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„Der direkteste Angriff gegen persönliche Freiheit und Privatsphäre von Krypto-Usern und Entwicklern, den wir bisher erlebt haben“

Das Kapitol in Washington - hier tagt der Senat. Bild von Kurtis Garbutt via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die US-Senatorin Elizabeth Warren sammelt derzeit Unterstützung für ein beispiellos scharfes Gesetz gegen Kryptowährungen. Im Prinzip soll jeder, der etwas für Krypto macht, als Finanzinstitution gelten.

Und sie schlägt mal wieder zu: Die Demokratin Elizabeth Warren gilt als eine der schärften Bitcoin-Kritikerinnen der US-Politik. Diesen Ruf bestätigt sie mit einem neuen Gesetzesvorhaben.

Auf der Webseite der Senatorin ist zu lesen, dass sie im Banking Komitee des Senats fünf weitere Abgeordnete dafür gewonnen hat, ihren Gesetzesentwurf gegen Geldwäsche durch digitale Assets zu unterstützen. Damit sind es zusammen mit Warren schon 20 Senatoren und Senatorinnen, überwiegend von den Demokraten. Ferner genießt der Entwurf die Rückendeckung mehrerer Institutionen, etwa dem Bank Policy Institute, der Massachusetts Bankers Association, der Major County Sheriffs of America, der National Consumers League und anderen.

Das Gesetz soll Schlupflöcher schließen und dafür sorgen, dass das Ökosystem der digitalen Währungen konform mit den allgemeinen Regeln gegen Geldwäsche geht. Dies sei nötig, so Warren, um Terroristen, Schurkenstaaten, Drogenbosse, Ransomware-Gangs und Betrügerinnen daran zu hindern, durch Kryptowährungen Geld zu waschen. Das klingt nach einem noblen Vorhaben. Doch sobald man in die Details schaut, kann einem nur kalt den Rücken herunterlaufen.

Auch Wallet-Entwickler sollen reguliert werden

Im Kern geht es beim Gesetz darum, den Bank Secrecy Act (BSA) vollständig auf Kryptowährungen anzulegen. Der BSA bürdet „Finanzinstitutionen“ gewisse Pflichten auf, etwa die Identität der Kundinnen zu prüfen und zu speichern, Maßnahmen zu ergreifen, um Geldwäsche zu verhindern, und verdächtige Transaktionen zu melden. Dieses Gesetz gilt bereits für Börsen und andere treuhänderische Krypto-Dienstleister, was insgesamt nur fair ist.

Geht es nach Warren und ihren Mitstreitern, reicht dies aber noch nicht. Sie wollen die maßgebliche Grenze schleifen, die bisher der Regulierung verpflichtete Dienstleister von anderen Akteuren unterschied: die Treuhand. Anstatt nur Verwahrer ins Visier zu nehmen, sollen auch „Wallet-Anbieter, Miner, Validatoren und andere Akteure im Netzwerk“ dem BSA unterworfen werden. Insbesondere sei „die massive Lücke hinsichtlich der unhosted Wallets“ zu schließen, da mit diesen Anti-Geldwäsche-Regeln umgangen werde.

Damit wären wir bei dem Punkt, der nicht nur ein bißchen weh tut: Eine „Unhosted Wallet“ meint laut Gesetzesentwurf „eine Software oder Hardware, die es ermöglicht, öffentliche und private Schlüssel zu speichern, die genutzt werden, um den Transfer von digitalen Assets sicher digital zu signieren, so dass die gespeicherten Werte das Eigentum der Wallet-Besitzerin sind und von dieser unabhängig kontrolliert werden.“ Eine „Unhosted Wallet“ ist also schlicht eine Wallet, die das erlaubt, was an Kryptowährungen am schönsten ist: dass jeder und jede digitale Werte autonom verwahren kann.

