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SEC-Boss Gary Genler: Alles außer Bitcoin ist ein Wertpapier

SEC-Boss Gary Gensler. Bild von der SEC-Webseite, Lizenz: gemeinfrei.

Der führende Börsenaufseher der USA, Gary Gensler, erklärt dem New York Magazine, warum er meint, dass alle Kryptowährungen außer Bitcoin Securities seien – und als solche reguliert werden müssen. Aber was folgt daraus?

Es dürfte selten vorkommen, dass die an sich liberale Bitcoin-Szene jubelt, wenn sich Aufseher als harte Hunde präsentieren. Doch ein Interview von SEC-Chef Gary Gensler im New Yorker löst eine kaum verhaltene Begeisterung aus.

So sieht sich der Podcaster Niko Jilch bestätigt, dass alles außer Bitcoin “toxischer Müll” sei. Er jubelt, “die US-Behörden kommen. Take cover.” Als einer seiner Follower einwendet, dass die EU es bzum Glück lockerer sehe, erwidert er, dass die USA es “viel gscheiter” machten.

Aber was hat Gensler denn nun wirklich gesagt? Und was bedeutet es für den Markt?

Es geht bei der Debatte um ein Interview, dass der SEC-Chef dem New Yorker gegeben hat. Darin gibt Gensler Einblicke, wie er über den Kryptomarkt und die Finanzregulierunug an sich denkt. So erkennt er etwa nicht, was der Punkt an Krypto ist, und findet eine Freigabe der Tokenisierung gefährlich: “Wir leben in einer Welt, in der Amazon-Aktien und US-Staatsanleihen bereits digital sind. Man kann buchstäblich den 24-Billionen-Dollar-Markt für Staatsanleihen nehmen, auf eine Blockchain legen und es dem gegenwärtigen Regime der föderalen Regulierung entziehen.”

Des einen Ideal, des anderen Alptraum. Genslers Rolle ist die desjenigen, der versucht, den Geist zurück in die Flasche zu pressen, aus der er längst entwichen ist. Der versucht, all die Lagerfeuer zu löschen, nachdem Prometheus den Menschen das Feuer gegeben hat.

Dafür, meint der SEC-Boss, brauche es keine neuen Gesetze. Die bestehenden geben ihm bereits das Mandat, im Kryptomarkt hart durchzugreifen. Er ist überzeugt, schreibt der “New Yorker”, dass “mehr oder weniger jede Art von Krypto-Transaktion bereits unter die Jurisdiktion der SEC fällt”. Ausgenommen seien lediglich der Spot-Handel mit Bitcoin und der Kauf oder Verkauf von Gütern mit Kryptowährungen.

Dann liefert Gensler jenes Zitat, das manche Bitcoin-Maximalisten so sehr entzückt: “Alles außer Bitcoin”. Für alles außer Bitcoin “findet man eine Webseite, eine Gruppe von Internehmern, die vielleicht eine juristische Entität in einem Steuerparadies aufgesetzt haben; sie haben vielleicht eine Fundation, und so weiter.” Die Herausgeber der Token gehen viele Umwege und erfinden viele Geschichten. “Aber im Kern sind diese Token Securities, denn es gibt eine Gruppe in der Mitte und die Öffentlichkeit erwartet Profite auf Basis dieser Gruppe.”

Allein Bitcoin sei, wegen seiner einzigartigen Geschichte, fundamental anders.

Bedeutet das nun, dass in den USA alles außer Bitcoin verboten wird? Dass die SEC alle anderen Kryptowährungen und -Token verfolgen wird? Wird die Aufsicht jede Börse verklagen, die mehr als Bitcoin anbietet? Wird jede Foundation und jedes Ökosystem seine Token bei der SEC anmelden müssen? Wird eine gigantische Welle von Klagen über den Kryptomarkt in den USA rollen?

Was ist der Plan?

Unter dem Regimie von Gensler könnte die SEC tatsächlich versuchen, diesen Anspruch durchzusetzen. Allerdings wendet der Blockchain-Anwalt Jake Chervinsky ein, dass Genslers Ansicht “eine Meinung, kein Gesetz” sei. “Die SEC hat nicht die Autorität, eines von ihnen [von den digitalen Assets] zu regulieren, bevor sie den Anspruch vor Gericht bewiesen hat. Für jedes Assets, jedes einzelne Mal, eines nach dem anderen.”

