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Krypto ist tot in China — aber NFTs dürfen leben

Eine Ameise. Bild von Linda Tanner via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Nachdem China extrem hart gegen Kryptowährungen und Miner vorging, überrascht die Nachricht, dass der riesige chinesische Digitalkonzern Ant Group beginnt, Non-Fungible-Token (NFT) zu verkaufen. Warum darf der das? Und wie sinnvoll sind die NFTs der Ant Group?

Die ganze Krypto-Branche ist in China tot. Erst ICOs, dann die Börsen, nun die Miner und der außerbörsliche Handel. Alles reguliert und verboten, alle verfolgt, verhaftet oder ausgewandert. Oder?

Nicht ganz. Eine Sache ist offenbar noch erlaubt: Non-fungible Token, kurz NFT. Diese Token, herausgegeben vor allem auf der Ethereum-Blockchain, erlebten im Lauf der vergangenen Monaten einen regelrechten Hype, als immer mehr Künstler und Auktionshäuser begannen, digitale Kunstwerke durch sie zu repräsentieren und zu verkaufen. NFTs, sagen die Fans der Token, bringen jenen Markt für digitale Kunst in diese Welt, der bisher so schmerzhaft gefehlt hat.

Nun steigt auch die mächtige Ant Group in den NFT-Markt ein. Nur kurz nachdem die Wasserkraft-Provinz Sichuan das chinesische Mining-Vollverbot offiziell machte, begann Alipay, der Zahlungsdienstleister der Gruppe, NFTs zu verkaufen. Konkreter gesagt hat Alipay 8000 mengenmäßig limitierte Token herausgegeben, die Kopien von zwei berühmten antiken Kunstwerken aus der Dunhuang Höhlen repräsentieren. Die 8000 Token waren innerhalb kurzer Zeit ausverkauft; die chinesische Öffentlichkeit scheint daran interessiert zu sein, mittels moderner Technologien zu Sponsoren uralter Kunst zu werden.

Angesichts des extrem restriktiven Vorgehens der Volksrepublik gegen alle anderen Krypto-Spielarten wirft das Fragen auf. Wie kann das erlaubt sein? Ist das eine Lücke in der roten Mauer um Krypto? Wird diese Lücke noch geschlossen werden? Darf die Ant Group, was anderen verboten ist? Oder sind NFTs erlaubt, während alles andere mit Krypto verboten ist?

AntChain, eine Einheit der Ant Group, die sich mit Blockchain-Technologie beschäftigt, hat diese Fragen vor kurzem in einem Statement beantwortet: NFTs seien fundamental anders als Kryptowährungen wie Bitcoin. Kryptowährungen sind fungibel: Man kann eine Einheit (Bitcoin) gegen die andere tauschen. NFTs sind, wie die Bezeichung ja schon sagt, genau dies nicht. Es sind einzigartige digitale Items, die nicht als Währung funktionieren können, und von denen daher keinerlei Bedrohung für die finanzielle Kontrolle und Stabilität ausgeht. Hinzu kommt noch, dass die NFTs von Alipay nicht, wie andere NFTs, auf einer öffentlichen Blockchain wie Ethereum existieren, sondern auf der privaten, zugangsbeschränkten Antchain, einer Blockchain, die vermutlich viel eher dem Geschmack der chinesischen Regierung entspricht. Es wird also noch nicht einmal Berührungen mit echten Kryptowährungen und Blockchains geben.

Nach der erfolgreichen Premiere plant Alipay, NFTs in vielfacher Hinsicht zu verwenden. Man könne die Token mit den verschiedensten digitalen Assets verbinden, so AntChain, “etwa Konzerttickets, Lizenzen oder Musik.” Da der Besitz nachverfolg- und verifizierbar sei, könnten NFTs den Urhebern von künstlerischen und geistigen Werken dabei helfen, ihr Eigentum zu schützen.

Schon die Idee, limitierte Kopien historischer Kunstwerke per NFT zu verkaufen, ist brillant. Dies könnte zu einer starken Einkommenquelle für Museen, Stiftungen, Galerien, Ausstellungen, Ausgrabungsstätten und so weiter werden: Die Bürger können per NFT zum Sponsor oder Paten von historischen Artefakten werden. Dies könnte Potenzial haben und sollte auch in Europa dringend Eingang in die nationalen oder übernationalen Blockchain-Strategien nehmen.

In der Krypto-Szene flacht der NFT-Hype derweil ab – treibt aber weiterhin Blüten. So wurden vor kurzem die NFTs von gleich drei Selbstporträts von Andy Warhol für 2,8 Millionen Dollar verkauft. Der Gewinner der auf der Binance-Blockchain stattgefundenen Auktion war Tron-Gründer Justin Sun, der schon in den vergangenen Monaten mehrfach damit aufgefallen ist, seine vielen Millionen freimütig auf NFTs zu kippen.

Vollends in die Sphäre der kanonischen Kunst rücken die NFTs jedoch durch eine andere Nachricht auf: Das traditionelle Auktionshaus Sotheby’s gab bekannt, durch ein NFT ein Gemälde von Picasso digital zu sichern. Das NFT wurde mithilfe eines speziellen Scanners verwendet, der dank Mikroskop, Künstlicher Intelligenz und Robotik “jedes Mikron” der Oberfläche scannt, um eine “einzigartige verschlüsselte Signatur” zu schaffen, welche die Authentizität des Kunstwerkes bestätigt.

Inwieweit eine solche Anwendung tatsächlich über ein weitgespanntes Bullshit-Bingo hinausreicht, wird noch zu sehen sein. Nicht zu bestreiten ist hingegen der große Erfolg von NFTs, von dem neben Künstlern und Musikern auch bereits Zeitungen wie das Time Magazin sowie Fußballvereine wie der FC Bayern München profitieren. Dies wird eine bleibende Wirkung haben. Der “Westen” dürfte gegenüber China insoweit einen Schritt voraus sein, als er es (noch) erlaubt, NFTs über öffentliche Blockchains zu sichern.

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1 Kommentar zu Krypto ist tot in China — aber NFTs dürfen leben

  1. Es ergibt sich die Frage, warum es denn eine Blockchain und nicht eine einfache Datenbank ist, wenn doch die AntChain privat ist. Hier wird doch Blockchain nur noch als Buzzword gebraucht. Technisch macht die Blockchain hier doch keinen Sinn, oder sehe ich das falsch?

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