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EU und Deutschland ziehen finanzielle Überwachung an

Bald verboten? Der 500-Euro-Schein wird angeblich nur von Terroristen und anderen Verbrechern benutzt. Bild: "Träume" von Maik Meid via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die Bundesregierung plant, die Nutzung von Bargeld zu begrenzen, während die EU-Kommission ab Juni zahlreiche Finanzinstrumente – darunter auch virtuelle Währungen – besser überwachen möchte. Brüssel möchte Bitcoin-Börsen und vielleicht auch Wallet-Provider regulieren. Das Ziel ist natürlich die Bekämpfung der Terrorfinanzierung.

Zunächst kehren wir vor der eigenen, bundesdeutschen Haustüre. Eine Arbeitsgruppe um den SPD-Politiker Jens Zimmermann hat in einem Arbeitspapier eine „Bargeldschwelle“ vorgeschlagen, die Bargeldzahlungen nur noch bis 5.000 Euro zulässt. D.h. Wohnungen, Autos, teurer Schmuck, Möbel etc. sollen künftig nur noch über elektronische Zahlungsmittel bezahlt werden – sehr zum Ärger der jeweiligen Industrie, die beispielsweise bezweifelt, dass es Terroristen hilft, anonym Möbel zu bezahlen.

Begründet wird die Schwelle mit der Absicht, Deutschland „auch für Kriminelle aus dem Ausland unattraktiver“ zu machen, was angesichts der bereits bestehenden Limits in Frankreich und Italien nicht so weit hergeholt ist. Die CDU reagierte zunächst verhalten auf diesen Vorstoß. Der Vizefraktionschef der Union, Ralph Brinkhaus, erwiderte, dass man bereits viele Vorschriften habe, die Menschen nicht zu sehr gängeln dürfe und eine Reduktion des Bargeldes in Big Brother münden könnte. Allerdings ist das Finanzministerium laut Handelsblatt bereits auf den Vorstoß eingestiegen und fordert nicht nur eine deutsche, sondern gleich eine europaweite Begrenzung von Bargeldzahlungen. Als Ursache für die neue Popsition zugunsten eines Limits nennt die FAZ die Bedrohung durch den Terror. Was auch sonst?

Benutzen nur Verbrecher 500-Euro-Scheine?

Die SPD schlägt darüber hinaus vor, 500-Euro-Scheine abzuschaffen. Jens Zimmermann habe, so die Deutsche Wirtschafts Nachrichten, dem Handelsblatt gesagt:  „Die 500-Euro-Scheine sind für Kriminelle interessant, da sie sich ideal für Geldwäsche und illegale Bargeldtransporte eignen.“ Mit der geplanten Schwelle von 5.000 Euro für Bargeldzahlungen gleicht sich Deutschland einer in der EU bereits weit verbreiteten Politik an. So sind in Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland und anderen Ländern bereits wesentlich tiefer Bargeldgrenzen in Kraft.

Es gibt aber auch Kritik an der Reduzierung des Bargeldes. Die FAZ fürchtet, dass die beiden anvisierten Maßnahmen erst der Anfang einer Reihe von Schritten sind, die zur bargeldlosen Gesellschaft führen werden – und dass der Kampf gegen die Geldwäsche und Terrorfinanzierung nicht der einzige Grund für diese Schritte ist. „Politiker träumen vom gläsernen Wähler und Steuerbürger, Internetfirmen wollen alles über alle Kunden wissen, Banken brauchen neue Gebührenquellen, und manche Zentralbank will die Leute mit Strafzinsen zum Konsum treiben.“

Mit baren Transaktionen machen Banken keinen Gewinn

Tatsächlich scheint die sukzessive Abschaffung des Bargeldes einigen Banken ins Spiel zu laufen. Vor kurzem hat der Chef der größten norwegische Bank, der DNB, gesagt, Norwegen solle endlich das Bargeld abschaffen. Als Grund hat er natürlich mal wieder Geldwäsche und Schwarzmarkt genannt.

Dürfen Ärzte-Hater darauf hoffen, dass die Bundesregierung dem Spuk ein Ende bereitet. Bild: Blixa Bargeld von Alex LA via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Dürfen Ärzte-Hater darauf hoffen, dass die Bundesregierung dem Spuk endlich ein Ende bereitet? Bild: Blixa Bargeld von Alex LA via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Es dürfte aber noch einen weiteren, nicht ausgesprochenen Grund geben: Im Zuge der Digitalisierung erkennen Banken mehr und mehr, dass ihre künftigen Geschäftsmodelle auf Daten beruhen. Jede bare Transaktion ist in diesem Sinne ein Verlust, da Bargeld keinen Datensmog hinterlässt, den man verwerten kann. Ein Reduktion des Bargeldes dürfte daher ganz in ihrem Sinne sein.

