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„Tethers globale Strategie, resiliente Städte und Länder aufzubauen“

Tether, die Herausgeberin des wichtigsten Stablecoins USDT, kooperiert mit der Regierung von Georgien. Dies ist nicht die erste Kooperation von Tether mit Regierungen. Aber was bezweckt das Unternehmen davon?

Der Stablecoin-Anbieter Tether (USDT) hat eine Absichtserklärung mit der Regierung von Georgien unterzeichnet.

Die „strategische Kollaboration“ soll Georgien zu einem „zentralen Hub für Peer-to-Peer- und Blockchain-Technologien machen“, schreibt die Pressemitteilung, soll P2P-Technologien wie Keet und Holepunch mehr Anwender verschaffen, Startups fördern und im generellen dem Startup-Ökosystem in Georgien unter die Arme greifen.

Tether, erklärt Wirtschaftsminister Irakli Nadareishvili, werde einen Spezialfonds einrichten, um lokale Startups zu unterstützen, und, erklärt ein Video, dem Bildungswesen helfen, Fachkräfte für Blockchain und P2P hervorzubringen. Darüber hinaus werden Tether und die Regierung die Entwicklung und Nutzung eines „robusten und unabhängigen Kommunikations- und Finanzsystems“ vorantreiben; die „inhärente Transparenz und Sicherheit von Blockchain-Systemen“ werde zudem den öffentlichen Dienst und auch den privaten Sektor transformieren.

Inhaltlich bleibt die Erklärung aber schreiend vage: Man erfährt weder etwas von konkreten Plänen, Förderungen und Kooperationen noch über das Volumen des geplanten Fonds. Letzten Endes könnte man die Meldung damit abkürzen, dass Tether und die Regierung von Georgien unverbindlich vereinbart haben, etwas mit Blockchain und P2P zu machen.

Dies macht die Ankündigung so nebulös, dass die meisten Krypto-Medien nicht wirklich wissen, was sie damit anfangen sollen. BeInCrypto rätselt, welche Vorteile Tether von einem solchen Projekt habe, und ob die Stablecoin-Herausgeberin damit dem Status einer Schattenregierung näher komme.

In der Tat kann man über das, was die Pressemitteilung auslässt, genüsslich spekulieren. Was bezweckt Tether in Georgien? Warum verspricht das Unternehmen, reichlich Geld in das Land zu investieren? Was bekommt es als Gegenleistung?

Einen Hinweis finden wir in der Pressemitteilung: Die Partnerschaft unterstreiche „Tethers Bekenntnis zu seiner globalen Strategie, resiliente Städte und Nationen zu bilden.“ Indem Tether sich mit Städten und Nationalstaaten wie El Salvador, Uruguay und nun Georgien verbündet, schafft sich das Unternehmen Safespaces, in die es sich vor der Zudringlichkeit der Regulierer zurückziehen kann.

Die idealen Safespaces für Tether sind offenbar Länder der zweiten Welt, die außenpolitisch friedlich und innenpolitisch demokratisch sind, und die über die natürlichen Ressourcen verfügen, um Bitcoin-Mining im großen Stil zuzulassen. Aber auch Städte wie Lugano scheinen ins Profil zu passen. Tether arbeitet so umtriebig mit Städten und Regierungen zusammen, dass man das Unternehmen schon fast als transnationales Organ bezeichnen kann, ähnlich der FATF oder der Weltbank. Was letzten Endes auch das einzige wirklich nachhaltige Ziel eines Stablecoin-Herausgebers sein sollte.

Einen interessanten Fingerzeig gibt auch das Wording der Pressemitteilung: Tether spricht von „Blockchain und Peer-to-Peer“, anstatt wie gewohnt von „Bitcoin und Kryptowährungen“. Georgien scheint für das Unternehmen ein erster Anlauf zu sein, sich strategisch etwas anders zu positionieren. Dabei werden immer wieder, sowohl in der Pressemitteilung als auch in Tweets, die bisher eigentlich unbekannten Apps Holepunch und Keet erwähnt.

Holepunch ist eine Plattform P2P-Apps ohne Server, Keet ist ein Kommunikationsinstrument, ähnlich wie Telegram, auf Basis von Holepunch, natürlich dezentral und vollständig verschlüsselt. Über Holepunch ist nicht viel zu erfahren. Die Plattform ging Mitte 2022 live und wird von Anfang an von Tether und der Börse Bitfinex unterstützt.

Wie die Schaffung von Safespaces kann die Unterstützung von P2P-Technologien Tether dabei helfen, der Regulierung zu entfliehen und Datenleaks zu vermeiden, wie sie etwa in Form von Chatprotokollen in einen Gerichtsprozess gegen das Unternehmen eingingen.

Aber der Standort Georgien legt eine dritte Erklärung nahe: Tether versucht, unverzichtbar für die US-Regierung zu werden. Denn Georgien ist ein geopolitisch enorm wichtiges Land: Die ehemalige Sowjetrepublik ist gleichwohl in die westliche als auch die östliche Welt eingebunden und pflegt eine etwas komplizierte Geschichte mit seinem nicht ganz einfachen Nachbarn Russland.

Indem Tether verspricht, in Georgien eine resiliente Infrastruktur für Kommunikation und Finanzen aufzubauen, kann es das Land vor Übergriffen durch Russland schützen, und im Fall von Cyberkriegen stabiler machen. Auch im Falle eines möglichen Kollapses von Russland wird ein starkes, stabiles Georgien wichtig sein.

Der gar nicht genannte Faktor in diesem Szenario könnte aber der Dollar sein – der Tether-Dollar USDT. Denn Tether ist schon seit einiger Zeit eine Art von Schattenzentralbank für den Dollar, die Institution, die die US-Regierung gerne wäre, aber nicht sein kann, ein Organ, das den Dollar als elektronische Schattenwährung dorthin bringt, wo er es als Greenback bisher schwer hat, nämlich an die Ränder der sowjetischen Welt, an die Grenzen von China zu Russland, in den Remittance von den USA nach Lateinamerika, in die Gegenregierung Myanmars oder in das von Inflation gebeutelte Libanon.

Die Tether-Dollar sind der Schlüssel zur Hyberdollarisierung der Welt. Indem Tether die Expansion seines Dollar-Imperiums bis an die Grenzen Russlands – und darüber hinaus – vorantreibt, wird das Unternehmen immer wertvoller für die US-Regierung.

Über Christoph Bergmann (2807 Artikel)
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