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Warum Stablecoin ein irreführender Name für Dollar-Token ist

Alexander Hamilton hat gut lachen bei all den Stablecoins. Großaufnahme eines 10-Dollar-Scheins. Bild von Eli Christman via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Blockchain-Token, deren Wert wie bei Tether oder DAI an eine Fiat-Währung wie Dollar gebunden ist, nennt man üblicherweise Stablecoin. Nichts könnte irreführender sein – und Händler sollten beginnen, die Konsequenz daraus zu ziehen.

2020 ist das Jahr der Stablecoins. Der stärkste Stablecoin, der Tether-Dollar, ist mit beinah 10 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung die viertgrößte Kryptowährung, gefolgt von USDC, Paxos und DAI, die zusammen noch gut 1,5 Milliarden Dollar aufbringen. So gut wie kein anderes digitales Asset auf einer Blockchain ist so schnell aufgestiegen wie Stablecoins und erreicht ein so hohes Volumen auf den Börsen.

Selbst die Kryptoszene, die sich eigentlich verschworen hat, ein besseres Geld zu schaffen, scheint die Stabilität der Stablecoins zu schätzen. Stablecoins werden genutzt, um Werte von Börse zu Börse zu transportieren, um Zahlungen zu begleichen, und so weiter. Manchmal hat man den Eindruck, die Kryptoszene hielte es schon für ausgemacht, dass nicht Kryptowährungen selbst zum Zahlungsmittel und Wertspeicher werden, sondern Stablecoins, die den Dollar oder Euro abbilden.

Ethereum ist stolz darauf, durch den Maker-Smart-Contract einen Stablecoin geschaffen zu haben, auf den meisten Dezentralen Börsen sind Stablecoins eine Basis-Währung, und Plattformen wie Celsius ermuntern User, Stablecoins zu halten, indem sie dafür höhere Zinsen anbieten.

Das Problem ist nur: Stablecoins sind nicht stabil. Ganz im Gegenteil.

Wertverluste durch Stablecoins

Vielleicht sind die angeblichen Stablecoins kurzfristig stabil. Das macht sicherlich die Buchhaltung einfacher. Aber wenn man auch nur mittelfristig denkt, sind sie fürchterliche Wertspeicher. Der Dollar etwa hat im Lauf der letzten drei Monate sieben bis acht Cent gegenüber dem Euro nachgegeben. Im Mai erhielt man für einen Dollar noch 0,92 Euro. Heute sind es 85 Cent.

Gleichzeitig hat der Euro selbst massiv an Wert gegenüber Gold verloren. Im Januar kostete eine Unze Gold 1.400 Euro. Heute sind es mehr als 1.700. Vor zehn Jahren waren es noch weniger als 1.000 Euro, Anfang des Jahrtausends sogar nicht mal 300. Und der Euro schneidet unter den „Stablecoins“ noch besonders gut ab. Viel schlimmer noch wird es, wenn man sich andere „Stablecoins“ wie die türkische Lira anschaut – die mit der BitLira auch einen Blockchain-Stablecoin hat. Im Februar erhielt man für einen Dollar 6 Lira, heute sind es mehr als sieben. Die Fiatwährungen sind in den letzten Monaten zunehmend volatil.

Eines haben aber alle der sogenannten „Stablecoins“ gemeinsam: Im Vergleich zu Gold verlieren sie alle an Wert. Der Unterschied liegt nur im Tempo und in der Intensität. Gold speichert Werte, seit Jahrtausenden. Es ist der lang etablierte Fixpunkt für Werte – ein echter Stablecoin. Wenn Sie Ihr Vermögen in Gold umrechnen, und Sie bemerken, dass Sie sich im Lauf der Zeit immer weniger Gold kaufen können – dann verliert Ihr Erspartes an Wert. Das passiert, wenn Sie Ihr Erspartes in Euro halten, noch stärker bei Dollar, und erst recht für den Lira. Diese sogenannten „Stablecoins“ sollte man nicht länger als ein oder zwei Tage halten, um Verluste zu vermeiden, und auf gar keinen Fall sollte man sein Privat- oder Firmenvermögen über Jahre hinweg in ihnen aufbewahren.

Jeder Monat, den ein Stablecoin in Ihrer Wallet, in Ihrem Geldbeutel oder auf Ihrem Bankkonto liegt, bedeutet, dass Sie es risikieren, Werte zu verlieren.

