Bitcoin ist wieder über 10.000 Dollar und braucht dafür keinen anderen Grund, als da zu sein

Er hat es wieder getan. Der Bitcoin-Preis ist gestern erneut über die 10.000-Dollar-Marke gesprungen. Das geschah schon oft, ist diesmal aber anders: Der Wertzuwachs ist keine Spekulation auf das Potenzial von Bitcoin – sondern eine Reaktion auf den Wertverfall des Fiatgeldes. Gleichzeitig heben andere Kryptowährungen wie Ethereum noch stärker ab, während sich die ersten Anzeichen für eine partielle Blasenbildung zeigen.
An Montagen wie diesen hat man als Bitcoinblogger mal wieder die Gelegenheit, über gute Nachrichten zu reden. Das Wochenende sah einen hübschen Kursanstieg bei Bitcoin und anderen Kryptowährungen, und einmal mehr spielte dabei die 10.000-Dollar-Schwelle (etwa 8.500 Euro) eine Schlüsselrolle.

Der Bitcoin-Preis in Euro im 1-Wochen-Chart. Quelle: Bitcoin.de
Für Trader, die sich auf die sogenannten “technischen Analysen” verlassen, dürfte das Wochenende eine wichtige Trendwende gewesen sein. Seit dem Corona-Crash bewegte sich Bitcoin fast durchgehend seitwärts, in der Regel zwischen 9.000 und 9.600 Dollar. Nun ist der Kurs aus diesem Trend ausgebrochen, hat die 10.000 Dollar durchstoßen, mit etwa 10.3000 Dollar einen vorsichtigen Versuch gemacht, sich weiter hochzutasten, aber dann wieder auf etwa 10.150 Dollar zurückgesetzt. Das ist noch zu wackelig, um zu behaupten, dass es diesmal sitzen wird. Zu oft hat der Markt das Gebiet jenseits der 10.000 Dollar kurz besetzt und dann zügig wieder verlassen.

Nach dem Corona-Crash hat sich Bitcoin erholt und lange seitwärts getrended. Fand am Wochenende nun der Ausbruch statt?
Charttechnisch sieht es diesmal dennoch anders aus – nach einem klaren Ausbruch aus einem langen Trend. Gäbe es auch einen Grund, um diese optimistische Vermutung zu stützen?
Nein und ja. Bitcoin selbst liefert keinen konkreten Grund. Die Anzahl der täglichen Transaktionen stagniert ebenso wie das überwiesene Volumen, die gleichbleibende Anzahl an Bitcoins im Lightning-Netzwerk gibt keinen Anlass zur Vermutung, dass es ein Wachstum offchain gibt, und weder hört man von wichtigen neuen Akzeptanzstellen noch von einer neuen Welle von großen Investoren, die Bitcoin für sich entdeckt haben.
Wenn man den Blick rein auf Bitcoin richtet, versteht man den Ausbruch am Wochenende lediglich als eine der typischen zufälligen Zuckungen der Märkte.
Bitcoin schützt vor Inflation – und zwar so, wie er ist
Allerdings ist ein Blick auf das Fiat-Geld umso vielsagender. “Fiat-Geld” meint das normale Geld, das wir jeden Tag benutzen, für uns den Euro, für andere Dollar, Kronen, Denare, Lira, Peseten, Yens und so weiter. Das Geld eben, das von Zentralbanken gedruckt von von Banken verwaltet wird.
Die EU wie auch die Regierung der USA haben im Zuge der Corona-Krise die Märkte mit einer Monsterwelle an neuem Geld geflutet. Das jüngst verabschiedete Hilfsprogramm der EU umfasst etwa eine Dreiviertel Billion Euro, das der USA ist noch größer. Die logische Schlussfolgerung ist, dass Geld desto weniger wert wird, je mehr es davon gibt, und es erfordert eine gewisse Meisterschaft der mentalen Akrobatik, um diese Konsequenz wegzuargumentieren.
Vielleicht ist Bitcoin am Wochenende einfach nur stabil geblieben, während Euro und Dollar gefallen sind, und vielleicht wäre die richtige Überschrift gewesen, dass der Dollar unter 0,0001 Bitcoin gefallen ist.