EU-Kommission möchte finanzielle Überwachung verschärfen

Kommen wir zur EU. Die nimmt den Terroranschlag von Paris, wie schon befürchtet, zum Anlass, ihre finanzielle Überwachung auszuweiten. Laut Presseberichten plant die EU, Bitcoin besser zu regulieren – obwohl kurz vorher berichtet wurde, dass die EU genau dies nicht plane.

Tatsächlich hat die Kommission vor kurzem eine Pressemitteilung zu einer geplanten verschärften finanziellen Überwachung herausgegeben. Die Pressemitteilung zitiert Vize-Präsident Frans Timmermanns:  „Wir müssen die Ressourcen kappen, die Terroristen nutzen, um ihre abscheulichen Verbrechen auszuführen. Indem wir die Finanzierung der Terror-Netzwerke identifizieren und stören, können wir ihre Fähigkeit reduzieren, zu reisen, Waffen und Sprengstoffe zu kaufen, Anschläge zu planen und Hass und Furcht online zu verbreiten.“ Die EU-Kommission wird daher in den kommenden Monaten die EU-weiten Regeln anpassen, um effektiver gegen die Finanzierung des Terrors vorzugehen.

Auch wenn alle Studien und Experten zeigen, dass virtuelle Währungen in der Terrorfinanzierung absolut keine Rolle spielen, und dies sogar von Europol bestätigt wird, sind virtuelle Währungen Teil der Instrumente, die die EU besser überwachen möchte. Zweiter Vize-Präsident Valdis Dombrovskis: „Wir wollen die Aufsicht über viele finanziellen Instrumente verbessern, die von Terroristen genutzt werden, von Bargeld über kulturelle Artefakte bis zu virtuellen Währungen und anonymen Pre-Paid Karten.“

Umfangreiches Paket von möglichen Maßnahmen

Zum einen sollen die EU-Staaten bis Ende 2016 das vierte Anti-Geldwäsche-Paket der EU umsetzen. In diesem kommen virtuelle Währungen gar nicht vor. Zum Ende des zweiten Quartals 2016 – Ende Juni – möchte die Kommission mehrere Erweiterungen dieses Anti-Geldwäsche-Pakets vorschlagen. Zu diesen Erweiterungen gehört etwa eine bessere Überwachung der Geldströme aus Risikoländern, eine strengere Regulierung von Bargeld sowie eine tiefere Schwelle, ab der Prepaid-Karten deanonymisiert werden müssen. Außerdem soll die Aufsicht besser Zugang zu Informationen erhalten, Geldwäsche im europäischen Kriminalrecht einheitlich definiert werden und das Einfrieren von Geld und Depots vereinfacht werden.

Eine der geplanten Erweiterungen widmet sich nun auch virtuellen Währungen. Laut einem Communication Papier der Kommission wird befürchtet, dass terroristische Organisationen ihre Transaktionen durch virtuelle Währungen verschleiern, „da Transaktionen mit virtuellen Währungen zwar dokumentiert werden, aber es keinen Reporting-Mechanismus gibt, wie er im normalen Bankwesen zu finden ist, um verdächtige Aktivitäten zu erkennen und zu berichten.“ Virtuelle Währungen, so das Papier, sind derzeit nicht auf EU-Ebene reguliert. In einem ersten Schritt möchte die EU die Anti-Geldwäsche-Richtlinien auf Kryptowährungs-Börsen ausdehnen um zu verhindern, dass virtuelle Währungen anonym erworben und verkauft werden. Die Kommission wird zudem darüber nachdenken, ob auch die Betreiber von Wallets reguliert werden sollen.

Insgesamt plant die EU also eine Fülle von Maßnahmen, welche die finanzielle Freiheit beschränken. Dass dies ohne direkte demokratische Legitimierung geschieht und mehr oder weniger durch eine Gruppe gottesfürchtiger Mörder und Räuber aus dem Orient erzwungen wurde, ist kein gutes Zeichen für die Freiheit Europas. Für die Bitcoin-Wirtschaft dürften die anstehenden Regulierungen nur von begrenzter Bedeutung sein. Die meisten europäischen Börsen und Marktplätze haben längst selbständig und proaktiv Anti-Geldwäsche-Maßnahmen eingerichtet, die die sich an den Vorschriften für den Devisenhandel orientieren. Eine Regulierung der Wallet-Provider hingegen wäre etwas neues – und bislang weltweit einmaliges.

