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Tether: Voll auf Filz gebaut?

Rakete auf Filz. Bild von Jeremy Keith via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Schon seit einiger Zeit gibt es Zweifel, dass die Tether-Token wirklich durch Geld gedeckt sind. Mit der Bestätigung durch eine Anwaltskanzlei wollte Tether den Spektikern den Wind aus den Segeln nehmen. Nun zeigt sich aber, dass Anwälte, Bank und Tether beunruhigend eng verflochten sind.

Tether ist schon länger ein Thema. Das Token auf den Blockchains von Bitcoin und Ethereum ist laut Aussage der Firma Tether vollständig durch Dollar gedeckt. Es wird auf Cryptowährungs-Börsen wie Bitfinex, Bittrex oder Poloniex als Ersatz für Dollar benutzt, was die großen Vorteile hat, dass es schneller durchs Netz fließt und man keine Bank braucht, die sich zwischen Sender und Empfänger stellt.

Allerdings gibt es schon seit einiger Zeit Befürchtungen, dass Tether nicht oder nur teilweise durch Dollar gedeckt ist, und dass die Token willkürzlich erzeugt werden, um den Kurs von Bitcoin und anderen Kryptowährungen zu stützen oder nach oben zu manipulieren. Wenn dies wahr wäre, hätte dies erschreckende Konsequenzen. Schließlich ist Tether mit Bitcoin die meistgehandelte Währung auf den Märkten und beherrscht schon jetzt die meisten Krypto-Dollar-Währungspaare. Ein Kollaps von Tether würden den Märkten massivst Liquidität entziehen.

In den letzten Wochen wurden diese Befürchtungen einerseits durch eine wissenschaftliche Analyse gestützt, andererseits durch eine Prüfung durch eine renommierte Washingtoner Anwaltskanzlei widerlegt. Nun werden allerdings Zweifel an der Validität des Zeugnisses der Anwaltskanzlei FSS (Freeh, Sporkin und Sullivan) laut.

FSS hat für Tether eine Bestätigung geschrieben, dass zum 1. Juni 2018 die beiden Bankkonten zusammen ein ausreichendes Guthaben haben, um die zirkulierenden Tether zu decken. Die Anwälte haben diese Bestätigung ausgestellt, nachdem sie Einsicht in eine Vielzahl an Unterlagen genommen und Gespräche mit Repräsentanten von Tether und den Banken geführt haben. Allerdings gibt es einige Stellen im Bericht sowie einige Details über die Personalien dahinter, die einen Hobby-Ermittler namens Bennett Tomlin auf eine interessante Spur führen, die er in einem Blogpost zusammengefasst hat.

Die Bank von Tether

Das interessante Detail ist vor allem, dass der ehemalige Bundesrichter Eugene R. Sullivan, ein Partner der Kanzlei, ein Mitglied im Aufsichtsrat von einer der Banken ist, die Tether benutzt. Dies steht in dem Bericht, wenn auch eher nebensächlich. Bennett und andere haben nun das Naheliegende gemacht – sie haben versucht, herauszufinden, um welche Bank es sich handelt: „Mehrere von uns haben Google benutzt und tief in den Suchergebnissen gegraben, um etwas zu finden. Ich habe sogar Stunden damit verbracht, mich durch die Panama / Paradise Paper zu wühlen, in der Hoffnung, eine Verbindung zu finden.“ Weiter brachte ihn erst ein Tweet vom 22. Juni.

Der Tweet verwies auf eine gecachte Version einer Webseite einer Bank. Diese Seite wurde kurz nach dem Erscheinen des Berichts gelöscht, blieb aber noch für einige Zeit im Google-Cache. „Wenn man die gecachte Version der Seite prüft, erfährt man, dass Eugene Sullivan ein Berater der Noble Bank in Puerto Rico war.“ Ich kann die Information nicht überprüfen. Die aktuellsten Versionen dieser Seite auf waybackmachine und archive.is sind vom 21. Juni; der Inhalt ist auf ihnen bereits gelöscht.

Allerdings hat bereits BitMEX in einem Post im Februar darauf hingewiesen, dass die Noble Bank in Puerto Rico vermutlich die Partnerbank von Tether ist. Dies klingt auch darum plausibel, weil Brock Pierce, einer der Gründer von Tether (seine genaue Rolle ist unklar) auf Puerto Rico eine „Kryptostadt“ errichten will. Eine weitere Analyse von BitMEX zeigt, dass es eine starke Korrelation zwischen Bankeinzahlungen auf Perto Rico und dem Boom der Kryptowährungen 2017 gibt. Dies dürfte an sich ein starker Hinweis darauf sein, dass die Tether tatsächlich durch Dollar oder anderes Fiatgeld gedeckt sind.

