Newsticker

Ehemaliger Monero-Chefentwickler in Tennessee festgenommen

Die Polizei hat ein großes Tier gefangen. Bild von Nithi Anand via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Riccardo Spagni wurde in Nashville in den USA verhaftet. Unter seinem Pseudonym Fluffy Pony ist der Südafrikaner vor allem als ehemaliger Chefentwickler der anonymen Kryptowährung Monero bekannt. Verhaftet wurde er aber wegen etwas ganz anderem. Dabei ist er ist nicht der einzige Early Adopter, der derzeit Pech hat.

Riccardo Spagni war für eine lange Zeit das Gesicht der Kryptowährung Monero. Von den ersten Tagen 2014 bis Mitte 2019 verwaltete er den Source Code als Chefentwickler, seit 2017 betreibt er auch den Krypto-Zahlungsdienstleister Globee, der, natürlich, auch Monero akzeptiert.

Der etwas korpulente, lebenslustige Südafrikaner ist dafür bekannt, als Early Adopter von Bitcoin und Monero ein imposantes Vermögen angehäuft zu haben. Mit diesem Reichtum geht der 38-Jährige nicht verdruckt, sondern offen und offensiv um, etwa wenn er Fotos von seiner erlesenen Weinsammlung postet oder extrem teure Armbanduhren trägt. Aber nicht das war der Grund, weshalb ihn die Polizei am 20. Juli in Nashville, Tennessee, festgenommen hat.

Das Magazin Coindesk berichtet von der Verhaftung: „Fluffy Pony“ war gerade mit einem Privatjet auf dem Weg von New York nach Los Cabos in Mexiko und landete in Nashville, um den Jet aufzutanken, als die Polizei zugriff. Sie reagierte damit auf einen Haftbefehl von Südafrika, vor dessen Vollstreckung Spagni offenbar geflohen war. Vorgeworfen wird ihm Betrug: Er habe zwischen 2009 und 2011 seinen früheren Auftraggeber, den Cookie-Fabrikanten Cape Cookie, um rund 100.000 Dollar bestohlen, indem er falsche Rechnungen von fiktiven Lieferanten geschrieben und über Umwege an seine eigenen Bankkonten bezahlt habe.

Bei alle dem handele es sich lediglich, gibt Spagnis Frau Sashka weiter, um ein Missverständnis hinsichtlich eines Termins in einem Gerichtsprozess, der ihn schon seit 2011 verfolge. Die US-Marshalls halten ihn derzeit noch fest, bis er nach Südafrika ausgeliefert wird. Festgenommen wurde er, weil er laut dem Haftbefehl „eine signifikante Menge Kryptowährungen“ besitze, die ihm ermögliche, zu fliehen. Zudem nennt der Haftbefehl eine Armbanduhr im Wert von 800.000 Dollar.

Als Reaktion auf die Verhaftung haben die Monero-Entwickler Fluffys aktiven Zugang zur Code-Basis suspendiert und 5577 XMR (etwa eine Million Euro) von einer Wallet, zu der er wohl auch Zugang hat, verschoben.

In gewisser Weise ist es natürlich pikant, dass Riccardo Spagni als das Gesicht der anonymen Kryptowährung Monero in der Vergangenheit Betrug begangen hat, dafür Bankzahlungen verwendete und womöglich wegen deren Transparenz aufflog. An sich hat der Fall zwar nichts mit Monero zu tun – aber man darf darüber spekulieren, ob die Polizei in den USA und Südafrika nicht in irgendeiner Weise die Gelegenheit nutzen wird, einen Krypto-Wal und Monero-Leader in Gewahrsam zu haben.

Spagni ist dabei nicht der einzige Early Adopter, der derzeit vom Unglück heimgesucht wird. Auch der Ethereum-Entwickler Virgin Griffith wurde festgenommen. Griffith wurde bereits im November 2019 festgesetzt, weil ihm vorgeworfen wird, Nordkorea dabei geholfen zu haben, Finanzsanktionen zu umgehen. Ungefähr eineinhalb Jahre später wurde er gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt bzw. in den Hausarrest in Alabama entlassen – allerdings unter strengen Auflagen, gegen die er nun offenbar verstoßen hat: Er habe versucht, sich in seinen Account bei Coinbase einzuloggen, was ihm verboten war, da wegen der hohen Ethereum-Preise und Griffiths reichen Beständen eine hohe Fluchtgefahr bestehe. Der Entwickler behauptet nun, nicht er, sondern seine Mutter habe sich eingeloggt.

Tragischer ist ein Fall, der sich vor etwa einem Monat zugetragen hat und der bei manch einem, der schon 2013 oder früher in Krypto war, nostalgische Erinnerungen wecken dürfte: Mircea Popescu ist überraschend gestorben. Der Rumäne, der 41-Jahre alt wurde, betrieb die „Börse“ MPEX, wo man für ein unglaublich teures Eintrittsgeld so gut wie nichts handeln konnte, während er sich auf Bitcointalk als die einzige ehrliche Haut im Bitcoin-Investment-Graumarkt inszenierte. Popescu war ein brillanter Drecksack, der auf seinem Blog Trilemma so virtuos wie größenwahnsinnig textete.

