren und Kameras

Mehrere DePINs wollen Sensoren und Kameras in Netzwerke einbinden. Das Konzept ist in der Regel, dass Teilnehmer ihre Daten hochladen, eine zentrale Partei sie verarbeitet und verkauft, und die Teilnehmer dafür Token erhalten.

Ein paar Beispiele: Hivemapper will ein dezentrales Google Maps erschaffen, für das User eine Kamera auf ihr Auto montieren; DriveDimo erlaubt es, die Sensordaten im eigenen Auto zu nutzen. AquaSave sammelt Wasserdaten, Silencio Lärmdaten, PlanetWatch Daten zur Luftqualität.

Brainstem und Healthblocks dagegen belohnen es, Daten zu teilen, die Wearables wie SmartWatches über den eigenen Gesundheitszustand sammelt.

Mobilität

Mehrere Projekte versuchen, die Infrastruktur für Mobilität zu dezentralisieren. Teleport etwa möchte ein dezentrales Uber bilden, ELOOP ermöglicht schon jetzt dezentrales Carsharing – bisher nur in Wien -, Spexigon soll Drohnenpiloten ein Zusatzeinkommen verschaffen, Charge adressiert Ladesäulen, und Wingbits dezentralisiert das Flug-Tracking auf einer Blockchain.

Energie und Manufaktur

Mehrere Projekte versuchen auch, durch Windkraft, Solaranlagen und Batterien die Energiesysteme zu dezentralisieren und den Handel darin zu verbessern. Etwa penomo, PowerLedger, Entheos, SRCFUL und andere. Im Idealfall käme dabei etwas ähnliches heraus wie die EnergyClouds von Sonnen oder Senec, nur eben dezentral. Langfristig gedacht könnten auch Energieversorger sich solchen Netzwerken anschließen.

Interessant ist auch das Projekt 3DOS, das ein globales, dezentrales Netzwerk von 3D-Druckern aufbauen möchte. Es verbindet Besitzer von 3D-Druckern mit Kunden, die ein Objekt drucken wollen. Bisher aber nur in den USA.

Macht eure Hausaufgaben

Bei vielen DePIN-Projekten ist es gar nicht so einfach, ein Token zu finden. Manche haben noch gar kein Token herausgegeben, da sie sich zuerst auf die Schaffung der Infrastruktur konzentrieren. Dieser Ansatz wirkt sympathisch ernsthaft und sachbezogen, wenn man ihn damit vergleicht, was in anderen Bereichen des Krypto-Marktes üblich ist.

Unsere kleine Übersicht stellt in keinster Weise eine Investmentempfehlung dar. Vielmehr soll sie einen ersten Einstieg in das Thema geben, das euch hilft, mögliche Investment-Kandidaten herauszufinden. Bevor ihr Geld in DePIN-Projekte steckt, solltet ihr gründlich recherchieren, wie plausibel der Anwendungsfall ist, wie seriös das Team dahinter wirkt, wie die Token-Ökonomie funktioniert, und ob es tatsächlich ein dezentrales Projekt ist oder ein Startup, dass dies nur vorgibt.

Nach solchen Fragen dürften nicht mehr so viele DePIN-Projekte bzw. -token übrig bleiben. Aber wer weiß – vielleicht verbergen sich hier tatsächlich vielversprechende Anwendungen und Investments.

Über Christoph Bergmann (2803 Artikel)
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4 Kommentare zu Trendkürzel „DePIN“: Was steckt dahinter?

  1. Ebenfalls passend dazu …
    https://holo.host/

  2. Wiedermal ein von peaq finanzierter Artikel…

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