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14 Kommentare zu EU und Deutschland ziehen finanzielle Überwachung an

  1. mal wieder mit Atomraketen auf Spatzen schiessen, anstatt das Übel an der Wurzel zu packen.

    Nur das geht ja nicht, man würde sich ja ins eigene Fleisch schneiden, deshalb die massenmediale Ablenkung suchen.
    Was sind 5Millarden $ Marketcap BTC im Vergleich zum Umsatzvolumen von Master/Visacard.
    Nicht mal ein Tropfen auf einen heissen Stein.

    mfg

  2. Es erinnert mich immer an einen bekannten Satz den Ärzte oft sagen: „Es wird Ihnen zuerst schlechter gehen bevor es besser wird“! Die Bankkonzerne und Lobbyisten schlagen nun wild um sich, aus purer Verzweiflung vor dem drohenden Verlust ihrer Bedeutung und ihres Einflusses.

    Jedoch, wie Sie Herr Bergmann es schon angesprochen haben, für den Bitcoin hat dies keine Bedeutung. Jeder der die „Regulierung“ von Bitcoin fordert hat keinerlei Ahnung worum es sich beim Bitcoin und Kryptowährungen im Speziellen handelt – das sie eben nicht regulierbar sind! Oder glauben die Herrschaften der Kommission etwa, dass sie auf einen Knopf drücken und Bitcoin-Überweisungen damit nach blieben aufhalten können?

    Was mir auch etwas unlogisch erschein, ist die Regulierung von Bargeldzahlung von Krimminellen – ich glaube kaum, dass ein Schwarzmarkthändler plötzlich nur mehr Kreditkartenzahlungen entgegennimmt? Selbst wenn die EU sämtliche Euronoten vernichtet, dann zahlen die halt mit Dollar.
    Für mich ist das ein Zeichen, dass die Verzweiflung mittlerweile ein unvorstellbares Ausmaß angenommen hat.

    • Name required // 3. Februar 2016 um 17:32 // Antworten

      Am lustigsten ist ja der Versuch der Regulierung von Wallets. Möchte ‚mal sehen, wie die jeden Computer quasi „verplomben“ … lol

      Wer illegale Aktivitäten vorhat, der läßt sich sowieso nicht aufhalten. Im Notfall wird eben Gold als Währung benutzt, oder Diamanten.

      Die sollen sich endlich um die wirklichen Probleme kümmern: Mehr Polizei auf den Straßen und mehr Militär gegen den IS. Da gibt es Handlungsbedarf, wenn man den Terror wirklich bekämpfen will.

  3. Ohne wechsel auf Fiat ist der Bitcoin und alle anderen Coins wertlos. Damit ist dieser sehr wohl regulierbar. Ohne bitcoin.de würde ich Bitcoins nicht nutzen. Die anderen Bösen verlangen nicht nur aberwitzige Gebühren für die ein und Auszahlung von Fiat sondern sind absolut unsicher. Wenn die das Geld einfach in die eigene Tasche stecken kannst du garnichts dagegen tun wenn die am A. der Welt sind.

    Die ganzen negativen Meldungen machen mir echt sorgen. Alle Länder versuchen nach und nach den Bitcoin los zu werden. Je populärer er wird desto mehr wird dagegen vorgegangen. Die Banken haben einfach zu viel macht.

    • Name required // 3. Februar 2016 um 17:36 // Antworten

      Wieso sollte der Bitcoin wertlos sein, nur weil man ihn nicht in Fiat tauschen kann?
      Er ist eine eigenständige Zahlungseinheit. Gut Steuern lassen sich nicht damit zahlen, aber ansonsten muß man nur einen Abnehmer finden, der dafür Ware herausgibt. Die Vorteile des Bitsoins sind einfach zu groß, als dass er verschwinden würde. Die Staaten müssen sich damit abfinden.

      • Doch ohne Tausch in Fiat ist der absolut wertlos. Was kannst du damit schon bezahlen? Man würde obdachlos und dann würde man verhungern.

