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Venezuela benutzt angeblich Bitcoins, um Geld in die Türkei und den Iran zu senden

Caracas, die Hauptstadt von Venezuela. Bild von Saúl Briceño via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Ein “Antisanktionsgesetz” der Regierung Maduro schafft die rechtliche Grundlage in Venezuela, um die Finanzsanktionen der USA durch Kryptowährungen zu umgehen. Derweil bezahlt das Land laut einer Quelle aus der Zentralbank seine Importe aus der Türkei und dem Iran bereits mit Bitcoin. Die Kryptowährung beginnt, die geopolitischen Spielregeln zu ändern.

Für Venezuela wird Bitcoin offenbar mehr und mehr zur wichtigsten Devisenwährung. Nachdem das sozialistische lateinamerikanische Land von den Sanktionen der US-Regierung vom weltweiten Finanzsystem abgeschnitten wurde, nutzt es zunehmend Kryptowährungen, um die Blockade zu durchbrechen.

Zunächst hat Venezuela versucht, mit dem Pedro eine eigene, angeblich durch Öl gedeckte Kryptowährung zu schaffen. Dies aber scheint abgesehen von reich fließenden ICO-Einnahmen ein Missefolg gewesen zu sein. Zumindest schreibt das Magazin runrun.es, “die mangelnde Glaubwürdigkeit und die US-Sanktionen” hätten die Verwendung des Pedro eingeschränkt und die Regierung “gezwungen, Kryptowährungen mit größerer Akzeptanz wie Bitcoin und Ethereum zu verwenden.”

Diese Wendung hin zu freien Kryptowährungen bestärkt ein neues Gesetz, “la Ley Antibloqueo”, das Anti-Sanktionsgesetz. Es soll den Weg dafür bereiten, “den Einsatz von Bitcoins bei Transaktionen zu erhöhen”. Laut Präsident Nicolas Maduro erlaubt das neue Gesetz, die Sanktionen der USA zu unterlaufen, indem es die Verwendung von “las criptomonedas del mundo” erlaubt – von allen Kryptowährungen der Welt, “öffentlich, staatlich oder privat”, und das “für den internen und externen Handel”.

Das Gesetz scheint vor allem eine bereits bestehende Praxis nachträglich zu legalisieren. Laut einer Quelle aus der Zentralbank des Landes werden “Zahlungen an Unternehmen aus verbündeten Ländern wie dem Iran oder der Türkei über Bitcoins geleistet”. Leider findet man hierzu keine weiteren Informationen. Sollte die Quelle die Wahrheit sagen – wogegen eigentlich nichts spricht – wäre es eine sehr große Nachricht: Bitcoins werden im internationalen Handel verwendet!

Die Türkei ist einer der engeren Verbündeten von Venezuela. Die Hurriyet berichtet beispielsweise darüber, dass Recep Tayyip Erdogan in einem Telefonat mit Nicolas Maduro im August über die Stärkung der Beziehungen geredet hat. Kurz darauf hat die Türkei die Einfuhrzölle für Lebensmittel aus Venezuela aufgehoben. Die beiden Länder haben zudem ein Abkommen zur gegenseitigen humanitären Hilfe abgeschlossen, in dessen Zuge die Türkei PCR-Tests nach Venezuela geliefert hat. Was genau das südamerikanische und das kleinasiatische Land verbindet, ist mir nicht ganz klar; eventuell die Feindschaft gegen die USA sowie das Empfinden der Staatsführer, ungerechtfertigterweise in den westlichen Industrienationen als Diktatur gehandelt zu werden.

In jedem Fall dürfte die Türkei dank des Bündnisses mit Venezuela wissen, wie man Finanzsanktionen umgeht. Eventuell wird die Regierung in Ankara daher den von der EU nun angekündigten Sanktionen ruhiger entgegenblicken. Die westlichen Wirtschaftsmächte können zwar weiterhin ihre Märkte gegen misliebige Staaten absperren – aber sie können nicht mehr, wie bisher, diese durch ihren Einfluss auf das Finanzwesen daran hindern, Handel miteinander zu betreiben. Bitcoin ändert die geopolitischen Spielregeln.

Venezuela hat bereits reichlich Erfahrungen mit Kryptowährungen und versucht, diese auf verschiedenen Wegen zu nutzen. Wie bereits berichtet, hat die Armee des Landes ein Mining-Center in Betrieb genommen, das Spekulationen zufolge aus beschlagnahmten Geräten besteht. Darüber hinaus hat die Regierung vor kurzem eine Börse für Kryptowährungen eröffnet. Der Bericht auf runrun.es erwähnt darüber hinaus ein “neues System” der Regierung, “bei dem Landwirte Inputs und Kredite erhalten, die sie mit Kryptowährungen bezahlen”, wobei ein “Korb mit Krypto-Assets” gemeint ist. Die KI-Übersetzung ist hier mal wieder nicht ganz eindeutig.

Das dritte erwähnte Land, der Iran, arbeitet ebenfalls bereits an seiner Krypto-Strategie. Es hat ein Gesetz verabschiedet, welches das Mining an sich legalisiert – aber die Auflage erlässt, dass die Miner ihre erzeugten Coins in den Dienst des Außenhandels stellen. Wie Venezuela leidet der Iran unter den US-Sanktionen, die es schwer machen, Devisen zu erhalten, um für Importe zu bezahlen.

Finanzsanktionen haben im Zeitalter von Bitcoin offenbar vor allem eine Funktion: Sie zwingen das sanktionierte Land zu dem Glück, ein besseres Geld zu verwenden.

Über Christoph Bergmann (2561 Artikel)
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