Es spricht also einiges dafür, dass die Noble Bank tatsächlich die Partnerbank von Tether ist. Bennett nimmt dies nun zum Anlass, um tiefer zu graben.

Im Zentrum des Geflechts

Seine erste Beobachtung ist, dass die Noble Bank eine „Full Reserve Bank“ ist. Das bedeutet, für jeden Dollar auf ihren Konten haben sie entweder einen Dollar als Schein im Tresor oder als Sichteinlage bei einer Zentralbank. Sie können demnach kein Geld verleihen und damit auch kein Geld durch Kreditzinsen verdienen. Dies könnte ein Problem sein, da die Firma Tether laut Whitepaper durch die Zinsen für Bankeinlagen verdient. Allerdings ist es gut denkbar, dass die Transformation von Dollar in Tether für die Kunden lukrativ genug ist, um dafür Gebühren zu bezahlen; wie im Allgemeinen die Tether-Gründer und die Börsen, die Tether verwenden, in so weitem Umfang von den Dollar-Token profitieren, dass die Frage, wie Tether Geld verdient, eher nebensächlich sein dürfte.

Wesentlich interessanter ist das Geflecht, das Bennett aufdeckt. Im Zentrum davon steht vermutlich Brock Pierce. Der ehemalige Vorstand der Blockchain Foundation, der mit seinen Investmentgesellschaften Blockchain Capital und Block One in mehr als 70 Startups investiert hat und vor allem hinter dem EOS-ICO steht, ist auch Gründer von Tether – er hat seinen Anteil mittlerweile angeblich verkauft – und, nun wird es verrückt: Von Noble Markets, der Besitzerin der Noble Bank. „Also,“  fasst Bennett zusammen, „einer der Gründer von Tether ist auch der Gründer der Bank, die sie benutzen, und diese hat einen Berater, der auch einer der Anwälte ist, die das Memorandum veröffentlicht haben. Was wir hier sehen sind, meiner Meinung nach, ernsthafte Interessenskonflikte, die uns dazu zwingen, das Wesen der hier aktiven Beziehungen ernsthaft zu hinterfragen.“

Aber es geht noch weiter. Bennett findet noch eine Verbindung zu Mt. Gox, der ehemals weltgrößten Bitcoin-Börse, die in einem legendären Kollaps Anfang 2014 implodierte, was zum Auftakt des bisher längsten Bärenmarktes von Bitcoin wurde. „Es gab eine Gruppe namens Sunlot Holding, die damals einen Rehabilitations-Plan vorgeschlagen hatte. Sowohl Brock Pierce als auch John Betts waren Partner von Sunlos Holding, und John Bett ist nun Gründer und CEO von Noble Markets. Beraten wurde Sunlot Holdings damals von Louis Freeh, einem der Gründer der Anwaltskanzlei FSS LLP, die den Bericht über die Bankguthaben von Tether geschrieben hat.“

Nicht illegal, aber dubios

All das ist nicht illegal, aber es weist auf eine enge Verflechtung zwischen Tether, der Noble Bank und den Anwälten hin. Es ist wenig vertrauenserweckend, wenn die Tether-Token von mehr oder weniger denselben Personen herausgegeben werden, denen die Bank gehört, auf denen die Dollar-Guthaben liegen, durch die die Token gedeckt werden sollen, und wenn die Guthaben dann noch von einer Kanzlei geprüft wird, die zur selben Gruppe gehört. Die eigentlich gebotene Trennung von Interessen und Personen, speziell bei Prüfungen, wird hier in skandalöser Weise verletzt.

Das Blogpost führt noch einige weitere seltsame Verbindungen und Beobachtungen aus. Etwa dass der CSO von Bitfinex, Phil Potter, der auch hinter Tether steht, die Firma verlassen hat, um etwas anderes zu machen – just zu dem Zeitpunkt, an dem immer gründlicher gegen Bitfinex und Tether ermittelt wird. Oder dass die Anwaltskanzlei FSS Verbindungen zu einem Kasino in Hongkong hat, das der Geldwäsche und des Menschenschmuggels angeklagt wurde, und dass Eugene Sullivan, beschuldigt wurde, schon als Bundesrichter zu versuchen, seine Position zu Geld zu machen, und ukrainische Oligarchen verteidigt hatte. Und noch einiges mehr.