Laut Berichten ist Popescu beim Baden in der Playa Hermosa bei Costa Rica gestorben. Er sei in den Tramanto Sektor geschwommen, in dem man laut Rettungsschwimmern nicht baden gehen sollte, und trieb mit der Flut ab. Die Flut könne, so die Rettungskräfte, einen meilenweit ins Meer tragen. Entweder sterbe man an Erschöpfung, wenn man gegen sie ankämpfe, gehe in der Weite des Ozeans verschollen oder erreiche, wenn man Glück hab, seitwärts wieder das Ufer. Wegen dieser gefährlichen Umstände geht man von einer natürlichen Todesursache aus – wobei es freilich seltsam ist, dass man so genau Bescheid weiß. Wenn jemand aufs Meer hinaustreibt, dann verschwindet er doch in der Regel einfach.

Wie auch immer: Popescu hatte sich schon 2013 als schweinereich präsentiert. Er sammelte eine Schar von Anhängern um sich, die sich in einem Chatkanal organisierten und minarchistische Gesellschaftsvorstellungen, obszöne Sprache, einen latenten bis offenen Rassismus und minimalistische Bitcoin-Ideale teilten. Popescu gilt als Erfinder des „Bitcoin-Toxikalismus“, einer speziellen Strömung von Bitcoin-Maximalisten, die es als ihre Pflicht ansehen, Gift zu versprühen, um die Szene von Scammern und Idioten zu befreien.

Laut Medienberichten hinterlässt Popescu ein Bitcoin-Vermögen von mehr als zwei Milliarden Dollar. Da er kinderlos blieb, ist unklar, was mit diesem Vermögen geschieht. Womöglich darf man es auch zu den verschwundenen Bitcoins zählen. Angesichts dieser Umstände und dem Ärger, den Popescu mit dem FBI hatte, braucht man nicht allzu viel Fantasie, um sich auszumalen, dass sein Tod doch nicht ganz so natürlich war, wie es auf den ersten Blick klingt.

Über Christoph Bergmann (2807 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

5 Kommentare zu Ehemaliger Monero-Chefentwickler in Tennessee festgenommen

  1. Paul Janowitz // 3. August 2021 um 17:57 // Antworten

    Disclaimer: Ich kenne Riccardo aka Fluffypony persönlich, sowohl Face to Face als auch von etlichen Chatdialogen innerhalb der letzten Jahre und die Nachricht hat mich schwer getroffen. Auch ich weiß nicht viel mehr, was aktuell in den Sozialen Medien kursiert…

    Fluffy war seit Jahren so etwas wie das Gesicht Moneros, er hat kaum wirklich selbst entwickelt, aber Code Reviews gemacht und diese kommentiert. Er war aber auch immer derjenige, der Dezentralisierung vorwärts bringen wollte, auf allen Ebenen, so ist er auch vom „Lead Maintainer“ zurückgetreten, zugunsten eines Nicht-Core Mitglieds, aber einem langem Weggefährten der Community selsta, der seit Jahren den größten Mining Pool betreibt. Fluffy hat im Gegensatz zu den meisten anderen der 7 Core Mitgliedern, die damals den BitMonero Code von thankful_for_today weggeforkt haben, den Zugang zu Bitcoin Core nie verworfen und pflegte diesen nicht zuletzt durch die „Magical Crypto“ Initiative. Eigentlich alle anderen Monero Core Mitglieder sind Bitcoin deutlicher abgeneigt…

    Ja, Fluffy war desöfteren extravagant und hat die Community in seiner Art auch schon verärgert, als er „Announcements von Announcements“ gemacht hat, die er eigentlich lächerlich machen wollte, aber einige wohl dazu bewegt hat, höhere Summen in Leverage Trading zu investieren. Zu seiner Weinsammlung sei so viel gesagt, dass er schon vor Monero ein Im-/Export Business in SA geführt hat, welches sich unter anderem auf Weine spezialisiert. Wenn jemand Monero im Zusammenhang mit Wein erwähnt, kommt sicher „Barolo“ vor.

    Was ich persönlich von den Anschuldigungen halte? Nichts. Fluffy ist nicht persönlich zu einer Gerichtsverhandlung erschienen, war aber wohl entschuldigt, weil er sich gerade auf Geschäftsreise in den USA aufhielt. Daraus einen Fluchtversuch abzuleiten ist schon abenteuerlich, einen internationalen Haftbefehl mit Festnahme gerade in den ach so freien USA herbeizuführen, sogar noch deutlicher. Ich kann mir kaum vorstellen, dass an den Anschuldigungen etwas dran ist, denn die 100k + Zinsen hätte Fluffy aus der Portokasse bezahlen können, wie auch die Erwähnung seiner Uhr bestätigt. Ich vermute eher, ein früherer Wegbegleiter hat einen Weg gefunden, ihm Geld aus der Tasche zu ziehen und er wehrt sich zwar rechtlich dagegen, seine Anwälte waren dem Gericht aber nicht ausreichend genug und daraus einen internationalen Haftbefehl zu zaubern ist schon haarsträubend. Ein Verdacht, dass sein Crypto-Engagement in den USA bereits alle Lampen auf rot aufleuchten ließ und ein Haftbefehl aus Südafrika da gerade passend kam, ist m.M. nach recht möglich.