        Bitcoin zu regulieren ist total easy.
        – Besitz verbieten. Damit sind die Bösen schomal weg.
        – Damit ist der Verkauf und Kauf von Waren schomal weg.
        – Damit ist das Gehalt oder der Lohn schomal weg.

        So, du kannst jetzt versuchen welche per Mining zu bekommen (unmöglich) oder welche klauen. Damit machen kannst du aber eh nichts mehr.

    • etwas realitätsnähe ist ja ganz gut; aber das bitcoin.de die einzige stelle ist.. stimmt einfach nicht.
      da wäre kraken und der nette bitcoin wechsel um die ecke 😉

      • Hm, Sitz ist USA. Also nicht mal Europa. Haben die auch eine regelmäßige Überprüfung der Bestände wie bitcoin.de? Woher das Vertrauen das die deine Bitcoins garnicht haben wie cryptsy.com oder mtgox? Wenn man dreistellige Beträge oder mehr verschiebt will man schon Sicherheit. Ein Problem dort 10 Euro zu tauschen hätte ich nicht. 1000 Euro würde ich aber dort nicht einzahlen wollen. Kenne mich mit der Bösre aber auch nicht aus muss ich gestehen.

    • „Ohne Wechsel auf Fiat ist der Bitcoin und alle anderen Coins wertlos.“
      und
      „Die Banken haben einfach zu viel Macht.“

      Genau! Das ist des Pudels Kern. Auch in sog. ‚demokratischen‘ Staaten wird die Macht von ‚Eliten‘ ausgeübt – Das muss man verstanden haben…
      Ansonsten könnte die Wahrnehmung der Wirklichkeit zumindest „schief“ sein.

    • Das ist ja genau der Sinn dieser „Ankündigungen“. Aber man darf sich nicht von diesen Meldungen leiten lassen. Der EuGH hat Bitcoin mit Fiat-Geld gleichgestellt, weshalb es nicht so einfach möglich ist den Handel zu unterbinden.
      Außerdem schaut euch mal an was die Herrschaften bezüglich der DarkNet Marktplätze unternommen haben – sobald einer geschlossen wurde sind 5 neue aufgetaucht.
      Wer sagt, dass man Bitcoin nur an Börsen handeln kann? Du kannst mit jeder x-beliebigen Person Bitcoin gegen Bargeld oder Fiat tauschen. Wo ein wille, da ein Weg!

      MfG., BIOS

  4. Man kann ja jetzt schon kaum Coins auf einer Börse kaufen ohne vorherige Verifizierung. Einfach aus dem Eigeninteresse der Börsen, kein gephishtes Geld aufs Konto zu bekommen. Ich hoffe aber, dass die Möglichkeit erhalten bleibt, Bitcoins irgendwo vor Ort gegen Bargeld zu kaufen. Notfalls halt von Privatpersonen. Die Wallets zu regulieren ist natürlich Unsinn, dann werden halt alle (Online)Wallets ausserhalb der EU gehostet. Seine normale Wallet hat man ja eh auf dem eigenen Rechner, da gibts nix zu regulieren.

    Gegen das Bargeldverbot mehrt sich der Widerstand, es gibt unter anderem auch eine Onlinepetition. Die Demografie Deutschlands wird ein totales Bargeldverbot verhindern, da vielen Rentner die ganzen elektronischen Zahlungsarten suspekt sind. Die 5000 Euro Grenze kommt aber vielleicht, da es die meissten Leute nicht betrifft. Hier wäre der Bitcoin ein sehr guter Ersatz z.B. für Gebrauchtwagen etc.

  5. Mich wunder das.
    Erst vor wenigen Tagen wurde hier an dieser Stelle berichtet, das die EU vorerst keine weiteren Regulierungen für den Bitcoin geplant hat und nun wird die Sau in die andere Richtung durchs Dorf getrieben?
    Aus Bitcoin wird erst eine ernst zu nehmende Währung, wenn man Bitcoin durch Arbeit bekommt und nicht durch kaufen.

  6. Warum diese Aufregung – betrifft doch keinen Armen hier oder sollte man doch mal
    vielleicht eine andere Partei in die Oppositon wählen? Ich finde es auch seht gut, dass beim
    Bargeldverkehr die Obergrenze auf 5000€ oder weniger gesetzt werden soll.

    Endlich geht es den reichen Säcken auch an den Arsch …

    Ja die lieben Terroristen finanzieren alles mit Bargeld und Bitcoins, oder sollte ich mich täuschen?

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