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Warum ist der Bitcoin-Preis eingebrochen, nachdem der ETF zugelassen wurde?

Tja. Rote Kerzen hatte vergangenen Donnerstag kaum jemand erwartet. Bild von Maria Harr via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Auf die Zulassung der Bitcoin-ETFs folgte eine kurze Phase der Euphorie. Dann aber stürzte der Bitcoin-Kurs massiv ein. Ein Grund war sicherlich, dass „der ETF“ schon eingepreist war. Aber das ist nur die Hälfte der Erklärung.

Vielleicht könnte man es ja Karma nennen. Die Bitcoin-Community wollte Wall Street – und sie bekam Wall Street.

Vergangene Woche, als die US-Börsenaufsicht SEC eine Reihe von Bitcoin-ETFs zugelassen hat, war der Jubel groß. Der ETF galt als Durchbruch zum traditionellen Finanzwesen. Die Schleuse war geöffnet, und das hineinflutenden Kapital sollte den Preis zum Mond schießen.

Kurzzeitig sah es gut aus. Der Preis stieg an, auf bis zu 44.500 Euro. Dann aber brach er brutal ein. Er sank in etwas mehr als 24 Stunden auf unter 38.700. Seitdem mäandert er etwas unentschlossen seitwärts.

War der Start des Bitcoin-ETFs also ein Flop? Haben diejenigen, die Bitcoin im Portfolio haben wollen, schon längst investiert? Wurde der erwartete Heilsbringer zum Rohrkrepierer, weil er am Markt vorbei aufgelegt wurde?

Einer der erfolgreichsten ETF-Starts aller Zeiten

Ein Flop war die Zulassung der ETFs gewiss nicht. Allein am ersten Handelstag setzten sie 4,6 Milliarden Dollar um, nach zwei Tagen schon 7,6 Milliarden, und das Volumen bleibt hoch. Kaum ein ETF ist jemals so erfolgreich gestartet wie „der“ Bitcoin-ETF.

Der zweitstärkste Bitcoin-ETF ist der iBIT von Blackrock, dem größten Vermögensverwalter der Welt. Schon nach zwei Tagen des Handels wird er durch 11.500 Bitcoins gedeckt, die Blackrock eventuell direkt gekauft hat. Dies entspricht fast einem halben Monat des Minings. Die Investoren kaufen Bitcoins viel schneller, als die Miner sie erzeugen.

Dass andere Vermögensverwalter weniger optimistisch sind, trübt das Bild zwar etwas. So hat etwa Vanguard, der zweitgrößte Vermögensverwalter der USA, den Kauf der Bitcoin-ETFs auf seiner Plattform blockiert: Man halte die Investment-These für Kryptowährungen für schwach, sagte ein Sprecher, und die hohe Volatilität für kontraproduktiv, um „langfristige echt Erträge zu erzielen.“

Doch diese Skepsis mindert nicht den Erfolg der ETFs. Die Nachfrage ist hoch. Warum sinkt der Preis dann, anstatt zu steigen?

Denn Vorfreude ist die schönste Freude

Die naheliegende Antwort ist die „Buy the rumor, sell the News“ These: „Kaufe das Gerücht, verkaufe die Nachricht“.

Dieses geflügelte Wort bezeichnet die Strategie von Börsenhändlern, auf einen Wert zu setzen, wenn es Gerüchte über bevorstehende große Nachrichten gibt, und dann zu verkaufen, wenn diese Nachrichten eintreffen.

Die Idee ist, dass Gerüchte den Markt zumindest kurzfristig stärker beeinflussen als harte Tatsachen. Seit Dezember mehren sich nun die Gerüchte, dass eine Zulassung der ETFs bevorsteht, woraufhin der Kurs von weniger als 35.000 Euro auf mehr als 42.000 Euro stieg, also um gut 20 Prozent.

Der ETF, könnte man sagen, war bereits eingepreist. Die Trader, die beim Gerücht gekauft hatten, schlossen nun ihre Positionen. Damit lösten sie Verkaufswellen aus, die sich selbst bestärkten, woraufhin der Kurs auf ein tieferes Niveau sank. Der ETF war eingepreist, nun ist die Vorfreude auf ihn ausgepreist.

