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Tether-Dollar nun auf Liquid Sidechain

Drache, aus einem Dollar-Schein gefaltet. Bild von Gabe Rosiak via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Der mächtige Stablecoin Tether landet auf der Liquid-Sidechain. Für Blockstream und Bitfinex könnte dies ein großer Wurf sein. Derweile zeigt eine Reportage, wofür die Tether-Dollar genutzt werden – für Überweisungen des Graumarktes zwischen Russland und China.

Der mit Abstand wichtigste, aber umstrittene Dollar-gebundene Stablecoin Tether läuft nun auch auf der Liquid-Sidechain von Blockstream. Gegenüber der bisherigen Plattform Omni, einer Schicht auf der Bitcoin-Blockchain, habe dies, so Blockstream, mehrere Vorteile, darunter schnellere Bestätigungen, Confidential Transactions sowie eine bessere Multisig-Sicherheit.

Tether ist ein Stablecoin, der von Dollars auf einem immer wieder wechselnden Bankkonto gedeckt wird. Herausgegeben wird Tether von der Firma Tether, die aufgrund der personellen Überschneidungen mehr oder weniger identisch mit der Börse Bitfinex ist. Mit einer Marktkapitalisierung von etwas mehr als 4 Milliarden Dollar ist Tether der mit Abstand wichtigste Stablecoin im Ökosystem; er dominiert den Dollar-Handel auf Kryptobörsen und hat dort ein tägliches Handelsvolumen, das an den meisten Tagen beinah gleichauf mit dem von Bitcoin ist. Trotz der wiederholten Vermutungen, dass die Dollar-Deckung von Tether unzureichend ist – was sich vor kurzem auch zum Teil bestätigt hat – gelingt es Tether, die Parität zum Dollar zu erhalten. Seit Ende 2017 wird auch gemutmaßt, dass die Tether-Dollar genutzt werden, um die Bitcoin-Preise zu manipulieren, wofür es jedoch keinen Beweis gibt.

Bisher läuft Tether als Token auf der Bitcoin-Blockchain mit dem Omni-Protokoll sowie als ERC-Token auf der Ethereum-Blockchain. Beides funktioniert relativ gut – vor allem im Vergleich zu Dollar-Banküberweisungen — doch mit dem Start auf Blockstreams Liquid Sidechain könnten Tether-Transaktionen noch ein Stück effizienter werden. Die durch ein Konsortium von Unternehmen privat betriebene Sidechain finalisiert Transaktionen in zwei Minuten; mit Confidential Transactions nutzt sie Zero-Knowledge-Proofs, um den Betrag einer Transaktion zu verschleiern. So erreichen die Tether-Transaktionen auf Liquid eine höhere Privatsphäre als auf der Bitcoin- oder Ethereum-Blockchain. Weiter ist es möglich, auf der Liquid Sidechain sogenannte Atomic Swaps durchzuführen, die es erlauben, ohne Mittelsmann Liquid-Tether gegen Liquid-Bitcoins zu wechseln.

Bitfinex ist nicht nur Herausgeber von Tether, sondern auch Investor in Blockstream und das mit Abstand stärkste Mitglied im Liquid-Konsortium, das ansonsten aus überwiegend kleineren bis mittelgroßen Börsen besteht. Daher ist es nur natürlich, dass Bitfinex bereits Ein- und Auszahlungen von Tether über die Liquid-Blockchain unterstützt; während die von Blockstream produzierte Greenwallet die Tether-Token bereits erkennt und verarbeitet. Als Herausgeber der Tether-Dollar, Börse und führendes Mitglied im Liquid-Konsortium nimmt Bitfinex im Tether-Ökosystem eine geradezu beherrschende Stellung ein.

Eine kürzlich erschienene Reportage auf Coindesk zeigt, wofür die Tether-Dollar möglicherweise benutzt werden. Die übliche Vermutung ist, dass sie ein gutes Instrument sind, um es Börsen zu erlauben, Dollar-Währungspaare zum Handel anzubieten, ohne sich auf Banken einlassen zu müssen. Der Coindesk-Artikel zeigt nun noch eine andere Möglichkeit: Chinesische Unternehmer, die in Russland auf dem Graumarkt Waren verkaufen, wechseln die bar empfangenen Rubel auf dem außerbörslichen Markt gegen Tether, senden diese an chinesische Börsen, um sie dort gegen Yuan zu tauschen. Diese Märkte sind etwa am Rand von Moskau und laut der russischen Finanzaufsicht verantwortlich für knapp 10 Milliarden Dollar an unregulierten Transaktionen. Sie verkaufen üblicherweise Kleidung, vermutlich gefälscht, zu deutlich günstigeren Preisen als in den Geschäften in der Innenstadt.

Ein Großteil der Einkünfte dieser Märkte werde mittlerweile gegen Kryptowährungen getauscht. Vor dem Bärenmarkt 2018 sei dies, so eine Quelle im Artikel, vor allem Bitcoin gewesen. Doch nachdem die hohe Volatilität nicht länger nach oben ging, sondern einen Abwärtsschlag bekam, sei Tether die bessere Option geworden, da man mit dem Stablecoin nicht länger befürchten muss, am nächsten Tag weniger Geld zu haben. Insgesamt würden, schreibt Coindesk, am Tag auf diese Weise Tether im Wert von rund 30 Millionen Dollar über die Grenze gehen – allerdings ohne sich dabei auf verlässliche Quellen zu beziehen.