Ein wertvoller Indiz hierfür ist der Goldpreis. Der ist im Lauf der letzten Monate fortlaufend gestiegen und hat just an diesem Wochenende ein Allzeithoch von 1.660 Euro je Unze erreicht. Nicht so viel anders sieht es beim DAX aus. Der wichtigste deutsche Aktienindex ist im März heftig auf einen Tiefpunkt von gut 8.400 Punkte gefallen, hat sich aber nach der Kapitalspritze durch die Regierung(en) wieder mächtig aufgerappelt und steht nun mit knapp 13.000 Punkten wieder kurz vor seinem Allzeithoch. Und das obwohl wichtige DAX-Unternehmen wie die Deutsche Bank, Daimler, Volkswagen oder *hüstel* Wirecard weiter hüfttief im Schlamassel stecken.
Um es deutlich zu sagen: Es gab in der gesamten Geschichte von Bitcoin noch niemals eine Kursbewegung, die so sehr auf eine Entwertung des Fiat-Geldes zurückzuführen ist wie diese. Bitcoin ist damit offiziell in die Klasse der Investment-Produkte aufgestiegen, durch die sich Bürger vor der Manipulation des Geldes durch die Politik schützen.
In gewisser Weise wertet dies Bitcoin auf – und ab. Bitcoin sitzt damit in einer Klasse mit Gold. Das ist eine beträchtliche Errungenschaft. Während jeder Wertzuwachs von Bitcoin bisher eine Spekulation auf das war, was Bitcoin in Zukunft sein wird, ist dieser Wertzuwachs vielmehr eine Reaktion der Märkte darauf, was Bitcoin bereits heute ist.
Allerdings ist das Potential von Bitcoin damit noch längst nicht ausgeschöpft. Anstatt ein “Asset” zu sein, dessen Wert sich in Zahlungsmitteln wie Euro oder Dollar misst, sollte Bitcoin selbst dieses Zahlungsmittel sein, an dem sich alles andere zu messen hat. Von diesem Ziel ist die Kryptowährung aber weiterhin sehr weit entfernt.
Ethereum gewinnt deutlich mehr als Bitcoin
Allerdings ist Bitcoin nicht die einzige Kryptowährung, die an Wert gewinnt. Das zeigt der sogenannte “Bitcoin-Dominanz-Index” . Er misst, welchen Anteil Bitcoin an der gesamten Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen einnimmt. Betrug dieser Wert Anfang des Jahres noch beinah 70 Prozent und Anfang Juli noch 65 Prozent, ist er nun in den letzten Wochen auf knapp über 61 Prozent gerutscht. Anders gesagt: Bitcoin hat Marktanteile an Altcoins abgegeben.

Der Kursverlauf von Ethereum im 1-Monats-Chart gemessen an Bitcoin. Quelle: Coinmarketcap.com
Der klare Gewinner dabei ist Ethereum. Die zweitgrößte Kryptowährung konnte ihren Preis von gut 220 Dollar Anfang Juli auf heute gut 320 Dollar steigern. Ein Großteil der Kursgewinne strich der Coin dabei in den letzten sieben Tagen ein. Der Grund hierfür dürfte in der explodierenden Popularität der DeFis liegen (Apps für dezentrale Finanzen, etwa Compound) sowie im Näherrücken des Beginns von eth2, das durch die Beacon-Chain voraussichtlich viele Ether binden wird.
Kaum etwas verdeutlicht den Aufstieg von Ethereum so sehr wie die Seite Defipulse. Diese listet “DeFis”, also Apps, bei denen man Kryptowährungen einlockt, um damit etwas anderes zu machen. Diese DeFis sind an sich blockchain-neutral. So zählt etwa auch das Lightning-Netzwerk als ein DeFi. Vor einigen Monaten war Lightning im Ranking der DeFis nach eingefrorenem Vermögen noch auf dem achten Platz; heute ist es auf den 20. abgerutscht. Das Volumen aller DeFis lag Ende Mai noch bei weniger als einer Milliarde Dollar; heute liegt es bei 3,6 Milliarden. Hier bildet sich ein starker Trend ab, der sich beinah vollständig auf die Ethereum-Blockchain fokusiert. Auch bei den vereinnahmten Transaktionsgebühren sticht Ethereum Bitcoin mittlerweile aus. Es scheint den Märkten offenbar mehr wert zu sein, Ethereum zu benutzen als Bitcoin.

