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Großbritannien nimmt private Wallets von Travel-Rule aus

Wappen von Her Majesty's Treasury, dem britischen Finanzministerium. Bild von Tom Page via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Auch Großbritannien setzt derzeit die Travel-Rule der FATF um. Anders als die meisten anderen Gesetzgeber möchte das zuständige Schatzamt Ihrer Majestät die Regel aber nicht auf private Wallets ausdehnen – und plant auch sonst Erleichterungen.

Das Schatzamt Ihrer Majestät ist das britische Finanzministerium. Es ist dafür zuständig, Kryptowährungen zu regulieren, und wie so viele andere Gesetzgeber rund um die Welt kämpft es derzeit damit, die von der Financial Action Task Force (FATF) bestimmte Travel-Rule umzusetzen.

Die Travel-Rule bedeutet, dass die Identität von Sender und Empfänger jeder Transaktion erhoben und gespeichert wird. Dies ist relativ problemlos möglich, wenn diese regulierte Finanzdienstleister wie Börsen sind. Sind aber private Wallets im Spiel, mit denen User ihre Bitcoins selbst verwahren, wird es schwieriger. Daher haben zahlreiche Regierungen Gesetzesentwürfe auf den Weg gebracht, die private Wallets mehr oder weniger stark gängeln.

Das Schatzamt Ihrer Majestät widersetzt sich nun explizit diesem Trend, nachdem es Ratschläge von 94 Branchenvertretern und Experten eingeholt hat.

Im ursprünglichen Gesetzesentwurf hatte das Schatzamt noch verlangt, „dass Kryptoasset-Unternehmen Informationen zu Sender und Empfänger im Zusammenhang mit unhosted Wallets sammeln, aber nicht verifizieren“. Dies entspreche den Vorgaben der FATF, die nicht verlange, die Informationen zu Transfers mit privaten Wallets zu verifizieren.

Die Antworten auf diesen Teil des Gesetzes seien gemischt ausgefallen. Kritische Stimmen bezweifelten, dass der damit verbundene Aufwand und Eingriff in die Privatsphäre verhältnismäßig sei, da der Beitrag zur Verhinderung krimineller Transaktionen gering ausfalle. Private Wallets stellten kein hohes Risiko für Geldwäsche und Terrorfinanzierung da, während erhobene, aber nicht verifizierte Informationen wenig Nutzen für die Polizei hätten. Unterstützer der Regel hingegen meinten, private Wallets sollten ein hohes Risiko konstituieren.

Die Regierung entschied sich für die Verhältnismäßigkeit und änderte den Entwurf: „Anstatt zu verlangen, dass bei allen Transfers zu oder von unhosted Wallets die Informationen zu Sendern oder Empfängern gesammelt werden, sollen Kryptoasset-Unternehmen diese nur noch erheben, wenn sie eine Transaktion als riskant identifiziert haben.“ Damit orientiert sich das Schatzamt an dem grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzip, dass eine Ermittlung auf ein Verdachsmoment folgen muss und nicht anlasslos geschehen sollte. Was genau dieses Verdachtsmoment konstituiert, wird die Regierung noch genauer definieren.

Das Schatzamt spricht sich explizit dagegen aus, dass eine private Wallet automatisch ein hohes Risiko impliziert. Diesen Automatismus peilen viele Regierungen an, zuletzt die Niederlande, aber zuvor auch schon das Europäische Parlament. Das Schatzamt erkennt dagegen an, dass viele Menschen aus vollkommen legitimen Gründen Kryptoassets auf eigenen Wallets hielten, beispielsweise „weil sie flexibler anpassbar und potenziell sicherer sind (etwa Cold Waltets).“ Das Schatzamt erkennt keine stichhaltigen Beweise dafür, dass private Wallets ein überproportionales Risiko tragen, in illegale Finanzströme verwickelt zu sein.

Auch in anderen Details soll die Regulierung in Großbitannien weniger rigide ausfallen als in der EU. Diese möchte die Travel-Rule bereits ab dem ersten Satoshi bzw. Cent gelten lassen, da es die Gefahr sieht, dass jemand geringwertige Transaktionen zu großen Summen kumuliert. Das Schatzamt dagegen plante einen Schwellenwert von 1.000 Pfund, der nach Konsultation der Branche nun auf 1.000 Euro geänder wurde.

Für Künstler, die NFTs verkaufen, entfällt die Travel-Rule sogar komplett, unabhängig vom Wert. Auch bei der Reichweite der betroffenen Unternehmen übt das Schatzamt sich in Begrenzungen. Die Travel-Rule soll explizit „nur für Intermediäre gelten, die Börsen oder Treuhandwallets betreiben und sonst niemanden betreffen, etwa Software-Entwickler.“

Insgesamt wird das Schatzamt Ihrer Majestät damit zum ersten Gesetzgeber, der die Hoheit der FATF über den Umgang mit Geldwäsche zwar nicht hinterfragt, aber versucht, die Krypto-Branche vor allzu großen Erschwernisse zu schützen, welche die Travel-Rule ihr auferlegt.

Über Christoph Bergmann (2806 Artikel)
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2 Kommentare zu Großbritannien nimmt private Wallets von Travel-Rule aus

  1. Das macht ja Hoffnung. Vielleicht setzt sich doch noch die Vernunft durch.

  2. Diese Vernunft:
    Big Data müsste korrekterweise eigentlich Much Data heissen, bzw. noch besser Data Matsch.

    Dadurch dass man dieselben Daten mehrfach immer und immer wieder erhebt, erhällt man doch nicht wirklich mehr Daten oder Erkenntnisse, man halst sich insgesamt nur mehr Arbeit auf, indem man die Insignifikanz der Daten erhöht.

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