Gabriel Shapiro, als Lex Node ebenfalls ein Krypto-Anwalt, fragt daher “was ist der Plan?” Laut der Aussage von Gensler wären, erklärt er, “12.305 Token / 663 Milliarden Dollar im Wert illegal in den USA, weil sie als unregistrierte Securitys gehandelt werden.”

Bisher sei die SEC gegen solche unregistrierte Securitys auf zwei Arten vorgegangen: Erstens, sie verhängt eine Strafe und verlangt die Registrierung als Security. Diese sei bisher in jedem einzelnen Fall gescheitert, woraufhin die beteiligten Unternehmen bankrott gingen. Die zweite Variante besteht ebenfalls in einer Strafe sowie der Anordnung, alle premined Token zu vernichten und die Token an sich von Börsen zu entfernen. “In beiden Fällen,” so Shapiro, “fallen die Token auf 0 Dollar.”

Die Registrierung bei der SEC als Security ist nicht nur zu teuer für die meisten Token-Schöpfer – “es gibt auch keinen klaren Pfad dahin (egal wie oft Gensler das Gegenteil behauptet).” Die Registrierung ist mehr oder weniger unmöglich. Der Plan der SEC sei daher, dass “jeder riesige Strafen bezahlt, aufhört an den Protokollen zu arbeiten, alle Premines vernichtet und die Token delistet.” Dies würde 12.305 Gerichtsprozesse und die Auslöschung von 663 Milliarden Dollar nach sich ziehen.

12.000 Gerichtsprozesse – das sind mehr, als es registrierte Securitys bei der SEC gibt. Und wenn sich eine Foundation oder ein Unternehmen oder Interessensgemeinschaft wehrt, kann sich jeder einzelne Prozess in die Länge ziehen. Das sieht man etwa bei Ripple, einem Coin, der wie kaum ein anderer einem Security oder Wertpapier entspricht, aber die SEC dennoch in einen jahrelangen Prozess verwickelt. Die Aufsicht würde die US-Gerichte für Jahre hin blockieren.

Für die SEC mag all dies ein angenehmer Weg sein: Die Behörde hat Futter, um bis zum Sankt-Nimmerleinstag Gerichtsprozesse zu führen, und angesichts der hohen involvierten Werte kann sie viele Milliarden an Strafen einziehen. Genslers Schritt könnte eine massive Umverteilung von Werten vom freien Markt an eine staatliche Institution einleiten, es wäre quasi die Kollektivierung des Kryptomarktes. Für diesen hätte das extreme Folgen, vor allem in den USA, aber auch weltweit.

Aber das Wort eines SEC-Chefs ist kein Gesetz, und die Mühlen der Justiz mahlen bekanntlich langsam. Daher gibt es noch keine Gründe für die Krypto-Szene, in Panik zu verfallen.

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3 Kommentare zu SEC-Boss Gary Genler: Alles außer Bitcoin ist ein Wertpapier

  1. Multi-Akademiker // 27. Februar 2023 um 13:22 // Antworten

    Warum hat ein bezahlter Vertreter der “Spiel- ind- Zocker-Hölle”, in der Existenzen systematisch zerstört werden, überhaupt was zu melden?

  2. Wobei ich bei anderen Währungen wie Monero oder Litecoin und ein paar andren auch geltend machen würde dass sie nicht von einer Firma herausgegeben werden und premined sind. BTC Only halte ich hier für nicht vernünftig als Grundlage

    • Ich glaube auch nicht, dass das halten wird. Als politisches Statement ist es ein Versuch die Kryptobranche zu spalten und dann einzeln zu beackern. Gary Genler ist sicher kein Bitcoin Maximalist.
      Bitcoin greift man wegen POW als Umweltsünder an, Ethereum und andere, wegen der Möglichkeit, mit Ihnen komplexe Derivate zu bilden.

      Mit all den Argumenten sollte man sich ernsthaft auseinander setzen, nur spalten lassen und gegeneinader auspielen lassen, sollte sich die Kryptobranche nicht.

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