Die Werte in DeFis sind in den letzten zwei Monaten rasant angestiegen. Quelle: Defipulse.com
Ob Ethereum tatsächlich die offenbar hohen Erwartungen der Märkte erfüllen wird, ist derzeit noch offen. Zwar dürfte es mittlerweile keine Frage mehr sein, ob Ethereum als Plattform für Smart Contracts nützlich ist und es ein Bedürfnis des Marktes danach gibt. Allerdings steht und fällt der Sinn von Ethereum damit, ob es gelingen wird, mit Eth2 oder offchain-Netzwerken tatsächlich gut genug zu skalieren.
Zarte Anzeichen für eine Blasenbildung bei Altcoins
Natürlich sind Bitcoin und Ethereum nicht die einzigen Kryptowährungen, die vom Sog nach oben erfasst werden. Dabei zeigen sich schon die ersten Anzeichen einer partiellen Blasenbildung.
Auf der einen Seite gewinnen die “klassischen” Altcoins wie XRP, BCH, Litecoin (LTC) oder Dash (DASH) gar nicht oder nur minimal gegenüber Bitcoin. BSV konnte zwar im Lauf der letzten 30 Tage ein gutes Stück Land gewinnen, aber dies wirkt weniger wie ein tatsächlicher Trend aufwärts, sondern eher wie ein kurzer Zurücksetzer in einem ungebrochenen Marsch zum Boden. Der Markt scheint hier ein wenig müde geworden zu sein, und obwohl diese Coins tatsächlich benutzt werden, scheinen die Investoren wenig Interesse an ihnen zu haben.
Unter den Zahlungscoins zeigen einzig die beiden Privacycoins Monero (XMR) und Zcash (ZEC) einen zwar nicht explosiven, aber doch konstanten und deutlich sichtbaren Aufwind, der schon einige Monate anhält, sich im Juli aber leicht beschleunigt hat. Für den Markt scheint es dabei keinen großen Unterschied zu machen, dass XMR tatsächlich zunehmend als Zahlungsmittel verwendet wird, während die Nutzung von ZEC auf sehr niedrigem Niveau stagniert.
Einen deutlich größeren Appetit hat der Markt dagegen auf neuartige, experimentelle Smart-Contract-Plattformen, die versprechen, Blockchain neu und diesmal besser zu erfinden, aber bisher noch mit gar keiner nennenswerten Nutzung aufwarten können. So wäre da etwa Cardano. Die Ada genannten Token der Cardano-Blockchain konnten ihren Preis in Bitcoin betrachtet beinah verdoppeln und haben nun etwa 1.400 Satoshi erreicht. Ausschlaggegebend dürfte hier jedoch keine tatsächliche Anwendung wie bei Ethereum sein, sondern die Hoffnung darauf, dass das Shelley-Upgrade nun endlich erfolgt, Cardano zu einer “echten” – also dezentralen – Blockchain werden und Ethereum den Rang als Plattform für Smart Contracts streitig machen wird. Zwar haben die Entwickler das wichtige Update immer wieder verschoben. Doch es gelang ihnen offenbar, dem Markt zu demonstrieren, dass sie die technische Kompetenz haben, um etwas Großes aufzubauen. Relativ ähnlich verhält es sich mit VeChain (VET).
Etwas anders sieht es bei Stellar aus. Stellar ist eine Ripple-Fork und punktet daher mit einer (theoretisch) hohen Skalierbarkeit sowie der Fähigkeit zur Tokenbildung. Dies wird derzeit immer mehr nachgefragt, etwa von BitBond, dem Berliner Startup, das derzeit Stellar zur Plattform der Tokenisierung im deutschen Bankwesen macht, und es scheint, als würde sich diese Nutzung auch im Preis manifestieren.
Einige weitere prominente Gewinner im letzten Monat sind die Token von Crypto.com und Chainlink. Während Chainlink tatsächlich ein spezielles Bedürfnis der Märkte befriedigt, erscheint Crypto.com wie eine typische Webwallet mit Kreditkarte. Warum sie so viel wert sein soll, mehr als die großen Börsen Binance und Bitfinex, erschließt sich mir nicht, wäre aber eventuell einmal eine Recherche wert. Daneben gäbe es noch einige weitere Token zu erwähnen, vor allem aus dem Umfeld der DeFis.
