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Sensationelle Sicherstellung: LKA Sachsen konfisziert 50.000 Bitcoins

Sächsische Polizisten auf Pferden in Chemnitz. Bild von Mike Bonitz via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die jahrelangen Ermittlungen haben sich bezahlt gemacht: Die sächsische Polizei hat von den Machern von Movie2k.to Bitcoins im Wert von zwei Milliarden Euro gesichert. Was mit dem unerwarteten Geldsegen geschieht, steht aber noch in den Sternen.

Gewöhnlich sind schleppende Verfahren hinderlich und teuer. Im Fall von Movie2k jedoch macht sich die Langsamkeit der Behörden mehr als nur bezahlt.

Die sächsische Polizei hatte fünf bis sechs Jahre lang gegen die Hintermänner der illegalen Streamingseite Movie2k ermittelt. Im Dezember nahm sie dann einen der beiden Hintermänner fest, der bis Mitte 2020 seinen Mit-Drahtzieher verriet und rund 2.200 Bitcoins herausrückte.

Dies war aber nur ein kleiner Teil der Bitcoins, die er und sein Geschäftspartner gehortet hatten. Mitte Januar 2024 gelang es den Sachsen nun, satte 50.000 Bitcoins zu konfizieren. Diese Bitcoins wären Ende 2019 knapp 400 Millionen Euro wert gewesen, Mitte 2020 fast eine halbe Milliarden – und heute schlagende zwei Milliarden Euro.

Der langsame Fortschritt des Strafverfahrens hat dem Land Sachsen also einen Spekulationsgewinn von 1,5 Milliarden Euro verschafft!

Unter den reichsten Internet-Unternehmern Deutschlands

Movie2k, ab Ende 2013 Movie4k, war eine vielbesuchte Plattform, auf der man kostenlos und nicht ganz legal Filme anschauen konnte. Sie wurde von einem heute 40-jährigen Sachsen und einem heute 37-jährigen Polen betrieben, denen nun vorgeworfen wird, in 880.000 Fällen Urheberrechtsverletzung begangen zu haben.

Geld verdient haben die beiden Entwickler mit Movie2k vor allem durch Werbung und Abofallen. Sie haben wohl aber auch Malware in die Browser ihrer Besucher injiziert, durch die diese unbemerkt Kryptowährungen geschürft haben.

Das vereinnahmte Geld haben die Movie2k-Macher ab etwa 2012 größtenteils in Bitcoin investiert. Vermutlich wollten sie ihre Gewinne auf eine unzensierbare, nicht direkt mit ihrer Identität verbundene Plattform bringen. Dass sie damit ab 2012 mehr Investment-Gewinne eingefahren haben, als der Betrieb der Streaming-Seite jemals eingespielt hätte, war wohl eher ein Nebeneffekt.

Heute, im Jahr 2024, würden die beiden mit zu den reichsten Internet-Unternehmern Deutschlands gehören – wenn sie die Bitcoins noch hätten, anstatt einem längeren Sabbatical hinter Gittern entgegenzublicken.

So viel wie das Jahresbudget des sächsischen Innenministeriums

Für eine deutsche Polizeibehörde ist dies die mit weitem Abstand größte Bitcoin-Beschlagnahmung aller Zeiten. Durch sie stieg die deutsche Regierung über Nacht zu einem Top-Holder auf. Unter den Staaten halten lediglich die USA und China mehr Bitcoins; unter Unternehmen einige Börsen, ETF-Herausgeber und natürlich MicroStrategy.

Mit gut zwei Milliarden Euro entspricht die Beschlagnahmung etwa dem gesamten Jahresbudget des sächsischen Innenministeriums. Man könnte damit vermutlich für mehrere Jahre die Gehälter aller sächsischen Polizisten finanzieren. Die Subventionen für Agrardiesel, die gekürzt werden sollten, betragen dagegen mit 440 Millionen Euro nur gut ein Fünftel davon.

Für Finanzminister Lindner und seine Koalitionspartner dürften die Bitcoins wie ein Geschenk des Himmels sein. Mit ihnen könnte man einige Wünsche erfüllen oder ohne Schmerzen Haushaltslöcher stopfen.

Für Bitcoin-Besitzer eher beunruhigend

Für Bitcoin-Investoren verheißt die Konfiszierung dagegen nichts Gutes. Die 50.000 Bitcoins waren ja schon seit rund zehn Jahren dem Markt entzogen; vermutlich bestand für die Movie2k-Entwickler keine Notwendigkeit, das Risiko eines Verkaufs auf sich zu nehmen. Nun drohen diese Coins, auf den Markt zu strömen.