    Die offiziellen Dokumente dazu:
    Anklage: https://storage.courtlistener.com/recap/gov.uscourts.tnmd.87126/gov.uscourts.tnmd.87126.3.0_1.pdf
    Erste Reaktion seiner Anwälte: https://www.dropbox.com/s/u4csv4hduz9qqzo/Legal%20statement%2003%2008%202021.pdf?dl=0

    • mh, sehr gute Theorie.

      Ich habe mir vorher mal überlegt, ob nicht die Justiz Südafrikas sich bereichern will, jetzt, wo sie so einen Krypto-Wal im Land hat. Wer weiß, vielleicht wird er irgendjemandem ne Million bezahlen müssen, um wegen des Falles nicht endlos in der U-Haft zu modern. Aber ich wollte nicht spekulieren …

  2. > An sich hat der Fall zwar nichts mit Monero zu tun

    Hat es tatsächlich nicht, beindruckt aber nicht nur die Noobs immer wieder.

  3. Ich finde den letzten Satz des Artikels unnötig. Journalismus sollte auf Fakten aufbauen und nicht auf Vermutungen. Im Moment sehe ich bei allen Anklängen an Verschwörungstheorien rot.

  4. Paul Janowitz // 5. August 2021 um 13:10 // Antworten

    Nach Aussagen eines anderen Core-Mitglieds, BinaryFate (den ich auch persönlich kenne) hat er mit Fluffy gesprochen und es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Trotzdem wurden und bleiben alle seine kritischen Zugänge gesperrt, für denn Fall, dass er oder seine Hardware (die angeblich nicht beschlagnahmt wurde – ich frage mich ob das in Auslieferungshaft möglich ist) kompromittiert ist.

    Hier ist noch ein altbekanntes Bild von Fluffy mit einem T-Shirt „Don’t trust fluffypony. Trust the code.“, welches nicht aktueller sein könnte:
    https://i.imgur.com/OB5T2Pj_d.webp?maxwidth=760&fidelity=grand
    Darauf trägt er übrigens die knapp 1M$ Uhr, die auch in der Anklage erwähnt wurde.
    Wie gesagt, Fluffy hat Dezentralisierung sehr ernst genommen und immer z.B. auf reproduzierbare Builds der Referenzimplementierung gepocht, die bei Monero seit 1-2 Jahren für alle Plattformen Standard sind. An eine seiner Aussagen kann ich mich sehr gut erinnern, frei zitiert, denn ich kann keine Quelle finden: „Wenn ein Projekt an einem einzigen Menschen scheitern kann, dann sollte es auch scheitern.“

    Kritische Punkte sind z.B. Domains, Hosting oder eben Spendengelder, die man kaum dezentralisiert organisieren kann, letzteres würde einen enormen Aufwand erfordern, um Monero um einen Governance Layer zu erweitern, insbesondere auch deswegen, weil man nicht wie bei den meisten Staking Algorithmen auf die bloße Anzahl von Coins aufbauen kann, denn diese sind nicht offen einsehbar und man müsste gewisse neue Proofs schaffen, die sehr wahrscheinlich zu Lasten der Privacy des ganzen Netzwerks gehen würden. Hosting und CDN werden von Tari Labs bezahlt, welches Fluffy mitgegründet hat und versucht, ein Asset Protokoll / NFT ähnlich Ethereum als Sidechain von Monero aufzubauen, als Grundprotokoll dafür dient MimbleWimble. Die Firma hat üppiges Funding von klassischem Venture Capital erhalten und selbst ein längerer Ausfall von Fluffy dürfte an der Situation nichts ändern, gespeist wird das CMS von statischen Files auf Github und wäre zur Not schnell auf einer anderen Infrastruktur reproduzierbar, der General Fund ist ja nach wie vor üppig gefüllt und wurde jetzt kurzfristig auch von Fluffy abgeschnitten.

    Wie gesagt, das ganze Auslieferungsverfahren klingt ziemlich mysteriös, insbesondere, dass man ihn bei einem Tankvorgang aus dem Flieger geholt hat, was eine ziemlich gute Abstimmung mehrerer US-Behörden erfordert haben dürfte. Das alles wegen einer Anschuldigung um 100k Dollar ist schon ziemlich abenteuerlich… Einschüchterung? Möglich. Ich hatte ja auch eine Hausdurchsuchung nach dem Trading auf Localmonero und einem gefälschten Überweisungsträger über 300 Euro, der aufgeflogen ist und nie bei mir ankam, also wurde der Trade storniert. Hielt ich bis dahin auch nicht für möglich, Verfahren wurde nach zwei Jahren auch ohne weitere Intervention eingestellt…

Kommentar verfassen

Entdecke mehr von BitcoinBlog.de - das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen