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„Eine neue Ära der Cypherpunk-Organisierung“: AssangeDAO sammelt 53 Millionen Dollar für Julian Assage

Julian Assange, Wikileaks, 2010. Bild von Espen Moe via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die AssangeDAO wurde gegründet, um den Wikileaks-Gründer Julian Assange dabei zu unterstützen, sich gegen die Auslieferung in die USA zu wehren. Nun hat die DAO mehr als 53 Millionen Dollar eingeholt und ein NFT von Assange gekauft. Die Blockchain-Mechanismen, die hier wirken, scheinen eine enorme Wucht fürs Spendensammeln zu entfalten.

Die AssangeDAO hat 17.422 Ether (53 Millionen Dollar) für Julian Assange eingesammelt. Dieses Geld soll dem WikiLeaks-Gründer helfen, sich gerichtlich gegen die Auslieferung in die USA zu wehren.

„Das Netzwerk der Solidarität mit Assange“

Die Dezentrale Autonome Organisation (DAO) wurde Mitte Dezember in einer Telegram-Gruppe gegründet. Kurz zuvor hatte der Londoner High Court nach Einspruch der USA ein vorhergeganges Gerichtsurteil gekippt, welches die Auslieferung Assanges in die Vereinigten Staaten wegen gesundheitlicher Probleme untersagt hatte. Die DAO möchte Assange nun helfen, die Auslieferung in die USA zu verhindern, wo ihm bis zu 175 Jahre Haft drohen.

„Indem wir das Netzwerk der Solidarität mit Assange mobilisieren, hoffen wir, ein mächtiges Signal dafür zu setzen, dass die Zeit der Passivität zu Ende ist,“ so die Webseite der DAO. „Eine neue Ära der Cypherpunk-Organisierung ist angebrochen.“

Kurz nach der Gründung der DAO trat der Bruder von Assange, Gabriel Shipton, der Gruppe bei. Dieser plante zusammen mit seinem Bruder, Geld durch ein NFT-Kollektion einzusammeln, wofür er mit dem Digitalkünstler Pak zusammenarbeitete.

Das Vorbild war dabei der ehemalige Silk-Road-Gründer Ross Ulbricht. Dieser hatte durch eine NFT-Kollektion und mithilfe der FreeRossDAO 12 Millionen Dollar eingesammelt.

Crowdfunding mit NFTs

Julian Assang und Pak schufen unter dem Titel „Censored“ zwei Arten von NFTs: Erstens eine Kollektion, zu der jeder beitragen kann, indem er einen Text einreicht, der dann durchgestrichen wird und als Bild als NFT erscheint. Man kann das etwa auf dem NFT-Marktplatz OpenSea sehen.

Zweitens – und darum geht es hier — haben Assange und Pak eine digitale Uhr geschaffen, welche die Anzahl an Tagen anzeigt, die Assange nun schon eingesperrt ist. Auch diese wird als NFT angeboten.

Julian Assange hatte von 2012 bis 2019 in der Botschaft Equadors in London gelebt, wo er Asyl vor der Strafverfolgung erhalten hatte. Im April 2019 wurde Assange in der Botschaft schließlich festgenommen und zu einer Haftstraße von 50 Wochen verurteilt, da er sich durch seine Flucht der Justiz entzogen habe. Nach Ablauf der 50 Wochen blieb Assange aber weiterhin in Haft, da die USA seine Auslieferung beantragt hatten.

Die Anklage in den USA löst internationalen Protest aus. Der Journalist Heribert Prantl, ehemals Süddeutsche Zeitung, sagte, die Klage deute „Aufklärung und Whistleblowerei“ in Spionage um, wenn nicht gar in Terror. Vierzig Menschenrechtsorganisationen protestieren gegen die Behandlung von Assange. Auch Bärbel Kofler, damals Beauftragte der Bundesregierung für Menschensrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, heute Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, protestierte.

Trotz solcher Einsprüche zieren sich die europäischen Regierungen, Partei für Assange zu ergreifen oder diesem Asyl anzubieten.

17.422 Ether in einer Woche

Die AssangeDAO möchte nun nicht allein Worthülsen produzieren, sondern die finanziellen Mittel auftreiben, durch die Assange die bestmögliche juristische Unterstützung bekommt, um sich gegen die Auslieferung zur Wehr zu setzen. Wenn diese vom Tisch wäre, stünde seiner Freilassung prinzipiell nichts mehr im Wege.