Händler haben die Wahl

Dass Produzenten, Dienstleister und Händler überhaupt solche „Stablecoins“ akzeptieren, ist an sich schon seltsam. Wer bürdet sich freiwillig das Risiko auf, im Lauf von Monaten ein- bis zweistellige Verluste durch eine Abwertung der Währung hinzunehmen? Und wer möchte die Wechselgebühren tragen, um die angeblichen Stablecoins in echte Stablecoins zu übersetzen?

Man könnte dies durch einen gesetzlichen Zwang erklären, den Euro als das gesetzliche Zahlungsmittel zu akzeptieren. Aber tatsächlich haben die meisten Händler überhaupt kein Interesse daran, eine wertstabile Alternative anzunehmen. Sie könnten nicht nur Bitcoin akzeptieren, sondern auch schon Gold. Es gibt dafür mehrere Stablecoins, die diesen Namen tatsächlich verdienen: Digital Gold (GOLD), Digix Gold Token (DGX) sowie PAX Gold (PAXG) und Tether Gold (XAUT).

Es wäre problemlos möglich, Gold an der Ladenkasse oder im Onlineshop zu akzeptieren und das offensiv von seinen Kunden einzufordern. Aber bisher macht das eigentlich niemand. Selbst

Wenn Händler Bitcoin annehmen, dann ist es für die meisten wichtig, die „volatilen Kryptowährungen“ durch einen Zahlungsdienstleister direkt in einen „Stablecoin“ wechseln zu lassen. BitPay bietet sogar an, die vereinnahmten Kryptowährungen unmittelbar in USDC-Coins zu wechseln, so dass die Händler es sich ersparen, durch die Volatilität von Bitcoin Risiken einzugehen. Dass die Händler dabei fast zwingend Verluste machen, scheint niemanden zu stören.

Für die Produzenten, Dienstleister, Händler und Mitarbeiter, die gegen den allgemeinen Strom schwimmen, könnte darin eine Chance liegen. Es gibt genügend Dienstleister, die für einen Zahlungen in Euro oder Dollar annehmen und dafür Bitcoins auszahlen – falls man nicht selbst wechseln möchte. Wer dann einen echten Stablecoin erhält, sei es Bitcoin, sei es Gold, hat gute Aussichten, mittel- und langfristig seine Gewinne im Vergleich zu seinen Konkurrenten zu erhöhen, denen der Wertverlust der Fiat-„Stablecoins“ die Einnahmen in relativ kurzer Zeit schmälert.

Natürlich sind Bitcoin und auch Gold kurzfristig volatiler. Zum Teil passiert es auch, dass der Wert nicht nur über Monate, sondern über Jahre hin sinkt. Bitcoin war zwischen 2018 und Mitte 2019 in einem Bärenmarkt, und der Goldpreis ist von 2011 bis 2015 kontinuierlich gesunken. Der Unterschied zu Fiatwährungen ist aber, dass der Wert langfristig nicht sinkt, sondern steigt. Dennoch sollte man Reserven haben, um über Wochen und Monate hin Einnahmeausfälle durch die Volatilität hinzunehmen, vielleicht sogar über Jahre. Aber jeder, der davon ausgeht, dass Euro, Dollar und die anderen „Stablecoins“ mittel- und langfristig an Wert verlieren, sollte dringend darüber nachdenken, Währungen anzunehmen, die tatsächlich stabil sind.

Über Christoph Bergmann (2801 Artikel)
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2 Kommentare zu Warum Stablecoin ein irreführender Name für Dollar-Token ist

  1. Paul Janowitz // 11. August 2020 um 11:44 // Antworten

    Danke für den Artikel, ich werde wahrscheinlich (mal wieder) länger meine Beobachtungen ausführen, ein TL;DR wird schwierig.

    Der stärkste Stablecoin, der Tether-Dollar, ist mit beinah 10 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung die viertgrößte Kryptowährung

    Tether war ein bemerkenswerter Schachzug von Bitfinex, welches schon seit je her Probleme mit Banking hatte und ständig wechselnde Konten nutzte, teilweise durch verzwickte Konstrukte auf der Karibik, dann über einen Drittpartner über eine polnische Bauernbank, die auch von Mafia-Kartellen aus Mexiko genutzt wurde. Die gleichen Konstrukte haben dann auch Tether mit frischem Geld versorgt, aber man hat nach dem initialen Kauf nicht mehr USD übertragen, sondern USDT, welches nicht mehr direkt Geldwäschevorschriften unterliegt und Tether war maßgeblich an der letzten Blase beteiligt und ist es auch noch am heutigen Kurs von Bitcoin, denn $300 Mrd. Marktkapitalisierung sagen nicht, dass so viel Geld in Krypto geflossen ist, sondern lediglich, zu welchem Kurs sich Angebot und Nachfrage einpendeln. Die vermutlich etwas mehr als 1 Mio. Satoshi-BTC, die nie verschoben wurden spielen da genauso eine Rolle in der Marktbewertung wie Coins, deren Schlüssel unwiederbringlich verloren sind.