Die Anbieter solcher Wallets sollen laut dem Gesetzesentwurf also in die Liste der dem Bank Secrecy Act verpflichteten Finanzinstitutionen aufgenommen werden. Das können Software-Entwickler und -Entwicklerinnen sein, die die Wallets kostenlos zum Download anbieten, Unternehmen, die Hardware-Wallets verkaufen, oder diejenigen, die Server betreiben, über die Transaktionen von Wallets propagiert oder empfangen werden.

Darüber hinaus sollen auch Miner, Validatoren „und andere Knoten, die einen Beitrag leisten, um die Transaktionen einer dritten Partei zu validieren oder zu sichern,“ als Finanzinstitutionen gelten, wie auch „jede andere Person, die einen Service leistet oder anbietet, der mit dem Wechsel, dem Verkauf, der Verwahrung oder dem Verleihen von digitalen Assets verbunden ist.“

Also prinzipiell jeder: wer mit einem Lightning-Knoten Transaktionen weiterleitet, wer mit einem Full Node Transaktionen propagiert, wer Hashes an einen Mining-Pool sendet, wer Geld in einen Liquitätspool bei Uniswap oder anderen DeFi-Apps steckt. Eben jeder, der irgendeinen Beitrag zu Krypto leistet.

Darin liegt natürlich mehr als nur ein wenig Sprengstoff.

„Das Gesetz macht keinen Hehl daraus“

Das Gesetz sei „ein opportunistischer, verfassungswidriger Angriff auf die Selbstverwahrung von Kryptowährungen und auf Entwicklerinnen und Node-Betreiber“, titelt das Coin Center, das sich in Washington für die Interessen der Krypto-Branche einsetzt. Er sei „die direkteste Attacke gegen persönliche Freiheit und Privatsphäre von Krypto-Usern und Entwicklern, die wir bisher erlebt haben.“

Jeder, der hilft, die öffentliche Blockchain-Infrastruktur zu erhalten, ob als Entwickler oder Validatorin, würde durch das Gesetz gezwungen werden, sich als Finanzinstitution zu registrieren. Also solche muss er oder sie die Identität der Nutzer und Nutzerinnen feststellen und dokumentieren, Anti-Geldwäsche-Programme entwickeln und implementieren, „die User daran hindern, ihre Software oder das Netz zu benutzen, wenn sie diese verdächtigen, Gelder krimineller Herkunft zu versenden“, und verdächtige Transaktionen an die Aufsicht melden. Ferner ist es Finanzinstitutionen verboten, Werkzeuge zur Verbesserung der Privatsphäre zu nutzen, beispielsweise Mixer oder Privacycoins.

Für das Coin Center überschreitet die Senatorin damit eine rote Linie. „Das Gesetz macht keinen Hehl daraus: Es soll Software-Entwicklern und Node-Betreibern eine Zugangsregulierung aufbürden, wie auch einer weiteren langen Liste nicht-treuhänderischer Entitäten.“ Mit anderen Worten: Es wurde „absichtlich so geschrieben, dass es erlaubnisfreie Blockchains für Amerikaner nicht länger zugänglich macht, indem es Validatoren und Entwickler dieser Netzwerke zwingt, ihre Infrastruktur zu verschließen und zu überwachen.“ Es wolle „Amerikanern verbieten, eine technologische Garantie persönlicher Privatsphäre und individueller Handlungskompetenz zu genießen, wenn sie online-Transaktionen tätigen.“

Das Gesetz tarne sich zwar als Instrument gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Tatsächlich sei es aber „eine Zurückweisung liberaler Werte und ein Schritt hin zu der Art von Überwachung und Kontrolle, welche Autokraten wie Wladimir Putin, Xi Jinping und Kim Jong-Un auszeichnet.“ Man werde daher, schließt das Coin Center, alles tun, um die Amerikaner vor diesem Gesetz zu schützen. Hoffentlich mit Erfolg.

Über Christoph Bergmann (2813 Artikel)
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