Interessanterweise sind die Ansprüche dieser echten Nutzer von Tether ganz anders als die der oft leicht aufschreckbaren Investoren in Kryptomärkte. Die Deckung der Tether-Dollar ist nicht einmal besonders interessant; der Coindesk-Artikel zitiert einen Geschäftsmann, der meint, dies kümmere niemand. “Das Vertrauen in die Solvenz von Tether basiert auf einer lange gewachsenen Gewohnheit: Dieser Markt braucht Tether, daher wird Tether vertraut.”

Indem Tether nun auf die Liquid-Sidechain geht, wird es noch schwieriger werden, diese Graumarkt-Finanzströme nachzuverfolgen. Zwar sind Transaktionen weiterhin sichtbar, doch da die Beträge durch Confidential Transactions verschleiert sind, ist es kaum noch möglich, auch nur zu erkennen, welches Volumen die Transaktionen von Russland nach China ausmachen.

Für Blockstream sind die Tether auf der Liquid-Sidechain nur ein Teil des Gesamtbildes. Ein Artikel stellt Liquid und Lightning als die Zukunft vor. Der von Blockstream angestellte Forscher Christian Decker kündigt darin an, dass die von ihm mitentwickelte Lightning-Implementierung C-Lightning nun auch mit Liquid funktioniert. Damit kann man Bitcoins, die auf der Liquid-Sidechain prozessiert werden, nun auch auf das Lightning-Netzwerk laden und dort mit Atomic Swaps gegen Mainchain-Bitcoins wechseln. Die Bitcoin-Blockchain selbst wird dadurch entlastet – oder, um es anders zu formulieren: überflüssig. Große Transaktionen sollen auf Liquid laufen, kleine auf Lightning.

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6 Kommentare zu Tether-Dollar nun auf Liquid Sidechain

  1. Gerade der letzte Absatz ist sehr “interessant” und ich hatte noch keine Zeit, mir das technisch im Detail anzusehen. Insbesondere, ob Liquid-Lightning mit BTC-Lightning kompatibel sein wird, was ich mir noch nicht ganz vorstellen kann, denn man müsste dann beide Netzwerke überwachen, ob ein Channel nicht (mit altem State) gesettled wurde. Wozu Blockstream Liquid überhaupt etabliert, wenn es bereits die gleichen Probleme wie bei Bitcoin prognostiziert und deswegen auch mit Lightning “vorsorgen” will, ist wieder ein anderes Thema aber für den durchschnittlichen User wird es ziemlich kompliziert mit BTC, L-BTC und Lightning, womöglich noch getrennte Netzwerke auf der BTC Chain und der Liquid Sidechain…
    Wahrscheinlich will man bei Blockstream aber auf lange Sicht nur Liquid + Lightning etablieren und die ursprüngliche BTC Blockchain obsolet machen.

  2. “Wahrscheinlich will man bei Blockstream aber auf lange Sicht nur Liquid + Lightning etablieren und die ursprüngliche BTC Blockchain obsolet machen.”

    Es sieht für mich genau danach aus.

    • naja, obsolete nicht, da ja die Sicherheit durch die BTC Blochchain garantiert wird. Sie bleibt also ein zentraler Baustein, aber nicht die Transaktionsschicht.

      • Ich würde behaupten “noch”. Wer braucht den Base-Layer Bitcoin Blockchain, wenn sich Liquid tatsächlich für Transaktionen durchsetzen sollte? Er wird obsolet und kann durch jede andere Blockchain oder eben Liquid selbst ersetzt werden.

  3. Manfred Comes // 9. August 2019 um 19:43 // Antworten

    Ein Problem bei Problem bei Lightning ist es, in den Payment Chanells Liquidität bereitzustellen, so dass jedes A an jedes B, C, D, oder …. Zahlungen von Dollar Token senden (oder von dort empfangen) kann. Mit dem Herstellen umstrittener, möglicherweise sogar zweifelhafter Liquidität hat Tether/Bitfinex (Investor in Blockstream) allerdings Erfahrung: „Dieser Markt braucht Tether, daher wird Tether vertraut“ (warum auch nicht, mit Fiat Währungen ist es ja genauso).

    • (Eingehende) Liquidität ist tatsächlich eines der Kernprobleme für Händler, die Zahlungen per Lightning akzeptieren. Diese kostet unter Umständen richtig Kohle und die niedrigen Gebühren fürs Routing im LN werden damit ad-absurdum geführt, siehe z.B. hier: https://www.bitrefill.com/buy/turbo-lightning-channel/
      Ohne entsprechende Liquidität von mehreren Quellen finden Kunden im Zweifel keine Route und müssten einen eigenen Channel mit entsprechenden OnChain Gebühren eröffnen und dann selbst zum Liquiditätsprovider werden. Lightning funktioniert am Ende nur in einem relativ ausbalancierten System der Channels, welches aktuell noch nicht vorhanden ist und Händler eingehende Liquidität ausnutzen, ohne diese wieder auszugeben und die Channels irgendwann gesettled werden müssen (da weder ihre Zulieferer noch Exchanges LN Zahlungen akzeptieren).

      Tether könnte im schlimmsten Fall ein großes Schneeballsystem sein, bei Fiat steht im Zweifel zumindest meist eine mehr oder weniger funktionierende Volkswirtschaft dahinter. Blockstreams plötzliche Nähe dazu sollte man zumindest kritisch betrachten.

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