Zusammen mit den 142.000 Bitcoins aus dem Mt.Gox-Bestand, den weiterhin offenen 500.000 Bitcoins von Grayscale sowie einigen weiteren anstehenden Versteigerungen in den USA drohen derzeit beunruhigend große Summen den Markt zu treffen. Allerdings sollte man sich auch bewusst sein, dass die 50.000 Bitcoins, die derzeit noch das LKA Sachsen verwaltet, vermutlich nicht kurzfristig verkauft werden.

Noch wisse man nicht, wie man die Coins verwerte, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes. Vermutlich werden sie teilweise versteigert – Nordrhein-Westfalen hat hierfür sogar eine Plattform gebildet – und teilweise auf Börsen oder außerbörslich verkauft. Das wäre der übliche Weg. Er wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Und wer weiß – vielleicht werden aus den zwei Milliarden Euro drei, vier oder fünf geworden sein, bis die Bitcoins verkauft sind.

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3 Kommentare zu Sensationelle Sicherstellung: LKA Sachsen konfisziert 50.000 Bitcoins

  1. Noch wisse man nicht, wie man die Coins verwerte, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes. Vermutlich werden sie teilweise versteigert – Nordrhein-Westfalen hat hierfür sogar eine Plattform gebildet – und teilweise auf Börsen oder außerbörslich verkauft. Das wäre der übliche Weg. Er wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

    Über die Coins darf das LKA afaik auch nicht verfügen, eine Beschlagnahme ist eine vorübergehende Sicherstellung. Gegen die Betreiber wurde soweit ich weiß auch noch keine Anklage erhoben und ich vermute einen Deal mit der Justiz dahinter, dass sie gegen Einziehung der beschlagnahmten Bitcoin z.B. nur eine Bewährungsstrafe bekommen. Erst nach Einziehung dürfte die Landeskasse darüber verfügen (Polizei ist Ländersache, gilt afaik auch für Einziehungen), Lindner dürfte also nichts davon abbekommen, allenfalls die anderen Bundesländer, falls der Länderfinanzausgleich bzw. dessen Nachfolger greifen sollte.

    *Spekulation ohne konkreten Beleg*
    Vermutlich haben die Beschuldigten genügend anderweitig zur Seite geschafft, dass sie damit gut leben können und daher lieber auf eine Haftstrafe und dafür auf den gewaltigen Reichtum verzichten. Selbst mit 1/100 der genannten Summe kann man sich ein schönes Leben machen und die lässt sich vermutlich noch irgendwie plausibel in Umlauf bringen. Bei 2 Milliarden sieht das schon ganz anders aus… Ich könnte mir sogar vorstellen, dass der Deal einen Ausschluss jeglicher weiterer Nachverfolgung vorsieht, bei solchen Summen dürften die Behörden schwach werden, wenn sie wissen, dass den Beschuldigten maximal wenige Jahre Haft drohen und der Staatskasse nur Kosten verursachen, statt einen unglaublichen Betrag einzuspülen, da könnte sogar das Innenministerium involviert werden. Aber wie gesagt, reine Spekulation.

  2. klugschieter // 4. Februar 2024 um 21:44 // Antworten

    In Hamburg hat die Polizei vor einigen Jahren eine Hehlerbande von Fahrrädern ausgehoben. 1000e Fahrräder wurden beschlagnahmt. In einer großen Aktion wurden sie in einer Halle ausgestellt, wo die rechtmäßigen Eigentümer sie identifizieren und zurückerhalten konnten. Etwa 50(!) Fahrräder gingen so zurück an ihre Eigentümer. Die Täter kamen ins Gefängnis für 6 Monate bis ein halbes Jahr. Aber was tun mit den rechtlichen Fahrrädern, die nicht dem Staat gehören und nun herrenlos waren? Man hat sie den Hehlern zurückgegeben.
    In diesem Fall sind die Bitcoins noch nicht einmal das Diebesgut, sondern so etwas wie Glasperlen, die sie mit unrechtmäßig erworbenen Geld erworben haben. Wenn der Staat die haben will, muss er organisierte Kriminalität nachweisen. Die Rechteinhaber der Filme haben gute Aussichten, ihren Schaden einzuklagen, denn genug Geld steht zur Verfügung. Sie müssen ihren Schaden nur nachweisen können. Anderenfalls gehen die 2 Milliarden oder der Rest davon am Ende wieder zurück an die Bande. Vielleicht sind sie bis dahin 8 wert?

  3. klugschieter // 4. Februar 2024 um 21:52 // Antworten

    errata: 6 Monate bis ein Jahr Gefängnis für die Fahrradhehler.
    Und: Die restlichen Fahrräder haben sie zurückerhalten.

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