Also hat die AssangeDAO Ether eingesammelt, um auf das Uhr-NFT zu bieten. Der Erfolg ist sagenhaft: Innerhalb einer einzigen Woche kamen 17.422 Ether oder 53 Millionen Dollar zusammen. Mehr als 10.000 Leute haben gespendet, darunter auch der Ethereum-Mitgründer Vitalik Buterin mit allein 10 Ether (etwa 32.000 Dollar). Vergangenen Mittwoch-Vormittag gewann die AssangeDAO die Auktion des NFT.

Die eingenommen Ether werden, erklärt der Künstler Pak, vollständig an die Wau Holland Stiftung weitergeleitet, welche die Verteidigung Assange leitet.

Die Censored-NFT-Kollektion konnte derweil bisher 670 Ether einsammeln. Das klingt wenig im Vergleich zu der Summe, die die DAO zusammenbrachte, entspricht aber immer noch 2,1 Millionen Dollar. Diese sollen, schrieb Pak auf Twitter, für „Menschenrechte, Freiheit der Information, digitale Privatsphäre, Kinder-Ausbildung und Gesundheitsorganisationen“ gespendet werden.

$JUSTICE-Token als Spendenquittung

Wie es sich für eine DAO gehört, wird die AssangeDAO „vollständig durch die Community geführt“, so die Webseite.

Als technische Plattform für das Crowdfunding nutzte die DAO das JuiceBox-Protokoll. Dieses ist ein Set von Smart Contracts auf Ethereum, welches hilft, Spendenkampagnen in DAOs zu verwandeln. Im Falle der AssangeDAO erhält jeder, der über JuiceBox spendet, je nach Betrag JUSTICE-Token.

Die $JUSTICE-Token sind sogenannte Governance-Token: Sie geben den Besitzern proportional zur Anzahl am Token Stimmrechte bei Entscheidungen über die DAO.

Die DAO selbst verwaltete das eingesammelte Geld durch eine Mulitisig-Adresse. Deren Schlüssel besitzen bekannte Personen der Krypto-Szene, etwa Amir Taaki, Jared McKenna und andere. Mit diesem Geld bot die DAO bei der Auktion des Uhr-NFTs mit.

Die Abstimmungen in der DAO waren vor allem für den Fall gedacht, dass die DAO scheitert, das NFT zu ersteigern. In diesem Fall hätten die Mitglieder kollektiv entscheiden müssen, wie sie mit den eingesammelten Ether umgehen. Da die DAO aber die Auktion gewann, wanderten die eingesammelten Ether zu Julian Assange bzw. dessen NFT-Kampagne, und das NFT in die Multisig-Wallet der DAO.

Die DAO-Mitglieder können nun entscheiden, wie es weitergeht. Vielleicht behalten sie das NFT für immer in ihrer Wallet, vielleicht beschließen sie, es zu verkaufen oder als Sicherheit für ein Darlehen zu verwenden, um so weitere Geldmittel zu erschließen, mit denen sie Julian Assage, Wikipedia oder andere Whistleblower unterstützen können.

Die enorme Macht von Krypto

Die AssangeDAO demonstriert einmal mehr, welche Macht in „Krypto“ liegt – oder, anders gesagt: Welche Macht darin liegt, wenn man Finanzströme global entfesselt und Spendenkampagnen durch Smart Contracts zu DAOs macht.

Wann kamen zuletzt solche Summen an Spenden in so kurzer Zeit für einen so speziellen Zweck zusammen? Im Vergleich zu den 53 Millionen Dollar, die die AssangeDAO gesammelt hat, verblassen die mittlweile rund 2 Millionen Dollar, welche per Bitcoin für den kanadischen „Freedom Convoy“ gesammelt wurden. Das Konzept scheint eine ungeheure Wucht zu entfalten.

Allerdings ist es nicht selbstverständlich, dass eine SpendenDAO einen solchen Erfolg hat. Auf der JuiceBox-Plattform gibt es zahlreiche Projekte, die maximal einen Ether, in der Regel weniger, eingesammelt haben. Um viel Geld aufzutreiben, benötigt man, erklären die JuiceBox-Gründer, ein gutes, von vielen geteiltes Ziel, prominente Personen, die den Multisig-Account verwalten, sowie eine aktive Community über Twitter, Discord, Telegram und so weiter.

Wenn diese Voraussetzung aber erfüllt sind, kann das Crowdfunding oder Spendensammeln durch eine DAO jede andere Methode weit in den Schatten stellen.

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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1 Kommentar zu „Eine neue Ära der Cypherpunk-Organisierung“: AssangeDAO sammelt 53 Millionen Dollar für Julian Assage

  1. Was ein Lichtblick in diesen dunklen Tagen !


    Wir sind geboren, um frei zu sein
    Wir sind 2 von Millionen
    du bist nicht allein.
    😉

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