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Bargeld ist Macht

Der „Wirtschaftsweise“ Peter Bofinger möchte laut dem Spiegel Bargeld abschaffen – am besten gleich in der ganzen Welt. Netterweise erklärt er auch, warum das eine extrem gefährliche Idee ist. Denn Bargeld gibt dem Bürger die Möglichkeit, mitzuentscheiden, in welcher Gesellschaft wir leben.

In einem Interview mit der politischen Wochenzeitschrift „Der Spiegel“ hat der „Wirtschaftsweise“ Peter Bofinger dafür plädiert, dass sich Deutschland auf dem kommenden G7-Gipfel für eine internationale Abschaffung des Bargelds einsetzt. Der in Würzburg lehrende Volkswirtschaftsprofessor meint, angesichts der heutigen technologischen Möglichkeiten sei Bargeld ein Anachronismus. Seine Abschaffung hätte zwei große Vorteile: zum ersten könne man so die Schwarz- und Drogenmärkte austrocknen, und zum zweiten könnten die Notenbanken einfacher ihre Geldpolitik durchsetzen.

Um diese beiden Argumente ernsthaft als Vorteile durchgehen zu lassen, muss man ein Technokrat sein, der einen lückenlos organisierten Ameisenhaufen für die beste aller Gesellschaften hält. Wer Freiheit, Bürgerrechte und eine lebendige Demokratie bewahren will, den muss es  schütteln, wenn jemand, der als Weiser gilt, solche Ansichten verbreitet.

Natürlich sind Schwarz- und Drogenmärkte keine Glanzformationen. Aber sie sind besser als eine Gesellschaft, in der ein Schwarzmarkt unmöglich ist. Mit Bargeld – oder anderen anonymen Zahlungsmitteln – kann sich der Bürger aktiv wehren, wenn der Staat eine wirtschaftliche Aktivität – etwa der Erwerb eines Medikaments – verbietet. Die Regeln und Gesetze gelten weiterhin, aber der Bürger kann sich dafür entscheiden, ein Risiko einzugehen und eine Substanz auf dem Schwarzmarkt zu erwerben, wenn er sie unbedingt braucht, aber der Staat sie aus irrationalen oder in seinem Kontext unangebrachten Gründen verboten hat. Er kann ein Verbot daran hindern, seine Lebenswirklichkeit zu bestimmen. Er hat die Wahl.

Bargeld gibt der Gesellschaft Verhandlungsspielraum über Regeln

Ohne Bargeld nicht. Wenn eine Sache verboten wird und es kein Bargeld – oder kein anderes anonymes Zahlungsmittel – gibt, dann wird es keine organisierten Schwarzmärkte geben. Das Verbot ist alternativlos; der Bürger kann es nicht mehr daran hindern, Lebenswirklichkeit zu werden, indem er sich entscheidet, ein Risiko auf sich zu nehmen. Ihm fehlt ein Instrument, um Entscheidungen seines Souveräns zu relativieren.

Es geht hier nicht darum, bestehende Schwarzmärkte oder gar deren Akteure und Profiteure zu verteidigen. Es geht um eine Balance zwischen Gesetz und Wirklichkeit, für die Bargeld ein Scharnier ist. Darum, dass die Einwohner der Sowjetunion vermutlich in Massen verhugert wären, als das staatliche Versorgungssystem kollabiert ist, wenn es keinen Schwarzmarkt gegeben hätte. Dasselbe trifft auf Bestechung zu. Viele Gesellschaften – darunter Gottseidank nicht die deutsche – funktionieren vermutlich nur deshalb, weil die Leute wissen, wem sie wann wie viel zukomplimentieren müssen, um von der Bürokratie nicht erwürgt zu werden. Umberto Eco hat in einem Essayband einmal beschrieben, welch ein Irrsinn es in Italien ohne „Kontakte“ oder Gleitmittel war, einen verlorenen Führerschein zu ersetzen. Bargeld hebt Regeln nicht auf, gibt der Gesellschaft aber ein Stückchen mehr Verhandlungsspielraum, ob und wann und wie Regeln angewendet werden.