Lassen wir es an dieser Stelle dabei, dass die Tether-Frage in ein etwas dubioses Netz führt, das bei näherem Hinsehen kleiner und zentralisierter ist, als man es vermuten könnte. All dies bedeutet nicht, dass die Tether nicht gedeckt sind. Im Gegenteil: Dank der Forschungen von BitMEX legt dies sogar nahe, dass sie zumindest zu großen Teilen gedeckt sind. Aber es bedeutet dennoch, dass die Dollar-Token auf etwas unsicheren Füßen stehen und vom Fortbestehen eines Firmenkonglomerats in der Jurisdiktion der US-Regierung abhängen.

Über Christoph Bergmann (2810 Artikel)
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10 Kommentare zu Tether: Voll auf Filz gebaut?

  1. Marius Göcke // 28. Juni 2018 um 12:14 // Antworten

    Vor einiger Zeit stand unter einem deiner Tether-Artikel mal sinngemäß von irgendwem der Kommentar, dass sich das schon fast wie ein Krimi liest. Das fand ich damals noch übertrieben. Jetzt seh ich das anders. Man hat keine ganz sichere Faktenlage und die Lage scheint erschreckend zu sein, ist allerdings zugleich auch interessant, obgleich Kryptowährungen selbst bei dieser Geschichte langsam nebensächlich werden.

  2. gibt es doch auch in D,
    Nennt sich ganz einfach Politik

  3. ich denke so verweunderlich ist das nicht, dass alles so sehr verstrickt ist. Es gibt halt eine Gruppe von Hardcore Entwicklern/Erfindern/Investoren wie Brock Pierce, die einfach überall ihre Finge drin haben. Dadurch entstehen dann zwangsweise solche Verbindungen. Und dass die Puerto Rico Bank möglicherweise direkt für Tether gegründet wurde ist auch nicht überraschend, schließlich ist es sehr schwer bis unmöglich als kryptounternehmen mit einer Bank zusammenzuarbeiten, wie die vorherigen Bankprobleme von Tether bei dieser anderen Bank gezeigt haben.

    • Wie bitte ? Brock Pierce ein Entwickler und Erfinder ? Der Typ betrügt, belügt und stiehlt Ideen. Und an kleine Jungs macht er sich bekanntlich auch zu schaffen.

  4. 1A recherchiert und spannend dazu! Tether ist nach wie vor ein Risiko für den Crypto Markt. Für viele Börsen ohne Partnerbank ist Tether wiederrum ein Segen.

  5. Das ist alles sehr aufschlussreich und zeigt m.E. auf wo der Wind beim gegenwärtigen Bärenmarkt herrührt.

    Jedenfalls ist das mein Gefühl. Wenn es stimmt, dann könnten diese Einschläge jetzt öfters kommen und es könnte eine Kernschmelze bei den Kryptocoins einsetzen. Follgendes scheint mir zu beobachten zu sein:

    1. Hält beim Bitcoin die 5000 Eur Marke
    2. Wenn diese Marke fällt, was geschieht bei einem Kurs von etwa 4800 Eur (Marke vom letzten September).
    3. Wie entwickelt sich der Bitcoin Dominanzindex?
    4. Welche Coins werden diesen Bärenmarkt überleben?

  6. Kartoffelkopf // 29. Juni 2018 um 10:13 // Antworten

    Was ich hier nicht verstehe ist, dass, wenn die doch so verfilzt sind, so müssen die sich doch trotzdem der Konsequenzen bewusst sein. Gerade Anwälte und Richter sollte sich im Klaren sein, was passiert, wenn ein solcher hier unterstellter Betrug auffliegen würde.

    Im Endeffekt würden die doch so enden wie der Karpeles. Oder haben die sich, da Anwälte und Richter, schon derart abgesichert, dass ihnen von der Jurisdiktion keine Gefahr droht? Bin ich schlicht zu naiv?

    BTW, heute ist CME Future Auslaufdatum (https://cryptocalendar.pro/event/3825), d.h., wenn der Kurs hält, dann bin ich vorsichtig optimistisch gestimmt.

    • Natürlich bist du naiv.
      In Plutokratien hat man als Reicher mehr Rechte als ein Normalsterblicher.

  7. nein!
    doch!
    ohhh!

  8. Was ne‘ Verbindung: Mt. Gox, EOS, Tether, Bitfinex, Menschenhandel, Geldwäsche, Korruption, Drogenmarktplatz im Darknet (Silkroad), Sexualstraftäter…
    Ist das die neue Mafia in der Kryptoszene ?
    Mit solchen Leuten in der Kryptoszene braucht man keine Feinde aus der Regierung.
    Ich würde mich nicht wundern, wenn EOS dank dieser Verflechtungen gepumpt wurde.

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