Diese Erklärung spielt mit Sicherheit eine Rolle. Aber sehr wahrscheinlich erklärt sie noch nicht alles. Denn es gibt noch einen „harten“ Faktor, den viele nicht auf dem Schirm haben.

Der Grayscale-Effekt

Um eine wesentliche Dynamik des Starts der ETFs zu verstehen, muss man den stärksten ETF etwas genauer betrachten: den GBTC von Grayscale.

Der GBTC-ETF sorgt für das mit Abstand höchste Handelsvolumen. Am ersten Handelstag entfielen von 4,6 Milliarden Dollar fast die Hälfte auf ihn.

Er unterscheidet sich aber in einer wesentlichen Hinsicht von den anderen ETFs. Während die Wertpapiere, die Blackrock, Fidelity und andere verkaufen, neu auf dem Markt sind, sind die GBTC-Anteile eine Art Recycling-Produkt: Grayscale hat mit dem Bitcoin Trust schon seit langem ein Vehikel geschaffen, das es professionellen Investoren erlaubt, auf traditionelle Weise in Bitcoin zu investieren.

Der Grayscale-Fonds hatte einige heikle Eigenschaften: Zwar waren die Anteile durch echte Bitcoins gedeckt, insgesamt mehr als 600.000. Doch es war nicht möglich, sie gegen Bitcoin oder Dollar zu wechseln. Man konnte sie nur auf dem Zweitmarkt verkaufen. Dies führte dazu, dass sich der Preis von GBTC von Bitcoin entkoppelt hatte und zeitweise um rund 40 Prozent gesunken war.

Mit der Zulassung der ETFs hatte die SEC Grayscale auch erlaubt, den Fonds in einen ETF umzuwandeln. Damit wurde es möglich, die Anteile auf dem Primärmarkt zu handeln, sie also nicht allein an akkreditierte Investoren zu verkaufen, sondern an jeden, der ein Wertpapierdepot besitzt.

Wenn also am ersten Tag der ETF-Zulassung GBTC-Anteile für fast 2,3 Milliarden Dollar gehandelt wurden, bedeutet dies nicht, dass ein Vermögensverwalter neue Wertpapiere geschaffen hat, die auf (neu gekauften) Bitcoins basieren. Stattdessen haben Anteile, die es längst gibt, den Besitzer gewechselt.

Für viele Investoren in den GBTC-Fonds dürfte dies ein Befreiungsschlag sein. Sie konnten endlich ihre Anteile abstoßen, ohne einen teils gewaltigen Discount hinnehmen zu müssen; für manche, die GBTC-Anteile vergünstigt gekauft haben, wurde dies zu einer Gelegenheit, einen Profit zu realisieren.

Die Zulassung der ETFs öffnet damit tatsächlich eine Schleuse – aber nicht in die erhoffte Richtung. ETF-Anteile im Umfang von 600.000 Bitcoin strömen auf den Primärmarkt, oft noch in einer Konstellation, die den Handel auch weit unter dem Marktwert profitabel macht.

Dieser „Grayscale-Effekt“ ist „realer“ als der Einfluss von „Sell the news“, da er stärker auf echten ökonomischen Mechanismen beruht. Er könnte das ETF-Geschehen noch eine Weile dominieren, dürfte sich aber im Lauf einiger Monate abnutzen.

Über Christoph Bergmann (2813 Artikel)
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2 Kommentare zu Warum ist der Bitcoin-Preis eingebrochen, nachdem der ETF zugelassen wurde?

  1. … weshalb – wer ein wenig nachdachte – Etherium kaufte und von der Korrelation ohne die lästigen Nebeneffekte profitierte …

    • Solange Du Ethereum gekauft hast – alles gut. Allerdings beeindrucken solche Posts noch viel mehr bevor wesentliche Dinge davon bereits passiert sind. Was bringt die schönste Glaskugel wenn sie die Ereignisse von gestern anzeigt …. 😉

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