Auch das zweite Argument, das laut Bofinger für die Abschaffung des Bargelds spricht, ist gruselig. Er will, dass die Notenbanken ihre Geldpolitik besser durchsetzen können. Das ist kein technisches Argument – wie zu fordern, die Leitzinsen zu senken – es ist ein politisches. Es geht um Macht. Solange die Bürger Bargeld haben, können sie ihr Geld abheben und unter die Matratze stopfen, falls die Banken negative Zinesen an ihre Kunden weitergeben. Die Bürger können sagen: Nö, machen wir nicht mit. Tschüss. Das Bargeld abzuschaffen, bedeutet, dass die Notenbanken – und auch die Banken – mehr Macht bekommen und die Bürger weniger Macht. Die Bürger verlieren eine Möglichkeit, über die Geldpolitik abzustimmen.

In Deutschland beliebt, international auf dem Rückzug

In kaum einem entwickelten Land wird diese Macht so geschätzt wie in Deutschland. Nach wie vor werden mehr als 50 Prozent der Umsätze im Einzelhandel mit Bargeld beglichen. Daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass Deutschland bei der Abschaffung des Bargelds vorangehen wird oder dass sich Angela Merkel, wie von Bofinger empfohlen, öffentlich für dieses perfide Unterfangen einsetzen wird. Während in deutschen Zeitungen die Kommentatoren gegen den Wirtschaftsweisen Bofinger wüten, verdrängen international jedoch Karten und Smartphones das Bargeld mehr und mehr. In Dänemark hat die Notenbank vor kurzem verkündet, das Drucken von Bargeld einzustellen, während die Regierung ein Gesetz vorbereitet, das ab 2016 die Pflicht der Händler, Bargeld zu akzeptieren, abschafft. Auch Frankreich agiert gegen das Bargeld. Dort sollen bald die Grenzen für Bargeldzahlungen und -Abhebungen deutlich gesenkt werden.

Möglich, dass Geld in Scheinen und Münzen tatsächlich ein Anachronismus sind. Diese physischen Dinger, die von Hand zu Hand gehen, sind bakterienverseucht, teuer herzustellen, umständlich zu transportieren und niemals fälschungssicher. Daher wäre es durchaus nützlich, das Geld vollständig zu digitalisieren. Die Folgen sind allerdings bedrohlich – sofern es kein digitales Geld gibt, welches zumindest einige Eigenschaften des Bargelds in die digitale Welt trägt. Der Bitcoin ist der bisher erfolgreichste Versuch, ein digitales Bargeld zu schaffen. Er ist allerdings noch sehr weit davon entfernt, tatsächlich ein elektronisches Bargeld zu sein. Zum einen ist er nicht anonym genug – bzw. nur umständlich zu privatisieren – und zum anderen ist er noch laaaange nicht so praktisch und universal zu benutzen wie eine EC-Karte. Es wäre zwar möglich, dass es soweit kommt. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Über Christoph Bergmann (2814 Artikel)
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9 Kommentare zu Bargeld ist Macht

  1. Es lebe der gläserne Bürger

    Das ist bessere Überwachung als es die Stasi jemals konnte 😉

  2. Bastian Lipp // 18. Mai 2015 um 15:12 // Antworten

    Es ist nicht nur Schwarzgeld und/oder die Schattenwirtschaft, welche von Bargeld profitiert. Eine lebendige Wirtschaft, in der „Gelegenheiten“ zur Wertschöpfung genutzt werden sollen, ist eine notwendige Voraussetzung unseres Wohlstands. Die Unmöglichkeit, in einem bargeldlosen System ohne besondere Voraussetzungen Waren oder Leistungen zu verkaufen, also ohne sich vorher als Händler einem Zahlungsdienstleister anzuschließen, wäre nicht Sand, sondern ein regelrechter Felssturz ins Getriebe unserer Wirtschaft.