Damit bleibt ein gemischtes Bild von den über Bitcoin und Ethereum hinausgehenden Kryptomärkten. Die Chancen, mit dem richtigen Investment gut zu verdienen, sind wieder da, und zwar stärker als in den Jahren zuvor. Aber es zeigen sich auch Anzeichen für eine Blasenbildung.
Happy Monday!
Es ist eigentlich ganz einfach erklärt: Um eine Debitkarte mit Kryptoanbindung zu erhalten, muss man je nach Ausführung (Payback und sonstiger Schmarrn) deren eigene Coins für mehrere Monate staken, jeder neue User entzieht diese also dem Markt. Früher hat man sowas
Ponzigenannt, heute ist es FinTech.Danke für die Info!
Der bei Crypto.com für die Ausgabe der Debitkarte maßgebliche Coin ist der MCO-Token. Dieser rangiert auf coinmarketcap viel weiter unten. Wofür man diesen Crypto.com-Token (CRO) braucht erschließt sich mir nicht wirklich. Das ist eine Art Utility-Token den man innerhalb der Crypto.com-App bzw. innerhalb der Crypto.com-Exchange einsetzen kann. Außerdem soll man CRO auch für einfache Zahlungsvorgänge einsetzen können (ich habe aber meine Zweifel wieso die Welt noch einen weiteren Coin als Zahlungsmittel benötigt).
Derzeit veranstaltet Crypto.com auf deren Exchange für jedes neue Coin-Listing (The Syndicate) eine begrenzte Ausgabe der Coins mit 50% Ermäßigung auf den regulären Kurs. Die Zuteilungsrate ist abhängig davon wieviele CRO man dafür einsetzt und wieviele CRO man gleichzeitig staked (für’s Staking bekommt man zusätzlich eine zweistellige Verzinsung).
Beispiel:
Im Juni gab es ADA gegen CRO mit 50% Nachlass auf den regulären Kurs zu kaufen. Dazu musste man zunächst CRO staken. Abhängig von der gestakten Menge CRO kann man einen gewissen Betrag an zusätzlichen CRO verwenden um davon die vergünstigten ADA zu kaufen (und ggf. gleich im Anschlus daran mit 50% Gewinn wieder zu verkaufen). Der Haken ist jedoch, dass ein extremer Überhang an CRO vorhanden ist, und man nur 1,5% – 2% seiner dafür eingesetzten CRO tatsächlich in vergünstigte ADA umgewandelt bekommt. Ich vermute nicht wenige erhöhen deshalb ihren Einsatz an CRO um dadurch eine höhere Zuteilung der vergünstigten Token zu erhalten. Kein schlechter Marketing-Trick, welchen sie ca. alle 2 Wochen mit einem anderen Coin wiederholen. Der Effekt wird sich jedoch irgendwann “totlaufen” und ich weiß nicht was dann noch eine Marktkapitalisierung von knapp 3 Mrd. USD rechtfertigen sollte.
Danke, Kranich für die Details! Ist also im Grunde noch ein perfektionierteres System als das von mir oben durchgestrichene 😀
Bis M. (mal wieder) einen auf Madoff macht 😛
Nur der Vollständigkeit halber: Crypto.com hat heute angekündigt einen MCO-Swap durchzuführen, wodurch sein ursprünglicher Coin quasi nutzlos wird und gegen CRO-Token getauscht werden muss (bzw. sollte).
So einfach macht man aus einem Coin mit 70 Mio. € Marktkapitalisierung einen mit 3 Mrd. €. Es handelt sich prinzipiell um das gleiche Projekt nur hat der Herausgeber beim CRO-Token noch jede Menge “in Hinterhand”, wodurch er üppige Verzinsungen und Incentives versprechen kann, welche den Token-Kurs hoch halten.
Es gibt anscheinend niemanden der sich Gedanken darüber macht ob deren Geschäftsmodell überhaupt eine Rendite erwirtschaften kann, die 3 Mrd. € Marktkapitalisierung rechtfertigen könnte. Kopfschütteln, sowas gibt’s nur bei Krypto. 🙂
Für mich wirkt das langsam wie das neue Bitconnect / Onecoin, aber immerhin mit Anbindung an eine Debit Karte…