    Ein immenser Teil der Marktbewertung dürfte also alleine auf Tether basieren, welches (zumindest nicht mehr vollständig) durch USD gedeckt ist, es sind auch andere Assets, darunter auch Kredite an „Partner“ zu unbekannten Konditionen. Dass USDT mit USD Parität an den Börsen Parität aufweist, liegt nur an den Börsen selbst, für die das Asset eine einfache Handhabe bietet, ohne große Auflagen Trading zu ermöglichen und damit Gebühren einzustreichen. Sollte Tether aber kollabieren, was mit all den anhängigen Gerichtsverfahren durchaus möglich ist, sehen wir Bitcoin sicher wieder Sub-5k.

    Gold speichert Werte, seit Jahrtausenden. Es ist der lang etablierte Fixpunkt für Werte – ein echter Stablecoin.

    Das stimmt, aber nur so lange man „hartes Gold“ im Eigenbesitz hat, denn die Abbildungen über ETFs und Co. sind ähnlich transparent und wahrscheinlich tatsächlich „gedeckt“ wie Tether.
    Erst kürzlich kam ein Skandal auf, dass mindestens ca. 4% der Goldreserven in China gezinkt sein dürften…
    https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-07-15/chinese-jewelry-maker-probed-for-using-fake-gold-bars-for-loans
    Auch Banken führen nur Stichproben artige Kontrollen durch, ein Privatmensch wird auch daran scheitern.

    Es gibt dafür mehrere Stablecoins, die diesen Namen tatsächlich verdienen: Digital Gold (GOLD), Digix Gold Token (DGX) sowie PAX Gold (PAXG) und Tether Gold (XAUT).

    Es wäre problemlos möglich, Gold an der Ladenkasse oder im Onlineshop zu akzeptieren und das offensiv von seinen Kunden einzufordern. Aber bisher macht das eigentlich niemand.

    Wie gesagt, das ist eigentlich nichts anderes als Buchgeld und tatsächliches Gold von Tether zu bekommen dürfte eher unmöglich sein.

    So lange die Menschen ein grundlegendes Vertrauen in ihre Landeswährung haben, funktioniert diese besser als alles andere und im Normalfall hat Cash einen viel höheren Umlauf, daher ist der schleichende Wertverfall nicht ausschlaggebend, denn ob das Brötchen im Jahresvergleich von 20 auf 22 Cent gestiegen ist, merkt man im Alltag nicht. Durch Effizienz- und Technologiesteigerungen werden auch höher verarbeitete Güter eher billiger. Das Problem haben alleine die Sparer, die ihre Ersparnisse in Fiat horten und diese suchen aktuell Hände ringend nach Alternativen, was sich vielleicht an irrationalen Bewertungen von Aktienmärkten, Immobilien, Gold und Bitcoin zeigt.

    Anders verhält es sich in Ländern mit einem Wertverfall von 20, 30, 40 Prozent und mehr pro Monat, denn wenn das Brötchen am Monatsanfang von 10 Cent gekostet hat und bereits am Monatsende 14, nächsten Monat 20, dann 28 etc. ist das für die Menschen nicht mehr tragbar und sie flüchten in den vermeintlich stabileren Dollar oder Euro und für diese Zwecke könnten die „Stablecoins“ tatsächlich einfacher handhabbar sein als Scheine und Münzen.

    Es gibt mittlerweile auch einen „Privacy“ XUSD, der auf dem Haven Protokoll (XHV) basiert und dessen Preisfluktuationen über einen komplexen Algorithmus von Burning und Minting ausgleicht, je nachdem wie sich der Kurs zwischen Einzahlung und Auszahlung entwickelt hat (derzeit abgerufen über Chainlink Oracles), die „Reserven“ liegen also bei den Haltern von XHV. Ziemlich interessantes Konzept, soll aber keine Werbung sein, denn ich halte mehr von dezentralisierten Kryptowährungen, die sich von kommerziellen Strukturen und auch anderen Assets losgelöst haben und eine Währung in sich bilden, wie das u.A. bei Bitcoin und Monero der Fall ist, auch wenn der Weg dieser zur breiten Adoption jenseits der Spekulation weit ist.

  2. Freia Demokrat // 11. August 2020 um 13:22 // Antworten

    Sehr verständlicher Artikel. Vielen Dank

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