    Tatsächlich wäre ausgerechnet Bitcoin hier eine der wenigen Möglichkeiten, einen adäquaten Bargeldersatz zu schaffen, um weiterhin die Transaktionsfreiheit zwischen den Teilnehmern unserer Märkte zu erhalten.

    Insofern kann man Herrn Bofingers Vorstellungen auch als ultimative Forderung interpretieren, Bitcoin als universelles Zahlungsmittel zu etablieren. Vielleicht ist es angebracht, ihm hierfür zu danken 😉

  3. Herr Bofinger hat als „Wirtschaftweiser“ mit Beratung der sog. Bundesregierung wesentlich zur heutigen Krise beigetragen. Er ist ein verkappter, linker Faschist, was er mit diesen Äusserungen wunderbar belegt. Seine jahrelangen Leistungen als „Wirtschaftsweiser“ sprechen Bände. – Solche Pfeifen braucht das Land!

  4. Bargeld ist in manchen Wirtschaftszweigen auch einfach üblich, z.B. im Handel mit Gebrauchtfahrzeugen, beim Friseur, beim Bäcker usw. Alles ganz bestimmt keine illegalen Angebote. Was die Schattenwirtschaft angeht, stellt sich die Frage, warum dort eine Abwesenheit von Bargeld etwas stoppen sollte. Verändern vielleicht, weil dann vermutlich Sachwerte als Zahlmittel akzeptiert würden. Riecht eher nach Symbolpolitik.

  5. NWO rueckt naeher..

  6. Na klar, lasst uns das Bargeld abschaffen und alles digital werden lassen. m|

    Man bedenke, dass alles was digital ist, auch irgendwie manipulierbar ist. Schwarz- und Drogenmärkte will man mit der Abschaffung austrocknen? Das ich nicht lache, dann wird halt ein anderes Bezahlungsmittel gefunden. Bitcoin, PaySafeCard, Gutscheine jeglicher Art (iTunes, MediaMarkt etc.) Zur Not wird mit Gold oder Zigaretten gehandelt. Der Schwarz- und Drogenmarkt wird immer einen Weg finden.

    Und die Leute die alles mit Karte oder Smartphone bezahlen, kann ich nicht verstehen. Sein letztes Stück Freiheit abzugeben, was man in unserer achso so schönen (Lobbygesteuerten) Demokratie noch hat.

  7. Mensch bin ich froh das sich hier wenigstens jemand über den Schmarren des Prof. bei dem ich die ‚Ehre‘ hatte ‚einzusitzen‘ aufregt.
    Ich dachte schon ich steh alleine da.

    Hoffentlich sind diejenigen, die sich hier melden viel jünger als ich.
    Denn da muss Bewegung rein, wer jetzt nicht aufsteht und für Bargeld demonstriert, der
    versündigt sich an der Zukunft und verliert die Freiheit.

    Liebe Studenten und liebe Jugend.
    Bewegt auch nach dem Motto : Bargeld ist Freiheit….
    oder anders
    ‚Du hast das Gefühl, durch deine Wahl an der Urne nichts bewirken zu können?‘
    Du hast das Gefühl auch die Demo wird verlacht und schlechtgeschrieben ?
    Wählt Freiheit, wählt Bargeld…. mit anschließendem Boykott des Kärtchenzahlens.

    Nicht falsch verstehen – kein Run auf die Konten – hebt das Geld teilweise wie benötigt ab.
    Aber zahlt im Gottes Namen wieder Bar.
    Die Wirtschaft und die Händler vor Ort werden es danken.

    … denn …. ein Sturm zieht auf – nur Michl schläft noch.

    mark my words !

  8. Bemerkenswert ist auch, es sind immer linke Regierungen die die totale Kontrolle des Geldflusses , was letztendlich der Sinn des Bargeldverbotes ist, fordern.

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  1. Die drei Angriffe auf das Bargeld | BitcoinBlog.de - das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

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